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Katharina Schleicher: Von alternativen Paradigmen zur umfassenden Transformation

Rezensiert von Prof. Dr. Katrin Valentin, 06.12.2023

Cover Katharina Schleicher: Von alternativen Paradigmen zur umfassenden Transformation ISBN 978-3-658-32600-5

Katharina Schleicher: Von alternativen Paradigmen zur umfassenden Transformation. Analyse transformativer Forschungsprojekte anhand des diskursiven Institutionalismus. Springer VS (Wiesbaden) 2021. 205 Seiten. ISBN 978-3-658-32600-5. D: 39,99 EUR, A: 43,99 EUR, CH: 47,14 sFr.
Reihe: Research.

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Thema

Anliegen der Arbeit ist es, einen Beitrag zur theoretischen Fundierung von transformativer Forschung zu leisten, bei der die Forschenden selbst als Katalysatoren für Veränderung verstanden werden sollen. Dies geschieht in Bezug auf die Große Transformation (WBGU 2011).

Autor:in und Entstehungshintergrund

Dr. Katharina Schleicher ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Sachverständigenrat für Umweltfragen zu den Themenschwerpunkten „Gesellschaftliche Fragen der Umweltpolitik“ und „Nachhaltigkeit“ sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FernUniversität in Hagen. Zuvor war sie wissenschaftliche Koordinatorin am Zentrum für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit (TransZent) der Bergischen Universität Wuppertal und Gastwissenschaftlerin im Forschungsbereich „Transdisziplinäre Konzepte und Methoden“ am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Bei der vorliegenden Publikation handelt es sich um ihre Doktorarbeit. In dem Werk geht es um die empirische Analyse von zwei transformativen Forschungsprojekten in Wuppertal und deren Beitrag zum Wandel der Stadt im Sinne der so genannten Großen Transformation. Bei einem der Projekte war die Autorin selbst als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beteiligt, bei dem anderen war sie durch eine institutionelle Einbindung ebenfalls im weiteren Umfeld involviert.

Aufbau

Die Autorin führt nach einer Herleitung der Forschungsfrage zunächst in das Themenfeld „Große Transformation“ im Kontext von Forschung und Politik ein, differenziert dabei verschiedene Forschungsperspektiven über und für Transformation und geht auf Städte als Orte der Transformation ein. Anschließend stellt sie die Theorie des diskursiven Institutionalismus vor und erläutert darauf aufbauend ihr methodisches Vorgehen. Darauf folgt die Analyse zweier transformativer Forschungsprojekte, deren Befunde sie im letzten Kapitel für Schlussfolgerungen für Theoriebildung und Forschungspraxis heranzieht. Ein ausführliches Fazit schließt die Arbeit ab.

Inhalt

Teil 1

Den Ausgangspunkt für die Beschreibung einer Problemstellung und einer Forschungslücke nimmt Katharina Schleicher in Bezugnahme auf den Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Der Beirat konstatiert, dass Forschung und Wissenschaft eine gesellschaftliche Verantwortung haben, für das Gelingen der Großen Transformation einen Beitrag zu leisten. Unter Verweis auf zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten unterstützt sie dieses Ansinnen und hält fest, dass es bisher noch keine sozialwissenschaftlich belastbare Theorie gibt, die einen Ansatz transformativer Wissenschaft fundieren würden. Sie formuliert die Vermutung, dass der diskursive Institutionalismus hierzu einen Beitrag leisten könnte. Laut diesem kann es Vertreterinnen und Vertretern von Forschung und Wissenschaft nicht nur gelingen, auf Ebene von (politischen) Programmen zu dem Prozess beizutragen, sondern sogar zu einem Paradigmenwechsel zu führen.

Sie formuliert ein Ziel und einen Gegenstand ihrer Arbeit. Einerseits soll geprüft werden, ob der diskursive Institutionalismus in der Lage ist, kleinere und lokale Veränderungen auf der Ebene einer Stadt zu erklären. Zum anderen problematisiert sie in Anlehnung an Brand (2016), dass von zahlreichen Akteure:innen, die sich um eine große Transformation bemühen, nur inkrementelle und keine radikalen Veränderungen angestrebt werden. So soll eruiert werden, ob es hinreichend ist, verschiedene Grade der Veränderung zu durchlaufen und in Summe zu einer radikalen gesellschaftlichen Veränderung im Sinne einer Großen Transformation zu gelangen.

