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Manfred Fankhauser, Daniela E. Eigenmann: Cannabis in der Medizin

Rezensiert von Thomas Barth, 17.08.2023

Cover Manfred Fankhauser, Daniela E. Eigenmann: Cannabis in der Medizin ISBN 978-3-03788-587-1

Manfred Fankhauser, Daniela E. Eigenmann: Cannabis in der Medizin. Geschichte - Praxis - Perspektiven. Nachtschatten Verlag (Solothurn) 2020. 215 Seiten. ISBN 978-3-03788-587-1. D: 21,80 EUR, A: 22,50 EUR, CH: 25,80 sFr.

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Thema

Noch ist Cannabis eine illegale Droge. Die aktuelle deutsche Kriminalstatistik (2021) weist für „Cannabis und Zubereitungen“ 227.958 Fälle aus, von denen 210.844 aufgeklärt wurden. 2018 wurde noch unter Ägide der konservativen Kanzlerin Angela Merkel die CaPris-Studie (Cannabis: Potential und Risiken) vorgelegt, welche kritischen Stimmen Vorrang gab und die Risiken der illegalen Droge betonte. Doch schon hier verwies man auch auf die weite und steigende Verbreitung von Cannabis in der deutschen Bevölkerung, besonders unter jüngeren Generationen, und ließ Anzeichen für Hoffnungen auf eine vorsichtige Ausweitung medizinischer Anwendungen verlauten.

Inzwischen hat sich mit dem Regierungswechsel die Lage geändert: Eine Cannabis-Legalisierung in Deutschland rückt näher. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sie für Ende 2023 angekündigt, nur einige rechtliche Fragen auf EU-Ebene seien noch zu klären. In der teils aufgeregten Debatte um die Freigabe wurde oft übersehen, dass Cannabis in Deutschland bereits seit 2017 als Heilmittel legalisiert ist.

„Cannabis in der Medizin“ liefert aus der pharmakologischen Perspektive auch historisch fundiertes Wissen, um medizinische Anwendungen zu verstehen und Chancen wie Risiken der Entkriminalisierung dieser Pflanze besser einschätzen zu können. Apotheker und Ärzte finden detaillierte Angaben zu verfügbaren Präparaten und therapeutischer Praxis. Das Buch zeigt Geschichte und aktuellen Stand der Anwendung von Cannabis als Medizin auf, erörtert rechtliche Rahmenbedingungen in der Schweiz, Österreich und Deutschland und beschreibt praxisnah Verordnung, Anwendung und therapeutische Möglichkeiten.

Autorinnen und Entstehungshintergrund

Dr. sc. nat. Daniela Eigenmann ist Hirnforscherin und Apothekerin. Sie befasst sich unter anderem mit der Gesetzgebung in verschiedenen Ländern im Zusammenhang mit Cannabispräparaten und ist die langjährige Mitarbeiterin und Stellvertreterin ihres Koautors Dr. Fankhauser.

Dr. pharm. Manfred Fankhauser, promoviert 1996 mit dem Thema „Haschisch als Medikament“, war 2007 der erste Apotheker der Schweiz, der mit Cannabispräparaten handeln durfte. Beide berichten aus ihrer Praxis in der Schweiz, liefern Fallberichte von Patienten, Expertengespräche und nützliche Information für Ärzte, Apotheker, Patienten und Angehörige. Dabei führen sie auch Zahlen und Statistiken aus der von ihnen betriebenen „Bahnhof Apotheke Langnau“ aus dem Schweizer Emmental an. Sie richten ihren Blicken aber auch auf wissenschaftliche Hintergründe aus Recht, Geschichte, Botanik, Chemie und Neurophysiologie sowie auf andere Länder und die historische Entwicklung der Cannabis-Medizin.

Inhalt

Die Kapitel, die jeweils auch ein eigenes Literaturverzeichnis aufweisen, sind weitgehend unabhängig voneinander lesbar und sprechen interessierte Laien wie Fachwissenschaftler und Praktiker an.

Medizingeschichte

Schwerpunkt des Buches ist, neben der Praxis der Hanfmedikation, sicherlich die Medizingeschichte der Pflanze. Die fundierte historische Darstellung soll belegen, dass die aktuelle Legalisierung von Cannabis nichts anderes ist als „die schon längst überfällige Wiederentdeckung eines altbekannten Arzneimittels, das sich erneut bewährt“ (Vorwort). Die Geschichte beginnt in der Antike, wo Cannabis bei Hippokrates noch fehlte, bei Galen jedoch bereits erwähnt wurde. In Byzanz und Orient wurde das Haschisch dem Opium vorgezogen, die (wenn auch etymologisch umstrittenen) Namensgeber, der Orden der Assassinen galt als mordlustig. Interessant sei, „dass diese größtenteils widerlegte Legende bis heute als vermeintlicher Beweis herhalten muss, um die Gefährlichkeit von Cannabis zu illustrieren“.

Im Europa des frühen Mittelalters finden sich vereinzelte Hinweise, „dass Hanf oder Hanfsamen zusammen mit anderen schlaffördernden und/oder schmerzbetäubenden Pflanzen in Form von Räucherungen oder als Tolltränke“ verwendet wurden. Hildegard von Bingen schätzte den Hanf als Heilpflanze, Kräuterbücher erwähnen ihn, wobei die Rauschwirkung wenig bekannt war, auch wegen des THC-armen europäischen Faserhanfes.

