Helen Crawley: Essen und Trinken bei Demenz
Rezensiert von Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind, 15.11.2005

Helen Crawley: Essen und Trinken bei Demenz.
Kuratorium Deutsche Altershilfe
(Köln) 2005.
88 Seiten.
ISBN 978-3-935299-80-0.
9,80 EUR.
Reihe: Türen öffnen zum Menschen mit Demenz - 3.
Zur Thematik des Buches
Die Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr pflegebedürftiger Heimbewohner ist gegenwärtig in vielen Einrichtungen der stationären Altenhilfe nicht ausreichend gewährleistet, wie eine Erhebung der Medizinischen Dienste der Spitzenverbände der Krankenkassen aus dem Jahr 2004 ergab. Bei 37 Prozent aller untersuchten Personen wurden Mängel in diesem äußerst lebenswichtigen Bereich festgestellt. Dieses Ergebnis gibt Anlass, auch bei der Pflege und Betreuung Demenzkranker gezielt auf die Formen und Umstände beim Essen und Trinken dieser Personengruppe zu achten. In den letzten Jahren sind bereits mehrere Publikationen veröffentlicht worden, die speziell die Mahlzeitengestaltung für Demenzkranke im Heimbereich zum Inhalt haben. Auch Fachtagungen wurden in diesem Kontext bereits durchgeführt. Es kann somit davon ausgegangen werden, dass ein nicht unbeträchtliches Wissen über die Nahrungsaufnahme Demenzkranker in den einschlägigen Fachkreisen bereits aufgearbeitet wurde.
Bei der vorliegenden Broschüre handelt es sich um eine Arbeit aus Schottland, die im Jahr 2002 für die Demenz-Beratungsstelle in Stirling angefertigt wurde. Die Autorin ist staatlich geprüfte Diätspezialistin und Ernährungsberaterin.
Inhalt
Die Schrift ist in neun Kapiteln unterteilt, die oft zusätzlich noch Übungsteile zur Vertiefung und eigenen Planung enthalten.
- Kapitel 1 (Wie die Lust am Essen und Trinken verdorben wird: Seite 11 - 16) enthält einführende Überlegungen zur Sensibilisierung. Das eigene Essverhalten, die Bedeutung des Essens und der Mahlzeiten soll der Leser zur Einstimmung auf die Lektüre reflektieren.
- Kapitel 2 (Was ist eine "gesunde Ernährung"?: Seite 17 - 20) befasst sich in knapper Form mit ernährungsphysiologischem Wissen: u. a. Nahrungsgruppen, Energiehaushalt und Nährstoffe.
- In Kapitel 3 (Essen ist die beste Medizin: Seite 21 - 34) beschreibt die Autorin u. a. gesundheitliche Probleme, die durch Mangelernährung hervorgerufen werden können, die Bedeutung der Bewegung für Appetit und Verdauung und den Stellenwert der Ballaststoffe bei der Vermeidung von Verstopfungen. Des Weiteren erläutert sie die Auswirkungen des Vitaminmangels bei Muskel- und Knochenstörungen und wie durch eine reichhaltige Ernährung die Blutarmut beeinflusst werden kann.
- Kapitel 4 (Wer kommt zum Abendessen: Seite 35 - 42) beinhaltet Ausführungen über die biografischen Aspekte bei den Mahlzeiten Demenzkranker und kulturelle Eigenheiten regionaler und ethnischer Bevölkerungsgruppen. Darüber hinaus werden die Warnsignale für Mangel- und Unterernährung stichpunktartig angeführt.
- In Kapitel 5 (Ich habe keinen Hunger!: Seite 43 - 54) beschreibt Helen Crawley die Gründe, warum Demenzkranke wenig oder gar nicht essen wollen: u. a. der Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns, Probleme im Mundbereich, Schluckstörungen und die Schwierigkeiten einer selbständigen Mahlzeiteneinnahme.
- Kapitel 6 (Zeit zum Mittagessen!: Seite 55 - 60) enthält eine Reihe von Tipps bezüglich der Mahlzeitenorganisation: u. a. Anzahl der Mahlzeiten pro Tag, der Zeitraum zwischen den Mahlzeiten und das geeignete Essbesteck. Auch wird kurz auf Milieuaspekte wie Ruhe bei den Mahlzeiten und das Ausschalten von Ablenkungsmöglichkeiten wie Radio und Fernsehen eingegangen.
- Kapitel 7 (Picknicks und Cocktailstunden: Seite 61 - 72) befasst sich mit verschiedenen Aspekten der demenzspezifischen Mahlzeitendarbietung wie "Finger-Food" (Vorstellung einiger Ideen und Rezepte), weiche Speisen bei Kauproblemen, pürierte Kost, das Andicken von Speisen und Süßspeisen.
- In Kapitel 8 (Die Liebe zum Essen: Seite 73 - 78) weist die Autorin auf einige Milieu- und Raumaspekte bei der Mahlzeiteneinnahme Demenzkranker im Heim hin: z. B. gemeinsames Eindecken des Tisches, Vermeidung von Störungen und Ablenkungsmöglichkeiten, therapeutisches Mitessen der Mitarbeiter und das angemessene Servieren der Mahlzeiten.
- Das abschließende Kapitel 9 (Weiterführende Informationen: Seite 79 - 88) führt u. a. Adressen englischer Anbieter spezieller Hilfsmittel bei Essproblemen, englische und deutsche Literaturhinweise und im Anhang Grundlagen der Ernährungsphysiologie an.
Kritische Würdigung und Fazit
Bei der vorliegenden Broschüre handelt es sich um eine fachlich ausgewogene und praxisorientierte Schrift, die in kurzer und zusammenfassender Form wesentliche Faktoren der Mahlzeitenkultur für Demenzkranke im Heimbereich enthält. Im Vergleich zu den bisherigen einschlägigen Veröffentlichungen aus Deutschland enthält sie keine neuen Erkenntnisse oder Anregungen. Sie kann daher besonders Interessierten, die sich bisher noch nicht eingehend mit diesem Themenbereich beschäftigt haben, als Einführungslektüre empfohlen werden.
Rezension von
Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind
Gerontologische Beratung Haan
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Es gibt 224 Rezensionen von Sven Lind.
Zitiervorschlag
Sven Lind. Rezension vom 15.11.2005 zu:
Helen Crawley: Essen und Trinken bei Demenz. Kuratorium Deutsche Altershilfe
(Köln) 2005.
ISBN 978-3-935299-80-0.
Reihe: Türen öffnen zum Menschen mit Demenz - 3.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/3147.php, Datum des Zugriffs 24.09.2023.
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