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Regine Schelle, Kristine Blatter et al. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung

Rezensiert von Hannah Kobinger, Prof. Dr. Lars Eichen, 04.07.2024

Cover Regine Schelle, Kristine Blatter et al. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung ISBN 978-3-7799-6745-3

Regine Schelle, Kristine Blatter, Stefan Michl, Bernhard Kalicki (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung. Akteure - Organisationen - Systeme. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2023. 298 Seiten. ISBN 978-3-7799-6745-3. D: 42,00 EUR, A: 43,20 EUR.
Reihe: In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783779963868.

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Thema

Die pädagogische Qualität in institutionellen Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen ist entscheidend für das Wohlbefinden und die Entwicklung der Kinder, die diese Einrichtungen besuchen. Die Auffassung von guter pädagogischer Qualität in Kindertageseinrichtungen variiert je nach Perspektive der Akteur:innen, Organisationen und Systeme (Mittischek et al., 2021). Aus einer relativistischen Perspektive beschreibt beispielsweise Katz (1999) ein 5-Perspektiven-Modell zur Bestimmung eines pädagogischen Qualitätsbegriffs. Gerade in empirisch-quantitativen Forschungen finden sich jedoch auch häufig strukturell-prozessuale Zugänge (Tietze und Roßbach, 2017). Sowohl theoretisch als auch in der Forschung ist dazu in den letzten 20 Jahren ein vielfältiger wissenschaftlicher Diskurs zu beobachten.

Autor:in oder Herausgeber:in

Dr.in Kristin Blatter und Stefan Michl.

Prof.in Dr.in Regine Schelle, Hochschule München

Prof. Dr. Bernhard Kalicki, Professor für Frühkindliche Bildung an der Evangelischen Hochschule Dresden; DJI, Leiter der Abteilung Kinder und Kinderbetreuung

Entstehungshintergrund

In der Einleitung werden Aspekte dargelegt, die über den quantitativen Ausbau von Kindertageseinrichtungen hinaus von Bedeutung sind. Es werden sowohl die gestiegenen Anforderungen im System der Frühen Bildung als auch die daraus resultierenden verstärkten Forschungsaktivitäten thematisiert. Als zentraler Ausgangspunkt für diesen Sammelband wird die Förderrichtlinie Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) beschrieben.

Aufbau

Die ersten zehn Beiträge befassen sich mit je einem Projekt dieser Förderrichtlinie. Der letzte Beitrag skizziert das Thema Wissenstransfer in der Frühen Bildung in Bezug auf Qualität.

Inhalt

Für den Inhalt des Sammelbandes werden viel randomisiert ausgewählte Beiträge zusammengefasst beschrieben.

Neue Träger und ihre Qualität Profile und Strategien neuer Träger in drei Städten – Birgit Riedel und Kristina Geiger

Hinter diesem Beitrag steht die Studie Eine neue Generation von Kita-Trägern: Qualität und Qualitätssicherung in der frühkindlichen Bildung und Betreuung (GEN-T). Die Autorinnen untersuchen auf Basis von Fallstudien in drei deutschen Städten die Qualitätssteuerung, -sicherung und -entwicklung neuer Kita-Träger, die ab dem Jahr 2000 gegründet wurden bzw. keinem etablierten Wohlfahrtsverband angehören. Im Rahmen eines Mixed-Methods-Designs wurden unter anderem leitfadengestützte Interviews mit Vertreter:innen neuer und traditioneller, in Spitzenverbänden organisierter Träger sowie kommunaler Behörden durchgeführt. Die Ergebnisse lassen auf Unterschiede in den Organisationsstrukturen und Qualitätssteuerungsstilen zwischen neuen und traditionellen Trägern schließen. Neue Träger zeichnen sich durch einen verstärkten Fokus auf die Kindertagesbetreuung, eine ausgeprägtere Steuerung und größere Einflussnahme auf die Einrichtungen aus. Die Autorinnen betonen auf Basis der Ergebnisse die Notwendigkeit für neue und traditionelle Träger, das Augenmerk verstärkt auf die Weiterentwicklung der Strukturen und der Fachlichkeit zu richten (Riedel & Geiger, 2023).

