Klaus Grunwald, Andreas Langer et al. (Hrsg.): Sozialwirtschaft
Rezensiert von Dr. Christian Geyer, 06.05.2024

Klaus Grunwald, Andreas Langer, Monika Sagmeister (Hrsg.): Sozialwirtschaft. Handbuch für Wissenschaft, Studium und Praxis.
Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2024.
2., aktualisierte und erweiterte Auflage.
981 Seiten.
ISBN 978-3-8487-7508-8.
98,00 EUR.
Reihe: NomosHandbuch.
Thema
Die Sozialwirtschaft ist von volkswirtschaftlicher und sozialer Relevanz in Deutschland. Dieser Teilbereich der Gesamtwirtschaft ist Gegenstand des Handbuches. Theoretische Grundlagen, ökonomische, politische und rechtliche Rahmenbedingungen, sozialwirtschaftliche Organisationslehre, die Handlungsfelder des Sozialmanagements, Kooperationsstrukturen und Trends werden im Überblick dargestellt, reflektiert und in den aktuellen Diskurs eingeordnet.
Das Handbuch zur Sozialwirtschaft liegt in einer aktualisierten und (kaum) erweiterten zweiten Auflage vor. Die erste Auflage ist 2018 bei Nomos erschienen.
Herausgeber:in
Klaus Grunwald ist Professor und Leiter des Studiengangs „Soziale Arbeit und Rehabilitation“ an der Fakultät Sozialwesen der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Andreas Langer ist Professor für Sozialwissenschaften/Sozialpolitik an der HAW Hamburg.
Beide haben bereits die erste Auflage des Handbuches herausgegeben.
Neu im Kreis der Herausgeber:innen ist Monika Sagmeister. Sie ist Professorin für Sozialökonomie an der Fakultät für Sozialwesen der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.
Aufbau und Inhalt
Das Handbuch folgt der Gliederung der ersten Auflage unverändert. Zur besseren Auffindbarkeit werden die sechs Kapitel mit Ordnungsbuchstaben gekennzeichnet.
- A. Grundlagen der Theorie der Sozialwirtschaft
- B. Rahmenbedingungen der Sozialwirtschaft
- C. Sozialwirtschaftliche Organisationen und ihre Gestaltung
- D. Management sozialwirtschaftlicher Organisationen
- E. Sozialwirtschaftliche Kooperationsstrukturen
- F. Trends der Weiterentwicklung.
Die Einzelbeiträge entsprechen denen der ersten Auflage. Sie wurden von den Autor:innen überprüft und hinsichtlich der verwendeten Literatur und des statistischen Materials weitgehend aktualisiert. Der Rezensent konnte aber keine konzeptionellen oder inhaltlichen Veränderungen von Relevanz in den Beiträgen feststellen. Insofern ist die Inhaltsangabe, die Paul Brandl für die Rezension der ersten Auflage verfasst hat, noch immer aktuell.
Zwei Beiträge sind neu in das Handbuch aufgenommen worden. Holger Wunderlich führt in die Kommunale Sozialplanung (B.5) ein, streift aber nur sehr kurz die Frage, was das für die Sozialwirtschaft bedeutet und welche Anforderungen und Aufgaben daraus erwachsen.
Bernd Halfar verschafft einen Überblick über verschiedene Facetten des Immobilienmanagements sozialwirtschaftlicher Unternehmen (D.19). Die Themen Bestandsaufnahme, Nutzwertanalyse, Management des Bestandes und Entwicklungsprojekte sowie Finanzierungsformen werden umrissen.
Der Beitrag von Susanne Schäfer-Walkmann zum Thema Wissenschaftliche Begleitung hat keine erneute Aufnahme gefunden.
Diskussion
Das Handbuch bietet auch in der zweiten Auflage einen gründlichen Überblick über die Themenfelder der Sozialwirtschaft, konzeptionelle Ansätze und die aktuelle Fachliteratur. Obwohl es im Vorwort zur zweiten Auflage heißt, dass sich die Sozialwirtschaft in den letzten sechs Jahren verändert habe, bleiben die Autor:innen ihren ursprünglichen Beiträgen treu und die Herausgeber:in halten an der Themenauswahl und Ausrichtung fest. Dass das Immobilienmanagement Aufnahme gefunden hat, ist angesichts des umfänglichen Immobilienbestandes und der erforderlichen Gebäudeinfrastruktur für soziale personenbezogene Dienstleistungen eine gelungene Ergänzung. Das Immobilienmanagement wird bislang nur unzureichend in der Sozialwirtschaft als Gegenstand von Forschung und Lehre berücksichtigt.
Eine ebensolche Theorie/Forschung-Praxis-Lücke lässt sich auch für das Themenfeld Verhandlungsmanagement feststellen. Obwohl in der Praxis Verhandlungen von Leistungen und insbesondere der Vergütung immer wichtiger werden, bleibt das Thema Verhandlungsmanagement im Handbuch unberücksichtigt. Angesichts dessen, dass es noch keine transdisziplinäre und anwendungsorientierte Verhandlungswissenschaft gibt, mag das verständlich sein, doch darf die Sozialwirtschaftslehre gerne in Vorleistung gehen. Und eine weitere Leerstelle springt ins Auge. Es fehlt weiterhin ein Beitrag zur Sozialinformatik bzw. zum IT-Management in der Sozialwirtschaft.
Während die (aktualisierte) Neuauflage der Kapitel A bis E sinnvoll ist, überzeugt das Handbuch mit dem sechsten Kapitel „F. Trends der Weiterentwicklung“ nicht mehr so ganz. Und zwar deshalb nicht, weil die Beiträge unverändert zur ersten Auflage erneut als Trend herausgegeben werden. Es wäre zu erwarten gewesen, dass Themen wie Innovation und Nachhaltigkeit im Kapitel „D Management sozialwirtschaftlicher Organisationen“ systematisch aufgearbeitet werden. Hinzu kommt, dass dieses Trend-Kapitel ohne einen eigenständigen Beitrag zu Künstlicher Intelligenz in der Sozialwirtschaft auskommt. KI wird zwar im Beitrag F.5 „Digitalisierung“ kurz mitverhandelt, aber inhaltlich so gut wie nicht aktualisiert. Andere Trends finden sich hingegen gar nicht. Beispielhaft seien genannt: Agilität, Selbstorganisation, Neue Arbeitswelt, Coopetition, Insolvenzen.
Wenn diese Auflage ein Seismograph für die Veränderungen in der Sozialwirtschaft der letzten sechs Jahre sein soll, dann kann festgestellt werden, viel hat sich nicht getan. Mit großer Kontinuität wird die Sozialwirtschaft dargestellt und reflektiert.
Fazit
Das Handbuch setzt mit der zweiten Auflage auf Kontinuität. Sowohl die die Inhalte als auch die Autor:innen entsprechen der Erstauflage. Lediglich zwei Beiträge (Sozialplanung und Immobilienmanagement) sind hinzugekommen. So bleibt das Handbuch ein Standardwerk der Sozialwirtschaft und bietet für Wissenschaft, Studium und Praxis einen hilfreichen Ein- und Überblick.
Rezension von
Dr. Christian Geyer
Fachlicher Vorstand Bathildisheim e.V., Bad Arolsen und Lehrbeauftragter der Hochschule Fulda
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Es gibt 12 Rezensionen von Christian Geyer.