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Harm Kuper, Michael Schemmann: Institutionen der Weiterbildung

Rezensiert von Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker, 18.03.2024

Cover Harm Kuper, Michael Schemmann: Institutionen der Weiterbildung ISBN 978-3-8252-6223-5

Harm Kuper, Michael Schemmann: Institutionen der Weiterbildung. wbv (Bielefeld) 2023. 156 Seiten. ISBN 978-3-8252-6223-5. D: 24,00 EUR, A: 24,70 EUR, CH: 32,00 sFr.
Reihe: Erwachsenen- und Weiterbildung. Befunde ? Diskurse ? Transfer.

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Thema und Entstehungsgeschichte

Das als utb-Band 6223 erschienene Lehrbuch ist der Reihe „Erwachsenen- und Weiterbildung. Befunde – Diskurse – Transfer“ des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) zugeordnet, die von einem unabhängigen Gremium anerkannter Hochschullehrer:innen herausgegeben wird. Der Zielsetzung der utb-Reihe entsprechend verfolgt der Band eine didaktisch adäquate Aufbereitung der Institutionen, der institutionellen Struktur sowie der Institutionalisierung der Bildung Erwachsener, immer mit dem Blick darauf, in verständlicher Form zur Transparenz dieses Bereichs beizutragen, um die vielgestaltigen „Landschaften“ (S. 12) besser zu verstehen.

Autoren

Prof. Dr. Harm Kuper leitet den Arbeitsbereich Weiterbildung und Bildungsmanagement am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie an der Freien Universität Berlin. Prof. Dr. Michael Schemmann hat an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln im Departement Erziehungs- und Sozialwissenschaften die Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung/​Weiterbildung inne.

Aufbau und Inhalt

Der Band beginnt mit einem „Einblick in die Kapitel“ (S. 8–10): Der Inhalt der zwölf Kapitel wird jeweils in maximal neun Zeilen kurz beschrieben. Es folgt die „Einleitung“ (S. 11–14), in welcher Anlass und Absicht der Autoren umrissen werden, das didaktische Konzept der aufeinander aufbauenden Kapitel (beginnend mit den terminologischen Klärungen, exemplarische Darstellung von Träger- und Einrichtungstypen, institutionalisierte Mechanismen der Steuerung von Weiterbildung) erläutert und die federführende Hauptverantwortung für die einzelnen Kapitel offengelegt werden. Folgende, „Institutionen“ repräsentierende Themen, fanden Eingang in den Band:

1. Weiterbildung – Einordnung und Grundbegriffe (S. 16–25)

Bereits in der Einleitung erwähnen die Verfasser, sich für die Publikation auf den Begriff „Weiterbildung“ verständigt zu haben. Sie klären Weiterbildung als Systembegriff, definieren Institution, Organisation und Rolle als Strukturmerkmale und streifen in der Zusammenfassung kurz die Herausforderungen der Vielgestaltigkeit für die Professionalisierung.

2. Ist Weiterbildung ein System? (S. 26–34)

Um sich dieser Frage zu nähern, zeigen die Autoren unter Rekurs auf verschiedene Vorläufer „Reichweite und Grenzen“ (S. 27) des Systembegriffs auf und problematisieren den systemtheoretischen Ansatz. Des Weiteren bestimmen sie das Verhältnis von Weiterbildung zum Erziehungssystem und zu weiteren Funktionssystemen (Wirtschaft, Arbeitsmarkt) und stellen das „Modell der Reproduktionskontexte“ (S. 31) dar.

3. Historische Entwicklung der institutionellen Struktur der Weiterbildung (S. 36–46)

In einigen groben Schritten skizzieren die Autoren „Prozesse der Institutionalisierung“ (S. 37) seit der Aufklärung, von der Weimarer Verfassung bis zum Nationalsozialismus und die wesentlichen „Entwicklungen der Weiterbildung nach 1945“ (S. 40), wie z.B. das Gutachten des Deutschen Ausschusses, den Strukturplan für das Bildungswesen und die Thesen zur Weiterbildung, bevor sie auch (internationale) bildungspolitische Einflüsse (z.B. der OECD, EU) aufgreifen.