Ihre Fragestellung bezieht sich auf die empirische Analyse von zwei transformativen Forschungsprojekten und lautet: „Hat durch die von den transformativen Forschungsprojekten eingebrachten Ideen bereits ein Wandel in Wuppertal stattgefunden?“ (S. 4). Ertrag des Buches sollen neben einem theoretischen Beitrag auch Handlungsempfehlungen sein, die die Befunde unter Rückgriff auf weitere Theorien kritisch berücksichtigen.

Gegenstand für die Analyse war zum einen ein Forschungsprojekt, in dem Wohlstandsindikatoren für Wuppertal entwickelt wurden und zum anderen eines, in dem eine App mit dem Namen „Glücklich in Wuppertal“ erstellt wurde – beide wurden 2015 bis 2018 durchgeführt.

Als Forschungsdesign wählte die Autorin vergleichende Fallanalysen unter Hinzuzug der Kongruenzanalyse nach Georg & Benett 2005. Hierzu wurden städtische Diskurse anhand verschiedener Erzeugnissen, u.a. der Presse, verschiedener Gremien, der Zivilgesellschaft und Entscheidungsträger:innen (z.B. Äußerungen in Social Media) berücksichtigt. Zusätzlich wurden Experteninterviews durchgeführt und die institutionellen Rahmenbedingungen mit Hilfe einer Dokumentenanalyse in den Blick genommen.

Teil 2

Bevor Katharina Schleicher zur Herleitung ihrer Forschungsperspektive kommt, führt sie aus, wie es zu Ansätzen transformativer Forschung im Angesicht des Anliegens einer Großen Transformation kam. Dabei beruft sie sich auf zahlreiche vor allem international zu verortende naturwissenschaftliche aber auch sozialwissenschaftliche Arbeiten, die kursorisch die Ausgangslage für einen Aufruf zur Großen Transformation mit dem Ziel einer nachhaltigen Gesellschaft umreißen.

Anschließend unterscheidet sie zwischen Forschungsperspektiven „über“ und „für“ Transformation und bezieht sich dabei auf Beiträge von Wissenschaftlern, die eine Neuorientierung von Forschung fordern (Gibbons 1994 und Nowotny et al. 2001). Der Autorin kommt es darauf an, die Entwicklung neuer Paradigmen im Sinne einer „Modus-3-Wissenschaft“ forscherisch zu adressieren und in diesem Sinne transformative Forschung zu untersuchen. Verkürzt gesprochen bedeutet dieser Modus, dass in Anschluss an Schneidewind & Singer-Brodowski (2013) Wissenschaft gleichsam zu einem Katalysator für Transformationsprozesse wird. Dazu ist es notwendig, dass die Forschenden ihre Werturteile und Normen explizieren und selbst Pionierarbeit im Sinne eines grundlegenden Wandels leisten.

Anschließend geht die Autorin auf die Frage ein, inwiefern Städte als Orte der Transformation betrachtet werden können und welche institutionellen Kontexte bei der Stadt Wuppertal vorliegen – unter anderem als Wirtschafts- und Forschungsstandort und als Stadt mit einer aktiven Zivilgesellschaft.

Teil 3

Im dritten Teil ihrer Arbeit stellt Katharina Schleicher die Theorie des diskursiven Institutionalismus ausführlich vor. Grundgedanke des diskursiven Institutionalismus ist es, insbesondere Ideen und Diskurse sowie den institutionellen Kontext zur Erklärung von politischen Prozessen in den Blick zu nehmen. Das Handeln der involvierten Akteur:innen wird hierbei als sowohl von der Umgebung sozialisiert wie auch als strategischer Akt betrachtet. In mehreren Unterkapiteln führt die Autorin zentrale Ideen des Ansatzes aus: das Verständnis und die Rolle von Ideen, Akteur:innen, Diskursen und Institutionen und geht auf die Bedingungen für Politikwandel ein.

