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Andreas Heimer, Patrick Schoden: Hoppla und Juchhu

Rezensiert von Ulrike Ziemer, 16.10.2024

Cover Andreas Heimer, Patrick Schoden: Hoppla und Juchhu ISBN 978-3-8080-0947-5

Andreas Heimer, Patrick Schoden: Hoppla und Juchhu. Was mir passiert und euch nervt ... für mich aber sinnvoll ist - Wie sich Wahrnehmungsbesonderheiten auf Verhalten auswirken - Das Basissinn-Konzept® für Kinder, ihre Eltern & Begleitende. Verlag modernes lernen Borgmann GmbH & Co. KG. (Dortmund) 2024. 96 Seiten. ISBN 978-3-8080-0947-5. D: 24,80 EUR, A: 25,50 EUR, CH: 40,20 sFr.
Reihe: Supplement.

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 Thema

Das vorliegende Buch „Hoppla und Juchhu“ zeigt auf, wie Kinder ihre Verhaltensbesonderheiten erleben und wie sich die Besonderheiten in ihrer Wahrnehmung auf ihr Verhalten auswirken. Grundlage des praxisorientierten Buches ist das Basissinn-Konzept® von Andreas Heimer.

Autoren:

Andreas Heimer ist Heilpraktiker der Physiotherapie, Therapeut für Sensorische Integration mit Ausbildung am Institut für Kindesentwicklung von Inge Flehmig und Bobath Therapeut. Er ist seit mehr als 30 Jahren im Kinder- und Jugendbereich tätig.

Patrick Schoden arbeitet als freischaffender Künstler, systemischer Berater und Supervisor. Seine Illustrationen entstehen aufgrund von Beobachtungen von Dialogen.

Aufbau und Inhalt

Andreas Heimer und Patrick Schoden haben mit ihrem Buch „Hoppla und Juchhu“ versucht, mit Worten und Illustrationen das Basissinn-Konzept® für Kinder, Eltern und Begleitende zu erläutern. Das Buch wurde in Klappenbroschur im Din A4 Format gestaltet. Es enthält viele großformatige Illustrationen, die die jeweiligen Themen in Bildsprache darstellen. Das Werk ist in sieben Kapitel gegliedert und umfasst 96 Seiten.

1. Einblick

Der Einblick ist eine Art doppeltes Vorwort. Auf einer Seite werden die Kinder angesprochen, auf der anderen Eltern und Begleitende. Der Einblick für die Kinder ist in größerer Schrift und einfacherer Sprache geschrieben. Die Kinder werden persönlich angesprochen und der Aufbau des Buches wird erklärt. Die Bilder zeigen Hopplas und Juchhus, die Kindern in ihrem Leben begegnen. Die Hopplas sind Dinge, die passieren, bei denen man sich aber oft nicht wohlfühlt. Die Juchhu – Seiten zeigen Verhaltensweisen, die gut tun. Die Kinder werden ermutigt, das Buch durchzublättern, sich die Bilder anzuschauen und sich ansprechen zu lassen. Vielleicht fallen zuerst Hopplas auf, Dinge die Probleme machen oder andere stören. Gemeinsam mit ihren Eltern und/oder Begleitpersonen können Kinder Ideen und Juchhus entdecken.

Auf der Eltern/​Begleiterseite werden die Erwachsenen in die Gedankenwelt der Kinder mit positiven Impulsen eingeladen. Es wird das Basissinn-Konzept® angesprochen und Konzept des Buches erklärt. Die Autoren erkennen an, dass die Entwicklungsvielfalt von Kindern herausfordernd sein kann. Sie ermutigen dazu, das vorliegende Buch gemeinsam anzuschauen und einige der Hopplas und Juchhus der Kinder einmal selbst auszuprobieren.

2. Die Blicke des Kindes

Es werden 8 Hopplas und 9 Juhhus aus Sicht der Kinder beschrieben.

Beispiele für Hopplas:

  • Hoppla 1: „Ich stolpere oft…: Ich stoße und ecke fast überall an“

Ein ganzseitiges Bild zeigt ein schwerfälliges Kind, umgeben von einem dicken Fass. Mit einfachen Worten wird die Situation kindgerecht beschrieben.

„Meist bin ich flott unterwegs. Aber plötzlich abbremsen?“ … „… habe ich schon das Gefühl, …, sondern ausgelacht.“ Es werden Situationen beschrieben und Gefühle in Worte gefasst.

  • Hoppla 2: „Ich mag Menschen … Deshalb drücke ich Menschen sehr oft“ Das Fazit ist, dass manche Menschen dieses Verhalten mögen, andere aber nicht. Dem Kind fällt die Einschätzung einer angemessenen Berührung schwer.
  • Hoppla 8: „… Schmerz? Kenne ich kaum.“ Dies beinhaltet, dass es Unfälle gibt, Türen werden zugeschlagen, Dinge umgeworfen. Dieses „herumbollern“ erfordert vom Umfeld viel Geduld.

