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Franziska Schober, Friederike Wernz et al.: Psychoedukatives Training bei Abhängigkeitserkrankungen

Rezensiert von Sebastian Kron, 13.09.2023

Cover Franziska Schober, Friederike Wernz et al.: Psychoedukatives Training bei Abhängigkeitserkrankungen ISBN 978-3-17-038708-9

Franziska Schober, Friederike Wernz, Anil Batra: Psychoedukatives Training bei Abhängigkeitserkrankungen. Ein Therapiemanual für die Arbeit mit Suchtpatienten. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2022. 2., überarbeitete Auflage. 238 Seiten. ISBN 978-3-17-038708-9. 49,00 EUR.
Reihe: Störungsspezifische Psychotherapie.

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Thema

Süchte sind vielfältig. Sie können stoffgebunden oder auch -ungebunden sein. Das vorliegende Werk thematisiert stoffgebundene, legale (Alkohol, Tabak) und illegale Süchte (Cannabis).

Alkohol beispielsweise kann einen immer wiederkehrenden Teufelskreis der Angst und des Unbehagens auslösen und bei Menschen Desinteresse an einst schönen Aktivitäten erzeugen. Er kann eine enorme seelische Not und gesundheitliche Erkrankungen hervorrufen. Dabei sind die Regelmäßigkeit des Verzehrs, das stetige Verlangen nach dem Stoff und eher untypische Verhaltensweisen der Betroffenen bei der Diagnostik einer Sucht nennenswert. Wenn Menschen das Gefühl haben, ohne den Stoff nicht existieren zu können, diesen vor anderen Menschen in ihrem Umfeld verstecken, ihre Angehörigen vorschicken, um neuen Stoff zu besorgen, sich zurückziehen oder bestimmte Körperreaktionen bei Abstinenz, wie Zittern, Schweißausbrüche, Herzrasen, auftreten, ist eine Suchterkrankung wahrscheinlich.

Das vorliegende Manual befasst sich mit einem wichtigen Pfeiler der Therapie. Bei der Psychoedukation sollen Betroffene, gleichzeitig aber auch Angehörige, die Erkrankung Sucht genauer kennenlernen. Durch den Gruppencharakter, den die Psychoedukation meist innehat, lernen die Betroffenen voneinander und können ihre Erkrankung im Nachgang idealerweise besser einordnen. Im Gegensatz zur Selbsthilfegruppe geht es bei der Psychoedukation eher um Wissensvermittlung als um den offenen Austausch über das Erleben der Betroffenen untereinander.

Autor:innen

Frau Dr. Franziska Schober ist psychologische Psychotherapeutin in der Fachrichtung Verhaltenstherapie. Sie bietet gruppentherapeutische Programme im ambulanten und stationären Kontext an und arbeitet eng mit abhängigkeitserkrankten Menschen zusammen. Parallel ist sie in der Weiterbildung für Psychotherapeut:innen tätig.

Frau Dr. Friederike D. Wernz ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Aktuell leitet sie die Suchtherapiestation und die Psychiatrische Institutsambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen.

Herr Prof. Dr. Anil Batra ist ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Tübingen. Er ist Leiter der Sektion Suchtmedizin und Suchtforschung, bietet Weiterbildungen der ärztlichen, verhaltenstherapeutischen Psychotherapie an, ist anerkannter Supervisor und Herausgeber der Kohlhammer-Reihe „Störungsspezifische Psychotherapie“.

Entstehungshintergrund

Das Leben in einer Welt, die von Stress, Hektik und Leistungsdruck regiert wird, ist anstrengend und erfordert viel Kraft und Durchhaltevermögen. Wenn äußere, beängstigende Faktoren, wie beispielsweise der Kontaktverlust während der pandemischen Situation oder der Krieg in der Ukraine den Alltag dominieren oder traumatische, gravierende Erlebnisse, wie der Verlust einer nahestehenden Person, der Verlust des Arbeitsplatzes oder der Verlust wesentlicher, freizeitlicher Aktivitäten hinzukommen, kann eine Sucht entstehen.

Suchterkrankungen sind meist ein Resultat verschiedener Faktoren, die von außen auf den Menschen einwirken, durch ein verringertes Selbstwertempfinden begünstigt und durch biologische Faktoren hervorgerufen werden können.