Bis ins 18. Jahrhundert verwendete man von der Arzneipflanze Cannabis sativa fast ausschließlich die Samen als Öl oder Emulsion, wie in der Volksmedizin üblich. Die Heilpflanze Cannabis indica war bis dahin in Europa praktisch unbekannt. Der berühmte Botaniker Jean Baptiste Lamarck (1744–1829) prägte 1783 den wissenschaftlichen Namen Cannabis indica, indischer Hanf, was ihn vom in Europa angebauten Hanf Cannabis sativa unterschied. Bis heute ist umstritten, ob es sich um eigene Arten oder um zwei Unterarten derselben Art handelt.

Im 19.Jahrhundert gelangte indischer Hanf aus den Kolonien und durch Napoleons Ägyptenfeldzug nach Europa. Erste Beschreibungen ab 1830 nennen den Gebrauch des Hanfsamens in Emulsionen, Aufgüssen und Abkochungen „als eines beruhigenden, einhüllenden und reizmindernden Mittels bei Heiserkeit, Husten, Durchfall und besonders bei Krankheiten der Harnwerkzeuge“. Ein Durchbruch kommt mit der 1839 veröffentlichten Studie „On the Preparations of the Indian Hemp, or Gunjah“des im indischen Kalkutta stationierten irischen Arztes William B. O’Shaughnessy. Dieser sei es hauptsächlich zu verdanken, dass sich der indische Hanf auch in der europäischen Schulmedizin etablieren konnte.

Im 20.Jahrhundert brach die Verfügbarkeit von Cannabis indica nach dem Ersten Weltkrieg ein. Es erschienen vermehrt chemisch orientierte Arbeiten über Cannabis, Probleme der Standardisierung von Haschischpräparaten waren Forschungsgegenstand der Medizin. Suchtgefahren wurden dagegen als wenig relevant betrachtet, 1937 zeigte sich die American Medical Association optimistisch, Sucht sei unwahrscheinlich und therapeutische Anwendungen ausbaufähig.

In ersten internationalen Vereinbarungen über Betäubungsmittel, die kurz nach der Jahrhundertwende getroffen wurden, wurde Cannabis noch nicht erwähnt. In den USA verbreitete sich im Zweiten Weltkrieg die Ansicht, dass der Marihuana-Konsum in einigen Städten ein bedrohliches Ausmaß angenommen hätte. New York berief 1944 eine Expertenkommission ein, um dies wissenschaftlich zu untersuchen. Mediziner und Soziologen konnten die allgemeinen Vorurteile gegenüber Marihuana jedoch nicht bestätigen.

Obwohl Cannabispräparate um die Jahrhundertwende noch rege benutzt wurden und laufend neue industriell hergestellte Cannabismedikamente auf den Markt kamen, verschwanden sie gegen Mitte des 20. Jahrhunderts vollständig. Besser wirksame Chemotherapeutika wurden für viele indizierte Krankheiten entwickelt, etwa für Cholera, Gonorrhoe oder Starrkrampf; als Schmerzmittel bevorzugte man Aspirin, auch neue Schlafmittel kamen auf: Chloralhydrat, Paraldehyd, Sulfonal, Barbituraten und Bromural.

Cannabis war schwieriger zu standardisieren und immer mehr Länder erließen gesetzliche Beschränkungen. 1961 kam dann das internationale Einheitsabkommen über die Betäubungsmittel (Single Convention on Narcotic Drugs) mit einem weltweiten Verbot von Cannabis auch für medizinische Zwecke, immerhin blieb die wissenschaftliche Erforschung von Cannabinoiden weiterhin erlaubt.

So gelang es 1964 israelischen Wissenschaftlern, die chemische Struktur des Hauptcannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC) aufzuklären. Doch ab Mitte der 1960er Jahre wurde Haschisch „zur ultimativen Droge der Hippie-Bewegung.“ (S. 43) Das Kiffen verbreitete sich, was für die Medizin bedeutete, dass Cannabis nun das Stigma einer Droge trug. Forschung und Praxis vernachlässigten fortan das medizinische Potenzial von Cannabis.

Erstaunlicherweise machten ausgerechnet die USA medizinisches Cannabis wieder zugänglich, obwohl das Land das weltweite Verbot maßgeblich mitgeprägt hatte. Das Präparat Marinol® wurde in den 1980er Jahren in 27 US-Bundesstaaten als Medikament zur Appetitstimulierung und zur Verhinderung von Übelkeit und Erbrechen zugelassen, wobei man aus Imagegründen beim Wirkstoff statt von THC von „Dronabinol“ sprach.

Anfang der 1990er Jahre führte die Entdeckung des Endocannabinoid-Systems zu einer „Renaissance“ der Cannabis-Forschung. Weltweit herrsche nun eine Tendenz, die medizinische Verwendung von Cannabis zu liberalisieren, etwa in Deutschland, wo seit 2017 das Verschreiben von THC-haltigen Hanfblüten möglich wurde (und heute, nach Drucklegung des Bandes, sogar eine Legalisierung des Freizeitkonsums bevorsteht).

