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Karin Lausch: Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist

Rezensiert von Dr. Günther Vedder, 01.02.2024

Cover Karin Lausch: Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist ISBN 978-3-648-17235-3

Karin Lausch: Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist. Haufe-Lexware GmbH & Co. KG (Freiburg) 2023. 212 Seiten. ISBN 978-3-648-17235-3. D: 29,99 EUR, A: 30,90 EUR.
Reihe: Haufe Sachbuch Wirtschaft. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648160244. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648168295. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648168523.

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Thema

Zentrales Thema des Buches ist die Rolle des Vertrauens in der neuen Arbeitswelt. Es handelt von den Grundlagen der psychologischen Sicherheit und der erfolgreichen Zusammenarbeit in Teams. Sieben Dimensionen für mehr Vertrauen (z.B. Transparenz, Unterstützung, Reflexion) werden umfangreich beschrieben. Daraus lassen sich realistische Handlungsempfehlungen für Beschäftigte und Führungskräfte in Organisationen ableiten. Eine neue Vertrauenskultur, die selbstwirksame Individuen und Teams hervorbringt, könnte wesentlich zum unternehmerischen Erfolg beitragen.

Autoren

Karin Lausch ist eine selbstständige Leadership-Expertin, Keynote-Speakerin und Autorin.Sie ist in den BereichenExecutive Coaching, Teamentwicklung und Organisationsberatung tätig.Vor ihrer Selbstständigkeit hat sie in der Organisationsentwicklung für die Techniker Krankenkasse und die comdirect bank AG bearbeitet. Im Buch gibt es sieben kleinere Beiträge von Expertinnen und Experten zu unterschiedlichen Aspekten des Vertrauens, wie zum Beispiel von Swantje Allmers, Dr. Anna Weber oder auch Annahita Esmailzadeh. Die sehr guten Illustrationen in den Kapiteln stammen von Tim Bönecke.

Aufbau und Inhalt

Das 212 Seiten umfassende Buch besteht aus 13 Kapiteln, die in einer angenehmen Fachsprache verfasst sind. Diverse Schaubilder und Zeichnungen erläutern die jeweils behandelten Themen. Der Band kann über myBook+ auch online im Browser gelesen werden – geräteunabhängig und ohne Download.

Zum Einstieg gibt es drei Grundlagenkapitel, die mit dem Thema „Urvertrauen“ beginnen. Es entsteht in den ersten Lebensjahren durch die bedingungslose Liebe von direkten Bezugspersonen. Frühkindliche Erfahrungen werden vom impliziten Gedächtnis gespeichert und für das ganze Leben verankert. Hinzu kommt später ein Menschenbild, das durch die Erfahrungen mit Dritten entsteht und langsam zur relativ stabilen Überzeugung wird. Es kann sich positiv oder negativ sowohl auf die eigene Person als auch auf andere Personen beziehen. Urvertrauen und Menschenbild führen im Laufe der Zeit zu einem relativ unreflektierten Verhalten in Alltagssituationen. Häufig werden zentrale Werte, Prinzipien und Glaubenssätze daraus abgeleitet.

Menschen, die vertrauen, glauben an die aufrichtigen Absichten anderer Personen. Sie gehen davon aus, dass die anderen ihre Verpflichtungen und Versprechen einhalten werden. Die Wahrnehmung der Vertrauenswürdigkeit einer Person setzt sich nach Maister u.a. aus den Elementen „Glaubwürdigkeit“ (Stimmt alles, was du sagst?), „Zuverlässigkeit“ (Kann ich mich auf dich verlassen?) und „Intimität“ (Kenne ich dich gut?) zusammen. Sie wird mit dem Selbstvertrauen und den Selbstzweifeln abgeglichen. Laut Yasmin Weiß entsteht Vertrauen in dem magischen Dreieck aus Authentizität (echte Menschen), Integrität (glaubwürdige Menschen) und Kompetenz (fähige Menschen). Es kann noch um Verlässlichkeit (zuverlässige Menschen) und Wohlwollen (unterstützende Menschen) ergänzt werden.

Für das Vertrauen in Teams sind die psychologische Sicherheit sowie zwischenmenschliche Ängste von besonderer Bedeutung. Psychologische Sicherheit ist vorhanden, wenn sich alle untereinander sicher und geschützt fühlen. Sie äußern dann ihre Meinungen, Sorgen und kritische Fragen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben. In einem solchen Rahmen kann auch offener mit Fehlern und deren Behebung umgegangen werden. Erfolgreiche Arbeitsgruppen zeichnen sich darüber hinaus durch klare Strukturen, Rollen und Zielsetzungen aus. Sie erkennen die höhere Bedeutung ihrer Arbeit. Es gibt ein Bewusstsein für den persönlichen Beitrag einzelner Gruppenmitglieder. Entstehende Konflikte werden mit Hilfe einer positiven Diskussionskultur thematisiert und bearbeitet.