Alles nur Fassade? Wie Einrichtungsträger das Qualitätsmanagement ihrer Kitas steuern – Kirsten Fuchs-Rechlin, Christiane Meiner-Teubner, Janine Birkel-Barmsen, Justus Peters

In diesem Beitrag setzen sich die Autor:innen damit auseinander, wie Kita-Träger das Qualitätsmanagement in ihren Einrichtungen gestalten und steuern. Dieser Frage wurde im Rahmen des Projekts Träger und ihre Kitas-Träger-Einrichtungs-Kooperationen im Spannungsfeld zwischen Steuerung und Unterstützung (TrEiKo) nachgegangen. In einem Mixed-Methods-Forschungsdesign wurden qualitative Interviews mit Vertreter:innen von Trägern, Leitungen und Fachkräften und darüber hinaus quantitative Befragungen von Trägern in ganz Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Beständigkeit der Verankerung des Qualitätsmanagements mit dem Grad der Institutionalisierung steigt. Es wird weiters betont, dass eine qualitative Weiterentwicklung der Trägerarbeit notwendig ist. Trotz hohem Interesse an Qualitätsverbesserung in Kitas fehlt es aktuell noch an geeigneten Umsetzungsstrategien (Fuchs-Rechlin et al., 2023).

Kinder als Akteur:innen – Erinnerung an eine fast vergessene Dimension in der Debatte um Qualität von Kindertageseinrichtungen – Stephanie Simon, Yvonne Gormanns, Katja Gramelt, Tatjana Koplack, Barbara Lochner, Jessica Prigge, Agata Skalska, Werner Thole

In diesem Beitrag werden zentrale Ergebnisse aus dem Projekt Kinder als ‚Stakeholder‘ in Kindertageseinrichtungen (KiSte) vorgestellt, die kindliche Sichtweisen auf beispielsweise räumliche und pädagogische Arrangements zusammenfassen. In der Herleitung des Forschungsinteresses wird eine Dominanz strukturell-prozessualer Zugänge zur Bestimmung und Erfassung von Qualität konstatiert und mithilfe eines interperspektivischen Verständnisses die Bedeutung kindlicher Deutungen und Sichtweisen betont. Um diese analysieren zu können, wurde im multimodalen Setting Videomaterial (117 Kitabegehungen mit Kindern im Alter von drei bis sieben Jahren) und dialogisches Gesprächsmaterial gemeinsam analysiert. In Bezug auf die Qualitätsentwicklung werden unter anderem ausgewählte Ergebnisse zu sozialen Beziehungen und räumlichen Arrangements dargestellt. Durch diese Ergebnisse wird empirisch die Bedeutsamkeit der Kinder als Akteur im Qualitätsentwicklungsprozess betont und eine Idee skizziert, wie durch die Einbindung von Kindern eine innovative und nicht von Erwachsenen dominierte Qualitätsentwicklung beschritten werden kann (Simon et al., 2023).

Qualitätsentwicklung durch Empirie? Eine kritische Reflexion des Wissenstransfers in der Frühen Bildung – Regine Schelle, Kristine Blatter

Im abschließenden Beitrag beschreiben Regine Schelle und Kristine Blatter auf einer Metaebene eine Wissenstransformation, wie Qualitätsforschung die pädagogische Praxis und die politische Steuerungsebene erreicht. Für die Qualitätsforschung in der Frühen Bildung werden das relationale Konstrukt und das strukturell-prozessuale Konstrukt von Qualität und den so ausgerichteten Forschungen schematisch gegenübergestellt. Es werden Unterschiede und verbindende Elemente erkannt und eine Zielstellung zur Optimierung der pädagogischen Praxis benannt. Wie die Ergebnisse der Forschung dazu beitragen können (Wissenstransformation), wird von Regine Schelle und Kristine Blatter in der Transferforschung verortet und beschrieben, wie sich diese entwickelt hat. Um Wissenstransformation in der Frühen Bildung in Bezug auf Qualität zu steigern, wird ein Dialog aller beteiligten Akteur:innen befürwortet (Schelle und Blatter, 2023). Für den fortwährenden Prozess der Wissenstransformation in der Frühen Bildung bedarf es „entsprechender Ressourcen und der Bereitschaft sowie Kompetenz, sich auf unterschiedliche Deutungs- und Handlungsmuster einlassen zu können.“ (Schelle und Blatter, 2023, S. 287)

