Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Melanie Misamer: Machtsensibilität in der Sozialen Arbeit

Rezensiert von Dr. Simone Krieger, 21.11.2023

Cover Melanie Misamer: Machtsensibilität in der Sozialen Arbeit ISBN 978-3-17-042185-1

Melanie Misamer: Machtsensibilität in der Sozialen Arbeit. Grundwissen für reflektiertes Handeln. Verlag W. Kohlhammer (Stuttgart) 2023. 181 Seiten. ISBN 978-3-17-042185-1. 35,00 EUR.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Kaufen beim socialnet Buchversand
Kaufen beim Verlag

Thema

Das Buch „Machtsensibilität in der Sozialen Arbeit. Grundwissen für reflektiertes Handeln„ beschäftigt sich mit dem Thema Machtsensibilität, also dem sensiblen Umgang mit der Macht im Kontext Sozialer Arbeit, um weniger Ohnmacht zu erzeugen. Macht ist immer wieder ein Thema und auch Teil von Debatten, aber der sensible Umgang mit Macht wurde bisher nicht ausführlich betrachtet. Das macht Melanie Misamer hier mit ihrem evidenzbasierten Handlungskonzept „Machtsensibilität“.

Autor:in oder Herausgeber:in

Melanie Misamer ist Professorin und Sozialforscherin mit interdisziplinären theoretischen und empirischen Beiträgen zum Thema Macht, einem dimensionalen Machtkonzept und dem hieraus abgeleiteten Handlungskonzept „Machtsensibilität“. Bereits in ihrer psychologischen Promotion an der TU Braunschweig promovierte Sie zum Machtthema und einer differenzierteren Sicht auf Macht. Im Buch werden diese Aspekte aufgegriffen und theoretisch und praktisch dargestellt sowie vertieft und weitergedacht.

Entstehungshintergrund

Menschen in Machtpositionen müssen für ihren Umgang mit der Macht gegenüber anderen sensibilisiert werden, insbesondere deshalb, weil Macht nach wie vor ein Tabuthema ist. Erst, wenn Wissen über Macht vorhanden ist und eigene Umgänge hiermit aktiv reflektiert werden, kann im vollen Bewusstsein über die eigene Machtanwendung entschieden werden. Gerade in der Sozialen Arbeit, die mit oft hilfsbedürftigen Adressierten arbeitet, spielen Macht, Verantwortung und Ohnmacht eine besonders große Rolle. Für die Soziale Arbeit gibt es zu diesen Themen bisher wenig Forschung, daher liefert das Buch eine gute (oft evidenzbasierte und interdisziplinär verortete) Grundlage, sich mit dem Thema ausführlich auseinanderzusetzen.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in fünf Abschnitte eingeteilt und beginnt mit einer aktuellen Erhebung zur Wichtigkeit von Macht aus Sicht von Fachkräften Sozialer Arbeit.

Abschnitt 1

Im ersten Abschnitt geht es darum, was Macht genau ist. Verschiedene Aspekte werden hier beschrieben, wodurch man nach dem Lesen dieses Abschnitts en Eindruck hat, ein gewisses Grundwissen zum Thema „Macht“ zu haben. Dabei wird auf interdisziplinäre Theorie und Forschung zurückgegriffen.

Abschnitt 2

Im zweiten Abschnitt geht es um Ohnmacht, also unter anderem dem Resultat, wenn andere die ihnen gegebene Macht missbrauchen. Es wird beschrieben, was Ohnmachtserleben auf biopsychosozialer Ebene anrichtet und was erlernte Hilflosigkeit ist. Anschließend werden Untersuchungen vorgestellt, die darlegen, was Ohnmächtig-machen auf individueller Ebene, auf Gruppenebene und systemisch bedeuten.

Abschnitt 3

Im dritten Abschnitt geht es um Machtsensibilität, die Ohnmacht bei Adressierten verhindern helfen soll und wie eine Machtsensibilität entwickelt werden kann. Es wird unter anderem beschrieben, was Machtsensibilität bewirkt, was sie mit Vertrauen und Gerechtigkeit zu tun hat und wie sie für Adressierte zur Selbstreflexion genutzt werden kann. Das Thema der Sensibilität für Habitus und Diversität, heute sehr wichtige Themen, wird in diesem Abschnitt ebenfalls behandelt.

Abschnitt 4

Im vierten Abschnitt geht es um die konkrete Umsetzung von Machtsensibilität in der Arbeitspraxis. Der Abschnitt schließt mit einer kleinen Methodensammlung, die bei einer machtsensiblen Sozialen Arbeit unterstützen kann. Es wird beschrieben, wie man Brücken bauen und so Wege für andere bereiten kann. Das Prinzip der kleinen Schritte wird besprochen, wie man Win-Win-Situationen herstellt und das Geben von Alternativen statt Vorgaben. Prosoziale Verhaltensweisen, das Prinzip Held*innen des Alltags von Philip Zimbardo, das Prinzip Stärke statt Macht von Haim Omer und das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe sind weitere Methoden.

Abschnitt 5

Abschnitt fünf führt Erlebnisse aus der Arbeitspraxis aus, und zwar positive und negative Beispiele zum Umgang mit Macht.

Diskussion

Dem Buch liegt eine sehr ausführliche Recherche zum Thema zugrunde. Diese bezieht sich nicht nur auf Theorie, sondern auch auf Forschung aus der Sozialen Arbeit, der Psychologie, der Soziologie, den Erziehungswissenschaften und der Philosophie. Es findet sich ein historischer und interdisziplinärer Abriss zur Macht, was erhellend ist, wenn man sich für unterschiedliche Blickwinkel interessiert. Insgesamt hat man den Eindruck, dass Macht aus verschiedenen Disziplinen zusammengetragen, sich Überschneidendes gebündelt und auf einen Punkt gebracht wird und hierauf aufbauend ein Handlungskonzept entwickelt wurde, mit dessen Hilfe die eigene Machtanwendung reflektiert werden kann. Die Autorin gibt selbst an, dass das Machtthema zu komplex ist, um es in einem Buch allumfänglich behandeln zu können. Der Ausschnitt, der behandelt wird, wird jedoch so behandelt, dass man nach dem Lesen der Lektüre den Eindruck hat, etwas Fundiertes gelesen zu haben.

Fazit

Wer sich rückversichern will, ob man mit der Macht gut umgeht und/oder in diesem Bereich etwas Lernen will, der/die trifft es mit diesem Buch aus meiner Sicht genau richtig, weil sowohl theoretisches, empirisches und als auch praktisches Handwerkszeug vermittelt werden. Es wird auch kein Hehl darum gemacht, dass es stetiger (Selbst-)Reflexion bedarf, eine Machtsensibilität aufzubauen und auf Dauer zu erhalten. Aus lehrdidaktischer Sicht sehe ich im Buch einen klaren Aufbau, theoretische und empirische Fundierung, Sketchnotes, Definitions-, Reflexions- und Beispielkästen. So kann ich das Buch als wissenschaftliche Mitarbeiterin, die auch im Bereich Sozialer Arbeit unterrichtet, als gut lesbares Fach- aber auch Lehrbuch empfehlen.

Rezension von
Dr. Simone Krieger
Mailformular

Es gibt 1 Rezension von Simone Krieger.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Simone Krieger. Rezension vom 21.11.2023 zu: Melanie Misamer: Machtsensibilität in der Sozialen Arbeit. Grundwissen für reflektiertes Handeln. Verlag W. Kohlhammer (Stuttgart) 2023. ISBN 978-3-17-042185-1. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31250.php, Datum des Zugriffs 08.12.2023.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht