Stefanie Albers, Mechthild Ludwig et al.: Fördern planen
Rezensiert von Alexandra Großer, 22.11.2024
Stefanie Albers, Mechthild Ludwig, Birgit Storcks-Kemming, Jürgen Thamm, Justina Wange: Fördern planen. Ein sonderpädagogisches Planungs- und Beratungskonzept für Förderschulen und Schulen des Gemeinsamen Lernens.
Athena-Verlag e.K.
(Oberhausen) 2023.
4. Auflage.
156 Seiten.
ISBN 978-3-7639-7345-3.
24,90 EUR.
Reihe: Lehren und Lernen mit behinderten Menschen.
Thema
Vorgestellt wird ein „Konzept zum Erwerb sonderpädagogischer Planungskompetenz“ (S. 14). Das Buch beschäftigt sich mit der Unterrichtsplanung und Förderplanung im Gemeinsamen Lernen und in Förderschulen. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen die Schüler*innen mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf sowie die sonderpädagogischen Lehrkräfte und deren besondere Rolle sowie Aufgaben im Gemeinsamen Lernen und in Förderschulen.
AutorInnen
Das Autorenteam besteht aus Stefanie Albers, Mechthild Ludwig, Birgit Storcks-Kemming, Jürgen Thamm, und Justina Wange. Sie sind erfahrene Lehrkräfte, die im Lehramt für sonderpädagogische Förderung Lehramtsanwärter*innen und berufsbegleitend Lehrkräfte anderer Lehrämter und Fachlehrer*innen ausbilden sowie Praxisamtsstudierende begleiten (vgl. Klappentext).
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die sich jeweils wieder in mehrere Kapitel unterteilen. Das Geleitwort hat Prof. Dr. Franz B. Wember verfasst. Ein Drittel des Buchs nimmt der Anhang ein, der Beispiele unterschiedlicher „Unterrichtsplanungen bzw. Förderplanungen“ von Kolleg*innen des Autorenteams enthält. Über einen Downloadlink können Zusatzmaterialien zur Unterrichtsplanung und Entwicklungsschwerpunktprofile heruntergeladen werden.
Teil 1 Unterrichtsplanung
Im ersten Teil des Buchs definiert das Autorenteam zunächst, was guten „Unterricht in heterogenen Lerngruppen“ (S. 18) und sehr heterogenen Lerngruppen“ (S. 20) ausmacht und welche Rolle dabei die Lehrkräfte haben. Das Autorenteam nimmt für die Unterrichtsplanung die „inklusionsdidaktischen Netze“ (S. 22) von Heimlich und Kahlert zur Grundlage und erweitern diese um die Arbeitsmodelle „fachorientiertes Netz“ (S. 27) und „entwicklungsorientierte Netze“ (S. 23). Damit nehmen sie die „schülerorientierte Perspektive“ (ebd.) ein. Im Fokus des Planungsprozesses stehen dabei die „Lernenden mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf“ (S. 25). Das Autorenteam betont jedoch, dass „auch die weiteren Schülerinnen und Schüler der Lerngruppe […] im Blick behalten“ (ebd.) werden. Im weiteren Verlauf erläutern die Autor*innen, wie die beiden Arbeitsmodelle mit ihren Schwerpunkten für die Unterrichtsplanung genutzt werden können und geben „Hinweise für den konkreten Planungsprozess“ (S. 31). Sie zeigen dabei auf, wie sich aus Entwicklungsbereichen Entwicklungsschwerpunkte und damit Entwicklungsziele herleiten lassen. Diese beinhalten konkrete Förderaspekte. Entwicklungsschwerpunkte „können für die gesamte Lerngruppe, eine Teilgruppe oder für einzelne Schüler*innen geplant werden“ (S. 37). Es bietet sich jedoch an „ein Entwicklungsziel als zentrales Ziel in den Mittelpunkt der Planung zu stellen“ (ebd.). Zugleich berücksichtigen die Autor*innen die individuellen Ressourcen und Stärken der Schüler*innen (vgl. S. 40). Durch das Co-Teaching besteht die Möglichkeit in verschiedenen Varianten mit den Lerngruppen zu arbeiten. Im weiteren Verlauf zeigen die Autor*innen am Beispiel Musik auf, wie zwei Zielperspektiven miteinander verknüpft werden können, sowie Beispiele für verschiedene „Entwicklungsschwerpunktprofile“ (S. 53) für die Unterrichtsplanung.
Teil II Sonderpädagogische Förderplanung
Anhand rechtlicher Grundlagen legt das Autorenteam dar, dass eine „individuelle Förderung“ (S. 70) in „Nordrhein-Westfalen gesetzlich verankert“ (ebd.) und „in allen Schulformen ein selbstverständlicher Aspekt schulischer Bildungs- und Erziehungsarbeit“ (ebd.) ist. Sie weisen darauf hin, dass sich die „Förderplanung in allgemeinpädagogischen Zusammenhängen und Förderplanung für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungs- bzw. Förderbedarf unterscheiden“ (S. 71). In den nächsten Kapiteln erklären die Autor*innen die sonderpädagogische Förderplanung anhand eines Prozessmodells in einzelnen Schritten:
- Beobachtung/Diagnose
- Formulierung des Förderbedarfs
- Festlegung der Fördermaßnahme
- Durchführung der Fördermaßnahme
- Evaluation von Diagnose, Förderziel und Fördermaßnahme
Mithilfe von zwei Beispielen sowie Beispielformularen bzw. Arbeitshilfen unterstützen sie ihre Ausführungen zum Prozessmodell.
