Kommission Sozialpädagogik (Hrsg.): Sozialpädagogische Professionalisierung in der Krise?
Rezensiert von Katharina Meyer, 05.01.2024

Kommission Sozialpädagogik (Hrsg.): Sozialpädagogische Professionalisierung in der Krise?
Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2023.
229 Seiten.
ISBN 978-3-7799-7072-9.
D: 42,00 EUR,
A: 43,20 EUR.
Reihe: Veröffentlichungen der Kommission Sozialpädagogik.
Thema
Der aus der Tagung der Kommission Sozialpädagogik in der Sektion Sozialpädagogik und Pädagogik der früheren Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft entstandene Sammelband greift vielfältige heterogene Blickpunkte auf die Professionalisierung der Sozialpädagogik im Hinblick auf Krisenmomente auf. Zum einen finden sich gebündelt unter der Perspektive von Theorie und Historie Überlegungen hinsichtlich Zusammenhängen von Sozialer Arbeit und Krisen(-semantiken) vor, zum anderen empirische Bestimmungen zur Situation der Profession in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit und darüber hinaus Reflexionen und empirische Analysen des Gegenstandsthemas während der Corona-Pandemie. Folglich wirft der Band multiperspektivisch gegenstandsbezogen etwaige Herausforderungen und Problemstellungen des Status Quo innerhalb der sozialpädagogischen Professionalisierung auf und diskutiert jene in Bezug auf unterschiedliche Zeitperspektiven und durch Hinzunahme empirischer Befunde sowie theoretischen Blickpunkten.
Autoren
Herausgegeben wird der Tagungsband durch die Kommission Sozialpädagogik indes spezifisch repräsentiert durch zwei Kommissionsvorstände (2018-2021 & 2021–2023) Anselm Böhmer, Zoe Clark, Mischa Engelbracht, Davina Höblich, Bettina Hünersdorf, Kim-Patrick Sabla-Dimitrov, Vicki Täubig und Ulrike Voigtsberger.
Entstehungshintergrund
Der Sammelband leitet sich aus der zweijährig stattfindenden Tagung der Kommission Sozialpädagogik in der Sektion Sozialpädagogik und Pädagogik der früheren Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft ab, die im Hybridformat vom 18.-19.03.2021 stattfand und mit rund 400 Teilnehmenden die bisher größte Kommissionstagung darstellte.
Aufbau
Der Aufbau ist sinnhaft, klar und deutlich strukturiert. Die Logik ist inhaltlich stringent nachvollziehbar. Nach einem Vorwort durch die Autor:innen der beiden Kommissionsvorstände (7-8; 2 Seiten) wird zunächst eine knappe Einführung mit vier Schlaglichtern in Form von konkreten Krisenmomenten sowie die Erläuterung des Aufbaus des Tagungsbandes (10-23; 13 Seiten) gegeben.
Der erste thematische Abschnitt (25-125; 100 Seiten) wird durch insgesamt sieben Beiträge getragen und bildet mit Abstand den Hauptfokus des Tagungsbandes.
Die zweite thematische perspektive (127-195; 68 Seiten) umfasst fünf Artikel. Zwei davon beziehen sich auf Soziale Arbeit im schulischen Kontext, weitere zwei auf die Arbeit mit Geflüchteten und ein letzterer auf Extremismusprävention.
Abgerundet wird der Tagungsband durch einen dritten thematischen Abschnitt (197-223; 26 Seiten) welcher die geringste Seitendichte enthält und sich spezifisch mit der Corona-Pandemie in den Settings „Beratung ungewollt schwangerer Frauen“ im digitalen Raum sowie die Arbeit in Jugendwohngruppen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe auseinandersetzt.
Geschlossen wird der Band mit dezidierten Autor:innenangaben (224-229; 5 Seiten).
Inhalt
Nachdem bereits im vorherigen Abschnitt auf die beiden letzten thematischen Schwerpunkte rekurriert wurde, wird im hiesigen Abschnitt das Augenmerk selektiv auf den größten Anteil des Tagungsbandes gelegt. Jener bezieht unter anderem Überlegungen aus einer historischen Punktierung – vor allem politisch gerahmten Perspektive mit der Zielfokussierung auf Professionalisierungsmomente (v.a. Köngeter, Schmachtel) ein. Fast alle Beiträge spezifizieren professionstheoretische Gedankengänge zusätzlich an empirischem Material summiert aus einer Vielzahl an Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit und etwaigen Projekten. Heterogene professionstheoretische Bezugsrahmungen (u.a. Oevermann, Böhnisch) dienen als Pointierungs- und Reflexionsfolien und werden unter der Hinzunahme des Krisenbegriffs auf das jeweilige empirische Material angewandt, analysiert und diskutiert. Gefüllt wird Teilabschnitt 1 sowohl primär durch Rekonstruktionen und Diskussionen (u.a. Höblich & Baer, Tsirikiotis et al, Christ et al) als auch konkrete momentbezogene Denkangebote zu einer „kontaktvollen Präsenz“ (vgl. Maurer) sowie Schärfungen, Ein- und Abgrenzungen begrifflicher Dimensionen.
Diskussion
Der Tagungsband summiert eine Vielzahl unterschiedlicher Gegenstandsbezüge, professionstheoretischen Frage- und Diskussionsstellungen unter hoher Bezugnahme auf empirische Befunde. Der Sammelband schließt an professionstheoretische Überlegungen an, spezifiziert, konkretisiert Begrifflichkeiten und stößt durch das Einflechten von zeitlichen übergreifenden Bezugsdimensionen kritisch den wissenschaftlichen Diskurs an.
Besonders hervorzuheben ist die Vielfalt der Handlungs- und zugleich Forschungsfelder, in denen die empirischen Auszüge erhoben und analysiert wurden. Darüberhinaus werden professionstheoretische Aspekte kritisch beleuchtet und potenziell weiterentwickelt sowie handlungstheoretische Krisenmomente aufgedeckt. Sichtbar wird ebenfalls wie divergent die Bezugspunkte innerhalb professionstheoretischer Aspekte liegen und fast schon bruchstückhaft an die Oberfläche des Diskurses zu gelangen scheinen.
Nachzudenken wäre indes über eine andere Form der Strukturierung über einen spezifischen Gegenstandsbereich indes der hiesige Aufbau etwas unklar erscheint und vor allem der letzte Teilabschnitt hinsichtlich der Corona-Pandemie deplatziert erscheint. Nach einer durchdachten und stringenten Einführung fehlt dem Sammelband ein prägnantes und pointiertes – gar noetisches – Schlusselement in konkludierender Form. Dennoch schmälern diese beiden Punkte die Wichtigkeit des Sammelbands in keinstem Falle und dienen lediglich der Anregung für zukünftige Tagungsbände.
Fazit
Der Tagungsband „Sozialpädagogische Professionalisierung in der Krise?“ bietet bereits im Diskurs stehenden Wissenschaftler:innen und Professionsangehörigen einen umgreifenden Einblick in aktuelle professionstheoretische Analysen und Diskussionen. Es bieten sich vielfältige Bezugspunkte, die dem Aufgriff und Anschluss praxis- und forschungsorientierter Handlungs- und Forschungsbestrebungen Inspiration leisten und professionstheoretische Aspekte zahlreich bereichern.
Rezension von
Katharina Meyer
M.Ed./ B.Ed. Berufliche Bildung Sozialpädagogik, B.A. Pädagogik
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