Hanne-Margret Birckenbach: Friedenslogik verstehen
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 10.01.2024
Hanne-Margret Birckenbach: Friedenslogik verstehen. Frieden hat man nicht, Frieden muss man machen. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2023. 229 Seiten. ISBN 978-3-7344-1539-5. D: 22,90 EUR, A: 23,60 EUR.
Frieden ist keine Illusion. Frieden ist machbar!
In der „globalen Ethik“, der von den Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 proklamierten „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ kommt zum Ausdruck, dass „die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens bildet“. Die UNESCO, die Kultur- und Wissensorganisation der UN, hat beim Internationalen Kongress „Peace in the Mind of Men“, vom 26. 6. bis 1.7.1989 in Yamoussoukro/Elfenbeinküste Frieden definiert als
- Ehrfurcht vor dem Leben,
- kostbarstes Gut der Menschheit,
- mehr als das Ende bewaffneter Auseinandersetzung,
- ganz menschliche Verhaltensweise,
- eine tiefverwurzelte Bindung an die Prinzipien der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Gleichheit und der Solidarität zwischen allen Menschen,
- eine harmonische Partnerschaft von Mensch und Umwelt.
So lässt sich sagen, dass ein friedliches, menschheits- und erdbewusstes Zusammenleben der alles ist und Unfrieden nichts.
Entstehungshintergrund und Autorin
„Frieden schaffen ohne Waffen“ – die Sehnsucht der Menschen nach Frieden in der Welt ist die immerwährende Hoffnung, wie auch die Enttäuschung, dass Gewalt und Krieg immer wieder in der Welt ist, in der Vergangenheit bis heute. Es sind die individuellen und kollektiven, theoretischen und praktischen Bemühungen, Frieden herzustellen und zu erhalten, die sich in den Konzepten der Friedensarbeit artikulieren. Die Politik-, Sozialwissenschaftlerin und Friedensforscherin, Trägerin des Göttingen Friedenspreises 2023, Hanne-Margret Birckenbach, legt, gewissermaßen zu ihrem 75. Geburtstag, eine Studie vor, in der sie deutlich macht, dass Friedensfähigkeit und –logik der Menschen nicht in den Genen liegt, auch nicht per Ordre du Mufti verordnet werden kann, sondern individuell, lokal und global hergestellt werden muss. Friedenlogische Aktivitäten beruhen und gründen auf institutionalisiertem, zivilisatorischem und staatlichem Bewusstsein, und auf dialogischen, nationalen und internationalen Netzwerken. Friedenspolitische Initiativen haben 1998 die Plattform „Zivile Konfliktbearbeitung“ entwickelt und aufgerufen, friedens- anstatt sicherheitslogisch zu denken und zu handeln. Es sind die friedenslogischen und –politischen Prinzipien, die Friedensdenken und –handeln bestimmen: Gewaltprävention – Konflikttransformation – Dialogverträglichkeit – normorientierte Interessenentwicklung – Fehlerfreundlichkeit.
Aufbau und Inhalt
Die Studie wird, neben dem Vorwort, in dem die Autorin ihre persönlichen, fachlichen und sachlichen Motive und die ihrer MitdenkerInnen als Friedensforscher offenlegt, in drei Teile gegliedert: Im ersten Kapitel wird der „Schlüsselbegriff Frieden“ thematisiert; im zweiten werden die „friedenslogischen Handlungsprinzipien“ aufgeführt und erläutert; im dritten Teil werden diese konfrontiert mit „friedenslogischem Handeln im Unfrieden“.
Diskussion
Friedlich denken und leben, das ist das humane Maß, Modus und Mühsal. Denker haben zu allen Zeiten die „Tugend des Friedens“ gelobt und beschworen. Als die Vereinten Nationen 1986 als das Internationale Jahr des Friedens ausriefen, bezogen sie sich auch auf den niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza (1632 – 1677), der feststellte, dass Frieden eine Tugend sei, die ihren Ursprung in der Seelenstärke habe. Der Generalsekretär der UNESCO, Federico Mayor, stellte der „Kultur des Krieges“ die „Kultur des Friedens“ entgegen: „Die Schaffung des Friedens ist eine Präventivmaßnahme. Wir müssen nicht nur bereit sein, in bereits ausgebrochene Konflikte einzugreifen, sondern auch in der Lage sein, die Vorzeichen frühzeitig zu erkennen, um einen Ausbruch der Konflikte vorzubeugen“ (UNESCO-Kurier 11/1995, S. 6f). Nationale und internationale, globale Friedens- und Konfliktforschung und –aktivitäten gehören zu den unverzichtbaren, integrierten Rahmenkonzepten Hier und Heute.
„Friedenslogisches Handeln ist geerdet“. Es orientiert und richtet sich aus auf das Erd- und Kosmosbewusstsein des menschlichen Daseins, und es fordert eine humane, individuelle, lokal- und globalorientierte, intellektuelle Teilhabe.
Fazit
Die Studie „Friedenslogik verstehen“ zeichnet sich durch Sprach- und Sachkompetenz aus. Die zahlreichen Skizzen und Abbildungen, die herausgehobenen Stichpunkte, Diskussionsanregungen und Arbeitsaufträge geben der Veröffentlichung Lehrbuchcharakter, vor allem für die Bildungsarbeit in den schulischen Oberstufen und in der universitären und Erwachsenenbildung.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
Mailformular
Es gibt 1672 Rezensionen von Jos Schnurer.
Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 10.01.2024 zu:
Hanne-Margret Birckenbach: Friedenslogik verstehen. Frieden hat man nicht, Frieden muss man machen. Wochenschau Verlag
(Frankfurt am Main) 2023.
ISBN 978-3-7344-1539-5.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31525.php, Datum des Zugriffs 07.11.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.