Nach diesen Grundlagenkapiteln werden die sieben zentralen Dimensionen des Vertrauens vorgestellt. Es handelt sich um Transparenz, Reflexion, Unterstützung, Sinn, Termintreue, Menschlichkeit und Ehrlichkeit. Jeder Dimension ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

Transparenz

Transparenz ist eine Frage des Menschenbildes und der Einstellung. Wer nicht viel von anderen hält, glaubt grundsätzlich, sie könnten nicht mit Informationen umgehen. In einem psychologisch sicheren Umfeld macht Transparenz hingegen keine Angst. Eine angemessene Kommunikation ist der Schlüssel dafür, dass alle auf dem Laufenden sind und genug Wissen haben, um gute Entscheidungen zu treffen. Transparenz hilft dabei, dass viele Menschen nicht mehr darüber nachdenken müssen, was geteilt werden darf und was nicht. Es ist Teil der Führungsaufgabe, mit Teammitgliedern in einem kontinuierlichen Dialog über aktuelle Informationen zu stehen.

Reflexion

Selbstreflexion und die gemeinsame Reflexion im Team sind wichtige Elemente eines zukunftsfähigen Arbeitens. Wer in der Lage ist, sich selbst zu hinterfragen, kann lernen. Reflexionsprozesse in der Gruppe stärken die emotionale Bindung und psychologische Widerstandsfähigkeit. In diesem Kapitel werden unterschiedliche Möglichkeiten vorgestellt, wie man mit Hilfe von Fragen-Sets in die Reflexion einsteigen kann. Dazu gehört z.B. die Retrospektive nach Derby & Larsen, mit deren Hilfe die Zusammenarbeit im Team in einem abgeschlossenen Beobachtungszeitraum analysiert werden kann. Hier geht es um spannende Unterthemen wie „Echte Entschuldigungen“ oder „Wofür Misstrauen eine Lösung ist“.

Unterstützung

Wohlwollen ist ein wichtiger Aspekt von Vertrauen. Nichts zeigt mehr Wohlwollen als eine echte Unterstützung in einer schwierigen Situation. Vereinbarkeitsprobleme junger Eltern, Krankheitsphasen von Kollegen, Herausforderungen durch asynchrones Arbeiten… sind Beispiele dafür, dass Unterstützung manchmal sehr wichtig sein kann. Die gilt auch für die Verarbeitung schlechter Nachrichten. Es kann sehr hilfreich sein, wenn andere Menschen dabei helfen, die eigenen Hoffnungen und Ängste in schwierigen Lebenssituationen zu sortieren. Bei der echten Unterstützung geht es weniger um gute Ratschläge. Die Art und Ausgestaltung der Unterstützung wird vielmehr der betroffenen Person überlassen.

Sinn

Es gibt keine größere Vertrauensmaßnahme im Arbeitskontext als echtes Sinnerleben. Beschäftigte brauchen die Möglichkeit, Dinge selbst zu gestalten und damit wirksam zu werden. Viele Menschen können ganz gut beschreiben, was sie in einer Organisation tun. Schwieriger wird es schon bei den Fragen nach dem „Wie?“ oder dem „Warum?“. Arbeit kann ganz unterschiedliche Sinndimensionen haben. Für die einen reicht der Broterwerb völlig aus, andere suchen eine Tätigkeit, die ihnen Freude macht. Wieder andere wollen Menschen helfen oder globale Krisen lösen. Es ist daher hilfreich sich mit dem „Purpose“ der eigenen Tätigkeit auseinanderzusetzen.

Termintreue

Unter dieser Überschrift werden Fragen der Verlässlichkeit und Verbindlichkeit behandelt. Da sich nicht mehr alle Kolleginnen und Kollegen täglich in der Organisation sehen, ist es umso wichtiger, dass man sich auf Zusagen der anderen verlassen kann. Eine gute Zusammenarbeit erfordert das Gefühl von Sicherheit und Stabilität. Sehr viele Meetings am Tag führen häufig zur Terminuntreue. Ihr Sinn sollte daher hinterfragt werden, wenn die Betroffenen merken, dass das gegenseitige Vertrauen unter dieser Rahmenbedingung leidet. Es werden unterschiedliche Möglichkeiten vorgestellt, wie z.B. mithilfe des Zeitmanagements oder des Kanbans die Priorität verschiedener Vorgänge besser eingeschätzt werden kann.

Menschlichkeit

In diesem Kapitel geht es um die mentalen und gesundheitlichen Herausforderungen im Arbeitskontext. Vorgestellt werden die fünf zentralen Aspekte der emotionalen Intelligenz nach Goleman: Selbstwahrnehmung, Selbstregulation, Motivation, Empathie und soziale Kompetenz. Alle Beschäftigte müssen lernen, mit den eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer angemessen umzugehen. Dies gilt besonders für Führungskräfte, die sich für eine New Leadership stark machen. Vertrauen entsteht besonders in schwierigen Situationen, wenn Beschäftigte merken, dass sie sich auf ihre Vorgesetzten verlassen können. Gemeinsam über Emotionen sprechen zu können, fördert die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz.

