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Franzis Preckel, Jessica Gnas et al.: Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung

Rezensiert von Joschka Sichelschmidt, 23.04.2024

Cover Franzis Preckel, Jessica Gnas et al.: Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung ISBN 978-3-8252-6064-4

Franzis Preckel, Jessica Gnas, Elena Mack, Julia Matthes: Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung. Verlag Ferdinand Schöningh (Paderborn) 2023. 200 Seiten. ISBN 978-3-8252-6064-4. D: 20,00 EUR, A: 20,60 EUR, CH: 26,90 sFr.
Reihe: Psychologie für Lehramtsstudierende.

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Thema 

In der Unterrichtspraxis ist ein wertschätzender und verstehender Umgang von Lehrkräften mit der Heterogenität von Schüler:innen hinsichtlich des Vorwissens, der Fähigkeiten, der Motivation, der Kreativität oder der Intelligenz notwendig, um eine Ausbildung der unterschiedlichen Potenziale fördern zu können und auch, um das Lehrklima positiv gestalten zu können.

Mit dem vorliegenden Band sollen Lehrkräfte darin unterstützt werden, Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung bei Schüler:innen verstehen, erkennen und fördern zu können. Dieser Dreischritt aus Verstehen, Erkennen und Fördern findet sich als abschließende Komponente in den einzelnen Kapiteln wieder und bewirkt eine stark praxisnahe Beschreibung der theoretischen Konstrukte.

Autor:innen

Jessica Gnas, Elena Mack und Julia Matthes arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter:innen an der Universität Trier bei der Abteilung für Hochbegabtenforschung und -förderung im LemaS (Leistung mach Schule) Teilprojekt LUPE (Leistungspotenziale suchen und finden).

Franzis Preckel ist Professorin an der Universität Trier und leitet die Abteilung für Hochbegabtenforschung und -förderung.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in ein in die Thematik einführendes Kapitel, drei Hauptkapitel zu den behandelten Thematiken und einem einseitigen Schlusswort gegliedert:

  1. Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung: Was denken wir darüber im Alltag? (Seite 13–21)
  2. Intelligenz (Seite 22–73)
  3. Kreativität (Seite 74–121)
  4. Hochbegabung (Seite 122–175)
  5. Schlusswort (Seite 176)
  6. Literaturverzeichnis (Seite 177–200)

Die in dem Buch behandelten komplexen Themen Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung sind auch außerhalb des wissenschaftlichen Diskurses bekannte Schlagworte mit oftmals undifferenziertem Inhalt. Besonders Lehrkräfte müssen sich kritisch und selbstreflexiv mit den Inhalten, was genau diese Konstrukte ausmacht, beschäftigen, da eigene, ohne wissenschaftliche Expertise generierte „Annahmen […] aus unseren Erfahrungen“ (S. 13) uns Menschen in den meisten Fällen nicht bewusst sind.

Jessica Gnas, Elena Mack, Julia Matthes und Franzis Preckel beginnen das Buch mit einer Präsentation der gängigen Definitionen über Intelligenz. Dazu werden das Berliner Intelligenzstrukturmodell (BIS) (Jäger 1984), die Cattel-Horn-Carroll-Theorie der kognitiven Fähigkeiten (CHC Modell) (Schneider und McGrew 2018) und Lurias neuropsychologische Theorie (Luria 1973) vorgestellt. Das Kapitel wird durch den Dreischritt Verstehen (Was ist Intelligenz und wie spiegelt sich diese „Heterogenitätsfacette“ (S. 45) als Einflussfaktor für Erfolg in der Schule wieder), Erkennen (Intelligenztests und deren Interpretation) und Fördern (Vorstellung von kognitiven Trainingsprogrammen, Gestaltung des Unterrichts als ‚attraktiv‘ und ‚motivierend‘) abgeschlossen.

Folgend wird das Theorem Kreativität von den Autor:innen beschrieben und definiert. Die praktische Implikation und die Handhaltbarmachung des theoretischen Modells erfolgt mithilfe des Dreischritts aus Erkennen, Verstehen und Fördern. Zuerst wird über die Verständnisebene Kreativität aus unterschiedlichen Positionen diskutiert und definiert (z.B. das Vier-C-Modell der Kreativität oder die Investment Theorie von Sternberg und Lubart (1991)). Für den Erkenntnisprozess, wie die Schüler:innen sich hinsichtlich ihrer Kreativitätsdiversität zeigen, wird der Torrance Test of Creative Thiniking (TTCT) (Torrance 2008) als Test „des divergenten Denkens“ (S. 100) vorgestellt und praktikabel aufgearbeitet. Abschließend wird der für Lehrer:innen wichtige Prozess des Förderns der Schüler:innen, damit diese ihre Kreativität entdecken, entwickeln und auch entfalten können, mit unterschiedlichen positiven und negativen Einflussfaktoren (Persönlichkeit der Lehrpersonen, Unterrichtsstil, Autonomie und Unterstützung, Bewertung der Schüler:innen, (faire) Aufgabengestaltungen, Klassen- und Schulklima, Schulsystem und -Umwelt) in Verbindung gebracht.

