Wolfgang Steinig, Sommer (Illustrator) Steffen: KONI - der Fremde aus dem All
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 07.10.2024

Wolfgang Steinig, Sommer (Illustrator) Steffen: KONI - der Fremde aus dem All. Thema Umweltzerstörung und Freundschaft, ab 8 J., große Fibelschrift, vollständige Ökoproduktion. ISB-Fachverlag (Oldenburg) 2023. 76 Seiten. ISBN 978-3-942122-44-3. D: 14,80 EUR, A: 15,30 EUR.
Thema
Kinder lieben Märchen und fantasievolle Geschichten. Der Märchenschatz der Kulturen der Welt trägt dazu bei, dass die menschliche Entwicklung und Bildung zum humanen Ziel wird. In den traditionellen Märchen wird vielfach, in drastischer Sprache, zwischen Gut und Böse unterschieden, und (mit dem pädagogischen Zeigefinger) angemahnt, die von der jeweiligen kulturellen Gesellschaft vorgegebenen Werte- und Normenvorstellungen einzuhalten. Übertretungen führen immer zu Risiken und Gefahren. Anpassung ist gefragt.
Entstehungshintergrund, Autor und Illustrator
Eine neue Form der Märchenerzählung wird vom Oldenburger „Institut für sprachliche Bildung“ (isb) propagiert. Die illustrierte Denk- und Sprachbildung und -förderung bewirkt, dass Kinder fantasievoll, kritisch und interessant denken lernen. Es sind abenteuerliche und philosophische Geschichten mit dem Ziel, dass sich bereits Kinder mit der Frage der Fragen auseinandersetzen: „Wer bin ich?“.
Der Germanist und Sprachdidaktiker Wolfgang Steinig legt ein Kinderbuch vor mit dem Anspruch, Kindern ab 8 Jahren kindgerecht erdbewusstes und kosmisches Denken zu vermitteln. Er erzählt die Geschichte des Außerirdischen „Koni“, der auf einem anderen, erdfernen Planeten, der um den Stern Proxima Centauri kreist, der Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Der Designer Steffen Sommer, der im US-amerikanischen Maryland lebt, illustriert die Erzählung.
Inhalt
Der Außerirdische Koni lebt auf einem kleinen Planeten. Mit seinem Freund, dem Fuchs und den anderen Lebewesen, lebt er zufrieden und glücklich – bis ein böser Drache alles Leben auslöscht. Koni flieht mit dem Raumschiff, und nach Zwischenlandungen auf mehreren anderen Planeten, die ihm keine Existenz ermöglichten, erreicht er schließlich die Erde. Die 10-jährige Mara lebt in New York. Eines Tages begegnet ihr im Garten eine kleine Gestalt. Sie erschrickt erst und will wegrennen; doch der kleine Kerl verbeugte sich vor ihr, und sie fasst Zutrauen: „Hallo“. Er zitterte, es war ihm scheinbar kalt. Sie brachte ihn in ihrem Baumhaus im Kirschbaum unter und versorgte ihn mit Nahrung und Decke. Er schlief ein. Am nächsten Morgen stand er bereits am Gartentor, und er zeigte ihr in dem kleinen, nahen Wäldchen sein Raumschiff. Sie verständigten sich mit Zeichnungen, und so erfuhr sie, woher er kam. Sie verständigten sich darauf, dass er in dieser Stadt nicht leben konnte: „Du möchtest bestimmt einen besseren Platz auf unserer Erde finden als hier in New York?“. Er landete in der Sahara, wo es zu heiß und zu trocken war – auf Grönland, wo ein Eisbär klagte, dass das Eis schmilzt und riesige Wassermassen die Erde zerstören – zum Amazonas, wo die Indigenen ihn freundlich empfingen und ihm Essen, Trinken und Schlafplatz anboten. Er fühlte sich wohl bei ihnen und erlernte die menschliche Sprache. Bis er eines Tages einen Geruch wahrnahm, den er von seinem Heimatplaneten kannte, als der Drache mit seinem Feuer den Wald niederbrannte. Riesige Bagger rissen die Baumstümpfe aus dem Boden und bereiteten ihn für Rinderweiden vor. „Ja“, sagten seine Urwaldfreunde, „Geld und Gier der Menschen zerstören die Erde!