Ehrlichkeit

Vertrauen braucht Ehrlichkeit als Grundlage, doch das (teils unbewusste) Lügen ist in Organisationen relativ weitverbreitet. Diverse Beschäftigte übertreiben, untertreiben, verschweigen Details oder dichten welche hinzu. Von diesen Techniken erhoffen sie sich persönliche Vorteile oder wollen vermutete Nachteile vermeiden. Gelegentlich geht es aber auch darum, niemanden zu verletzen. In diesem Kapitel geht es um „falsche Höflichkeit“, „unehrliche Gruppendynamik“ und die Konsequenzen von „radikaler Ehrlichkeit“. Gefordert wird eine kontinuierliche und ehrliche Auseinandersetzung mit den Arbeitsergebnissen. Ein schnelles Scheitern falscher Ansätze kann sehr positiv sein und neue Energien freisetzen.

Die inhaltlichen Kapitel werden durch einen spannenden Gast-Beitrag von Swantje Allmers zur Vertrauenskultur abgerundet. Sie weist auf die besondere Bedeutung der Integrität, also der Übereinstimmung von geäußerten Werten und faktischem Handeln in Organisationen hin. Alle Beschäftigten tragen täglich dazu bei, ob eine Vertrauenskultur entsteht oder erhalten werden kann. Sie müssen selbst Vertrauen geben und dürfen andererseits jenes Vertrauen, das ihnen geschenkt wird, nicht verletzen. Die täglichen Handlungen zählen hier weit mehr als große Ankündigungen.

Diskussion

Das Buch Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist, greift ein zentrales Thema der Arbeitswelt 4.0 auf. Es enthält wertvolle Ideen für die Neugestaltung der Zusammenarbeit in Unternehmen. Wenn sich die Arbeitszeiten und Arbeitsorte immer weiter ausdifferenzieren, dann ist das wechselseitige Vertrauen essenziell. Dies gilt für das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Beschäftigten, aber besonders für die Beziehung von Vorgesetzten zu ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. New Work setzt vor allem auf Selbstorganisation bzw. Selbstverantwortung. Insbesondere die jüngeren Beschäftigten bewerten es zunehmend negativ, wenn sie stark in bürokratische Abläufe eingezwängt werden, über wenig Autonomie verfügen und einer permanenten externen Kontrolle unterliegen. Sie wünschen sich mehr Freiheitsgrade, viel Wertschätzung und einen Job, der sinnvoll ist. Nicht alle Führungskräfte sind auf die daraus resultierenden Veränderungen vorbereitet. Statt Vertrauen gibt es teils noch viel Micro-Management und Überwachung. Das Buch von Karin Lausch verdeutlicht, wie Vertrauen auf unterschiedlichen Ebenen hergestellt werden kann. Es lädt die Leserinnen und Leser dazu ein, zunächst einmal sich selbst zu analysieren und das Selbstvertrauen zu hinterfragen. Anschließend geht es um das Vertrauen im Arbeitskontext: Wie können wir besser kommunizieren? Wie funktioniert ein gutes Team? Wie lässt sich die so wichtige psychologische Sicherheit herstellen? Es wird deutlich, dass der Weg zu mehr Vertrauen in Organisationen durchaus steinig sein kann. Schließlich treffen dort sehr unterschiedliche Interessen aufeinander. Allerdings wird auch klar, dass die Zusammenarbeit ohne mehr Vertrauen in einer arbeitsteiligen, digitalen Arbeitswelt 4.0 kaum funktionieren wird.

Fazit

Für Personen, die beruflich mit dem Vertrauen in Organisationen beschäftigt sind, ist das Buch Trust Me von Karin Lausch sehr zu empfehlen. Es richtet sich vor allem an Führungskräfte, Mitarbeitende und Beratende, die bei der Arbeit mit diesem Thema konfrontiert sind. Alle Leserinnen und Leser können allerdings von den Anregungen zur Selbstanalyse profitieren. Das Buch ist inhaltlich auf dem neuesten Stand, regt notwendige Veränderungen an und inspiriert zum Weiterdenken. Es ist sehr praxisorientiert und in einer gut lesbaren Fachsprache geschrieben. Die theoretischen Grundlagen werden nicht besonders vertieft behandelt, aber das war auch gar nicht der Anspruch. Besonders interessant sind die fachlichen Ergänzungen von mehreren Gast-Autorinnen und -Autoren. Das Buch kann auch an Hochschulen in Lehrveranstaltungen zu Management und Führung gut eingesetzt werden. 

Rezension von
Dr. Günther Vedder
Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft der Leibniz Universität Hannover
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Es gibt 15 Rezensionen von Günther Vedder.

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Zitiervorschlag
Günther Vedder. Rezension vom 01.02.2024 zu: Karin Lausch: Trust me. Warum Vertrauen die Zukunft der Arbeit ist. Haufe-Lexware GmbH & Co. KG (Freiburg) 2023. ISBN 978-3-648-17235-3. Reihe: Haufe Sachbuch Wirtschaft. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648160244. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648168295. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783648168523. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31705.php, Datum des Zugriffs 06.11.2024.


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