Darüber hinaus führt sie aus, wie der diskursive Institutionalismus bisher angewendet wurde und schließt mit einem ausführlichen Zwischenfazit, in dem sie ihre eigene theoretische Verortung expliziert: Für ihre Analyse stehen zum einen das Aufkommen und das Diffundieren von neuen Ideen, aber auch sich daraus entwickelnde Veränderungen von Politik im Fokus. Sie unterscheidet dabei zwischen im Vordergrund von Diskursen stehenden Phänomenen (Policies, Programme und Frames) und solche im Hintergrund (Paradigmen und öffentliche Empfindungen). Etwas verkürzt gesprochen, ist dann von Transformation zu reden, wenn auch die Umgestaltung von Paradigmen erfolgt (3. Grad von Veränderung). Werden diese Veränderungen institutionalisiert, so ist eine Verstetigung möglich. Den Fokus setzt sie für ihre Analyse auf die Ideen und deren Kommunikationen durch die am Prozess beteiligten Akteur:innen: Entscheidungsträger:innen, Framer:innen, Theoretiker:innen, Auftraggeber:innen, Vermittler:innen und institutionelle Unternehmer:innen (nach Campbell 2004). Ergänzend stellt sie verschiedene Transformationsverständnisse in einer Tabelle erläuternd gegenüber und kommentiert diese kritisch.

Teil 4

In ihrem Kapitel über ihr methodisches Vorgehen gibt die Autorin Einblick in das Verfahren einer vergleichenden Fallstudie mithilfe der Kongruenzmethode (Georg & Benett 2005). Sie zeigt auf, wie es zur Fallauswahl kam, welche Prognosen für die Kongruenzanalyse aufgestellt wurden und vergleicht die beiden untersuchten Fälle (Forschungsprojekte in Wuppertal) hinsichtlich verschiedener Kriterien tabellarisch. Sodann werden die Erhebungsmethode Expert:inneninterviews und Dokumentenanalyse vorgestellt. Auch ihr mehrschrittiges Vorgehen im Sinne einer qualitativen Inhaltsanalyse (unter Verweis auf Mayring 2016, Lamnek & Krell 2016) wird erläutert und in Bezug zu den vorangestellten theoretischen Ausführungen gesetzt. Abschließend problematisiert sie ihre persönliche Involviertheit in die zu untersuchenden Fälle und relativiert mögliche negative Effekte unter Hinzuzug von theoretischen Auseinandersetzungen mit den damit einhergehenden forscherischen Herausforderungen.

Teil 5

Die Darstellung der beiden Fälle hinsichtlich ihrer analytischen Betrachtung stellt den fünften Teil der Arbeit dar. Dabei geht sie jeweils auf die Akteur:innen und Ideen, die Rahmenbedingungen, die Anknüpfungspunkte und Umsetzbarkeit der Ideen ein. Sie erläutert auch jeweilig beobachtbare Veränderungen und nimmt einen Abgleich mit den Prognosen vor.

Bei dem Projekt „Wohlstandsindikatoren für Wuppertal“ diffundierten nach der Analyse der Autorin die Ideen zum Teil in die Stadtgesellschaft und -verwaltung. Hilfreich waren dazu die Aktivtäten der im Projektkonsortium beteiligten Wissenschafter:innen, die im Sinne institutioneller Unternehmer:innen agierten (Mitarbeitende des Zentrums für Transformationsforschung und Nachhaltigkeit der Bergischen Universität Wuppertal und des Wuppertaler Instituts für Umwelt, Klima, Energie gGmbH). Allerdings nahm die Öffentlichkeit das Projekt nur im vergleichsweise geringen Maße wahr und involvierte Personen hatten zum Teil keinen Überblick über den Gesamtzusammenhang. Ein Hauptproblem sieht die Autorin in einem Mangel an verständlicher und einfacher Kommunikation. Sie schlussfolgert, dass in diesem Fall also lediglich eine Anknüpfung im Sinne von Policies gelang.