Beispiele für Juhuhs:

  • Juchhu 2: „Mein größtes Glück ist, wenn ich Lücken finde.“ Sich in Ecken hinein zu quetschen und sich intensiv zu spüren, kann sich gut anfühlen.
  • Juchhu 6: „… Hauptsache schwer.“ Die Tiefensensibilität und der Gleichgewichtssinn werden durch „Schleppen, Ziehen, Schieben und Ruckeln“ angeregt. Das tut gut und hilft offener und aufmerksamer zu sein.
  • Juchhu 8: „Abstand tut mir gut.“ Zu wissen was kommt gibt Sicherheit. Überraschungen können verunsichern und erfordern Zeit sich darauf einzustellen. Da hilft es, sich zu verstecken oder Abstand zu halten.

Die vorgestellten Hopplas und Juchhus sind nur eine Auswahl. Damit Kinder ihre ganz persönlichen Befindlichkeiten darstellen können, folgen zwei Seiten zum selbst gestalten.

3. Auf Augenhöhe: Die Blicke für Eltern und Begleitende

In diesem Kapitel werden die bereits vorgestellten Hopplas und Juchhus wieder aufgegriffen und aus dem Blickwinkel der Erwachsenen unter verschiedenen Aspekten betrachtet.

Beispiele für Hopplas:

  • Hoppla 1: Vier Fragen strukturieren die Auseinandersetzung mit diesem Hoppla. Die Eltern und Begleitpersonen werden gefragt, wie es Ihnen in verschiedenen Situationen mit ihrem „Clown“ geht. Anschließend wird nach dem „Warum“ gefragt und geschaut, wie die Erwachsenen hilfreich sein können und was dabei zu beachten ist. Kinder, die sich nicht gut koordiniert verhalten können, wählen oft die Rolle des Clowns, sie stolpern und ecken an. Grund könnte sein, dass die drei Basissinne aufgrund einer hohen Reizschwelle des Kindes unterinformiert sind. Gemeinsam könnte man entdecken, was dem Kind neben dem Clown sein noch guttut. Die Juchhus geben hier Anregungen. Wichtig ist zu beobachten, ob Kinder aufgrund ihres Verhaltens gehänselt und ausgelacht werden und wo sie Hilfe benötigen.
  • Hoppla 2: Die Struktur ist vergleichbar. Das Verhalten wird unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Das Kind sucht gezielt nach Reizen und setzt oft sehr viel Kraft ein. Eltern sollen Verständnis zeigen, aber auch Regeln, wie zum Beispiel „Halt/Stopp“ aufstellen. Das Bedürfnis der Menschen nach Nähe und Distanz ist sehr verschieden.
  • Hoppla 8: Ein polterndes Kind, das Türen knallt, überall anstößt und mit viel Energie immer an die Grenzen geht. Doch das intensive Leben gibt dem Kind ausreichend starke Reize. Aufgabe der Begleitpersonen und Eltern ist es, dem Kind mit Hobbys und Sport Grenzerfahrungen zu ermöglichen, aber auf der anderen Seite auch für die kindliche Sicherheit zu sorgen.

Beispiele für Juhuhs:

  • Juchhu 2: Ein Kind, das es liebt sich in jede Ecke zu quetschen, benötigt Ideen. Vielleicht hilft enge Kleidung, eine schwere Decke oder ein schwerer Knautschsack.
  • Juchhu 6: Das starke Kind, dass gerne schwer schleppt und schiebt, benötigt Möglichkeiten wie Teig kneten, Einkaufswagen schieben, im Garten die Schubkarre schieben usw. Gezieltes Toben und Raufen oder ein Kampfsport können Gelegenheiten zur Kraftentfaltung bieten.
  • Juchhu 8: Kinder, die gerne Abstand halten und sich nach Berechenbarkeit sehnen, benötigen Verständnis dafür, dass sie ihr eigenes Tempo haben, um Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Gemeinsam kann nach guten „Aussichtspunkten“ geschaut werden, damit das Kind sich mit Abstand einen Überblick verschaffen kann.

4. Zwei Blick- Winkel: Die eine mag's, der andere nicht

Der Zwei Seiten Blick- Winkel versucht sensibel dafür zu machen, dass es sehr verschieden ist, was einer mag oder nicht. Balancieren, schaukeln, hochklettern, matschen, verstecken, drehen usw. manches macht man oft, anderes nie und viele Dinge mag man nur, wenn man sie auf eine ganz individuelle Art machen kann.

5. Blickpunkte: Das Wörterbuch des Basissinn-Konzept®

In diesem Kapitel werden auf 8 Seiten die Kernpunkte des Basissinn-Konzept® erklärt, indem wesentliche Begriffe wie zum Beispiel „Amygdala, Basissinne, Basissinn-Konzept®, Gewichtsdinge (Gewichtsweste/​-decke/​-tiere), Handlungsleitfaden, Hören, Kompensationsmöglichkeiten, Reizschwelle, Ressourcenorientiertheit, Wahrnehmungsbesonderheiten, Wahrnehmungsstörungen, Wahrnehmungsvorlieben“ kurz beschrieben und erläutert. Wer sich näher mit dem Basissinn-Konzept® auseinandersetzen möchte, dem wird das Buch von Andreas Heimer „Euch nervt's – für mich ist es sinnvoll“ empfohlen.

