Elena Zarges: Community Health Nursing auf dem Land
Rezensiert von Jürgen Drebes, 02.01.2024

Elena Zarges: Community Health Nursing auf dem Land. Rollenfindung im kommunalen Sozialraum.
Tectum
(Baden-Baden) 2023.
183 Seiten.
ISBN 978-3-8288-4914-3.
D: 39,00 EUR,
A: 40,10 EUR.
Reihe: Young academics - Pflegewissenschaft - Band 3.
Thema
Community Health Nursing (CHN) ist ein Ansatz der Gesundheitsversorgung, der in Deutschland neu, in anderen Ländern jedoch seit vielen Jahren etabliert ist. Neben der Ermittlung von gesundheits- und populationsbezogenen Daten sowie Gesundheits-, Sozialraum- und Pflegeplanung bestehen die Aufgaben von CHN‘s sowohl in der gesundheitlichen Primärversorgung als auch in der gemeindenahen, quartiers- oder stadtteilbezogenen Versorgung. Dieses Buch nimmt die Rollenfindung von CHN auf dem Land im kommunalen Sozialraum in den Fokus.
Autorin
Elena Zarges ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Pflegewissenschaftlerin (B.Sc.) sowie Community Health Nurse (M.Sc.). Sie verfügt über Erfahrung in unterschiedlichen Berufsfeldern der Pflege und ist bis heute freiberuflich tätig. Sie ist qualifiziert als Wundexpertin und als Case Managerin nach Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management (DGCC).
Aufbau und Inhalt
In Kapitel 1 als Einleitung wird allgemein in die Problematik Gesundheit und Sorge im kommunalen Raum eingeführt. Elena Zarges zeigt dabei auf, dass bereits vor vielen Jahren verschiedene Herausforderungen bezogen auf die Gesundheitsversorgung der Gesellschaft deutlich wurden, insbesondere in ländlichen und in strukturschwachen Regionen. Sie beschreibt, dass im Ausland CHN in unterschiedlichen Ausprägungen etabliert worden ist und dass mittlerweile auch in Deutschland CHN-Ansätze vorhanden sind. Im Rahmen eines Praxisprojekts ist von ihr in einem Landkreis in Hessen ein Altenhilfekonzept entwickelt worden, welches in dem nachfolgenden Kapitel 3 in Bezug auf Rollenfindung und -handlung einer CHN reflektiert wird.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit Begriffsbestimmungen, Problembeschreibungen und einer Einordnung des Themas. Im ersten Unterkapitel wird die Kommune im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel betrachtet. Es wird die Bedeutung der Kommune als kleinste Verwaltungseinheit oder Gebietskörperschaft beschrieben, in der die lokalen Lebensverhältnisse gestaltet werden. Elena Zarges zeigt auf, dass sich der demografische Wandel direkt auf die Gegebenheiten in der Kommune auswirkt. Nicht nur der Umstand, dass die Gesellschaft immer älter wird, sondern auch der Anstieg an chronischen und Mehrfacherkrankungen sowie die Zunahme von Pflegebedürftigkeit stellen höhere Anforderungen an die Daseinsvorsorge in der Kommune. Als eine besondere Herausforderung werden die Anforderungen an ländliche Kommunen beschrieben. Im zweiten Unterkapitel werden die Begriffe Gesundheit und Sorge im kommunalen Sozialraum beleuchtet und die Bedeutung von Care und Case Management im kommunalen Sozialraum hervorgehoben. Das letzte Unterkapitel betrachtet das Thema CHN. Die Autorinstellt die unterschiedlichen Ausprägungen im internationalen Kontext vor und zeigt auf, dass die Handlungsfelder von CHN in Deutschland noch entwickelt werden müssen.
In Kapitel 3 wird ein Praxisprojekt vorgestellt und die begleitete Altenhilfekonzepterstellung reflektiert. Elena Zarges konzentriert sich bei diesem Projekt auf die Rollenskizzierung einer CHN im ländlichen kommunalen Sozialraum in Abgrenzung zur Rolle einer CHN im urbanen Raum. Das erste Unterkapitel beleuchtet die Selbstreflektion als Methode aus unterschiedlichen Perspektiven. Im zweiten Unterkapitel wird die ländlich geprägte Kleinstadt vorgestellt und die Rahmenbedingungen zur Erstellung eines Altenhilfekonzeptes aufgezeigt. Im dritten und letzten Unterkapitel beschreibt die Autorin eine systematische Selbstreflektion als Instrument zur Rollenfindung einer CHN. Sie unterscheidet dabei Fragen zu Vorannahmen und Vorerfahrungen sowie Fragen zum Vorgehen und Rollenhandeln in den Phasen des Praxisprojekts. Zudem werden Fragen zu Einflüssen im Projekt auf die Rolle einer CHN aufgeworfen.
