Julian Löhe, Jana Kunze: Self-Leadership in Sozialen Organisationen
Rezensiert von Maike van der Stam, 04.03.2024
Julian Löhe, Jana Kunze: Self-Leadership in Sozialen Organisationen. Eine Antwort auf die komplexen Anforderungen der Arbeitswelt. Verlag Barbara Budrich GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2023. 112 Seiten. ISBN 978-3-8474-2653-0. D: 16,90 EUR, A: 17,40 EUR.
Thema
Die (Arbeits-)Welt unterliegt auch weiterhin enormen Herausforderungen und Entwicklungen. So erfährt diese derzeit einen tiefgreifenden Wandel und einen sich stetig intensivierenden Wettbewerb um Ressourcen. Diese Entwicklungen betreffen dabei grundlegend viele Branchen und Wirtschaftszweige, so auch im Besonderen die Sozialwirtschaft und Soziale Organisationen. Um diesen sich fortwährend verändernden Bedingungen in Sozialen Organisationen umfassend gerecht werden zu können, bedarf es im Bereich Sozialer Organisation nach Löhe und Kunze Führungskräfte, welche sich entsprechend dieser und ihrer jeweils individuellen Potenziale stetig weiterentwickeln, sich auf Entwicklung(en) einlassen und hierdurch auch die Entwicklung Sozialer Organisationen nachhaltig mitgestalten (können).
Das Fachbuch „Self-Leadership in Sozialen Organisationen – Eine Antwort auf die komplexen Anforderungen der Arbeitswelt“ bietet hierbei (angehenden) Führungskräften einen Einstieg in das Self-Leadership und einen ersten praxisorientierten Ansatz zur Implementierung dieses Ansatzes in Sozialen Organisationen und der eigene Praxis. Dies im Besonderen auch hinsichtlich der vielseitigen und komplexen, dynamischen Entwicklungen der Arbeitswelten im Kontext der Sozialen Arbeit mit, für und am Menschen in Verbindung und unter Berücksichtigung der mit diesen einhergehenden vielfältigen, sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen. Self-Leadership kann Führungskräften hierbei als Kompassnadel für die eigene Führungspraxis dienlich sein und Entwicklungen eröffnen.
Autor:innen
Dr. Julian Löhe ist Sozialarbeiter/Sozialpädagoge und Sozialmanager (M. A.), Supervisor/​Coach (DGSv) und Professor für Organisation und Management an der FH Münster. Er leitet den Masterstudiengang Sozialmanagement und befasst sich insbesondere mit den Themen Personalmanagement, Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Sozialwirtschaft. Freiberuflich begleitet er Organisationen bei Organisationsentwicklungs-prozessen unterschiedlicher Art und berät Führungskräfte und Teams als Coach und Supervisor.
Jana Kunze ist Sozialmanagerin (M. A.), Netzwerkerin und Projektmanagerin sowie Expertin für Digitalisierung im Sozialwesen. Sie ist Lehrbeauftragte zu dem Thema und war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Organisation und Management in der Sozialen Arbeit an der FH Münster. Überdies steht sie auch in der Praxis für das Thema und ist Teamleitung in der Bezirksjugendarbeit bei der Stadt Hagen.
Entstehungshintergrund
Jana Kunze hat sich im Rahmen ihres Studiums im Masterstudiengang Sozialmanagement an der FH Münster intensiv mit dem Konzept des Self-Leaderships auseinandergesetzt.
Prof. Dr. Löhe leitet den Studiengang, hierbei ist Self-Leadership auch ein Bestandteil im Modul Personalmanagement. Das Fachbuch entstand in Zusammenarbeit beider Expert:innen und soll einen erweiterten Theorie-Praxis-Bezug für Studierende und vielmehr darüber hinaus grundlegend für (angehende) Führungskräfte in Sozialen Organisationen eröffnen und gleichzeitig die bestehende Lücke im Bereich der Publikationen zur systematischen Beschäftigung mit dem Konzept des Self-Leadership für die Praxis in Sozialen Organisationen schließen.
Aufbau und Inhalt
Das vorliegende Werk gliedert sich in 7 Kapitel, das Vorwort bietet einen ausführlichen Überblick.
