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Nina Hinrichs: Kunstpädagogik zum Thema "Krieg und Frieden"

Rezensiert von Prof. Dr. Johann Bischoff, 01.12.2023

Cover Nina Hinrichs: Kunstpädagogik zum Thema "Krieg und Frieden" ISBN 978-3-96848-061-9

Nina Hinrichs: Kunstpädagogik zum Thema "Krieg und Frieden". Ästhetische Zugänge zur Förderung einer Kultur des Friedens. kopaed verlagsgmbh (München) 2022. 239 Seiten. ISBN 978-3-96848-061-9. D: 18,80 EUR, A: 19,40 EUR.

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Autorin

PD Dr. Nina Hinrichs, Autorin der Publikation „Kunstpädagogik zum Thema Krieg und Frieden“ ist Studienrätin an einem Gymnasium und vermittelt dort künstlerische Kompetenzen, zudem ist sie als Privatdozentin an der Universität Paderborn tätig. Ihr fachlicher Schwerpunkt in der Lehre umfasst den Bereich Kunstdidaktik und Kunstgeschichte u.a. mit den Aspekten „Digitale Lernformate“, „Kunstunterricht digital“ „Inklusion“. Als Künstlerin ist sie an zahlreichen Ausstellungen beteiligt gewesen, insbesondere in Paderborn und Norddeutschland.

Thema

In ihrem Buchprojekt wird ihr „erkenntnisleitende Interesse“ deutlich, in der Kunstpädagogik friedenspädagogische Ansätze und künstlerisches Handeln zu verankern, im Kant'schen Sinne ein Zusammenwirken von Sinnlichkeit und Verstand zu ermöglichen, mit dem Ziel der Erkenntnisgewinnung. Im Klappentext der Publikation weist sie darauf hin, dass die Aktualität friedenspädagogischer Ausrichtungen angesichts des aktuellen Krieges in Europa, der Gewalt- und Kriegsszenarien weltweit, der globalen Flüchtlingsströme und den Folgen des Klimawandels offensichtlich ist. Mit der Publikation möchte sie deutlich machen, dass Kunstpädagogik einen Beitrag zur Vermittlung von friedensfähigen Einstellungen und Wertvorstellungen leisten kann. Sie legt einen interdisziplinären Friedensbegriff zugrunde und exemplifiziert ihre Anregungen mit Beispielen aus der Friedensdiskussion, der Erinnerungskultur, medialen Bildwelten, dem konstruktiven Umgang mit Konflikten, der politischen Bildung und Demokratieerziehung sowie Nachhaltigkeit im Kontext von Umwelt- und Klimaschutz.

Explizit wird darauf verwiesen, dass Kunstpädagogik Chancen bieten könne, einen Beitrag zur Förderung einer Kultur des Friedens zu leisten.

Aufbau und Inhalt

Die Publikation zeigt einen gut gegliederten Aufbau, der sich den Themenfeldern „Kunstpädagogik und Friedenspädagogik“, „Ästhetische Zugänge zur Förderung einer Kultur des Friedens“ widmet. Sie schließt ab mit einer „Zusammenfassung, Fazit und Forschungsausblick“.

Die Publikation umfasst 249 Seiten, davon sind 170 Seiten als Text ausgewiesen, es folgen die Endnoten auf 34 Seiten sowie 24 Seiten Literaturangaben.

In der Einleitung erläutert die Autorin ihre Intention, die Thematik „Krieg und Frieden“ mit ästhetischen Beispielen ausgewählter Künstler zu beginnen: Otto Dix, Edward Steichen, Martha Rosler und Ai Weiwei.

Dix Triptychon „Der Krieg“ visualisiert die Schrecken des Ersten Weltkrieges mit der wiedererstarkenden Kriegsbegeisterung Ende der Zwanzigerjahre. Die bildanalytischen Zugänge ermöglichen einen kognitiven Einstieg in die Thematik „Friedenspädagogik“ in der kunstpädagogischen Arbeit. Vielfältige Transferüberlegungen zu aktuellen Gegebenheiten bieten sich hier an.

Das Künstlerbeispiel des Fotografen Edward Steichen bezieht sie auf seine Fotografiesammlung „The Family of Man“ von 1953, die in Zeiten des Kalten Krieges im Kontext nuklearer Bedrohung und Zerstörung vom Künstler geschaffen wurde und als Manifest für den Frieden und der Gleichheit der Menschen steht. Die Autorin verdeutlicht die Relevanz eines friedlichen und verantwortungsvollen Zusammenlebens, insbesondere im Hinblick auf den aktuellen Krieg in der Ukraine.

Als weiteres Beispiel für eine friedenspädagogische Arbeit wird die US-amerikanische Konzeptkünstlerin Martha Rosler herangezogen. Rosler prangert in ihrer Serie „Bringing the War home“ die mediale Kriegsberichtserstattung an. Die Serie liefert für die Autorin Ansätze einer kritischen Auseinandersetzung im Unterricht.

