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Kathrin Hohmann, Lea Wedewardt et al.: Kita(r)evolution

Rezensiert von Alexandra Großer, 05.03.2024

Cover Kathrin Hohmann, Lea Wedewardt et al.: Kita(r)evolution ISBN 978-3-451-39922-0

Kathrin Hohmann, Lea Wedewardt, Fea Finger, Christin Füchtenschneider, Hannah Vasiliadis et al.: Kita(r)evolution. Zeit für Veränderung. Verlag Herder GmbH (Freiburg, Basel, Wien) 2023. 111 Seiten. ISBN 978-3-451-39922-0. D: 15,00 EUR, A: 16,50 EUR, CH: 22,90 sFr.
Sasse, Hergen; Lisowski, Sebastian; Noß, Anna; Grimm, Laura Henriette. Reihe: Kindergarten heute.

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Thema

Sie ist spürbar die Veränderung, die durch die Kitas weht. Leitungen, pädagogische Fachkräfte, Fachkräfteverbände, Initiativen aus Wissenschaft und Praxis und Bildungsexpert*innen möchten das Bildungssystem Kita verändern beziehungsweise sind schon auf dem Weg. In diesem Buch haben sich verschiedene Autor*innen zusammengetan, die den Gedanken der Veränderung, ihre Vision einer Bildungswelt in Kindertageseinrichtungen, beschreiben. In dem Buch geht es um die Frage, welche Bildung wollen wir für unser Kinder in der Kita? Die Autor*innen zeigen neue Wege auf und machen Mut alte Pfade zu verlassen und miteinander die Kita(r)evolution zu gestalten.

AutorIn oder HerausgeberIn

Kathrin Hohmann studierte Erziehung und Bildung im Kindesalter (BA) und soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Familie (MA). Sie betreibt den Blog, www.kindheiterleben, und den gleichnamigen Podcast. Sie führt im Podcast vom niedersächsischen Institut für frühe Bildung (nifbe) „Auf die ersten Jahre kommt es an“ Experteninterviews und ist Mitbegründerin der Bo-Akademie, Beraterin, Referentin und Autorin.

Lea Wedewardt ist Kindheitspädagogin (BA) und hat Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik (MA) studiert. Sie betreibt den Blog, www.beduerfnisorientierte-paedagogik.de, sowie den gleichnamigen Podcast. Sie ist Mitbegründerin der Bo-Akademie, Referentin und Autorin.

Fea Finger ist Kindheitspädagogin (BA), stellvertretende Leitung, Referentin, Podcasterin (Fea’s naive Welt), Beraterin und Autorin.

Christin Füchtenschneider ist systemische Beraterin (DGSF), Supervisorin (SG), Referentin und Kindheitspädagogin (BA).

Hannah Vasiliadis ist Trainerin, Referentin, Dozentin, Coach und Autorin für pädagogische Fachkräfte.

Hergen Sasse ist Referent im betrieblichen Gesundheitsmanagement mit Schwerpunkt Konfliktmanagement, Kommunikationscoach und Deeskalationstrainer. Er arbeitete als Erzieher und Lehrer und unterhält auf You Tube den Kanal #sozialundstark.

Sebastian Lisowski ist Kindheitspädagoge (BA), Mentor, Dozent, pädagogischer Fachberater, Autor und Speaker.

Anna Noß ist Diplom Religionspädagogin, Mediatorin und Familienbegleiterin. Sie arbeitet in einer kleinen freien Schule und betreibt den Blog, www.kindwaerts.de. Sie gibt Workshops und illustriert Bilder zu den Themen Bindung, Wertschätzung und Selbstwert.

Laura Henriette Grimm ist Kindheitspädagogin, angehende Gesundheitspsychologin, Fortbildnerin, Beraterin und Referentin.

