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Dietmar Langer: Vernünftiger Wille oder Wille zur Vernunft?

Rezensiert von Dr. Axel Bernd Kunze, 22.01.2024

Cover Dietmar Langer: Vernünftiger Wille oder Wille zur Vernunft? ISBN 978-3-339-13454-7

Dietmar Langer: Vernünftiger Wille oder Wille zur Vernunft? Zur Frage, wie kommt man eigentlich zur Vernunft ? und ihrer Bedeutung für die Erziehung zur Mündigkeit. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2023. 224 Seiten. ISBN 978-3-339-13454-7. D: 84,80 EUR, A: 87,20 EUR.
Reihe: Schriften zur Pädagogischen Theorie - 21.

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Thema

Bildung und Erziehung zielen auf Mündigkeit des Einzelnen – so die traditionelle Auskunft. Der Einzelne soll selbstbestimmt sachliche und sittliche Geltungsansprüche setzen. Hierzu freigestellt wird er durch die Vernunft. Neuere Debatten in Philosophie, Neurowissenschaften oder Pädagogik haben Zweifel genährt, ob überhaupt noch bruchlos von einem freien, vernünftigen Willen gesprochen werden kann. Der vorliegende Band will im Kontext postmoderner Erziehungswissenschaft das Verhältnis zwischen dem Willen zur Vernunftanwendung und rationaler Willensentscheidung neu begründen.

Verfasser

Der Verfasser, Dietmar Langer, ist, wie ein Blick in das Literaturverzeichnis zeigt, durch zahlreiche vorangehende Veröffentlichungen zur Thematik ausgewiesen. So sind von ihm bisher u.a. erschienen: Erziehung zur Willensfreiheit. Zur Auflösung der pädagogischen Antinomie (Frankfurt am Main 2010), Pädagogische Vernunft. Pädagogisches Denken und Handeln zwischen Natur und Freiheit. Zum Grundgedanken der Pädagogik des gemäßigten Naturalismus (Frankfurt am Main 2013) oder Ratio und Vorratio. Zum Verhältnis von Verstand, Vernunft, Vorrationalem und Mündigkeit (Hamburg 2018).

Kontext

Die Untersuchung geht dem Verhältnis von vernünftigem Willen und dem vorrational begründeten Willen zur Vernunft nach. Der Verfasser geht von der Unterscheidung zwischen Verstand, der praktischen Rationalität des Menschen, und Vernunft, der auf ein bestimmtes Sollen bezogenen Rationalität, aus. Im Vorwort erläutert Langer den Unterschied folgendermaßen: „Mit Verstand werden Kriege jedweder Art […] organisiert und realisiert. Mit Vernunft werden sie beendet oder verhindert“ (S. 9).

Das Buch ist Leonida Perez, Willis Severino und Raul Almonte gewidmet.

Aufbau

Der Gedankengang der vorliegenden Untersuchung folgt neun Schritten:

  1. Einleitung und Problematik der Thematik
  2. Zur heutigen Auslegung der Vernunft
  3. Zur Begriffsklärung: Geist, Wille, Natur, Kultur, Welt, Selbst- und Weltbezüge
  4. Zur Beziehung zwischen Natur, Geist und Welt
  5. Zur Auslegung des vernünftigen Willens
  6. Zur Auslegung des Willens zur Vernunft
  7. Braucht Selbstbildung zur Mündigkeit auch religiöse Bildung?
  8. Grundzüge einer Erziehungstheorie zur Mündigkeit
  9. Resümee

Zunächst geht es vom Problemaufriss über die Darlegung des aktuellen Forschungsstandes und grundlegenden Begriffsklärungen zur Untersuchung der Beziehung zwischen Natur, Geist und Welt. Im Weiteren folgt dann eine getrennt angelegte Auseinandersetzung mit den beiden grundlegenden Untersuchungsthemen, dem vernünftigen Willen und dem Willen zur Vernunft. Schließlich erfolgt eine pädagogische Kontextualisierung, einmal mit Blick auf religiöse Bildung, das andere Mal im Blick auf Erziehungstheorie. Ein Resümee rundet den Gedankengang ab.