Botanik

Eine botanisch korrekte Einordnung von Cannabis sativa bzw. indica ist schwierig, so bleibt bis heute die taxonomische Klassifizierung umstritten. Erschwert wird die Systematisierung dadurch, dass die Hanfpflanze phänotypisch ausgesprochen variabel ist. Die Bezeichnung Cannabis sativa erhielt die Pflanze durch den schwedischen Botaniker Carl von Linné im Jahre 1753.

Die Pflanzenfamilie der Hanfgewächse bestand zunächst nur aus den Gattungen Hanf und Hopfen und wurde den Brennnesselartigen zugeordnet. Heute ist die Familie um einige Gattungen angewachsen, denn mittels chemischer bzw. genetischer Untersuchung finden sich immer wieder neue, teilweise erstaunliche botanisch nahe Verwandte des Hanfs. Für den Hanf selbst unterschied man Mitte der 1970 drei-, 1986 vier verschiedene Chemotypen, wobei sativa und indica als eigene Arten gesehen werden und man die davon abgeleiteten Unterarten als Biotypen bezeichnet.

Als zweihäusige Pflanze, die also nur jeweils männliche oder weibliche Blüten aufweist, kann Hanf sich nicht selbst bestäuben. Die Unterscheidung der Geschlechter (historisch auch „Hanfhenne“ und „Hanfhahn“ genannt) ist wichtig, da nur die weibliche Pflanze die Hauptwirkstoffe THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) aufweist. Spezielle Drüsen der weiblichen Blüte scheiden das stark THC-haltige Harz aus, was sie speziell für den rekreativen Gebrauch interessant macht.

Chemie

Erste chemische Analysen der Inhaltsstoffe von Hanf wurden 1840 vorgenommen, bis zur Isolierung des THC als wichtigstem Wirkstoff vergingen jedoch noch über hundert Jahre. Heute sind weit über 500 chemische Komponenten der Pflanze bekannt. Wichtigste Stoffgruppe sind dabei die etwa 120 verschiedenen Cannabinoide, aromatische Moleküle mit 21 C-Atomen. Sie sind chemisch kaum mit den sogenannten Endocannabinoiden des menschlichen Körpers verwandt. Synthetische Cannabinoid-Analoga, deren Struktur leicht modifiziert wurde, finden sich in „Spice“ genannten Drogen. Der charakteristische Cannabisduft stammt nicht von Cannabinoiden, sondern von speziellen ätherischen Ölen.

Die Struktur von THC, einer harzigen, geruchs- und geschmacklosen Substanz, wurde erst 1964 entschlüsselt. CBD, der zweitwichtigste Wirkstoff, wurde 1940 isoliert und seine Struktur 1963 geklärt. CBD wurde in den letzten Jahren zu einer Modesubstanz. Zu einem weiteren Forschungsgebiet sind heute die in Hanf enthaltenen Terpene geworden, die besonders in ätherischen Ölen vorkommen. Sie beeinflussen durch Wechselwirkungen die Wirkungen von THC und CBD, weshalb man versucht, Hanfpflanzen auch mit spezifischen Terpen-Profilen zu züchten.

Das Endocannabinoid-System

Der entscheidende Meilenstein in der wissenschaftlichen Erforschung der Cannabinoide war die Entdeckung des Endocannabinoid-Systems (ECS) Anfang der 1990er Jahre. Nachdem man zwei Cannabinoid-Rezeptoren als Andockstellen für THC und die körpereigenen Endocannabinoide entdeckt hatte, wurde die Forschung zu Cannabis intensiviert. Seitdem haben einige Länder Cannabispräparate oder Cannabinoide (THC bzw. „Dronabinol“, CBD, Nabilon, Nabiximol usw.) verkehrsfähig gemacht, was je nach Land sehr unterschiedlich gehandhabt wurde.

Hauptfunktion des ECS ist es, Ungleichgewichte in Organismus auszugleichen, in dem es in die Zell-Kommunikation eingreift. Im Gehirn reguliert das ECS die Stressbewältigung, was im Körper zur Abmilderung von (vor allem chronischen) Schmerzen beiträgt. Das ECS reguliert auch das Immunsystem, Hunger und Energiebilanz, die Wahrnehmung von Sinneseindrücken sowie kognitive Leistungen, wie Gedächtnis und Lernfähigkeit. Endocannabinoide sind Botenstoffe, die im Organismus an vielen verschiedenen Stellen andocken können.

So erklärt sich, dass THC und CBD im Körper eine Vielzahl medizinischer Wirkungen ausüben. THC wirkt als Agonist an diversen Rezeptoren des ECS, was appetitstimulierende und psychoaktive Wirkungen erklärt. Der Wirkmechanismus von CBD ist bislang weniger gut erforscht, man weiß aber, das es andere Rezeptoren aktiviert und die THC-Wirkung dabei abschwächt. Im Expertengesprächsteil des Buches kommen dazu Forscher zu Wort.

Cannabis in der Medizin heute

Die medizinischen Einsatzgebiete von Hanf seien sehr vielseitig, ließen sich hauptsächlich auf THC und CBD zurückführen, die heute die alleinigen Hanfsubstanzen für therapeutische Zwecke seien. Künftig könnten möglicherweise weitere Cannabinoide, etwa Cannabigerol, die Indikationspallette ergänzen. THC wirke Augeninnendruck senkend (gegen grünen Star), antispastisch, schmerzlindernd, brechreizmindernd und appetitfördernd, was zur Behandlung diverser Krankheiten nützlich sei.

Dabei geht es etwa um die Behandlung resistenter Spastiken bei Multipler Sklerose (MS), Querschnittslähmung, Reizblase, Zerebralparese. Die Schmerzlinderung betrifft etwa Krebs-, Rheuma- und Nervenschmerzen, Migräne und Fibroneuralgie. THC kann den Appetit von Aids- und Krebspatienten wieder steigern, bei letzteren die Übelkeit bei Chemotherapie mindern. In der Neurologie hilft THC bei vielen Syndromen, wie Dystonien, Dyskinesen, Tourette, Tics, Tremor, ferner bei Schlafstörungen und Depressionen.

Die wissenschaftliche Evidenz der THC-Wirksamkeit sei jedoch noch sehr unterschiedlich, bei vielen Indikationen, etwa Tremor bei Parkinson oder Restless-Legs, fehlten noch große Studien. Gute Evidenz liege bisher bei Spastik (MS), Chemotherapie-Übelkeit und chronischen Schmerzen vor. Den kostspieligen großen, placebokontrollierten Studien stünden bisher auch betäubungsmittelrechtliche Hürden entgegen.

CBD weise ein anderes Wirkungsspektrum auf, wirke entzündungshemmend, neuroprotektiv, antiepileptisch, angstlösend und antipsychotisch (später, im Expertenteil weist die Psychiaterin Eva Milz auf Vorbehalte vieler Kollegen gegen Cannabis-Anwendung hin, die aus der verbreiteten Fehlannahme resultieren, „jede Form von Cannabis könne Psychosen auslösen“, S. 195). So kommen Eigenmann und Fankhauser zu den CBD-Indikationen Entzündung, Schmerzen, Bewegungsstörung, therapieresistente Epilepsie bei Kindern, Schlafstörung, Depressionen, Autismus, Entzugssyndrome, Angststörungen, Panikattacken, Psychosen.

Es folgen Abschnitte zum „Sonderfall Krebs“, Einnahmeformen und Dosierungen diverser spezieller Darreichungsformen von medizinischem Cannabis sowie Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Toxizität von THC bzw. CBD. Die negativen Wirkungen werden als überwiegend harmlos bezeichnet, inbegriffen Suchtgefahr und Abhängigkeit (S. 88), Wechselwirkungen mit anderen Pharmaka und die Verwendung von Monosubstanzen versus Vielstoffgemischen sowie natürliche Isolierung versus künstlicher Synthese von Cannabinoiden werden diskutiert.

In der medizinischen Praxis der Schweiz verschreibt man demnach Cannabispräparate vor allem, wenn die üblichen Medikationen nicht ausreichend wirksam waren, speziell bei speziellen Epilepsien sowie in der Krebs- und Palliativbehandlung. Dabei werden bevorzugt die Reinsubstanzen THC und CBD gegeben, meist in oraler Applikation. Ratsam ist aufgrund der individuellen Empfänglichkeit für die Wirkungen unbedingt eine schrittweise Hochdosierung, um Überdosen zu vermeiden. So werden Nebenwirkungen vermindert und eine symptomlindernde, aber nicht oder nur gering psychoaktive Einzel- und Tagesdosis ermittelt.

Cannabis-Präperate

Eine pharmazeutisch-fachlich Übersicht über gängige Cannabisarzneien wird auf 14 Seiten präsentiert, unterteilt in Fertigarzneimittel, Rezepturarzneimittel (Magistralrezepturen, die nach Anweisung des behandelnden Arztes vom Apotheker hergestellt werden), illegale Präparate sowie einer Erörterung von Cannabis in den Pharmakopöen, also Arzneibüchern, wo Hanf in seiner medizinischen Blütezeit von 1850–1950 in allen offiziellen Arzneibüchern der westlichen Länder vertreten war (S. 109). Durch die komplizierte Gesetzeslage der weltweit als illegale Droge verfemten Arznei wird die medizinische Verwendung von Hanfprodukten in jedem Land individuell gehandhabt.

Schwerpunkt der Darstellung ist die Lage in der Schweiz, mit Blicken auch auf Österreich und Deutschland (2020). Verfügbare Fertigarzneien sowie ad hoc von Apotheken hergestellte Individualrezepturen werden besprochen. Es werden einzelne Produkte behandelt wie auch generell THC/CBD-haltige Extrakte und Cannabisblüten (die seit 2017 in Deutschland verschreibungsfähig waren, nicht aber in der Schweiz und Österreich).