4. Berichterstattung über Weiterbildung (S. 48–57)

Eingangs werden verschiedene Datenquellen und Verfahren zum Bildungsmonitoring erläutert. Die vier Säulen der Weiterbildungsstatistik (Personen- und Unternehmensbefragungen, Anbieter- und Personalstatistiken) können im Hinblick auf den Input (z.B. Personal, Finanzierung u.a.), den Output (Erträge) oder den Prozess (z.B. Qualität) untersucht werden. Trotz umfangreicher Daten verzeichnen die Autoren etliche „Entwicklungsbedarfe der Weiterbildungsberichterstattung“ (S. 56).

5. Volkshochschule (S. 58–67)

Zum Verständnis des prädominanten Typus der Weiterbildung, der Volkshochschule (VHS), wird an ihre Wurzeln ab Mitte des 20. Jahrhunderts angeknüpft. Anschließend werden die Bestrebungen zur Institutionalisierung dargestellt. Anhand der Kriterien Struktur, Personal, Angebote und Programmbereiche, Finanzierung und Kooperation als Organisationsprinzip wird die heutige VHS charakterisiert.

6. Gemeinwohlorientierte Organisationen der Weiterbildung (S. 68–75)

Nachdem geklärt wurde, welche Organisationen als gemeinwohlorientiert zu betrachten sind und wie groß das Trägerspektrum ist, greifen die Autoren diejenigen in gewerkschaftlicher und in kirchlicher Trägerschaft heraus, um ihre Entwicklung, aber auch die Besonderheiten aufzuzeigen. Darüber hinaus wird auf die Vielzahl an weiteren Trägern in dieser Kategorie verwiesen.

7. Berufliche und betriebliche Weiterbildung (S. 76–85)

Das quantitativ umfangreichste Segment der Weiterbildung wird unterschieden in die berufliche und betriebliche Funktion. Einige Angaben zur Größenordnung und zu Forschungsansätzen (z.B. Humankapitaltheorie) verdeutlichen die Besonderheiten. „Praktiken zur beruflichen und betrieblichen Weiterbildung“ (S. 81) veranschaulichen die Lehr- und Lernsituationen.

8. Private Organisationen und wissenschaftliche Weiterbildung (S. 86–95)

In den am stärksten den Bedingungen des Markts unterworfenen Gebieten ist zu klären, was unter privaten Organisationen und wissenschaftlicher Weiterbildung zu verstehen ist. Danach wird jeweils die Entwicklung der Handlungsfelder knapp umrissen und die institutionellen und strukturellen Bedingungen werden herausgestellt, so dass die wesentlichen Charakteristika erkennbar sind.

9. Netzwerke und Kooperationen in der Weiterbildung (S. 96–105)

Nachdem zunächst geklärt wird, was unter Netzwerk und Kooperation verstanden werden kann, werden bildungspolitische Erwartungen (auf regionaler und überregionaler Ebene) an diese formuliert, einige exemplarisch ausgewählte Beispiele vorgestellt und Erkenntnisse aus der Erforschung von Netzwerken und Kooperationen präsentiert.

10. Rechtliche Grundlagen der Weiterbildung (S. 106–115)

Die Regulierung der Weiterbildung durch Recht und Gesetzgebung beginnt bei der Hervorhebung von Freiwilligkeit in der Weiterbildung (im Unterschied zur Schule). Ein differenzierter Blick auf die gesetzlichen Grundlagen zur Weiterbildung auf Bundes- und Länderebene sowie die jeweiligen Kompetenzen der Länder (durch die Weiterbildungs- und Bildungsurlaubsgesetze) und des Bundes in der Wirtschafts-, Sozial- und Tarifpolitik klärt einige Optionen auf.

11. Ökonomie der Weiterbildung (S. 116–125)

Da die Institutionalisierung von Weiterbildung eng mit der Frage der Finanzierung einhergeht, enthält das Kapitel die verschiedenen Kosten (unmittelbare, mittelbare, Opportunitätskosten), Angaben zum „Volumen der Weiterbildungsausgaben“ (S. 119) und „bildungsökonomische Abwägungen der Bildungsfinanzierung“ (S. 120). Ausgewählte Forschungsergebnisse über Effekte verschiedener Investitionen in Weiterbildung runden den Abschnitt ab.