“. Koni flog zurück zu Mara in New York. Sie unterhielten sich, was zu tun sei, dass die Konflikte und die sich anbahnenden Katastrophen abgewendet werden könnten. In New York fand gerade die Generalversammlung der UNO statt. Ein Hauptthema war, wie die sich andeutenden, katastrophalen Folgen des Klimawandels abgemildert und verändert werden könnten. Mara forderte Koni auf, vor den Vertreter/​innen der Länder zu sprechen. Koni schaltete den Hologramm-Laser ein. Die UNO-Mitglieder sahen und hörten ihn im Konferenzsaal: „Es gibt Menschen, die sind wie feuerspeiende Drachen. Sie wollen immer mehr, vor allem Macht und Geld und verbreiten Angst“. Auf der Erde konnte und wollte Koni nicht leben. Er zündete sein Raumschiff und kehrte auf seinen Heimatplaneten zurück. Der Drache hat ganze Arbeit geleistet: Die Wälder waren abgebrannt, das Leben zerstört. Doch er traf seinen Freund, den Fuchs wieder, der sich in seiner Höhle vor dem Feuer schützen konnte. Koni erzählte ihm von der Erde und der Unvernunft der Menschen. Sie beschlossen, ihren Planeten wieder aufzubauen, so, dass wieder pflanzliches, tierisches und planetarisches Leben möglich wird: „Ja, fangen wir hier an!“.
Diskussion
„Es ist eine rätselhafte Sache um die menschlichen Leidenschaften, und Kindern geht es damit nicht anders als Erwachsenen. Diejenigen, die davon befallen werden, können sie nicht erklären, und diejenigen, die nichts dergleichen erlebt haben, können sie nicht begreifen“ (Michael Ende, Die unendliche Geschichte. Von A bis Z mit Buchstaben und Bildern versehen von Roswitha Quadflieg, München 1978, S. 11). Märchen sind fantastische Geschichten, bei denen eindeutig zwischen Gut und Böse unterschieden wird, die aus der Phantasie der Menschen entstanden sind und mündlich und schriftlich von Generation zu Generation weitergereicht werden. Märchen kommen in allen Kulturen und zu allen Zeiten vor. Und Märchenerzähler, Männer und Frauen, strahlen, wenn sie ihr Hand(Mund-)werk beherrschen, eine Anziehungs- und Anhörungskraft aus, der sich Menschen, wenn sie empfänglich für Emotionen sind, nicht entziehen können. Der US-amerikanische Psychoanalytiker und Kinderpsychologe Bruno Bettelheim (1903 – 1990) hat sich mit seinem 1976 veröffentlichten Buch „Kinder brauchen Märchen“ dafür eingesetzt, Kindern Märchen vorzulesen, weil in ihnen Eindeutigkeiten zum Ausdruck gebracht und Hoffnungen geweckt werden. Die Entwicklungspsychologin Charlotte Bühler (1893 – 1974) hat in ihrem 1918 erschienenen Buch „Das Märchen und die Fantasie des Kindes“ darauf hingewiesen, dass Struktur und Elemente des Märchens Vorstellungskräfte beim Heranwachsen von Kindern in besonderer Weise fördern. In der Märchenforschung, die in der Literaturwissenschaft und in den Sozialwissenschaften verankert ist, wird immer wieder nach der Bedeutung, den Vorteilen, aber auch den Nachteilen in Märchenerzählungen gefragt (Andrea Hensgen: Praxishandbuch Märchen. Hören – Verstehen – Verwandeln. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2015. ISBN 978-3-7841-2690-6 [Rezension bei socialnet]. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/​17685.php).
Fazit
Märchen und Fantasiegeschichten können die Welt nicht verändern! Sie können aber dazu beitragen, dass wir Menschen den Perspektivenwechsel vollziehen, zu dem uns die Weltkommission „Kultur und Entwicklung“ 1995 aufgefordert hat: „Die Menschheit steht vor der Herausforderung umzudenken, sich umzuorientieren und gesellschaftlich umzuorganisieren, kurz: neue Lebensformen zu finden“.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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