Kapitel 1 bietet einen allgemeinen Einstieg in Self-Leadership bezugnehmend auf das Sozial- und Personalmanagement in Sozialen Organisationen und widmet sich der Frage, des Self-Leadership als neuen Führungsansatz in der Sozialen Arbeit und dessen Nutzen und Sinnhaftigkeit.
In Kapitel 2 wird auf die Besonderheiten Sozialer Organisationen mit Blick auf Self-Leadership eingegangen. Hierbei wird auf aktuelle Anforderungen und New Work im Kontext von bestehenden traditionellen Hierarchie- und Organisationsstrukturen, dies auch hinsichtlich der VUCA-Welt eingegangen. Auf Basis einer allgemeinen theoretischen Hinführung zu den Grundlagen und Aspekten des Self-Leadership in Kapitel 3, wird in Kapitel 4 konkreter auf Möglichkeiten der individuellen Entwicklung von Mitarbeitenden in Sozialen Organisationen, auf Basis des Self-Leadership und einer mit dieser einhergehenden Persönlichkeits-entwicklung eingegangen und Zusammenhänge aufgezeigt.
Kapitel 5 betrachtet Self-Leadership und Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Organisationsebene in Einrichtungen der Sozialen Arbeit. Kapitel 6 und 7 erweitern die Einsicht durch eine kritische Betrachtung, Diskussion und ein Fazit.
Nach diesem kurzen Überblick sei im Folgenden eine kompakte Zusammenfassung der komplexen Gesamtthematik eröffnet.
Das Fachbuch „Self-Leadership in Sozialen Organisationen – Eine Antwort auf die komplexen Anforderungen der Arbeitswelt“ bietet einen Einstieg in das Self-Leadership und einen ersten praxisorientierten Ansatz zur Implementierung dieses Ansatzes in Sozialen Organisationen. Dies im Besonderen auch hinsichtlich der vielseitigen Spannungen und Anforderungen sowie der komplexen, dynamischen Entwicklungen der Arbeitswelten im Bereich der Sozialen Arbeit. Self-Leadership wird hierbei als ein Führungsansatz vorgestellt, welcher im Besonderen die Eigenverantwortung und die individuellen Fähigkeiten jedes Einzelnen betrachtet, fordert sowie fördert und durch die hierdurch entstehenden Wechselwirkungen Mehrwerte für den Einzelnen und dessen Persönlichkeitsentwicklung, als auch darüber hinaus für das Gesamtsystem Soziale Organisation eröffnen kann.
Dies stets unter Berücksichtigung der Individualperspektive der Führungskraft bzw. Mitarbeitenden als auch der Perspektive der Organisation. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Selbstverantwortung nur in jenen Organisationen zu positiven Entwicklungen führen kann, welche eine positives Fehlerverständnis und eine entsprechende Unternehmenskultur leben. Führung wird im Zusammenhang mit Self-Leadership hierbei als Methode zur selbstinitiierten und -gesteuerten eigenen Entwicklung und Potenzialentfaltung verstanden. Hiebei wird davon ausgegangen, dass eine Führungskraft sich zunächst selbst führen können muss, bevor sie andere erfolgreich führen kann. Die mit dem vorgestellten Ansatz einhergehenden Mehrwerte können sich hierbei maßgeblich auf die durch Führungskräfte gelebte Lebens- und Führungshaltung sowie -qualität und somit auf die sozialen Organisationen im Gesamten auswirken. Das Self-Leadership kann hierbei angehenden und auch bereits in ihrer Position gefestigten Führungskräften in Sozialen Organisationen als Art Kompassnadel zur eigenen stetigen Verortung in Rolle und Funktion hinsichtlich der individuellen, als auch der unternehmerischen Bestrebungen und Potenziale dienlich sein. Weiterführend kann dieser Ansatz als Potenzialzündung mit stetigem Eigenantrieb zur persönlichen, beruflichen und darüber hinaus zur individuellen eigenen und der Entwicklung, Begleitung und Förderung der Mitarbeitenden sowie im Gesamten einer ganzheitlich-orientierten Organisationsentwicklung verstanden werden. Dies jedoch nur, wenn Self-Leadership als eine Frage von Haltung und Kultur gelebt und das System Organisation sich so ganzheitlich und umfassend von innen heraus und somit mit Unterstützung der Organisation selbst auf entsprechende Wandlungs- und Entwicklungsprozesse einlassen kann.