Die aktuell gehypten CBD-Medikamente und -Produkte werden kritisiert. Sie werden mit oft nicht fundierten Versprechungen vermarkteten und sind behördlich nicht kontrolliert. CBD-haltige Zubereitungen und die damit verbundenen möglichen gesundheitlichen Risiken werden kritisch erörtert. Ebenso auch die Selbstmedikation mit Schwarzmarktprodukten, die Patienten heute teilweise praktizieren, aus der Not restriktiver Verordnungs- bzw. Erstattungspraxis heraus. Aus dem einschränkenden Hinweis, dass die Palette der Präparate im starken Wandel begriffen sei, folgt, dass dieses Kapitel zwar für Ärzte und Pharmakologen aktuell interessant, aber vermutlich schon bald überholt sein wird.

Die rechtliche Situation

Die Gesetzeslage in der Schweiz, in Deutschland und Österreich sowie im Straßenverkehr und bei Auslandsreisen wird -auch in ihrer komplizierten Geschichte- detailliert dargestellt. Außer länderspezifischen Gesetzen existieren internationale Regelungen, welche richtungweisend sind. Anfangs wird auf die internationale Geschichte der Regelung der Betäubungsmittel eingegangen, die 1909 mit der Shanghaier Opiumkommission begann, der 1912 die Haager Konvention folgte. Deren Vereinbarungen betrafen zunächst nur Opium, Morphin, Heroin und Kokain und wurden in der Schweiz mit dem Bundesblatt 1924 rechtlich fixiert. Bis dahin hatte Bern die Haager Konvention zwar unterzeichnet, aber nie ratifiziert, weshalb bis 1924 Betäubungsmittel nicht anders als andere Medikamente geregelt wurden. Erst auf Druck des Völkerbundes kam die Schweiz nicht mehr um ein 1925 in Kraft tretendes Betäubungsmittelgesetz herum, wie das Autorenduo sich ausdrückt (S. 113). 

Ebenfalls 1925 wurde die Genfer Konvention für BTM verabschiedet, die nunmehr Cannabis regulierte. Obwohl 1929 von Bern ratifiziert, wurde Hanf erst 1951 im eidgenössischen BTMG (schweizer Abkürzung: BemG) aufgenommen und zwar insbesondere auf außenpolitischen Druck seitens der USA. Bis 1969 war die medizinische Verwendung von Cannabis jedoch weiterhin erlaubt. 1961 war international mit der Single Convention on Narcotic Drugs ein Regelwerk geschaffen worden, dass Hanf verbot, was Bern 1968 ratifizierte und 1970 in Kraft setzte. Damit wurde auch Medizinalcannabis ungesetzlich, nur die Forschung durfte weiter mit Hanfsubstanzen arbeiten.

Erweiterungen der Single Convention1971 und 1988 unterstellten später auch synthetisch hergestellte Cannabis-Derivate dem Verbot. Erstaunlicherweise konnte in den 1990ern jedoch das in den USA zugelassene THC-Präparat Marinol, das seinen Wirkstoff, vollsynthetisches THC, in „Dronabinol“ umbenannt hatte, in die Schweiz importiert werden, was in Ausnahmefällen Behandlungen erlaubte. Ab 2007 durfte der Buchautor Fankhauser als erster Apotheker des Landes damit Hanfarzneien anbieten. 2011 lockerte Bern sein BemG und natürliches THC wurde legal einsetzbar.

Neben THC erlebte CBD in den letzten Jahren einen Boom in Kosmetika, Nahrungsergänzungsmitteln und Lifestyle-Präparaten, was die Schweiz ab 2017 mit Verboten belegte. Fankhausers Apotheke erhielt eine Ausnahmegenehmigung unter behördlicher Aufsicht von Herstellung und Vertrieb, hauptsächlich für anderweitig schwer behandelbare Epilepsieformen. Trotz Wirksamkeit sind THC-Arzneien in der Schweiz jedoch nicht kassenpflichtig, was die Patienten finanziell belastet. Eine Lockerung des BemG wurde jedoch in Aussicht gestellt.

Die Lage in Deutschland stellte sich historisch ähnlich dar. Auch hier folgte der Gesetzgeber 1929 der Genfer Konvention über BTM mit seinem Opiumgesetz, das medizinische Anwendungen weiter zuließ. Erst 1973 wurde Cannabis grundsätzlich verboten, was jedoch bis vor das Bundesverfassungsgericht juristisch umstritten blieb. Für deutsche Ärzte stand seit 1983 der synthetische THC-Abkömmling Nabilon als verschreibbare Substanz bereit, seit 1998 auch das US-Produkt Dronabinol. Vor dem Bundesverwaltungsgericht erstritten einzelne Patienten Genehmigungen für den Eigenanbau von Hanf. 2017 wurde das BTMG dahingehend reformiert, dass nun Cannabisblüten oder -extrakte verschreibungsfähig wurden und zur Überwachung der Produktion eine Cannabisagentur gegründet. Bei schwerwiegenden Erkrankungen oder fehlenden Alternativen sind die Krankenkassen zur Erstattung verpflichtet.

In Österreich wurde medizinisches Cannabis trotz Unterzeichnung der Genfer Konvention von 1925 nicht reguliert. 1961 wurde die Single Conventionzwar unterzeichnet, doch erst 1978 ratifiziert, bis dahin waren Hanfsubstanzen nicht vollständig verboten. Die internationalen BTMG-Verschärfungen von 1972 und 1988 schlugen sich auch im Wiener Suchtgiftgesetz nieder, das 1998 zum Suchtmittelgesetz umbenannt wurde.