Aufbau und Inhalt

Wie willst Du als Fachkraft sein? – Der Einstieg in die Kita(r)evolutionKatrhin Hohmann

Die Autorin fragt nicht nur danach, wie man als pädagogische Fachkraft sein möchte, sondern mit Blick auf die Zukunft auch, was für Menschen eine Gesellschaft braucht, „in der wir uns miteinander verbunden fühlen, gut miteinander umgehen [und] uns als Individuum frei und selbstbestimmt entwickeln und gleichzeitig erfahren, wie wir uns umsichtig und respektvoll in Gruppen bewegen“ (S. 14). Eine Veränderung der Gesellschaft ist nur dann möglich, wenn wir unseren Blick auf die Kindheit richten und die Menschen, die sie betreuen und erziehen. Kathrin Hohmann zeigt auf, dass Kinder Menschen brauchen, „die jedem Kind wohlgesonnen, zugewandt und mit Wertschätzung begegnen“ (S. 15). Sie führt aus, dass der Weg dahin nicht über einen autoritären Erziehungsstil führt, sondern über „einen Erziehungsstil, der Kinder als individuelle Persönlichkeiten anerkennt und ihren Autonomiebestrebungen ausreichend Raum schenkt“ (S. 16). Dafür braucht es pädagogische Fachkräfte, die Kinder bedürfnisorientiert begleiten und eine hohe Qualität der Fachkraft-Kind-Beziehungen in Kindertageeinrichtungen. Damit diese nicht mehr dem Zufall überlassen ist, braucht „unsere Gesellschaft – im Großen wie im Kleinen – und mit ihr das Bildungssystem ein Umdenken“ (S. 17). Den Start einer Kita(r)evolution.

Wenn du was veränderst, verändert sich alles – Warum wir den Stein ins Rollen bringen müssenAnna Noß

Anna Noß fragt sich, wieso sich das Bildungssystem kaum verändert, trotz aller fortschrittlichen Erkenntnisse in der Kindheitsforschung. Zugleich merkt sie an, dass „ein langsamer und leiser Wandel durch die Bildungslandschaft“ (S. 24) geht, der „an unsere Türen klopft“ (ebd.). Jedoch viele „Türen noch verschlossen“ (ebd.) bleiben. Auch wenn in manchen Kitas noch ein rauer Ton herrscht und eine autoritäre Haltung den Alltag prägt, gibt es Pionier*innen, die neue Wege gehen. Die Autorin macht pädagogischen Fachkräften „Mut zur Veränderung“ (S. 28). Bei allen Herausforderungen, die ihnen begegnen, „gegen den Strom“ (S. 25) zu schwimmen und „Selbstverständliches zu hinterfragen“ (ebd.), damit Veränderung geschehen kann. Mut, die Kinder in ihrer Individualität anzuerkennen, ihnen wertschätzend zu begegnen. Gerade, weil wir nicht wissen, was die Zukunft bringt braucht es „Kitas, die Kinder auf das Leben vorbereiten und nicht auf die Grundschule“ (S. 26) und fordert zu „einem ersten kleinen Schritt“ (S. 28) auf.

Doch, du kannst! Schritte in die VeränderungSebastian Lisowski

Es sind oft hinderliche Glaubenssätze, die uns daran hindern, Veränderungen proaktiv anzugehen. Der Autor zeigt auf, wie negative Glaubenssätze unserer Haltung prägen, ob wir Selbstwirksam sind oder glauben, nichts verändern zu können und uns damit in eine Opferrolle begeben. Anhand einer Geschichte und einem Praxisbeispiel, gibt er Anregungen zur Reflexion und Veränderung der eigenen Haltung.

Vorbild sein. Das eigene Verhalten reflektierenLea Wedewardt

Kinder ahmen uns nach. Sie lernen von ihren Bezugspersonen, wie sie sich zueinander verhalten, wie sie miteinander kommunizieren, wie sie Konflikte lösen, wie sie diskutieren, „wie Beziehung funktioniert, wie ernst [sie] eigene Gefühle, eigene Bedürfnisse nehmen und wie authentisch und passend [sie] eigene Grenzen kommunizieren“ (S. 40). Damit stellt sich für jede pädagogische Fachkraft, für jedes Team die Frage, welche Werte sie vorleben und vermitteln möchten. Mit Impulsen regt Lea Wedewardt zur Selbstreflexion und Reflexion im Team an. Im Anschluss geht die Autorin mit Beispielen darauf ein, dass die Vermittlung von Werten im Alltag oft mit Widersprüchen verhaftet ist. Denn das eine ist es einen Wert vermitteln zu wollen und das andere ihn auch zu leben beziehungsweise vorzuleben.