Diskussion

In dem Sammelband werden Teilergebnisse der durchgeführten Projekte der Förderrichtlinie Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit vorgestellt. Die Beiträge und Projekte zeichnen sich unter anderem durch eine breite theoretische und methodologische Anlage aus. Dadurch, aber auch durch die präsentierten empirischen Ergebnisse, trägt der Sammelband exzellent zur Perspektivweitung im Qualitätsdiskurs in der Frühen Bildung bei. Durch die diskutierten Ergebnisse und weiteren Forschungsimplikationen der einzelnen Beiträge sowie den abschließenden Beitrag zur Wissenstransformation kann der Sammelband als eine komprimierte Darstellungsform der Projekte der Förderrichtlinie den weiteren Qualitätsdiskurs bedeutend anreichern. Besonders zu empfehlen ist dieser Sammelband für einen ersten Überblick über den aktuellen Qualitätsdiskurs in der Frühen Bildung in Deutschland.

Fazit

Die Beiträge des Sammelbandes geben einen multiperspektivischen Überblick zur Qualitätsentwicklung und insbesondere der aktuellen Forschungen dazu in der Frühen Bildung. Zusätzlich wird damit abgeschlossen, wie ein darauf aufbauend generiertes Wissen für die pädagogische Praxis und die politische Steuerungsebene im Dialog transformiert werden kann.

Quellenangabe

Fuchs-Rechlin, K., Meiner-Teubner, C., Birkel-Barmsen, J. & Peters J. (2023). Alles nur Fassade? Wie Einrichtungsträger das Qualitätsmanagement ihrer Kitas steuern. In Schelle, R., Blatter, K., Michl, S. & Kalicki, B. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung Akteure – Organisationen – Systeme. Beltz Juventa.

Katz, L.G. (1999). Multiple perspectives on the quality of programs for young children. https://files.eric.ed.gov/fulltext/​ED428868.pdf

Mittischek, L.; Petritsch, M.; Geißler, C.; Bachner, C.; Walter-Laager, C. & Eichen L. (2022). Perspektiven von Eltern und Fachpersonen auf pädagogische Qualität in elementarpädagogischen Einrichtungen. Zeitschrift für Grundschulforschung/​Journal for Primary Education Research. (02/2022). Primar- und Elementarbildung im internationalen Vergleich.

Riedel, B. & Geiger, K. (2023). Neue Träger und ihre Qualität Profile und Strategien neuer Träger in drei Städten. In Schelle, R., Blatter, K., Michl, S. & Kalicki, B. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung Akteure – Organisationen – Systeme. Beltz Juventa.

Schelle, R. & Blatter, K., (2023). Qualitätsentwicklung durch Empirie? Eine kritische Reflexion des Wissenstransfers in der Frühen Bildung. In Schelle, R., Blatter, K., Michl, S. & Kalicki, B. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung Akteure – Organisationen – Systeme. Beltz Juventa.

Schelle, R., Blatter, K., Michl, S. & Kalicki, B. (2023). Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung Akteure – Organisationen – Systeme. Beltz Juventa.

Simon, S., Gormanns, Y., Gramelt, K., Koplack, T., Lochner, B., Prigge, J., Skalska, A. & Thole, W. (2023). Kinder als Akteur:innen – Erinnerung an eine fast vergessene Dimension in der Debatte um Qualität von Kindertageseinrichtungen. In Schelle, R., Blatter, K., Michl, S. & Kalicki, B. (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung Akteure – Organisationen – Systeme. Beltz Juventa. 

Tietze, W. & Roßbach, H.-G. (2017). Kindergarten-Skala (KES-RZ). Revidierte Fassung mit Zusatzmerkmalen. Deutsche Fassung der Early Childhood Environment Rating Scale. Verlag das Netz.

Rezension von
Hannah Kobinger
Studienassistentin am Arbeitsbereich für Elementarpädagogik Institut für Bildungsforschung und PädagogInnenbildung Karl-Franzens-Universität Graz
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Prof. Dr. Lars Eichen
Co-Leitung Arbeitsbereich Elementarpädagogik
Institut für Bildungsforschung und PädagogInnenbildung
Karl-Franzens-Universität Graz Karl-Franzens-Universität Graz
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Zitiervorschlag
Hannah Kobinger, Lars Eichen. Rezension vom 04.07.2024 zu: Regine Schelle, Kristine Blatter, Stefan Michl, Bernhard Kalicki (Hrsg.): Qualitätsentwicklung in der Frühen Bildung. Akteure - Organisationen - Systeme. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2023. ISBN 978-3-7799-6745-3. Reihe: In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783779963868. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31219.php, Datum des Zugriffs 26.01.2025.


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