Christa Diegelmann, Margarete Isermann et al.: Psychoonkologie
Rezensiert von Prof. Dr. Carl Heese, 03.01.2024

Christa Diegelmann, Margarete Isermann, Tanja Zimmermann: Psychoonkologie. Resilienz innovativ stärken - Ein Praxishandbuch. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2023. 202 Seiten. ISBN 978-3-17-041984-1. 35,00 EUR.
Autorinnen
Christa Diegelmann und Margarete Isermann sind Psychotherapeutinnen mit langjährigen Erfahrungen mit onkologischen und traumatisierten Patienten. Gemeinsam führen sie seit 1996 ein Institut für innovative Gesundheitskonzepte in Kassel und unterrichten in psychoonkologischen und psychotraumatologischen Ausbildungen an verschiedenen Standorten.
Tanja Zimmermann ist Professorin für Psychosomatik und Psychotherapie mit Schwerpunkt Onkologie und Transplantationsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in fünf Kapitel unterteilt, im Vorwort findet sich ein ausführlicher Überblick.
Kapitel 1 führt die zentralen Konzepte ein. Die Psychoonkologie beschäftigt sich mit den psychischen und den sozialen Folgen einer Krebserkrankung. Resilienz ist die Fähigkeit mit Stressoren erfolgreich umzugehen, sie ist zum Teil erlernbar. Die Psychoneuroimmunologie versucht die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen psychischen Belastungen und dem Immunsystem zu verstehen. Das TRUST-Konzept steht schließlich für „Techniken ressourcenfokusierter und symbolhafter Traumabearbeitung“, es ist ein integrativer psychotherapeutischer Ansatz der Resilienzförderung, der auch für die Psychoonkologie fruchtbar eingesetzt werden kann.
Kapitel 2 erläutert ein strukturiertes Therapieprogramm für acht Einzelsitzungen, das mithilfe von gezielt eingesetzten TRUST-Übungen die seelische Balance bei akuten existenziellen Belastungen wiederherstellen soll. Das Programm wird mit Materialien vorgestellt, die Übungen werden ausführlich erläutert und mit Patientenbeispielen veranschaulicht.
Kapitel 3 behandelt spezifisch onkologische Themen und die dazu geeigneten Interventionen. Im Einzelnen sind dies:
- Resilienz und posttraumatisches Wachstum
- Krise und Trauma während der Krebserkrankung
- Tumor-Fatigue
- Progedienzangst
- Akzeptanz für die Erkrankung
- Soziale und partnerschaftliche Unterstützung
- Die palliative Situation
- Gelingende ärztliche Kommunikation
Kapitel 4 stellt E-Health-Entwicklungen zur Begleitung von Krebspatienten vor. Weiterhin geht es um die Resilienzförderung durch das Medium Musik sowie durch die Beschäftigung mit Literatur und Kunst.
Kapitel 5 behandelt zum Abschluss Möglichkeiten der Burnout-Prophylaxe für Angehörige der Gesundheitsberufe, aber auch für Angehörigen der Patienten. Hier wird ein Fragebogen zur Einschätzung der eigenen Gefährdung vorgestellt. Es folgen Strategien und Anleitungen u.a. zur Förderung von Selbstregulation, zur Aktivierung positiver Gefühle und zur Entwicklung von Achtsamkeit und Empathie.
Diskussion
Bereits 2020 haben die Autorinnen in der Reihe „Therapietools“ bei BELTZ einen Band zur Psychoonkologie vorgelegt. Das jetzt erschienene „Praxishandbuch“ hat die gleiche Zielrichtung wie dieser Band und so ist auch die Darstellung in weiten Bereichen identisch. Bestimmten aber in den Therapietools die Materialien das Erscheinungsbild, so will das aktuelle Buch keine Vorlagensammlung sein. Fragebögen, Instruktionen und Vorlagen für visuelle Skalen sind zwar auch im Buch vorhanden, für den Gebrauch kann man sie aber als Online-Material über einen QR-Code abrufen.
Das Praxishandbuch stellt etwas weniger Material zur Verfügung, dafür punktet es mit einer erhöhten Anschaulichkeit. Neu ist hier die durchgängige Illustration der therapeutischen Arbeit mit vielen konkreten Beispielen von Patientinnen (Patienten gehen offenbar nur selten zur Psychoonkologin). Weggefallen ist in dem aktuellen Band das Thema „Kinder“. Es war aber bereits in den Therapietools mehr ein Randthema. Die Kolleginnen, die im Bereich der Kinderonkologie arbeiten, können aber die Vorschläge und das Material des Praxishandbuches problemlos für die Behandlung von Kindern anpassen.
Insgesamt ist das aktuelle Buch schöner und überzeugender als der Vorgänger. Es sieht nicht mehr nach einer Arbeitsblattsammlung aus und der Zugewinn durch den O-Ton und die Originalzeichnungen der Patientinnen rundet es sehr schön ab. Überhaupt scheinen die Zeichnungen bei den Autorinnen das bevorzugte Medium zu sein, besonders solche mit groben Wachsmalstiften. Hier lässt sich lernen, dass diese den Arbeitsprozess fördern, indem sie die Patienten daran hindern, etwas „schön“ malen zu wollen – das geht mit diesen Stiften ohnehin nicht.
Fazit
Das Buch hat alle Vorzüge des Vorgängerbandes und kann für die psychoonkologische Begleitung zudem mit einem ausgearbeiteten Konzept sowie mit anschaulichen Patientenbeispielen aufwarten.
Rezension von
Prof. Dr. Carl Heese
Professur für Rehabilitation an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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