Das Buch geht detailliert den wechselnden Regelungen des zulässigen THC-Gehalts von Medikamenten in den drei deutschsprachigen Ländern nach und kommt schließlich zum Thema Straßenverkehr und Auslandsreisen. Die Teilnahme am Straßenverkehr unter THC-Einfluss ist verboten, Cannabis-Patienten können jedoch ihre Fahreignung/​Fahrtauglichkeit bzw. Fahrfähigkeit/​Fahrtüchtigkeit abklären lassen. Im Gegensatz zu Konsumenten illegaler Hanfprodukte, ist bei auf ärztliche Verschreibung legal konsumiertem Cannabis die Fahrfähigkeit nicht bereits bei THC-Nachweis im Bluttest als erwiesen anzunehmen. Dort wird im Einzelfall abgeklärt, inwieweit Fahrfähigkeit gegeben war. Die Regelungen, die Berlin und Wien für Cannabis-Patienten am Steuer vorgaben, verfolgten eine ähnliche Praxis.

Bei Auslandsreisen sehen sich Cannabis-Patienten juristischen Problemen gegenüber. Nur bei Fertigpräparaten seien zumindest im europäischen Schengenraum keine Probleme zu erwarten. Für Länder außerhalb dieses Raumes empfiehlt sich, die entsprechenden Behörden via Botschaft zu kontaktieren. Cannabis-haltige Individualrezepturen erfordern immer eine genaue Abklärung der länderspezifischen Gesetzeslage.

Die Praxis

Das Kapitel gibt Einblicke in die Praxis in der Schweiz, wobei die Autor*innen selbst mit eigenen Zahlen und Statistiken aus ihrer Arbeit in der Bahnhof Apotheke Langnau aufwarten können. Sie erläutern ihre Beobachtungen zu einzelnen Indikationen, auch bezüglich der Altersstruktur der Cannabis-Patienten. Dabei stellen sie die Wirkung von Cannabispräparaten bei Kindern und Jugendlichen sowie bei älteren Menschen dar. Der nicht unproblematischen Finanzierung der Behandlung wird ein Abschnitt gewidmet und 15 Patientenberichte runden die Darstellung ab.

Graphiken und Tabellen illustrieren die statistische Auswertung der Praxis der Apotheke Langnau und erfassen die Verordnung von Cannabis-Medikamenten an über 6000 Patienten. Dargestellt werden Indikationen, bevorzugte Präparate, Alter der Patienten und insbesondere die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen sowie alten Menschen. Junge Patienten (bis 20jährig) werden oft wegen psychischer Probleme behandelt (ADHS, Depressionen, Schlaf- und Angststörungen), ältere dagegen eher wegen Schmerzzuständen bei diversen Grunderkrankungen. Insgesamt dominieren Schmerzpatienten und unter diesen solche mit chronischen Schmerzen. An zweiter Stelle steht die Behandlung von Spastik-Patienten etwa bei MS mittels der krampflösenden Wirkung von Hanfarzneien. Die Statistiken sind teils nach Medikation (Dronabinol, Cannabisöl oder -tinktur) aufgeschlüsselt, teils nach Indikation (Schmerzen, Krebs, HIV, MS u.a.). Im Fazit stellen die Autor*innen beachtliche Behandlungserfolge vor, bei nur ausnahmsweise überwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen (etwa Müdigkeit, Schwindel, Mundtrockenheit), die zum Therapieabbruch führten.

Die 15 individuellen Patientenberichte zu diversen Krankheitsbildern unter Cannabismedikation runden das Kapitel ab. Eingangs wird auf eine Non-Responderquote von 30 Prozent verwiesen, d.h. knapp ein Drittel der Patienten spüren keine Verbesserungen. Das Indikationsspektrum der Responder reicht von Migräne über Appetitlosigkeit infolge Chemotherapie, Schmerzsyndrome, etwa bei Arthritis, Fibromyalgie, Restless-Legs-Syndrom und Tourette bis zu Krebsschmerzen, Multipler Sklerose und Epilepsie. Berichtet werden von den Betroffenen Symptomlinderungen oder wenigstens eine verbesserte Lebensqualität. Dabei kommen die Patienten selbst zu Wort und berichten über die Cannabis-Behandlung, wie etwa diese 80jährige MS-Patientin:

Patientenbericht: Vor 23 Jahren bin ich an MS erkrankt und leide seither zunehmend an Muskelverkrampfungen und Spastik. Täglich habe ich Krämpfe in Händen und Füßen. (…) Was mir jedoch geholfen hat, ist Hanftee… bereits wenige Schlucke haben gewirkt. Mein Arzt hat mir dann vor einigen Jahren Cannabisöl verschrieben. Dieses nehme ich nun regelmäßig ein. Es wirkt nach etwa 20 bis 30 Minuten oraler Einnahme und bewirkt, dass die Krämpfe nachlassen… Ich kann danach wieder normal essen, da ich meine Hände gebrauchen und mich normal bewegen kann… Ganz ohne Krämpfe bin ich leider nie, aber meine Lebensqualität ist bedeutend höher mit dem Cannabisöl“ (S. 160 f.).