Die Erkenntniszusammenführung mit Herausforderungen, Erwartungen und Anforderungen an CHN im kommunalen Sozialraum wird in Kapitel 4 beschrieben. Dabei unterscheidet Elena Zarges Erkenntnisse zu Strukturmerkmalen wie beispielsweise Handlungsfeld oder Auftrag der CHN-Rolle, Erkenntnisse zu den persönlichen Leistungen wie beispielsweise Qualifikation oder berufliches Selbstverständnis einer CHN-Rolle und Erkenntnisse zum Begriff der ‚community of practice‘ wie beispielsweise Ressourcen und Risiken der Community oder Beteiligungsmotivation. Abschließend skizziert sie aus diesen drei Aspekten ein Rollenprofil für CHN’s im ländlichen kommunalen Sozialraum.
In Kapitel 5 werden Schlussfolgerungen für CHN im kommunalen Sozialraum betont. Elena Zarges beschreibt in diesem abschließenden Kapitel Chancen und Grenzen einer CHN-Rollenskizze für den ländlichen kommunalen Sozialraum. Zudem zeigt sie eine Instabilität des Rollenbildes, einen unzureichenden Sättigungsgrad sowie eine gewisse Subjektivität als Grenzen der Erkenntnisse auf und betont im abschließenden Fazit Voraussetzungen für eine gelingende Rollenfindung von CHN.
Diskussion
In dem vorliegenden Buch Community Health Nursing auf dem Land – Rollenfindung im kommunalen Sozialraum, ist es der Autorin Elena Zarges sehr gut gelungen, das Thema CHN in einem Bereich darzustellen, der bislang nur wenig Beachtung gefunden hat. Aufbau und Gliederung sind in sich logisch, die Inhalte fachlich fundiert. In den Ausführungen der Autorin wird deutlich, dass die Begriffe Kommune, Gesundheit und Sorge sowie CHN nicht einheitlich definiert und weiterführend interpretiert werden müssen. Gleichzeitig gelingt es ihr, die Bedeutung sowie Risiken und Chancen der Sorge um Menschen im ländlichen kommunalen Sozialraum aufzuzeigen. Das Thema Selbstreflektion nimmt einen erstaunlich großen Rahmen ihrer Ausführungen ein und betont die Bedeutung der kritischen Hinterfragung des eigenen Handelns. Entsprechend kritisch setzt sich Elena Zarges mit dem Projekt „Gut leben und alt werden in der Stadt Amöneburg“ auseinander und zeigt auf, dass eine formulierte These nicht immer zu einem entsprechenden Ergebnis führen muss. Die nachfolgenden Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen für CHN zeigen in aller Deutlichkeit auf, dass es für Angebote im ländlichen kommunalen Sozialraum noch erheblichen Verbesserungsbedarf gibt. Auch wenn die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung von CHN in den Ausführungen der Autorin deutlich wird, hätte ich mir dennoch gewünscht, dass die Politik mit ihrem Gestaltungsrahmen mehr in die Verantwortung genommen wird. Hoffentlich werden die verantwortlichen Personen und Institutionen durch dieses Buch nicht nur inspiriert sondern auch aktiviert.
Fazit
Elena Zarges gelingt in dem Buch ein Blick auf den bisher eher wenig betrachteten ländlichen kommunalen Sozialraum als mögliche Aufgabe für CHN. Sehr klar und gut strukturiert werden Begriffe wie Sozialraum, Gesundheit und Sorge sowie CHN erläutert und eingeordnet. Das durchgeführte Praxisprojekt wird wissenschaftlich fundiert dargestellt und abschließend kritisch diskutiert. Insgesamt ist der Autorin die Darstellung von CHN im ländlichen kommunalen Sozialraum sehr gut gelungen.
Rezension von
Jürgen Drebes
Doktorand der Pflegewissenschaft
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Lehrstuhl für Community Health Nursing
Department für Pflegewissenschaft
Fakultät für Gesundheit
Private Universität Witten/Herdecke gGmbH
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