Clemens Hausmann: Psychologie und Kommunikation für Pflegeberufe
Rezensiert von Prof. Dr.rer.medic. Christa Winter von Lersner, 03.01.2006
Clemens Hausmann: Psychologie und Kommunikation für Pflegeberufe. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. Facultas Verlag (Wien) 2005. 287 Seiten. ISBN 978-3-85076-703-3. D: 24,90 EUR, A: 24,90 EUR, CH: 52,20 sFr.
Einführung
In einer Zeit zunehmend knapp kalkulierter personeller, zeitlicher und finanzieller Ressourcen
im Gesundheits- und Pflegesektor kommt der vielfach erforschten medizinisch-psychosozialen Basisqualifikation in Gesundheits- und Sozialberufen erneut Bedeutung zu (M.Regus, 1989). Die vorliegende Neuerscheinung von Clemens Hausmann, Klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe, Notfallpsychologe und Trainer am Kardinal Schwarzenberg'schen Krankenhaus in Schwarzach / Pongau (Oesterreich) liefert hierzu die erforderliche Wissensgrundlage.
Hintergrund des Buches
Der Autor, qualifizierter Klinischer und Gesundheitspsychologe, kennt offenbar die Kompetenzen von Pflegenden und deren berufliche Belastungen und Probleme genau aus seinen Erfahrungen als klinischer Kollege, Seminarleiter und Dozent an Gesundheits- und Krankenpflegeschulen. Er behandelt theoriegeleitet, Evidenz basiert und mit zahlreichen Fallvignetten und Hinweisen aus dem klinischen Alltag angereichert, klar strukturiert und praxisnah zentrale Themen der Kommunikation und Psychologie.
Zielgruppen
Der Ansatz des Buch, nämlich der Theorie- und Praxisbezug, macht es zu einem wertvollen Ausbildungs- und Praxisbegleiter für Pflegende und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen.
Aufbau und Inhalt
Das Handbuch gliedert sich in vier Teile und neunundzwanzig Kapitel, wobei jedes Kapitel mit einer knappen Zusammenfassung endet.
- Im ersten Teil des Buches werden Grundlagen der Psychologie vermittelt, die von zentraler Bedeutung für ein umfassendes psychologisches Verständnis und die Unterstützung von kranken und hilfebedürftigen Menschen über die gesamte Lebensspanne sind. Hier werden biologische Grundlagen des Erlebens und Verhaltens ebenso thematisiert wie Grundlagen der Wahrnehmung und sozialen Wahrnehmung, Emotionen, Motivation und Konflikte, Denken, Lernen und Erinnern. Die Wirkung des Unbewussten, der Mensch als soziales Wesen und die psychosoziale Entwicklung des Menschen über die gesamte Lebensspanne schliessen den ersten Teil des Buches ab.
- Im zweiten Teil werden allgemeine psychosoziale Fragen von Krankheit und Behinderung wie z.B. Krankheitserleben, Krankheitsverhalten, Krankheitsverlauf und Krankheitsbewältigung, behandelt. Am Beispiel chronischer Erkrankungen, der Psychoonkologie und der Psychotraumatologie werden die Fragen konkretisiert und Möglichkeiten der psychosozialen Unterstützung und Beratung durch Pflegende, Ärzte und Angehörige aufgezeigt werden.
- Der dritte Teil des Buches widmet sich in den ersten beiden Abschnitten allgemeinen Grundlagen der Kommunikation und des pflegerisch-therapeutischen Gesprächs. In sechs weiteren Kapiteln erfolgt eine vertiefende Bearbeitung von komplexeren kommunikativen Situationen wie z.B. Kommunikation in Notfallsituationen, bei Konflikten im Team und bei Mobbing.
- Der vierte und letzte Teil des Buches thematisiert auf mehr als dreißig Seiten das für eine längerfristige psychische Widerstandsfähigkeit und Berufszufriedenheit entscheidende Thema "Auf sich selber achten - Psychohygiene". Beispiele des allgemeinen Stress-Managements und des Stressmanagements nach kritischen Lebensereignissen (CISM) werden ebenso fundiert behandelt wie das Burnout- Syndrom, das Helfer-Syndrom und Fragen des erhöhten berufsbedingten Traumatisierungsrisikos bei Pflegenden infolge der (wiederholten) Konfrontation mit schweren Verletzungen und plötzlichem Tod von Patienten. Im letzten Kapitel "Professionelle Hilfe" werden vom Autor typische Anlässe für eine professionelle Hilfe und unterschiedliche Formen einer professionellen Unterstützung erläutert und durch Beispiele aus dem klinischen Alltag veranschaulicht (Supervision, Stressmanagement nach kritischen Situationen, Coaching).
Das Buch endet mit einem Literatur- und Stichwortverzeichnis.
Diskussion
Kritisch anzumerken ist insgesamt wenig: Im Eingangskapitel (Grundlagen der Psychologie, Teil I) wären einige zentrale Begriffe zu behandeln (z.B. intra- und interpersonale Konflikte), bevor im klinischen Teil des Buches (Kommunikation in der Praxis, Teil III) darauf Bezug genommen wird (z.B. Konflikte im Team, Kap. 25).
Angesichts des demographischen Wandels, der sich bekanntlich auch in der Klientel eines Krankenhauses niederschlägt, wäre es geboten, auch Krisensituationen des späten Erwachsenenalters (z.B. Stagnation) und der Hochaltrigkeit (z. B. Verlusterlebnisse, soziale und emotionale Einsamkeit; Suizidalität) zu thematisieren. Schließlich empfiehlt sich bezüglich des störungsanfälligen, hoch sensiblen Umgangs mit suizidgefährdeten Personen, die "wichtigsten Schritte im Umgang mit akut Suizidgefährdeten" (S. 208) differenzierter darzulegen (vgl. 10-Schritte-Konzept von H.Wedler, DGS).
Fazit
Das Fachbuch erweist sich in seiner Gesamtheit als spannende und facettenreiche Lektüre, in der die verwendeten Evidenz basierten Theorien und Konzepte vom Autor anschaulich und nach den Kriterien der best practice und evidence based nursing dargelegt werden.
Die klinische Kompetenz und Lehrerfahrung des Autors fordert dazu heraus, theoriebasiert, methodengeleitet neue Erkenntnisse der Psychologie und Kommunikation patienten- und situationsbezogen in den klinischen Alltag zu integrieren und dabei auf sich selbst zu achten. Dem Buch ist zu wünschen, dass es eine rasche Verbreitung unter Pflegenden und anderen Gesundheitsberufen findet und in Bälde zum Klassiker in Ausbildung/Studium, Weiterbildung und Berufspraxis wird.
Rezension von
Prof. Dr.rer.medic. Christa Winter von Lersner
Hochschullehrerin Hochschule Fulda, Fachbereich Pflege und Gesundheit
Mailformular
Es gibt 12 Rezensionen von Christa Winter von Lersner.
Zitiervorschlag
Christa Winter von Lersner. Rezension vom 03.01.2006 zu:
Clemens Hausmann: Psychologie und Kommunikation für Pflegeberufe. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. Facultas Verlag
(Wien) 2005.
ISBN 978-3-85076-703-3.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/3121.php, Datum des Zugriffs 07.12.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.