Der Self-Leadership-Ansatz kann hierbei einen Kulturwandel in Organisationen erfordern, dies da er traditionelle Hierarchien und auf Kontrolle und Macht basierende (Führungs-) Strukturen herausfordert und ein (Um-)Denken fördert. Darüber hinaus müssen grundsätzliche Rahmenbedingungen bzw. Ressourcen vorhanden sein. So ist Self-Leadership und die damit einhergehende, stetig notwendige Selbstreflexion z.B. nur dann möglich, wenn ausreichend Zeit im Arbeitsalltag dafür gegeben ist. Das Fachbuch zeigt diesbezügliche Möglichkeiten zur praxisorientierten Auseinandersetzung, Anwendung und Implementierung des Ansatzes auf.
Diskussion
Das vorliegende Werk hat den Anspruch, eine bis dahin noch bestehende Lücke an Publikationen zu diesem Themenbereich zu schließen (S. 8). Dies da Self-Leadership als Ansatz für Soziale Organisation bisher noch nicht umfassend und systematisiert in einer Publikation erfasst wurde und bisherige Ausführungen ausschließlich dem gewinnorientierten Unternehmenskontext galten. Dahingehend wird im vorliegenden Werk durchaus eine kritische Transferprüfung des Ansatzes für Soziale Organisationen vorgenommen und die dargelegten theoretischen Aspekte nachvollziehbar, verständlich und mit Blick auf Bezüge zur Praxis anschaulich und treffenden mit den grundlegenden und aktuellen Herausforderungen und Bedingungen der Praxis verknüpft. Dies auch obwohl es sich hier um kein explizites Lehrbuch, sondern vielmehr um ein kompaktes Fachbuch mit Impulscharakter und somit durchaus um ein zwar an theoretischen Aspekten reiches, jedoch explizit auch für und in der Praxis anwendbares Grundlagenbuch handelt, das (angehenden) Führungskräften in Sozialen Organisationen eine solide Informationsbasis zum Self-Leadership als Führungsansatz bietet, erste Erkenntnisräume eröffnen und Interesse und Begeisterung an der praktischen Umsetzung und Anwendung dieses Ansatzes wecken kann.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Werk „Self-Leadership in Sozialen Organisationen“ durchaus „eine Antwort auf die komplexen Anforderungen der Arbeitswelt“ in Sozialen Organisationen darstellen und eröffnen kann. Dies in einer gleichermaßen kompakten, wie fundiert theoriebasierten sowie sich durch Verweise auf die Praxis beziehenden Darlegung. Dieses Fachbuch kann hierbei für Studierende, (angehende) Führungskräfte als auch für weitere Interessierte als individuelle Lektüre sowie als Grundlage für Lehrveranstaltungen Anwendung finden.
Fazit
Das vorliegende Fachbuch stellt eine inhaltlich umfassende und mit Blick auf die Komplexität der Thematik überzeugende sowie sehr sorgfältig dargelegte Einführung in Self-Leadership als Ansatz in Sozialen Organisationen sowie eine ansprechende, didaktisch gelungene Grundlage zur regen Auseinandersetzung und Anwendung in der Praxis dar. Diesem Werk ist ein umfassendes Interesse und eine begeisterte, intensive Anwendung durch (angehende) Führungskräfte in Sozialer Organisation, in Studium und der Praxis sehr zu wünschen.
Rezension von
Maike van der Stam
Heilpädagogin B. A., Pädagogische Leitung (besondere Vertreterin des Vereins und Mitglied der Geschäftsleitung)
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Zitiervorschlag
Maike van der Stam. Rezension vom 04.03.2024 zu:
Julian Löhe, Jana Kunze: Self-Leadership in Sozialen Organisationen. Eine Antwort auf die komplexen Anforderungen der Arbeitswelt. Verlag Barbara Budrich GmbH
(Opladen, Berlin, Toronto) 2023.
ISBN 978-3-8474-2653-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31158.php, Datum des Zugriffs 04.12.2024.
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