6. Ausblick

Ähnlich wie beim Einstieg werden die Kinder direkt angesprochen. Sie werden ermutigt, das Buch durchzublättern und sich anhand der Bilder zu entdecken.

Für die Erwachsenen gibt es Lob vom Autor und vom Illustrator. Anerkennung dafür, dass sie neugierig waren und sich auf die Hopplas und Juchhus ihrer Kinder eingelassen haben.

7. Ein Blick auf Literatur

Das Literaturverzeichnis ist untergliedert in „Zitierte Literatur“ und in „Empfohlene Literatur“.

Am Ende des Werkes finden die LeserInnen ein alphabetisch sortiertes Stichwortverzeichnis von A wie „abbremsen“ bis Z wie „zappelig“.

Diskussion

Das vorliegende Buch ist eine praxisbezogene Ergänzung zum Buch von Andreas Heimer „ Euch nervt's – für mich ist es sinnvoll“. Im hier besprochenen Buch „Hoppla und Juchhu“ wird sehr basal beschrieben, wie bedeutsam Wahrnehmungsbesonderheiten für das Verhalten sind. Es werden verschiedene Blickwinkel eingenommen, immer mit dem Ziel, kindliches Verhalten und die daraus folgenden Reaktionen der Erwachsenen zu verstehen. Der Untertitel „Was mir passiert und euch nervt … für mich aber sinnvoll ist“ beschreibt die Intension des Buches. Kinder erleben sich und ihre Wahrnehmungsvorlieben unterschiedlich. Sie spüren, dass ihre Art und Weise oft nervt und stört, benötigen aber gewisse Dinge und Verhaltensweisen, um ihre Sinne zu regulieren. Es ist verständlich, dass Eltern und Begleitpersonen gestresst reagieren, wenn mal wieder Türen fliegen, andere Kinder geschubst oder fest gedrückt werden oder sich das Kind bei seinen impulsiven Aktionen verletzt. Aber auch die ruhigen, stillen Kinder, die am liebsten alles vermeiden wollen und sich gerne verstecken, bereiten Sorgen. Solche Verhaltensweisen als „Hopplas und Juchhus“ zu beschreiben, ermöglicht Kindern und Erwachsenen eine neue Sicht auf die Situation. Wertfrei werden Verhaltensweisen beschrieben und der Blick geht weg vom „bösen“ Kind hin zum kompetenten Kind, das intuitiv das tut, was ihm guttut. Aufgabe von Eltern und Begleitpersonen ist es, für die Sicherheit der Kinder zu sorgen und gemeinsame Wege zu finden, die mit dem Umfeld kompatibel sind. Die großflächigen Illustrationen von Patrick Schoden stellen diese Situationen dar und ermöglichen Selbstreflexion bei Kindern und Erwachsenen. Die Idee der Autoren in einem Buch beide Generationen auf Augenhöhe anzusprechen, ist meines Erachtens sehr gut gelungen. Besonders die Bilder fördern den humorvollen und liebevollen Dialog. Das Buch ist eine große Hilfe für Eltern und Begleitpersonen von Kindern. Ich finde es auch geeignet, um einen wissenschaftlichen Dialog zum Thema Umgang mit Verhaltensbesonderheiten anzustoßen. Es ist innovativ und inspirierend, Verhalten aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und so einen Dialog zwischen Kindern und Erwachsenen anzuregen.

Fazit

Das Werk von Andreas Heimer und Patrick Schoden „Hoppla und Juchhu“ schildert in Wort und Bild, wie Kinder und Erwachsene Verhaltensbesonderheiten erleben und wie sich diese auf ihre Wahrnehmung und ihr Verhalten auswirken. Grundlage des praxisorientierten Buches ist das Basissinn-Konzept® von Andreas Heimer.

Rezension von
Ulrike Ziemer
Dipl. Heilpädagogin (FH)
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Es gibt 31 Rezensionen von Ulrike Ziemer.

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Zitiervorschlag
Ulrike Ziemer. Rezension vom 16.10.2024 zu: Andreas Heimer, Patrick Schoden: Hoppla und Juchhu. Was mir passiert und euch nervt ... für mich aber sinnvoll ist - Wie sich Wahrnehmungsbesonderheiten auf Verhalten auswirken - Das Basissinn-Konzept® für Kinder, ihre Eltern & Begleitende. Verlag modernes lernen Borgmann GmbH & Co. KG. (Dortmund) 2024. ISBN 978-3-8080-0947-5. Reihe: Supplement. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31793.php, Datum des Zugriffs 02.11.2024.


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