Den Überlegungen vorangestellt sind Vorüberlegungen des Verfassers anhand ausgewählter Zitate, ein Abbildungsverzeichnis und Vorwort. Den Band beschließen ein Literatur- und ein Personenverzeichnis.

Inhalt

Einleitung und Problematik der Thematik

Der Band geht von der Vorannahme aus, dass die Begriffe Wille und Geist auch heute noch eine wichtige lebenspraktische Rolle einnehmen. Beide hätten sich auch wissenschaftlich nicht erledigt, müssten allerdings vor dem Hintergrund postmoderner Theoriebildung, auch in der Erziehungstheorie, ausgelegt werden. Das Subjekt wird von Langer als Referenzpunkt für komplexes menschliches Handlungsvermögen verstanden: das Denken, Glauben, Fühlen und Handeln. Das Subjekt konstituiere sich durch Entschlüsse, Entscheidungen, Handlungen und Zuschreibungen in Wechselwirkung zwischen Individuum und Umwelt. Als philosophische Wegbereiter eines solchen Verständnisses nennt der Verfasser Hegel, Marx, Nietzsche, Freud, Heidegger, Wittgenstein und Dewey.

Da die Verwirklichung der Vernunftbegabung von Natur nicht vorbestimmt sei, müsse der Mensch deren Verwirklichung durch Selbsterziehung und Selbstbildung gestalten. Der Mensch bleibt also zwangsläufig auf Erziehung verwiesen. Die erzieherische Frage befriedigend einzulösen, ist allerdings alles andere als trivial, da der Wille zur Vernunft und die Vernünftigkeit des Willens keineswegs in einem naturkausalen oder logischen Verhältnis zueinander stehen. Damit liegt mit Abschluss der Einleitung das zur Verhandlung stehende pädagogische Problem deutlich auf dem Tisch.

Zur heutigen Auslegung der Vernunft

Nur analytisch könne zwischen der Vernunft, gemeint ist die normative Begründung eines Sollens, und Verstand, gemeint ist der Umfang mit Tatsachen, unterschieden werden. In der Handlungspraxis gehen Vernunft- und Verstandestätigkeit zwangsläufig immer schon Hand in Hand. Dies gilt dann auch für die Pädagogik, in der theoretische und praktische Vernunft als personale Identität vermittelt werden.

Deutlich warnt der Verfasser vor naturalistischen Fehlschlüssen – in beiden Richtungen: Aus dem, was der Fall ist und der Vernunft zugänglich, folgt nicht schon, was sein soll, und umgekehrt. Die Postmoderne, so Langer, habe deutlich gemacht, dass sich Wertungen nicht rational begründen ließen, „weil es kein Sollen an sich gibt“ (S. 63). Wo Wertungen vorgenommen werden, müsse vielmehr immer ein Wille angenommen werden, der sage, was sein soll. Dieser Wille könne nicht in einem einzelnen Organ, im Gehirn, oder anderswo gesucht und gefunden werden: „[V]ielmehr ist es der ganze Mensch als Person, der sich der Vernunftprinzipien vermittels seines geistigen Körpers und mehr noch aufgrund seines verkörperten Geistes bedient“ (S. 65).

Zur Begriffsklärung: Geist, Wille, Natur, Kultur, Welt, Selbst- und Weltbezüge

Der Geist, der an dieser Stelle ins Spiel kommt, zeigt sich im Vermögen zum Denken, Glauben, Fühlen, Wollen, Sprechen und Handeln. Das kognitive, emotionale und voluntative Vermögen des Menschen bildet für Langer in dessen Lebensalltag eine Einheit. Es ist der gesamte Organismus, der an Handlungen des Menschen beteiligt sei. Solche Verstandeshandlungen können als Ausdruck des „verkörperten Geistes“ verstanden werden. Der Wille wiederum liege solchen Handlungen zugrunde: als geistige Entschlussfähigkeit und auch das Vermögen, einen Entschluss wirklich durchzuhalten. Der menschliche Geist bewege sich an der Schnittstelle zwischen Natur und Kultur (Welt), zwischen dem, was vom Menschen nicht geschaffen ist, und dem, was erst der Mensch hervorgebracht habe.

