Benjamin Jörissen, Stephan Kröner et al. (Hrsg.): Digitalisierung in der kulturellen Bildung
Rezensiert von Victoria Fabian, 13.02.2024

Benjamin Jörissen, Stephan Kröner, Lisa Birnbaum, Franz Krämer, Friederike Schmiedl (Hrsg.): Digitalisierung in der kulturellen Bildung. Interdisziplinäre Perspektiven für ein Feld im Aufbruch. kopaed verlagsgmbh (München) 2023. 220 Seiten. ISBN 978-3-96848-687-1. D: 18,80 EUR, A: 19,40 EUR.
Thema
Der vorliegende Sammelband gibt eine Übersicht über die 13 Forschungsvorhaben des BMBF-Förderschwerpunkts „Forschung zur Digitalisierung in der kulturellen Bildung“ und widmet sich der Frage, welche Chancen und Auswirkungen die Digitalisierung für die kulturelle Bildung mit sich bringt.
Herausgeber:innen
Herausgeber*innen des vorliegenden Sammelbands sind Benjamin Jörissen, Stephan Kröner, Lisa Birnbaum, Franz Krämer und Friederike Schmiedl. Die Herausgeber*innen kommen vorwiegend aus den Bereichen der Bildungs- und Medienwissenschaften.
Entstehungshintergrund
Es handelt sich um den 2. Band der Schriftenreihe „Kulturelle Bildung und Digitalität“ des Kopaed-Verlags. Der erste Band mit dem Titel „Forschung zur Digitalisierung in der Kulturellen Bildung“ ist 2019 erschienen.
Aufbau und Inhalt
Der Sammelband beginnt mit zwei Beiträgen zum Stand der Digitalisierung in der kulturellen Bildung. Der erste Beitrag dient als Einleitung des Sammelbandes und gibt einen kurzen Überblick über die Forschungsfragen des Projekts. So sollen Potenziale sowie Herausforderungen der Digitalisierung im Praxisfeld der kulturellen Bildung dargestellt werden, jedoch soll die Forschung auch neue Impulse zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit von Akteur*innen aus der Praxis hervorbringen. Ebenso sollen Lücken in der Forschung geschlossen und neue Fragen angestoßen werden.
Der zweite Beitrag gibt einen ausführlichen Überblick über den Stand der Forschung in der digitalen kulturellen Bildung. Dabei werden die Erkenntnisse des Forschungsschwerpunkts herangezogen und Innovationen sichtbar gemacht. Auch in diesem Beitrag wird nochmal aufgezeigt, dass die dargelegten Ergebnisse die Formulierung von konkreten pädagogischen Zielen und Vorgehensweisen ermöglichen sollen und diese dabei vor allem auf die „Bedarfe und Eigenlogiken der Praxen der Adressat*innen“ (S. 20) eingehen müssen. So wird schnell klar, dass „pädagogische Angebots- und Programmplanungspraxen […] der (post-)digitalen Lebenswelt (Jugendlicher) hinterher[hinken]“ (S. 23), weil es in der außerschulischen kulturellen Bildung oft an professioneller Anerkennung für die Lebensrealität Jugendlicher fehlt, die das Digitale jedoch fest einschließt. Hier wird deutlich, dass das behandelte Thema des Sammelbandes nicht nur hochaktuell ist, sondern auch ein großer Handlungsbedarf in der Praxis besteht.
Nach den einleitenden Texten der Herausgeber*innen folgen die Steckbriefe zu den einzelnen Projekten, welche im Durchschnitt zwei bis fünf Seiten umfassen. Diese Steckbriefe sollen einen kurzen Überblick über die Forschungsergebnisse liefern. Mithilfe von fünf Erkenntnisschwerpunkten, welche jeweils durch ein Piktogramm gekennzeichnet sind, können die wesentlichen Projektergebnisse verkürzt und übersichtlich aufgezeigt werden. Die Erkenntnisschwerpunkte umfassen beispielsweise Innovationen auf theoretisch-konzeptioneller und methodischer Ebene, aber auch Erkenntnisse zu Professionalitäten und Institutionen und ihrem Verhältnis zu Digitalisierung und Digitalität. Die Steckbriefe werden abgerundet durch eine Liste der projektbezogenen Publikationen sowie der weiterführenden Literatur.