Teil III Kollegiale Beratung – ein wichtiges Handlungsfeld für sonderpädagogische Lehrkräfte
Die Autor*innen weisen darauf hin, dass sonderpädagogische Lehrkräfte zunehmend die Aufgabe haben Lehrkräfte allgemeiner Schulen zu beraten. Dafür benötigen sie „notwendige Fach- und Beratungskompetenzen“ (S. 89). Neben „grundlegenden Beratungskompetenzen“ (S. 89) benötigen sonderpädagogische Lehrkräfte Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik, „grundlegende Kompetenzen der Verhaltenssteuerung, der Diagnostik und Förderung bei Lernbeeinträchtigungen, Kompetenzen im (ausgebildeten) Förderschwerpunkt sowie grundlegendes Wissen zu Spezifika des Gemeinsamen Lernens und individuelle Fachkompetenzen“ (ebd.). Das Autorenteam unterscheidet zunächst zwischen Expertenberatung und Prozessberatung. Die Autor*innen weisen darauf hin, dass in diesen Kategorisierungen Konfliktpotenzial „für die Rollen der Berater und der Ratsuchenden“ (S. 93) steckt. Wird die Sonderpädagogische Lehrkraft als Experte um Rat gefragt, erwarten die meisten Ratsuchenden „Rezepte“ (ebd.) und schnelle Lösungen, während in der Rolle des Prozessberaters, die Sonderpädagogische Lehrkraft sich mit dem Ratsuchenden auf gemeinsame Lösungssuche begibt und ressourcenorientiert mit dem Ratsuchenden arbeitet. Die Autor*innen verstehen die Sonderpädagog*innen daher als Prozessbegleiter*innen „im Rahmen einer Beratung“ (ebd.) und führen anhand konkreter Beispiele und Schaubilder in die kollegiale Fallberatung ein. Am Ende des Kapitels weisen sie auf die Grenzen kollegialer Beratung hin (vgl. 102).
Diskussion
In ihren Ausführungen denken die Autor*innen das Gemeinsame Lernen in allgemeinen Schulen als auch Förderschulen mit. Sie nehmen vor allem die Qualität der Unterrichts- und Förderplanung in den Fokus und zeigen auf, wie sich durch Gespräche und gemeinsames Nachdenken eine sonderpädagogische Haltung entwickeln kann bzw. diese bewahrt werden kann. Das Anliegen der Autor*innen ist es neben Chancengleichheit Gerechtigkeit im schulischen Lernen herzustellen. Dies bedeutet „eine individuelle Anpassung der Anforderungen an die Kompetenzen in den verschiedenen Bereichen“ (S. 68). Dazu nehmen sie sich ausführlich der sonderpädagogischen Förderplanung an, die „ein zentrales Instrument zur Planung und Reflexion individueller Förderung [ist] und […] als Grundlage einer förderplanbasierten Unterrichtsplanung“ (S. 70) dient. Im Gemeinsamen Lernen geht es darum jede Schülerin und jeden Schüler mit und ohne Unterstützungsbedarf individuell zu fördern. Das Autorenteam stellt die Schüler*innen in den Mittelpunkt, an denen sich die Unterrichtsplanung bzw. Förderplanung ausrichtet. Neben dem Plädoyer, dass dieses Buch für das Gemeinsame Lernen, darstellt, zeigen die Autor*innen anhand von Beispielen auf wie dies gelingen kann. Im Buch setzen sie sich kritisch mit der Rolle und Aufgabe sonderpädagogischer und allgemeinpädagogischer Lehrkräfte auseinander. In Exkursen führen sie ihr Verständnis Gemeinsamen Lernens aus, aus dem sie die sonderpädagogische Haltung entwickeln.
Fazit
Ein Buch für alle Lehrkräfte und angehenden Lehrkräfte aller Schulformen, die sich mit den Themen Inklusion und Gemeinsamen Lernen auseinandersetzen.
Rezension von
Alexandra Großer
Fortbildnerin, päd. Prozessbegleiterin, systemische Beraterin
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Es gibt 49 Rezensionen von Alexandra Großer.
Zitiervorschlag
Alexandra Großer. Rezension vom 22.11.2024 zu:
Stefanie Albers, Mechthild Ludwig, Birgit Storcks-Kemming, Jürgen Thamm, Justina Wange: Fördern planen. Ein sonderpädagogisches Planungs- und Beratungskonzept für Förderschulen und Schulen des Gemeinsamen Lernens. Athena-Verlag e.K.
(Oberhausen) 2023. 4. Auflage.
ISBN 978-3-7639-7345-3.
Reihe: Lehren und Lernen mit behinderten Menschen.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31493.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
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