Aufbau und Inhalt

Die vorliegende Fachliteratur beinhaltet drei wesentliche Teilbereiche:

  • Teil I: Theoretische Grundlagen
  • Teil II: Psychoedukativer Teil
  • Teil III: Psychotherapeutischer Teil

Der Teil „Theoretische Grundlagen“ geht tiefgründig auf das vorliegende Werk und Manual ein. Wie ist das Manual entstanden und welchen Hintergrund hat es? Wie ist es zu verstehen und wie kann das Manual, auch im Umgang mit schwierigen Klient:innen oder schwierigen Situationen umgesetzt werden? Welche allgemeinen Methoden gibt es aktuell in der psychotherapeutischen Intervention von Abhängigkeitserkrankungen? Wie ist der aktuelle Stand der Wissenschaft in Bezug auf Gruppentherapien? Dieser Teil des Buches diskutiert außerdem Schwerpunktthemen, wie beispielsweise die Haltung der helfenden Fachkraft und den Umgang mit Rückfallsituationen. Zudem wird die spezielle Kommunikationstechnik des Motivational Interviewing (MI) thematisiert.

Der „Psychoedukative Teil“ fokussiert den Aufbau einer guten, psychoedukativen Gruppenbehandlung in Bezug auf stoffgebundene Süchte, wie beispielsweise Alkohol. Nach einer allgemeinen Besprechung zur Abhängigkeitserkrankung thematisiert das Manual Schwerpunkte, wie Suchtverlauf und Suchtverlagerung, körperliche und psychosoziale Folgen des Konsums, Entzug, Einsatz von Medikamenten in der Suchtbehandlung und therapeutische Interventionen. Ein weiteres, wichtiges Thema ist Alkohol als Bestandteil diverser Lebensmittel. Informationen zur Tabakabhängigkeit bilden das letzte Unterkapitel. Die Autor:innen betonen, dass das Ziel der Psychoedukation die Aufklärung ist. Die Betroffenen sollen Expert:innen über ihre Erkrankung werden.

Im psychotherapeutischen Teil diskutieren die Autor:innen Schwerpunkte, die zum einen zum Nachdenken anregen (z.B. Entstehungsmodelle der Abhängigkeit), zum anderen selbstwertfördernd und aktivierend wirken sollen (z.B. motivierende Stärkenanalyse). Des Weiteren stehen Möglichkeiten des Problemlösens und der Emotionsregulation im Fokus. Ziel dieses Teils soll außerdem sein, helfenden Fachkräften Wissen zu vermitteln, wie Betroffene mit Notfallsituationen umgehen können. Des Weiteren werden Möglichkeiten der Tagesstrukturierung thematisiert.

Das vorliegende Manual zeigt anhand praktischer Gesprächssituationen auf, wie eine gute Psychoedukation und Psychotherapie praktiziert und gestaltet werden kann. Arbeitsblätter und Handreichungen unterfüttern das zuvor Geschriebene und können in die praktische Arbeit eingebunden werden.

Diskussion

Krankenkassen schlagen Alarm, wenn sie die Zahlen der psychisch-psychiatrischen Neuerkrankungen auswerten. Hierunter zählen meist Störungsbilder, wie Burnout und Depressionen, aber auch Suchterkrankungen werden in Folge äußerer Faktoren angestiegen sein. Biografische, einschneidende Erlebnisse, gepaart mit biologischen Faktoren machen vulnerable Menschen krank.

Die Angst zu versagen ist außerdem zu einem „Kult“ unserer heutigen Leistungsgesellschaft geworden. Zielstrebige, gewissenhafte Schüler:innen und Student:innen setzen sich diesem permanenten Druck, der im Berufsleben Fortsetzung findet, aus. Einige bekommen zudem noch Mobbingerfahrungen, Ausgrenzungen und Hass zu spüren.

Aktuelle Debatten über die Legalisierung von Cannabis könnten das Thema Sucht in den kommenden Jahren noch mehr in den Fokus psychotherapeutischer, aber auch sozialarbeiterischer Überlegungen rücken.

Fazit

Das vorliegende Werk ist für jene, helfende Berufsgruppen geeignet, die sich im Kontext Psychoedukation und Psychotherapie mit Suchterkrankten fortbilden möchten. Es bereitet den Blick und die Brücke von einem theoretischen Denken zur praktischen Intervention und zeigt auf, wie wichtig eine gute, psychoedukative Behandlung sein kann.

Rezension von
Sebastian Kron
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Zitiervorschlag
Sebastian Kron. Rezension vom 13.09.2023 zu: Franziska Schober, Friederike Wernz, Anil Batra: Psychoedukatives Training bei Abhängigkeitserkrankungen. Ein Therapiemanual für die Arbeit mit Suchtpatienten. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2022. 2., überarbeitete Auflage. ISBN 978-3-17-038708-9. Reihe: Störungsspezifische Psychotherapie. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31089.php, Datum des Zugriffs 02.11.2024.


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