12. Steuerung in der Weiterbildung und Educational Governance (S. 126–134)

Nicht die Frage ob, sondern wie und wodurch die Weiterbildung gesteuert wird, beherrscht das Kapitel. Dabei wird unter Bezug auf vorliegende Forschungsbefunde auf verschiedene Steuerungsformen und -modelle (auf nationaler und supranationaler Ebene) rekurriert. In Kenntnis der Vielzahl an beteiligten Akteuren wird der Perspektive der Educational Governance der Vorzug eingeräumt.

„Literatur“ (S. 135–144), ein „Verzeichnis der Abbildungen“ (S. 145), „Lösungsvorschläge für ausgewählte Aufgaben“ (S. 146–154) und Angaben zu den Autoren (S. 155) vervollständigen den Band.

Diskussion

Die Gestaltung und Aufbereitung des Bandes als Lehr- und Arbeitsbuch ist durchwegs sehr gut gelungen: Jedes Kapitel beginnt mit einer Inhaltsbeschreibung und beabsichtigten Lernzielen. Diese Übersichtsseite ist farblich abgehoben und markiert zusätzlich zu den Ziffern die einzelnen Abschnitte. Zudem sind die Kapitel sehr verständnisfördernd aufgebaut und untergliedert: Ein kleines – in kursiver Schrift gehaltenes – Praxisbeispiel bildet den Einstieg. Danach beginnen die Abschnitte in der Regel mit allgemeinen Erklärungen, Definitionen oder einer historischen Herleitung. Es folgen theoretische Ansätze und Fakten, die eingeordnet sowie ggf. kritisch kommentiert werden. Jedes Kapitel endet zudem mit einer Zusammenfassung, die eine Analyse, Bewertung oder Beantwortung des eingangs formulierten Beispiels enthält. Einheitliche Symbole kennzeichnen die Rubriken Merksatz, Definition, Wissenswert, Beispiel, Studie und Linktipp, die wiederum optisch mit kleinen Punkten abgesetzt sind. Am Ende der Kapitel sind jeweils „Fragen & Aufgaben“ formuliert sowie kommentierte „Tipps zum Weiterlesen“ eingefügt.

Die Kunst der Bearbeitung des Gebiets „Institutionen“ besteht in der Auswahl der Themen, welche die Autoren für ein Lehr- und Arbeitsbuch vortrefflich gelöst haben. Es ist ihnen gelungen, trotz der Fokussierung auf die einzelnen Aspekte in den Kapiteln dennoch inhaltliche Verweise und Zusammenhänge herzustellen, so z.B. zwischen Struktur, Steuerungsansätzen und Ökonomie. Die Pluralität, die Subsidiarität sowie die rechtlichen Regelungen des sog. quartären Sektors in der gebotenen Kürze wieder zu geben, verlangt ein großes Maß an Konzentration auf das Wesentliche in Kombination mit didaktischer Reduktion. Die zunächst erstaunliche Zusammenstellung der Institutionen in den Abschnitten 5 bis 8 (Volkshochschule, gemeinwohlorientierte Organisationen, berufliche und betriebliche Weiterbildung, private Organisationen und wissenschaftliche Weiterbildung) wird von den Autoren nachvollziehbar erklärt und erschließt der adressierten Leser:innenschaft wesentliche Institutionen und Bereiche. Dem Vorschlag der Autoren, das Buch möglichst in der Reihenfolge der Kapitel zu bearbeiten, ist zuzustimmen. Zudem zeigt sich am Alter der herangezogenen Referenzliteratur, wie unerforscht die Institutionen in der letzten Dekade blieben.

Fazit

Die Autoren schließen mit diesem utb-Band eine Lücke: Diejenigen Personen, die in verschiedenen Studiengängen einen Ein- und Überblick in die Ordnungsprinzipien der Weiterbildung geben wollen, bekommen eine sehr willkommene und anregungsreiche Lehr- und Arbeitsgrundlage.

Rezension von
Prof. Dr. Irmgard Schroll-Decker
Lehrgebiete Sozialmanagement und Bildungsarbeit an der Fakultät Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg
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Es gibt 77 Rezensionen von Irmgard Schroll-Decker.

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Zitiervorschlag
Irmgard Schroll-Decker. Rezension vom 18.03.2024 zu: Harm Kuper, Michael Schemmann: Institutionen der Weiterbildung. wbv (Bielefeld) 2023. ISBN 978-3-8252-6223-5. Reihe: Erwachsenen- und Weiterbildung. Befunde ? Diskurse ? Transfer. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31704.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.


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