Mutig neue Wege gehen. Von Müssen zum WollenChristin Füchtenschneider

Christin Füchtenschneider fordert dazu auf das eigene Denken als auch den Kita-Alltag zu verändern, wenn es stressig wird und Personal ausfällt. Weg von, diese oder jene Aufgabe muss ich noch erledigen, hinzu „welche Aufgaben sind wichtig und sinnvoll“ (S. 51) und möchte ich „übernehmen, weil sie Spaß machen“ (ebd.). Damit auch die Frage, welche Aufgaben verschoben werden können (vgl. ebd.). Ebenso verhält es sich mit dem Kita-Alltag. Auch wenn Personal ausfällt gilt es im Sinne des Kinderschutzes den eigenen Gesundheitsschutz nicht aus den Augen zu verlieren. Mit ein paar Fragen regt die Autorin an den Alltag und seine Strukturen zu überdenken, zu hinterfragen und mutig zu verändern.

Klar sorge ich für mich – Von Selbstfürsorge und Grenzen setzenHergen Sasse

Die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und damit die eigenen Grenzen zu beachten und zu kommunizieren braucht Mut. Denn es bedeutet auch Nein zu sagen. „Ein Nein bedeutet keinen Kontaktabbruch“ (S. 61), sondern ermöglicht „einen empathischen und rücksichtsvollen Kontakt“ (S. 60) miteinander, indem zusammen Lösungen gesucht und ausgetauscht werden.

Viel zu oft liegt der Fokus im Alltag auf den „negativen und unangenehmen Dingen“ (S. 63). Diese Sichtweise erschwert „die Aufmerksamkeit auf die gelungenen und schönen Momente“ (ebd.). Um die Aufmerksamkeit wieder auf die schönen Momente im Alltag zu lenken bietet Hergen Sasse neben dem Achtsamkeitsrad als Übung Fragen an, die am Ende des Tages gestellt und beantwortet werden können.

Einen Gang zurückschalten. Warum Gelassenheit unbedingt in den Kita-Tag gehörtHannah Vasiliadis

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Entschleunigung zur Erleichterung beiträgt. Die Frage, die sich heute stellt, was würde passieren, wenn wir freiwillig „ein, zwei Tage „nichts“ tun“ (S. 68) würden. Hannah Vasiliadis fragt: „Woher kommen die Erwartungen? Warum müssen wir sie erfüllen? Und wem helfen wir damit?“ (S. 69). Dieser Perspektivwechsel „auf die Ereignisse der Kita kann weichenstellend – und befreiend – sein“ (ebd.). Es geht also darum den Stress zu verstehen, zu wissen, was gegen Stress hilft. Dazu müssen die vielen verschiedenen Stressfaktoren wahrgenommen und identifiziert werden. Wer seine Stressoren kennt, kann auch Maßnahmen ergreifen, um den eigenen Stresslevel zu senken. Die Autorin zeigt auf, dass durch Ansprüche und Erwartungen, was Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt können müssen, der Druck steigt. Doch Kinder brauchen keinen Druck, sondern Zeit, Geduld und Begleitung, damit sie ihren Impulsen und Interessen nachgehen können. „Gute pädagogische Arbeit bedeutet nicht höher, schneller weiter, sondern aufmerksamer, achtsamer und genauer“ (S. 73). Sie plädiert dafür, dem Spiel der Kinder, wieder mehr Raum zu geben, damit sie selbstbestimmt ihre Welt entdecken und erforschen können. Impulse und Reflexionsfragen schließen das Kapitel ab.