Die persönlichen Erfahrungen und Leidenswege der Patienten verdeutlichen, dass weitere Erforschung sowie eine verbesserte rechtliche und finanzielle Zugänglichkeit der Behandlungsoption Cannabis nötig sind.

Abschließend wird auf die 2020 erfolgte Gründung der Schweizer Gesellschaft für Cannabis in der Medizin (SGCM) hingewiesen, deren Ziel es ist, grundlagen- und therapieorientierte Medizinal-Cannabis-Forschung zu fördern, zu evaluieren und Fakten und Erfahrungen aus Wissenschaft und Praxis zu vermitteln. Sie soll wissenschaftlich fundierte Empfehlungen zu entsprechenden Behandlungsgrundsätzen und klinischen Anwendungen erarbeiten. Die SGMC soll auch als Anlaufstelle für Fragen fungieren sowie Behörden, Politik, Medien und Öffentlichkeit beraten, um die Akzeptanz der klinischen Anwendung von Cannabis auszubauen.

Expertengespräche

In den acht Expertengesprächen kommen namhafte Cannabis-Wissenschaftler aus aller Welt sowie erfahrene Ärzte und Ärztinnen zu Wort. Einschlägige Fakten aus diesem Teil wurden im Inhalt gelegentlich herbeizitiert, um die Evidenz von umstrittenen oder neuen Erkenntnissen zu dokumentieren. Einleitend heißt es, seit der Entdeckung des ECS sei die Forschung zur medizinischen Anwendung von Cannabis explodiert. Der Stellenwert der Wiederentdeckung dieses Heilmittels zeige sich auch im vermehrten Interesse der pharmazeutischen Industrie an entsprechenden Medikamenten.

Die interviewten Experten sind Raphael Mechoulam (israel. Cannabis-Pionier), Rudolf Brenneisen (Pharmazeut, SGCM-Mitgründer), Claude Vaney (Neurologe, SGCM-Mitgründer), Kirsten Müller-Vahl (Neurologie/​Psychiatrie), Kurt Blaas (Allgemeinmedizin), Eva Milz (Psychiatrie), Ethan B. Russo (Neurologe), Jürg Gertsch (ECS-Experte). Sie äußern sich zu speziellen Erfolgen auf ihren Fachgebieten und sehen dort und im Allgemeinen der weiteren Entwicklung der Cannabis-Forschung und -Anwendung optimistisch entgegen.

Diskussion

„Typischer als für Hanf könnte die Etymologie des griechischen Wortes 'Pharmakon' kaum stehen. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes, das übrigens erstmals bei Homer (ca. 8.Jh.v.Chr.) in der Illias und in der Odyssee vorkommt, ist nämlich 'eine pflanzliche Substanz, die magische Kräfte besitzt'. Daneben ist Pharmakon auch Arzneimittel, aber zugleich Gift oder Zauber- und Wundermittel. Diese Janusköpfigkeit wird Cannabis wohl immer begleiten“ (Nachwort).

Abschließend bedauert das Autorenduo, dass die wissenschaftliche Datenlage noch zu dünn sei, als dass Cannabis in die offiziellen Guidelines von medizinischen Fachgesellschaften schon Eingang gefunden hätte. Sie hoffen jedoch, dass die Zeit jetzt, auch im Zeichen einer zunehmenden Entkiminalisierung und Legalisierung von Hanf, reif sei für einen Durchbruch zu einem unverkrampften Umgang auch der Mediziner mit der immer weniger umstrittenen Pflanze.

Der Band bietet aus pharmakologischer Sicht eine gute Ergänzung zum aus ärztlicher Perspektive verfassten Buch „Cannabis und Cannabinoide in der Medizin“ von Kirsten Müller-Vahl und Franjo Grotenhermen (https://www.socialnet.de/rezensionen/29796.php).

Grotenhermen schrieb Eigenmann und Fankhauser das Vorwort, Müller-Vahl wird im 9. Kapitel als Expertin interviewt. Mit seiner dezidierten Cannabis-Befürwortung ist das Buch unbedingt geeignet, die zuweilen hitzig geführte Debatte um eine generelle Cannabis-Legalisierung, die Stephan Quensel in seiner Rezension zu „Cannabispolitik“ darstellte, in diesem Sinne zu bereichern (https://www.socialnet.de/rezensionen/25886.php).

Der Nachtschatten Verlag hat sich wie kaum ein anderer für eine Nutzung teils bislang illegaler pflanzlicher Drogen eingesetzt, was Verlagsprogramm und der auf einschlägig bekannte Nachtschattengewächse verweisende Verlagsname bezeugen. Seit 2014 publiziert der Verlag Lucys Rausch, ein Magazin für psychoaktive Kultur, dessen Name auf den LSD-bezogenen Beatles-Titel „Lucy in the Sky with Diamonds“ verweist. Am Ende des Buches finden sich Werbeanzeigen für acht weitere Cannabis-Publikationen des Nachtschattenverlags, davon vier des Autors des Vorworts des vorliegenden Bandes, Franjo Grotenhermen, sowie zwei weitere, die ihn als Beiträger oder Mitautor ausweisen (und ihn damit vielleicht auch als Cannabis-Hausautor des Verlages).