Ai Weiwei thematisiert in seinem Filmbeitrag „Human Flow“ Flucht und Massenmigration. Für die Autorin stellt sich die Frage, ob Kunst als Motor der Veränderung stehen kann, zumal Ursachen der Fluchtbewegungen im Film nicht weiter benannt werden. Resümierend hält sie fest, dass von den Kunstwerken Bezüge zur Erinnerungskultur, Versöhnung und Verständnis, politische Bildung, Menschenrechte und Transkulturalität in der kunstpädagogischen Tätigkeit erarbeitet werden können.

Im Kapitel „Kunstpädagogik und Friedenspädagogik“ werden Ziele der kunstpädagogischen Arbeit vorgestellt: kunstpädagogisches Handeln soll zur Förderung einer Kultur des Friedens führen. Zur Begründung werden pazifistisch ausgerichtete, kunstpädagogische Konzepte vorgestellt, mit Leitzielanforderungen, die im Unterricht operationalisiert werden müssten. Überlegungen zur kunstpädagogischen Arbeit erfassen dabei Bezugsfelder der ästhetischen Praxis, Förderung der Bildkompetenz und Forschungskompetenz bezüglich methodisch – didaktischer Möglichkeiten, z.B. im Unterrichtsprinzip „Werkstatt“.

Das umfangreiche Kapitel „Ästhetische Zugänge zur Förderung einer Kultur des Friedens“ greift die genannten, vielfältigen ästhetischen Zugänge auf und gliedert sie in folgende Bereiche:

  • Begriffliche Klärung der Thematik,
  • Erinnerungskultur,
  • Kritik der medialen Bildwelten,
  • Konflikttoleranz,
  • Transkulturalität,
  • Menschenrechtsbildung,
  • politische Bildung und Demokratieerziehung,
  • Nachhaltigkeit bez. des Klimaschutzes.

Neben kognitiven Lernzielen werden auch affektive beschrieben und teilweise exemplifiziert. Bezüge zu historischen und aktuellen Gegebenheiten werden thematisiert.

Exemplarisch soll der Zugang zur Transkulturalität aufgegriffen werden. Thematisiert im kunstpädagogischen Diskurs werden laut Autorin kulturelle Hybridisierungsprozesse. Sie verweist auf Folgen des kulturellen Austausches und transkultureller Verflechtungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Insbesondere interaktive, performative und hybride Kunstformen würden sich eignen, dieser Thematik innovativ zu begegnen.

Im letzten Kapitel „Zusammenfassung, Fazit und Forschungsausblick“ verdeutlicht die Autorin nochmals ihre zentralen Aussagen, die in der Kunstpädagogik sowohl rezeptiv, produktiv als auch reflexiv bei der Auseinandersetzung mit aktueller und historischer Kunst erfolgen kann. Zielsetzung ist eine Sensibilisierung für Friedenserhalt, Motivierung, sich mit einer Erinnerungs- und Versöhnungskultur auseinanderzusetzen, zusammenfassend, Demokratisierungsprozesse zu initiieren. Als Forschungsausblick wird auf Aktivitäten einer friedenspädagogisch ausgerichteten Kunstpädagogik verwiesen.

Zielgruppe

Als Zielgruppe können primär Lehrerinnen/​Lehrer genannt werden, sowohl Kunsterzieher/​Kunsterzieherinnen als auch Lehrerinnen/​Lehrer der Fächer Deutsch, Sozialkunde und der politischen Bildung.

Für Studierende im kulturellen Bereich, der Sozialen Arbeit und der Lehrerausbildung könnte die Publikation ebenfalls hilfreich sein, wenn sie mit praktizierter Bildungsarbeit (wie in der Publikation beschrieben) verbunden werden kann.

Diskussion

Die Publikation gibt einen guten Überblick über mögliche friedenspädagogische Ansätze in Lehre, Forschung und der ästhetischen Arbeit in der Schule. Der letztgenannte Aspekt wäre m.E. aber noch „ausbaufähig“ gewesen. Insbesondere bei den Beispielen aus der kunstpädagogischen Praxis wäre es ggf. doch möglich gewesen, die Ebene der Leit- und Grobziele zu verlassen und auch anwendungsbezogen exemplarisch Projekte differenzierter vorzustellen. Zentrale Aussagen werden zum Teil redundant in den einzelnen Kapitelpunkten vorgestellt und verlassen einen bestimmten Abstraktionsgrad dabei nicht.

Fazit

Die Publikation rückt den „pazifistischen Gedanken“ wieder in den Mittelpunkt, mit Vorschlägen, wie z.B. in der Kunstpädagogik damit gearbeitet werden kann. M.E. ein vehement wichtiges Anliegen, da selbst ehemals pazifistisch orientierte Parteien Militärdoktrin zum Parteiprogramm erklärt haben. Pazifismus- und Diplomatie-Diskussionen werden selbst in der konfessionellen Arbeit nicht öffentlich propagiert, viele kirchliche Einrichtungen haben wieder mal ihre Chance hier vertan. Somit ist es erfreulich, dass die Autorin diese Arbeit mit in ihre kunstpädagogische Lehre integriert und propagiert.

Rezension von
Prof. Dr. Johann Bischoff
Professor für Medienwissenschaft und angewandte Ästhetik an der Hochschule Merseburg
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Es gibt 10 Rezensionen von Johann Bischoff.

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ISSN 2190-9245