Zur Beziehung zwischen Natur, Geist und Welt

Die Frage nach einer angemessenen Beziehungsgestaltung der zuvor vorgenommenen Unterscheidungen Natur, (menschlichem) Geist und Welt sei eine Frage der Vernunft. Besonders herausgefordert werde diese Beziehung durch den strengen Naturalismus, der davon ausgeht, dass das intentionale Subjekt vollständig in der Natur verbleibe. Im Determinismus werde dann behauptet, alles sei kausal festgelegt. Der Verfasser teilt diese Einschätzung nicht. Unter Bezug auf Edmund Husserl geht er davon aus, dass in der Natur ein Sollen nicht auffindbar sei. Der Wille zur Vernunft, der bei der Anwendung rationaler Prinzipien zum Tragen komme, müsse außerhalb der Natur gesucht werden.

Zur Auslegung des vernünftigen Willens

Wenn von einem vernünftigen Willen, die Rede sei, müsse ein freier Wille vorausgesetzt werden. In der Postmoderne, der ein moralischer Universalismus abhanden gekommen sei, bedeute dies, dass „wir Vernunft als Selbstkritik auf sämtliche Überzeugungen anwenden können und sollen, also nicht nur auf Erkenntnisse bezüglich dessen, was der Fall ist, sondern auch auf normative Konzeptionen und Wertmaßstäbe“ (S. 154). Dabei sei damit zu rechnen, dass der Mensch zwar zwischen Gut und Böse zu unterscheiden möge, aber stets fehlbar bleibe. Ein Grund ist darin zu suchen, dass der Mensch in sich den Widerstreit zwischen Vernunft und Triebhaftigkeit austrage. Wenn von universalen Maßstäben nicht mehr gesprochen werden könne, müsse ein guter Grund immer rational begründet werden. Der Verfasser greift hierbei auf die Unterscheidung der vier Typen objektsprachlicher Begründungsrationalität bei Herbert Schnädelbach zurück. Vernunft zeigt sich also konkret im Vermögen, Begründungen für das Handeln angeben zu können, die dann zu vernünftigen Entschlüssen führen.

Zur Auslegung des Willens zur Vernunft

Unseren kognitiven Überlegungen, so Langer, liegen immer schon ein vorrationales, emotional bestimmtes Wollen voraus: Im Überlegen suchen wir nach Gründen, allerdings nicht sprunghaft, sondern auf Basis von Festlegungen, die unserem Wollen entspringen.

Der vorgängige Wille, von dem hier die Rede ist, hat eine motivationale Kraft, insofern er den Einzelnen überhaupt nach guten Gründen suchen lässt. Verstanden werden könne dieser Wille sowohl als ein „Wünschen“ als auch als ein „Entschlossen-Sein“. Die Erziehung habe dabei die Aufgabe, das Zusammenspiel von vorrationalem Wollen und vernünftigem Überlegen in ein angemessenes Zusammenspiel zu bringen. Conditio sine qua non, weiterhin von einer pädagogischen Aufgabe sprechen zu können, bleibe, Wollen und Überlegen nicht als bloße Naturereignisse, die den Menschen letztlich vollständig determinierten, zu denken. Wo dies angenommen werden sollte, könne es im Letzen dann auch keine Personwerdung und Mündigkeit mehr geben.

Braucht Selbstbildung zur Mündigkeit auch religiöse Bildung?

Bildung kommt in allen menschlichen Teilpraxen zum Ausdruck, also auch in der Religion. Der Verfasser plädiert – im kurzen siebten Kapitel – für eine religiöse Bildung, die auf vernünftige Selbstbestimmung setzt. Die Pädagogik kann nicht entscheiden, ob gute Gründe für oder gegen einen Gottesglauben und ein bestimmtes Gottesbild sprechen. Religiöse Bildung ermöglicht es dem Glaubenden aber, sein rationales Vermögen auch in Glaubensfragen anzuwenden.