Schnell wird deutlich, wie vielfältig die vorgestellten Forschungsvorhaben sind und wie weitreichend die Schnittstelle von kultureller Bildung und Digitalisierung ist. So untersucht ein Projekt beispielsweise die Bedeutung von spezifischen Musik-Apps für die Teilhabe an kultureller Bildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit komplexen Behinderungen. Ein anderes Projekt beschäftigt sich mit den Mechanismen der Sozialraumkonstruktion bei Jugendlichen, welche stark durch soziale Medien beeinflusst werden. Im Fokus aller Projekte steht jedoch das Zusammenspiel von kultureller Bildung und Digitalisierung, wobei Potenziale ebenso herausgestellt werden wie mögliche Schwierigkeiten. Die vorgestellten Forschungsprojekte sind vor allem deshalb so interessant, weil sie sich über mehrere Bereiche der kulturellen Bildung erstrecken: Musik, Tanz, Performance, Literatur oder bildende Kunst, um nur einige zu nennen. So werden Akteur*innen aus verschiedenen Bereichen einbezogen und Parallelen aufgezeigt. Die Projekte zeigen, wie divers das Feld und wie groß der Forschungsbedarf ist. Die Digitalisierung ist längst in der kulturellen Bildung angekommen, nun gilt es ihren Einfluss auch zu erforschen.
Im Anschluss werden die Steckbriefe durch vier Projektbeiträge ergänzt, die vertiefend auf die dargelegten Ergebnisse des jeweiligen Projekts eingehen und die Themen der Forschungsvorhaben somit in die internationale Forschung eingliedern. Das Buch schließt dann mit einem Ausblick ab und fordert einen geweiteten Blick, aber vor allem eine „transdisziplinäre Forschung zu kultureller Bildung mit weitem Horizont, gemeinsam getragen von Akteuren aus einem breiten Spektrum fachlicher Hintergründe“ (S. 202). Der vorliegende Sammelband setzt den Grundbaustein für ebenjene Forschung in Deutschland und versucht in diesem Zuge Handlungsempfehlungen auszusprechen und neue Impulse für die Praxis zu setzen. Das Werk kann als Aufforderung verstanden werden, diese Forschung (in Deutschland) weiter voranzutreiben, da die Verknüpfung von kultureller Bildung und Digitalität in den kommenden Jahren nur an Relevanz gewinnen wird, wie die vorliegenden Beiträge eindringlich verdeutlichen.
Diskussion
Zum einen zeigt das vorliegende Buch das Potenzial der Digitalisierung in der kulturellen Bildung auf, zum anderen aber auch die Notwendigkeit einer Forschung über die Verknüpfung von digitaler Transformation und kultureller Bildung. Dies gelingt vor allem so gut, weil das Buch über eine Vielzahl von Perspektiven verfügt: Beiträge aus den Erziehungswissenschaften sind ebenso zu finden wie Beiträge aus Kulturwissenschaften oder der Informatik. Dabei soll das Buch als nützliche Ressource vor allem für Handelnde in den Bereichen Forschung, Kulturpädagogik und Politik gesehen werden; diesem Anspruch kann der vorliegende Sammelband durchaus gerecht werden. Auch wenn an dieser Stelle noch erwähnt werden sollte, dass besonders die Beiträge im Band sich aufgrund der fachlichen Sprache vor allem an ein akademisches Publikum richtet und die Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen somit sicherlich nicht für alle Akteur*innen aus der Praxis der kulturellen Bildung verständlich aufbereitet sind. Das ist schade, denn schließlich möchte der Sammelband gerade Praxisakteur*innen erreichen und ihre Handlungsfähigkeit stärken.
Hilfreich wäre es zudem gewesen, wenn in jedem Steckbrief alle fünf Erkenntnisschwerpunkte aufgeführt worden wären. Das hätte eine direkte Vergleichbarkeit ermöglicht, auf die – vermutlich aus Platzgründen – jedoch verzichtet wurde. Insgesamt ist das Buch jedoch durchaus hilfreich für alle, die sich für die Schnittstelle von Digitalisierung und kultureller Bildung interessieren, ganz unabhängig vom eigenen Bereich. Die vielen verschiedenen Perspektiven bereichern den Sammelband enorm und zeigen auf, welche Potenziale in der Verknüpfung von Digitalität und kultureller Bildung stecken.
Fazit
Das vorliegende Werk zeigt im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts „Forschung zur Digitalisierung in der kulturellen Bildung“ Potenziale sowie Herausforderungen der digitalen Transformation in der kulturellen Bildung und erstreckt sich dabei über eine Vielzahl von Bereichen der kulturellen Bildung. Der Sammelband leistet damit einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Forschungslage und versucht zeitgleich auch die Handlungsfähigkeit von Akteur*innen in der Praxis zu stärken.
Rezension von
Victoria Fabian
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