Hochbegabung stellt sich als Konstrukt in der Schule für Lehrer:innen als sehr heterogen dar. Besonders die Darstellung in den Medien verzerrt die Wahrnehmung deutlich und besonders in der Rolle der Lehrperson muss die Sichtweise auf dieses Konstrukt „konsequent reflektiert und ihrer Richtigkeit hin überprüft werden“ (S. 125). Für den Prozess des Verstehens von Hochbegabung und damit auch der Erwerb einer Fähigkeit zur Reflektion, was Hochbegabung überhaupt ist, werden Modelle aus der Hochbegabtenforschung (Drei-Ringe-Modell nach Renzulli (1978) und das Talent Development in Achievement Domains (TAD) Modell von Preckel et al. (2020)) vorgestellt. Die pädagogische Diagnostik (Erkennen) verstanden als eine wiederholende Sammlung von Informationen, „um das eigene Urteil kontinuierlich zu überprüfen und eventuell zu korrigieren“ (S. 149) soll Schüler:innen in ihren differenzierten Ausprägungen von Hochbegabung erkennbar und damit auch gezielt förderbar machen. Für den Prozess des Förderns von Schüler:innen mit einer Hochbegabung werden von Jessica Gnas, Elena Mack, Julia Matthes und Franzis Preckel die innere Differenzierung (gezielte schwierigere Aufgaben im Unterricht stellen), die Akzeleration (schnelleres Durchlaufen des Curriculums), das Enrichment (zusätzliche Förderangebote installieren) und das Schaffen von auf Hochbegabung spezialisierten Klassen oder Schulen als praktikabel angesehen.

Diskussion

Die Buchreihe ‚Psychologie für Lehramtsstudierende‘ wird von Heike M. Buhl (Professorin für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie an der Universität Paderborn) und Katrin B. Klingsieck (Professorin für Psychologische Diagnostik und und Förderung mit dem Schwerpunkt Inklusive Bildung an der Universität Paderborn) herausgegeben und soll die „psychologischen Grundlagen professionellen Lehrerwissens und -handelns“ (S. 10) sinnvoll strukturiert aufarbeiten und praxisnah transferieren.

Unter dieser Devise haben auch Jessica Gnas, Elena Mack, Julia Matthes und Franzis Preckel das zur Rezension vorliegende Buch verfasst. Die Inhalte sind kompakt gehalten, geben aber einen sinnvollen Überblick zum aktuellen Forschungs- und Theoriestand. Ebenso ist hervorzuheben, dass der Schreibstil niveauvoll gehalten ist, die Leser:innen aber nicht mit fachspezifischen Terminologien ‚erschlägt‘.

Fazit

Hervorzuheben ist der jedes Kapitel abschließende didaktische Dreischritt aus ‚Verstehen‘ des jeweils behandelten Konstrukts, wie im Kontext der Schule und Unterrichtsgestaltung ein ‚Erkennen‘ bei den Schüler:innen möglich wird und das Eingehen auf gezieltes ‚Fördern‘ der Schüler:innen, damit diese ihre Potenziale entfalten können. Die Leser:innen erhalten so eine gute Anleitung, wie als Lehrperson konkret agiert werden kann, um die Schüler:innen in ihrer Heterogenität abzuholen, zu motivieren und mitzunehmen.

Literaturverzeichnis

Jäger, A. O. (1984). Intelligenzstrukturforschung: Konkurrierende Modelle, neue Entwicklungen, Perspektiven. Psychologische Rundschau, 35(1), 21–35.

Luria, A. R. (1973). The working brain: an Introduction to neuropsychology. NY: Basic Books (New York).

Preckel, F.; Golle, J.; Grabner, R. H.; Jarvin, L.; Kozbelt, A.; Müllensiefen, D.; Olszewski-Kubilius, P.; Subotnik, R.; Schneider, W.; Vock, M.; & Worrell, F. C. (2020). Talent development in achievement domains: A psychological framework for within and cross-domain research. Perspectives on Psychological Science, 15(3), 691–722.

Renzulli, J. S. (1978). What make giftedness? Reexaminung a definition. Phi Delta Kappan, 60(3), 180–185.

Schneider, W.; McGres, K. S. (2018). The Cattell-Horn-Carroll theory of cognitive abilities. In: Flanagan, D. P.; McDonough, E. M. (Eds.). Contemporary intellectual assessment. Theories, tests and issues. NY: The Guilford Press (New York).

Sternberg, R. J.; Lubart, T. I. (1991). An investment theory of creativity and its development. Human Development, 34(1), 1–31.

Torrance, E. P. (2008). Torrance Test of creative thinking: Norms-technical manual, vebal forms A and B. IL: Scholastiv Testing Service (Bensenville).

Rezension von
Joschka Sichelschmidt
M.A. Erziehungswissenschaften, M.A. Klinische Sozialarbeit, B.A. Sozialpädagogik/Psychologie, klinisch arbeitender Pädagoge in einem intensivpädagogischen Setting
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Es gibt 8 Rezensionen von Joschka Sichelschmidt.

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ISSN 2190-9245