Grundzüge einer Erziehungstheorie zur Mündigkeit

Erziehung zur Mündigkeit beginnt bereits im Vorrationalen, in ethisch relevanten Handlungsweisen des Kindes, die bereits einsetzen, bevor das Kind über Normen und Begriffe verfügt, die es ihm erlauben, vertieft darüber nachzudenken. Der vernünftige Wille zum verantwortlichen Handeln kann letztlich nur durch Selbstbildung wachsen. Ein Wille kann nicht von außen geformt werden. Erziehung hat ein andere Aufgabe: Sie kann als soziale Begleitung verstanden werden, die dazu beiträgt, dass der andere immer mehr seinen Geist erweckt und zu einem vernünftigen Willen findet. Solche Erziehung muss mehr als Technik sein. Sie ist Begleitung zur Freiheit. Und sie setzt als liebevolle Begleitung in Form früher Bindung bereits vor aller (unterrichtlichen) Belehrung an.

Resümee

Alle Antworten auf die bewusstseinsphilosophische Frage nach dem Zusammenhang von Geist und Wille, von „mentaler Verursachung“ oder „verursachter Mentalität“ (S. 201), bleiben am Ende ungenügend. Dies gelte nicht allein für die überkommene Metaphysik, sondern auch für die jüngere, bewusst aller Metaphysik entkleidete Neurowissenschaft. Die mit Letzterer verbundene „Naturalisierung des Geistes“ (ebd.) könne das Phänomen des menschlichen Geistes auch nicht fassen. Eine solche Naturalisierung verkürze vielmehr das Problem, indem Geist und Wille bzw. Natur und Welt einfach für identisch erklärt würden.

In welche Richtung ist nach einer Antwort zu suchen? Der Verfasser spricht sich für eine postmoderne Philosophie aus, die dem nachmetaphysischen Zeitalter gerecht werde, dennoch aber zugleich wohlwollend auf die Metaphysik blicke. Was nach einem Widerspruch klingt, wird als pädagogische Frage aufgelöst. Der Mensch sei vom Anfang seines Daseins an in vielfältige Selbst- und Weltbezüge hineingeworden. Diese zu klären, könne allein pädagogisch gelöst werden. Und dabei kehre sich die Frage um: Es sei nicht zu fragen, wie die Vernunft zum Menschen komme, sondern vielmehr, wie der Mensch zur Vernunft kommt. Der Mensch muss seine Selbstbezüge, seine Freiheit, seine religiösen Fragen und sein rationales Potenzial zunehmend kultivieren, und zwar über den Weg der Willens-, Gewissens- und Wertbildung. Erziehung und erziehender Unterricht könnte diesen Prozess, der letztlich nur als Selbstbildungsprozess denkbar ist, unterstützen und motivierend begleiten, aber nicht ersetzen.

Der Verfasser formuliert es sehr plastisch: Auch (neurodidaktische) Hirnmanipulationen könnten nicht die Vernunft zum Menschen bringen, etwaige Verhaltensänderungen blieben rein äußerlich. Vernunft ist eigene Einsicht. Der Wille zur Vernunft ist hierfür eine zwingende Voraussetzung. Entscheidend bleibe aber, dass der Einzelne sich tatsächlich entschließe, die Vernunftprinzipien auch anzuwenden – und dieser Entschluss können im Letzten nicht von außen bewirkt werden.

Diskussion

Langer greift neuere Debatten um Determinismus und freien Willen auf und will eine Antwort formulieren, die postmoderner Kritik standhält. Hierfür greift er auf klassische Positionen der geisteswissenschaftlichen Pädagogik zurück, insbesondere Eduard Spranger, Rudolf Lassahn oder den erziehenden Unterricht in Johann Friedrich Herbarts. Ob er damit eingefleischte postmoderne Denker überzeugen wird, mag durchaus angesichts festgefügter Lager innerhalb der Bildungs- und Erziehungsphilosophie bezweifelt werden. Aber das ist letztlich nicht entscheidend. Sein Werk bleibt ein anregender, gut lesbarer Versuch, die alten Fragen der Bewusstseinsphilosophie vor dem Hintergrund neuerer neurowissenschaftlicher und naturwissenschaftlicher Herausforderungen zu diskutieren. Und dabei wird deutlich, dass die zur Verhandlung anstehenden Fragen biologisch allein nicht zu lösen sein werden. Die Frage, wie der Mensch seinen Vernunft- und Freiheitsgebrauch auf eine Weise kultivieren kann, die seiner Selbstbestimmungsfähigkeit gerecht wird, kann nur pädagogisch gelöst werden.