Wenn ich einen Wunsch frei hätte … (oder mehrere) – Kitas als sichere Orte für KinderFea Finger

Fea Finger ermutigt in ihrem Beitrag pädagogische Fachkräfte dazu, pädagogisches Fehlverhalten, wie beispielsweise „Demütigungen, Entwertungen, Kränkungen“ (S. 83) gegenüber Kindern anzusprechen, wenn sie dieses bei pädagogischen Fachkräften beobachten. Den Kindern damit eine Stimme zu geben und ihr „Recht auf gewaltfreie Erziehung“ (S. 85) zu wahren. Damit Kitas zu gewaltfreien und sicheren Orten werden braucht es ein Bewusstsein im Team zu den „Themen Kinderrechte, pädagogische Ethik und ihre Umsetzung“ (S. 86) sowie zum Thema Adultismus. Damit „Kinderrechte wie Partizipation und gewaltfreie Erziehung“ (S. 87) Begriffe werden, „die wirklich mit Inhalten gefüllt sind und im Alltag umgesetzt werden“ (ebd.). Die Wünsche der Autorin lassen sich mit einem Satz zusammenfassen „Kindern auf Augenhöhe“ (S. 89) begegnen.

Plädoyer für eine Kita(r)evolutionLaura Henriette Grimm

Die Autorin zeigt in ihrem Plädoyer nochmals auf, dass eine Kita(r)evolution „nicht nur dringend nötig, sondern der einzige Weg [ist], um eine Bildungswelt zu erschaffen, in der Kinder, ihre Familien und wir Fachkräfte wieder glücklich sein können“ (S. 91). Dazu braucht es alle Akteur*innen vom Hausmeister der Kita bis hin zu den Kooperationspartner*innen und politisch Verantwortlichen, damit die Vision einer veränderten Bildungswelt Wirklichkeit wird. Dieser Weg ist eine große Herausforderung für jede einzelne pädagogische Fachkraft, jedes Team, jede Einrichtung. Denn „es geht darum, alles zu hinterfragen und ein Fundament zu erschaffen, auf dem Kinder und ihre Familien wachsen und sie selbst sein können, sich richtig fühlen und ihren eigenen Weg finden“ (S. 92). Die Autorin ermutigt dazu die Herausforderung einer „Veränderung der Bildungswelt“ anzunehmen und sich gemeinsam, in kleinen Schritten auf den Weg der Kita(r)evolution zu machen.

10 Botschaften der Kita(r)evolution

In diesem Abschnitt haben die Autor*innen noch einmal 10 Botschaften aufgeführt, die für eine Kita(r)evolution sprechen. Im Anschluss finden sich Fragen zur Beschreibung einer Vision für eine besser Kita-Welt sowie Impulse zu Dingen, die sich bereits am nächsten Tag verändern lassen.

Diskussion

Obwohl viele Autor*innen an dem Buch zur Kita(r)evolution mitgewirkt haben, gibt es eine Vision, „Kitas als glückliche Orte“ (S. 78). Jede*r Autor*in hat auf ihre ganz individuelle Weise einen Beitrag zur Veränderung, zur Revolution der Kita, geschrieben und einen eigenen Schwerpunkt gesetzt. Allen gemeinsam ist der bedürfnisorientierte Blick auf die Kinder, die Ermutigung pädagogischer Fachkräfte die Veränderung in den Kitas mitzugestalten und sie zu motivieren „neue Wege zu gehen“ wie es auf dem Buchcover zu lesen ist. Miteinander schaffen es die Autor*innen pädagogischen Fachkräften ihre Wertschätzung mitzuteilen und zu Veränderungen im Alltag, zur Selbstreflexion anzuregen.

Fazit

Die Autor*innen machen mit ihrem Buch pädagogischen Fachkräften Mut sich auf den Weg der Veränderung zu machen beziehungsweise, diesen weiter zu gehen, damit Kindertageseinrichtungen zu Orten werden in denen sich Kinder wohlfühlen, ihren Interessen und Impulsen nachgehen können und sich in ihrem Tempo entwickeln dürfen. Gleichzeitig zeigen sie, dass die Veränderung schon angefangen hat.

Rezension von
Alexandra Großer
Fortbildnerin, päd. Prozessbegleiterin, systemische Beraterin
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Es gibt 71 Rezensionen von Alexandra Großer.

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ISSN 2190-9245