Es folgen acht weitere, kommerzielle Anzeigen, davon eine, die für die „Bahnhof Apotheke Langenau“ der beiden Autor*innen des vorliegenden Bandes wirbt, sechs, die diverse Hanfprodukte (CBD-Öl, Hanfsamen, Medikamente) anpreisen und eine, die PR für den Deutschen Hanfverband macht und überschrieben mit „Lobby für Hanf“ bekundet: „Der Deutsche Hanfverband ist im Kontakt mit Abgeordneten aller im Bundestag vertretenen Parteien. Auf öffentlichen Anhörungen und mit Hintergrundgesprächen werben wir direkt an den Schaltstellen der Macht für die Legalisierung von Cannabis“. Allein diese letzten acht Seiten dürften das Buch für stramm-überzeugte Cannabis-Gegner, wie sie in aktuellen Debatten durchaus noch zu finden sind, zweifelhaft erscheinen lassen.

Dessen ungeachtet, legen die beiden Autor*innen einen zwar dezidierten, aber drogenpolitisch sehr zurückhaltend formulierten Beitrag zur Debatte um Cannabis-Legalisierung vor, die aktuell in Deutschland bevorstehen könnte. Sie fordern eine verstärkte Erforschung der Heilwirkungen und befürworten eine rasche Freigabe medizinischer Cannabisarzneien, weisen aber im Text immer wieder auch auf Risiken und Nebenwirkungen von Cannabis hin. Sie nehmen Partei für eine Renaissance breiter Anwendung von Medizinalhanf, halten sich aber bedeckt, was die generelle Entkriminalisierung von Hanf für den rekreativen (d.h. Freizeit-) Gebrauch angeht. Allerdings gibt die Auswahl des Nachtschattenverlages für ihre Buchpublikation einen klaren Hinweis auf ihre auch diesbezüglichen Präferenzen. Die Darstellung der Autor*innen wirkt jedoch insgesamt eher neutral als euphorisch und verschweigt zahlreiche Probleme und Schwierigkeiten der Cannabis-Anwendung nicht.

Fazit

Vor allem für Apotheker, Ärzte und andere Praktiker der Cannabis-Medizin liefert der Band aktuelle Fakten zur Medikation und Hintergrundwissen für Diskussionen mit bislang noch skeptischen Berufskollegen. Auch (potentielle) Cannabis-behandelte Patienten erhalten praktische Tipps für die speziellen rechtlichen und abrechnungsbezogenen Fallstricke der Cannabis-Therapie; sie erfahren durch Fallbeschreibungen auch mehr über verschiedene Hanfarzneien und können ferner Hoffnung schöpfen für künftige Möglichkeiten einer Ergänzung bisheriger Behandlungsmöglichkeiten. Auch für Laien, die zwar von chemischen und pharmakologischen Kapiteln zuweilen überfordert sein mögen, findet sich also interessanter Lesestoff, insbesondere zu Geschichte, Kultur und Praxis der Heilpflanze Hanf.

Literatur

Manfred Fankhauser und Daniela Elisabeth Eigenmann: Cannabis in der Medizin. Geschichte, Praxis, Perspektiven. Nachtschatten Verlag, Solothurn 2020, 215 Seiten, 26.00 Euro. E-Book, Softcover 210×148 mm, ISBN 978-3-03788-587-1 [Rezension bei socialnet]

Gernot Hahn. Rezension vom 14.02.2023 zu: Kirsten Müller-Vahl, Franjo Grotenhermen: Cannabis und Cannabinoide in der Medizin. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2020. ISBN 978-3-95466-424-5 [Rezension bei socialnet]. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/​29796.php, Datum des Zugriffs 08.07.2023.

Beatrice Hamberger. Zusammenfassung des Kurzberichts von: Eva Hoch, Miriam Schneider. Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse – Ergebnisse der CaPRis-Studie, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Januar 2018.

Stephan Quensel. Rezension vom 15.01.2020 zu: Michael Herzig, Frank Zobel, Sandro Cattacin: Cannabispolitik. Die Fragen, die niemand stellt. Seismo-Verlag Sozialwissenschaften und Gesellschaftsfragen (Zürich) 2019. ISBN 978-3-03777-195-2 [Rezension bei socialnet]. Reihe: Penser la Suisse. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/​25886.php, Datum des Zugriffs 08.07.2023.

Polizeiliche Kriminalstatistik 2021, IMK-Bericht Rauschgiftdelikte, S. 24–25. Datum des Zugriffs 08.07.2023.

Rezension von
Thomas Barth
Dipl.-Psych, Dipl.-Krim.
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Es gibt 15 Rezensionen von Thomas Barth.

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Zitiervorschlag
Thomas Barth. Rezension vom 17.08.2023 zu: Manfred Fankhauser, Daniela E. Eigenmann: Cannabis in der Medizin. Geschichte - Praxis - Perspektiven. Nachtschatten Verlag (Solothurn) 2020. ISBN 978-3-03788-587-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31224.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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