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Stefan Selke: Technik als Trost

Rezensiert von Christoph Schnabel, 17.07.2024

Cover Stefan Selke: Technik als Trost ISBN 978-3-8376-6928-2

Stefan Selke: Technik als Trost. Verheißungen Künstlicher Intelligenz. transcript (Bielefeld) 2023. 360 Seiten. ISBN 978-3-8376-6928-2. D: 38,00 EUR, A: 38,00 EUR, CH: 46,40 sFr.
Reihe: Edition transcript - 11.

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Thema

Das Buch von Stefan Selke Technik als Trost fast den aktuellen Stand der Diskussion um Künstliche Intelligenz zusammen und analysiert dabei die unterschiedlichen Narrative, welche diesen Diskussionen zugrunde liegen. Der Fokus liegt nicht auf einer Bewertung der KI und einer Abschätzung zu möglichen Konsequenzen der Technik, sondern der Kategorisierung und Einordnung der Erzählungen, welche mit KI derzeit verbunden und bedient werden.

Autor

Stefan Selke studierte unter anderem Luft- und Raumfahrttechnik, Soziologie, Philosophie, Anthropogeografie sowie Literaturwissenschaften. 2001 promovierte er in Soziologie. Er ist seit 2008 an der Hochschule Furtwangen tätig und ist dort aktuell als Forschungsprofessor für „Transformative und Öffentliche Wissenschaft“ aktiv. Auch bei seinen bisherigen Publikationen und Forschungen hat sich Stefan Selke mit sozialen Utopien, Techno-Utopien, Digitalisierung und gesellschaftlichem Wandel befasst.

Aufbau

Insgesamt ist das Buch in neun Kapitel unterteilt. Ein Prolog legt den Kontext dar und grenzt die Analyse ein. In den Kapitel 2 bis 5 stellt Selke vier zentralen Narrative zur Entwicklung von KI vor. Mit den Kapiteln 6 bis 9 werden die Narrativen nochmals in einen weiteren Kontext gestellt und von Selke in deren Funktion betrachtet.

Inhalt

Selke stellt in seinem Buch vier Kategorien für verschiedene Narrativen auf. Diese Differenzierungen ermöglichen eine Orientierung zu den Funktionen, charakteristischen Argumenten und Zielvorstellungen der unterschiedlichen Darstellungen von Künstlichen Intelligenz.

  1. Anpassungs-Narrative: Diese Narrative betonen die operativ-funktionalen Verheißungen von KI. Hier geht es um die Verbesserung der menschlichen Effizienz und die Erfüllung des Futurisierungszwangs. Beispiele sind der Einsatz von KI zur Automatisierung von Arbeitsprozessen oder zur Optimierung von Logistik und Produktion.
  2. Quest-Narrative: Diese Narrative fokussieren auf kognitiv-epistemologische Verheißungen. Dazu gehören Vorstellungen von Subjektsimulationen oder Erlösungsfantasien. Hier wird KI als Mittel gesehen, um tiefere Erkenntnisse über das menschliche Bewusstsein zu gewinnen oder um existenzielle Fragen zu beantworten.
  3. Aufbruchs-Narrative: Diese Narrative betonen zivilisatorisch-transformative Verheißungen. Dazu gehören der Innovationsanspruch und das Konzept des kybernetischen Regierens. KI wird hier als treibende Kraft für gesellschaftliche und technologische Revolutionen betrachtet, die neue Formen des Zusammenlebens und der Governance ermöglichen.
  4. Unheil-Narrative: Diese Narrative konzentrieren sich auf die negativen Aspekte und potenziellen Gefahren von KI. Dazu gehören Hiobsbotschaften und Grenzverschiebungen wie Kontrollverlust, Entfremdung oder Totalüberwachung. Diese Narrative warnen vor den Risiken und ethischen Herausforderungen, die mit der Entwicklung und dem Einsatz von KI verbunden sind.

Sehr deutlich und in der Analyse mit weitreichendem Gewicht hat die Formulierung von Fortschrittsgeschichten als Zukunftsversprechen. Diese zeitdiagnostische Analyse wird u.a. auch bei dem Versprechen vom weiteren Einsatz von Technik in der Pflege ersichtlich, welche zum Beispiel mit dem Einsatz von Pflegerobotern immer wieder ersichtlich sind.

Diskussion

Eine grundlegende Einordnung der KI-Narrativen macht Selke prägnant mit der Aussage, dass es zu der Zukunft keinen empirischen Zugang gibt, also muss Zukunft erzählt werden. Ausgehend hiervon verfolgen die verschiedenen Narrativen einen Zweck und sollen eine bestimmte Zukunft ermöglichen. Selke macht hierbei deutlich, welche Muster die jeweiligen Stakeholder, oftmals die Prominenten Vertreter:innen dieser Auffassungen, hierbei argumentative anführen. Zudem hat Selke weitere 30 Interviews mit unterschiedlichen Vordenker:innen und Anwender:innen der KI geführt und bindet Erkenntnisse aus diesen Gesprächen ergänzend ein. So wird besonders der gesellschaftliche Zweck der Narrativen, z.B. KI als kollektives Tröstungsprojekt, verdeutlicht.

Fazit

Das Buch richtet sich an ein breites Publikum und kann auch ohne Vorkenntnisse gut gelesen werden. Die unterschiedlichen Einordnungen zu den Visionen und Erzählungen, welche KI leisten kann, sind ein wertvoller Beitrag zur Einordung der aktuellen Entwicklungen.

Der Verlag hat ein ergänzendes Interview mit Prof. Selke zu zentralen Thesen in seinem Buch veröffentlicht. www.transcript-verlag.de/978-3-8376-6928-2/​technik-als-trost/

Rezension von
Christoph Schnabel
Unternehmensberater
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Es gibt 11 Rezensionen von Christoph Schnabel.

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ISSN 2190-9245