Das „App-basierte Panel ‚Glücklich in Wuppertal‘“ konnte nach der Analyse von Katharina Schleicher gut an Stadtentwicklungsprozesse anknüpfen und kleinere Ideen, die sich aus dem Projektzusammenhang ergaben, wurden auch umgesetzt. Zum Beispiel wurde die App als Beteiligungsinstrument im Stadtentwicklungsprozess eingesetzt und es trug zu Denkanstößen in verschiedenen Kontexten bei. Ihre Auswertung ergab, dass eine breite Diffusion der Idee erfolgte, vor allem der Policies und zum Teil auch in Bezug auf neue Programme, jedoch kaum in Bezug auf einen Wandel dritter Ordnung. Das Projekt konnte z.B. in Bezug auf das schlechte Image der Stadt gute Anknüpfung finden, trug jedoch nicht wesentlich zur Lösung von Krisen bei. Die Autorin erklärt sich dies unter anderem mit unzureichenden finanziellen Mitteln, letztendlich zu wenig Vernetzung der Unternehmer:innen und durch zu große Hürden und Gewohnheiten bei den Entscheidungsträger:innen.

Im Vergleich der zwei Fälle betrachtet die Autorin insbesondere die Akteur:innen und Ideen, aber auch die Rahmenbedingungen und Anknüpfungspunkte der Forschungsprojekte. Sie kommt zu dem Schluss, dass zu beobachten ist, dass einige kleine Veränderungen in den Diskursen zu verzeichnen sind, z.B. werden die Begriffe „Leben“ und „Wohlstand“ von einigen Akteur:innen häufiger genutzt. Sie ordnet die Veränderungen als solche erster Ordnung ein. Ihre Analyse schließt mit folgendem Satz: „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Ideen alternativer Paradigmen nicht weit genug verbreitet wurden, um mit den kleinen Umsetzungen den Weg hin zu einer Transformation zu bereiten“ (S. 164).

Teil 6

Im ersten Teil ihres Kapitels zu Schlussfolgerungen für Theorie und Forschungspraxis formuliert Katharina Schleicher Beiträge zur Weiterentwicklung des diskursiven Institutionalismus. Sie hält fest, dass dieser auch für die Analyse von Prozessen auf lokaler Ebene anwendbar ist. Allerdings gilt es, diesen für solche Zwecke weiterzuentwickeln. Die Autorin konstatiert unter anderem, dass die Annahme, dass der gute Ruf von institutionellen Unternehmer:innen (hier vor allem Forschungsinstitute) gleichsam automatisch die Chance auf einen Wandel höherer Ordnung größer werden lassen, nicht bestätigt werden kann. Sie hält darüber hinaus fest, dass es im lokalen Kontext beim Diffundieren komplexer Zusammenhänge ganz besonders darauf ankommt, dass diese vor allem verständlich kommuniziert werden. Zudem schlussfolgert sie, dass die institutionellen Unternehmer:innen selbst Anknüpfungspunkte bei Krisen herstellen müssen. Hier differenziert sie den Ansatz des diskursiven Institutionalismus: Als für den Prozess relevante Krisen (im Sinne von Chancen) gelten dabei jedoch nicht solche, die schon sehr lange andauern, sondern nur solche, die sich relativ akut ergeben und die z.B. in der Wahrnehmung der Akteur:innen als eine Gefahr für die Macht- und Ressourcenverteilung betrachtet werden. In acht synoptischen Punkten bringt sie ihre Impulse zur Weiterentwicklung des theoretischen Ansatzes zum Ausdruck.

Im zweiten Teil formuliert Katharina Schleicher Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen für die transformative Forschung. Aufbauend auf ihre Herleitung der Empfehlungen rät sie in ihrer sechs Punkte umfassenden Zusammenfassung unter anderem dazu, in transformativen Forschungsprojekten möglichst flexibel auf Entwicklungen reagieren zu können, da sich Gelegenheitsfenster sehr unmittelbar ergeben können. Sie legt nahe, Widersprüche zu bereits existierenden Paradigmen im Projektzusammenhang nicht unter den Tisch zu kehren, sondern sie als Diskussionsanlass zu nutzen, um bestehende Paradigmen kritisieren zu können. Und zuletzt betont sie, dass die Umsetzung von Ideen durch flankierende Begleitung unterstützt werden sollten, sodass eine Verstetigung wahrscheinlicher wird. 

Teil 7

In ihrem ausführlichen Fazit nimmt Katharina Schleicher eine Zusammenfassung ihrer Arbeit vor und hebt die wichtigsten Schlussfolgerungen noch einmal hervor.