Der Mensch vermag nicht einfach zu existieren. Er muss sich vielmehr erst zu dem machen, der er in den Grenzen der Natur und des Rechts sein will. Dieser Prozess ist weder durch Anlagen vollständig festgelegt noch sollte er kontingenten Umwelteinflüssen überlassen bleiben. Aus dem bewusstseinsphilosophischen Anliegen des Bandes wird, je weiter der Gedankengang fortschreitet, ein immer stärkeres Plädoyer für eine Bildungs- und Erziehungstheorie, welche die Freiheit des Menschen zum Ausgangspunkt nimmt und dieser gerecht werden will. Bildung ist Klärung jener Selbst-, Fremd- und Weltbezüge, in welche der Mensch von Geburt an immer schon verstrickt ist. Der starke Bildungsbegriff, der im Hintergrund steht, deckt sich auf weite Strecken mit einer transzendentalkritischen Pädagogik. Am Ende findet der Verfasser auf die bekannte Frage Kants, ob die Freiheit durch Zwang kultiviert werden kann, zu einer ähnlichen Antwort: nicht durch Zwang, sondern bei dem Zwange – oder anders gesagt: Bei aller notwendigen Selbstbildung kann auf Erziehung nicht verzichtet werden. Und diese bleibt auf Beziehung angewiesen. Wo die pädagogische Beziehung in bloßes Coaching oder Lernbegleitung aufgelöst wird, drohen Willkür und Beliebigkeit. Wo umgekehrt die pädagogische Beziehung die Selbstbestimmungsfähigkeit des Educandus nicht achtet, geschieht Überwältigung. Erziehung zur Mündigkeit muss eine wohlwollende, aber letztlich motivlose Beziehung und Begleitung des Heranwachsenden sein. Seine Selbstbildung darf nicht durch fremde, äußere Zwecke gebunden werden. Was der Erzieher allein vorab bestimmen darf, ist die Bindung an die Selbstbestimmung des anderen.

Und diese hat zwei Voraussetzungen, wie das Werk deutlich macht: die Fähigkeit zum Vernunftgebrauch, aber eben – vorgelagert und deutlich davon unterschieden – den Willen, die erkannten Vernunftprinzipien auch anzuwenden. Beides bildet sich aus der Gesamtpersönlichkeit und kann, wie deutlich wird, nicht einfach aus physiologischen, neurologischen oder anderen biologischen Prozessen erklärt werden. Auch im postmodernen Zeitalter kommen wir in den Erklärungen nicht viel weiter als über die äußeren Wirkungen hinaus. Auch neuere neurologische Theorien sind nicht in der Lage, das Problem der Freiheit abzulösen. Ein Fragezeichen soll noch gesetzt werden: Ob Langers Antwort am Ende tatsächlich so postmodern ist, wie er ankündigt, kann durchaus diskutiert werden.

Auf verständliche Weise diskutiert der Verfasser neuere Zugänge zum Problem von Willensfreiheit und Determinismus und leitet daraus grundlegende Überlegungen für Bildung und Erziehung ab. Auch wenn der Zugang postmodern angelegt ist, zeigen sich am Ende große Schnittmengen zur Bildungsphilosophie von Aufklärung und Neuhumanismus.

Fazit

Und so wird am Ende deutlich: Auch heute werden wir bei der Lösung aktueller Bildungsprobleme nicht weiterkommen, wenn wir nicht bereit sind, über Freiheit und Selbstbestimmung zu reden. Wer bei sekundären Bildungszwecken stehenbleibt, wird der geistigen Integrität des Einzelnen nicht gerecht und verkennt gleichermaßen die notwendige pädagogische Sorge um das motivierende Element, das jeder Erziehung zur Mündigkeit vorausliegen muss.

Rezension von
Dr. Axel Bernd Kunze
Privatdozent für Erziehungswissenschaft an der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
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Es gibt 72 Rezensionen von Axel Bernd Kunze.

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ISSN 2190-9245