Diskussion

In dem vorliegenden Werk gelingt Katharina Schleicher eine anspruchsvolle und lesenswerte Arbeit, die detailliert in den Ansatz des diskursiven Institutionalismus einführt und diesen durch die Analyse zweier Forschungsprojekte an einzelnen Stellen in Form von Differenzierungen weiterentwickelt. Sie verknüpft gut nachvollziehbar theoretische Aspekte des Ansatzes mit einer empirischen Datenlage, die von großer Heterogenität gekennzeichnet ist. Lesenden werden Entwicklungen der beiden Fallstudien plausibel gemacht und Zusammenhänge auch im Rückgriff auf zahlreiche weitere theoretische Zugänge und empirische Arbeiten aufbereitet.

Etwas undankbar ist die Tatsache, dass die analysierten Forschungsprojekte nur geringe transformatorische Kraft entfalteten und somit der große Aufwand der Autorin zwar der Komplexität der beiden untersuchten Forschungsprojekte angemessen erscheint, jedoch weniger dem Ertrag in Bezug auf die Analyse tatsächlich transformatorischer Prozesse.

Kritisch zu bemerken sind allenfalls leichte methodische Unschärfen. So spricht sie von Methodentriangulation, setzt aber – auch ganz richtig im Sinne des Erkenntnisinteresses – im Wesentlichen ein Mixed-Method-Design in ihrer Studie um. Leichte Diffusion könnte bei Lesenden auch dadurch entstehen, dass sie einerseits prüfen möchte, ob der Ansatz des diskursiven Institutionalismus zur Erklärung von transformatorischen Prozessen geeignet ist und andererseits dies immer wieder betont – nur eben auf Ebene von Staaten und nicht auf eine lokale Ebene bezogen.

Dem Problem, dass sie selbst Teil des einen zu untersuchenden Forschungsprojektes war, widmet sie vorbildhaft ein eigenes Unterkapitel. Es wäre wünschenswert gewesen, dass dieser Umstand auch in der Diskussion der Befunde noch einmal ventiliert würde, da transformatorische Forschung in dem hier dargestellten Sinne – also mit ihrem Anspruch, selbst Veränderung zu initiieren – in der wissenschaftlichen Diskussion hinsichtlich ihrer Objektivität besonderer Kritik ausgesetzt ist.

Für die aktuelle Diskussion um die Frage nach der Rolle von transformativer Forschung kann die reflektierte Arbeit einen guten Beitrag leisten. Vor dem Hintergrund einer Großen Transformation wäre es wünschenswert, dass auch Praktiker:innen oder Vertreter:innen von Disziplinen, die nicht an einer Theoriereflektion des diskursiven Institutionalismus interessiert sind, die Befunde rezipieren würden. Dies gilt auch für die detaillierten Ausführungen zum Analyseprozess, lassen sich hier doch an vielen Stellen für die Stadtentwicklungsprozesse interessante Beobachtungen finden. Die Schlussfolgerungen für Theorie und Praxis überzeugen in ihrer Herleitung und Konkretisierung.

Fazit

Katharina Schleicher untersucht in ihrer lesenswerten Dissertation zwei Forschungsprojekte in Wuppertal, welche das Ziel hatten, zu einem Wandel im Sinne der Großen Transformation beizutragen. Ihre Analyse unternimmt sie in Rückgriff auf den diskursiven Institutionalismus und betrachtet die Prozesse kritisch. Sie zieht sowohl für die Weiterentwicklung dieses theoretischen Ansatzes als auch für eine transformative Forschungspraxis, welche selbst Veränderungen auf lokaler Ebene initiieren möchte, erhellende Schlussfolgerungen.

Rezension von
Prof. Dr. Katrin Valentin
Forschungsprofessur für Pädagogik mit dem Schwerpunkt Transformationsforschung an der Evangelischen Hochschule Nürnberg
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Es gibt 1 Rezension von Katrin Valentin.

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Zitiervorschlag
Katrin Valentin. Rezension vom 06.12.2023 zu: Katharina Schleicher: Von alternativen Paradigmen zur umfassenden Transformation. Analyse transformativer Forschungsprojekte anhand des diskursiven Institutionalismus. Springer VS (Wiesbaden) 2021. ISBN 978-3-658-32600-5. Reihe: Research. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31595.php, Datum des Zugriffs 12.09.2024.


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