Lilly Lia Hoffmann: Yoga bei Essstörungen
Rezensiert von Anna Kaister, 11.10.2024

Lilly Lia Hoffmann: Yoga bei Essstörungen. Meine Übungen für Körper, Seele & Geist. Balance Buch + Medien Verlag (Köln) 2024. 160 Seiten. ISBN 978-3-86739-321-8. D: 22,00 EUR, A: 22,70 EUR.
Thema
Das Buch widmet sich der Integration von Yoga in die Therapie von Essstörungen. Es beinhaltet zum einen Hintergrundwissen zu den drei Hauptformen von Essstörungen, deren Ursachen, Symptomen, Auswirkungen und Behandlungsmöglichkeiten, und zum anderen eine Einführung in die Geschichte und Philosophie des Yoga. Die Autorin zeigt auf, wie Yoga die Therapie von Essstörungen ergänzen kann, indem es unter anderem Selbstakzeptanz und Körperwahrnehmung fördert. Der Hauptteil des Buches besteht aus fünf Übungseinheiten, die durch Körperübungen, Meditationen und Atemübungen aus dem Yoga, sowie ergänzenden Coachingübungen leiten. Die Einheiten sind flexibel gestaltet, sodass sie je nach Bedürfnis ausgewählt werden können und nicht in einer vorgegebenen Reihenfolge durchgeführt werden müssen.
Zusätzlich findet sich im Schlusswort des Buches ein QR-Code, der zu Online-Materialen führt. Diese beinhalten Plakate zu allen Übungseinheiten.
Autorin
Lilly Lia Hoffmann absolvierte in den vergangenen 8 Jahren mehrere Yogaausbildungen und -fortbildungen und arbeitet mittlerweile als freiberufliche Yogalehrerin und Coach in Köln. Sie studierte Angewandte Psychologie. In Bezug auf Essstörungen ist sie Expertin aus Erfahrung, da sie selbst von Anorexia Nervosa betroffen war.
Aufbau und Inhalt
Das Buch beginnt mit der Geschichte von Lilly Lia Hofmann, wobei sie ihren Genesungsweg als eng verwoben mit ihrer Yoga-Praxis beschreibt. Anschließend finden sich in zwei Kapiteln Hintergrundinformationen zu Essstörungen und Yoga. Es wird erörtert, inwiefern sich Yoga positiv bei Essstörungen auswirken kann, beispielsweise durch die Verbesserung des Körperbilds. Zum Abschluss des Kapitels berichten drei Betroffene von ihren Erfahrungen mit der Teilnahme an einem Yogakurs der Autorin.
Aufgrundlage der theoretischen Ausführungen werden im darauffolgenden Praxisteil die beiden Themenbereiche Yoga und Essstörungen zusammengeführt. Der Übungsteil des Buches wird mit einem kurzen Überblick über die theoretischen und praktischen Prinzipien eingeleitet, die dem Übungskonzept zugrunde liegen. Hierzu zählt die Ressourcenorientierung, die als zentraler Ansatzpunkt in den Übungen des Buches betrachtet werden kann. So sollen die Übungen dazu dienen, in Verbindung mit den eigenen Ressourcen zu kommen. Außerdem werden in dem Kapitel Rahmenbedingungen in Bezug auf die Umsetzung des Übungsplans beschrieben, die zu einer gelingenden Yogapraxis beitragen können. Die Autorin legt dabei Wert auf Flexibilität, sodass die Leser:innen selbst entscheiden können, wann und wo sie die Übungen durchführen.
Der eigentliche Übungsteil ist in fünf Einheiten gegliedert, wobei jede Einheit auf jeweils zwei Ressourcen basiert, die die Autorin als Kraftquellen auf dem Heilungsweg beschreibt: Kraft & Mut, Selbstmitgefühl & Selbstliebe, Ruhe & Entspannung, Vertrauen & Sicherheit, Loslassen & Freiheit. Die thematische Einführung jeder Einheit erläutert die Relevanz der jeweiligen Ressourcen im Kontext von Essstörungen und inwieweit diese im Rahmen der Genesung unterstützend sein können.
Die Einheiten bestehen aus einer Auswahl an klassischen Yoga-Asanas (Körperübungen), Atemübungen und Meditationen, die detailliert beschrieben und teils durch Fotos veranschaulicht werden. Am Ende jeder Körperübung wird beschrieben, inwiefern sich diese auf körperlicher und geistiger Ebene auswirken kann. Ergänzend dazu gibt es Coachingübungen basierend auf den Ansätzen der Positiven Psychologie, die laut der Autorin dabei unterstützen sollen, in Verbindung mit Körper, Geist und Seele zu kommen.
Diskussion
Das Buch zeigt anschaulich, inwiefern Yoga in die Therapie von Essstörungen integriert werden kann. Es beschäftigt sich mit einem körperorientierten Ansatz, der in der Therapie von Essstörungen bisher wenig Beachtung erfahren hat. Die Autorin macht deutlich, dass Yoga kein Ersatz für medizinische oder psychotherapeutische Behandlungen ist, sondern als eine ergänzende Therapieform zur Unterstützung des Heilungsprozesses dient.
Während das Buch theoretisches Wissen mit praktischen Übungssequenzen kombiniert, bleibt die Auseinandersetzung mit der Wirksamkeit von Yoga bei Essstörungen eher oberflächlich. Insbesondere Fachkräfte könnten an dieser Stelle eine intensivere Diskussion aktueller Forschungsergebnisse zur Effektivität von Yoga bei Essstörungen vermissen, was die Methodik stärker untermauern würde.
Das Buch bietet auch Menschen ohne Yogaerfahrung einen leichten Einstieg, indem es einfache Körperübungen und ausführliche Anleitungen bereitstellt, die durch Bebilderungen unterstützt werden. Hervorzuheben ist, dass die Yoga-Praxis nicht leistungsorientiert ist, ein zentraler Punkt, falls Betroffene einer Essstörung Perfektionismus und Leistungsdruck zeigen. Die Übungseinheiten sind so konzipiert, dass sie ohne besondere Hilfsmittel zu Hause durchgeführt werden können. Dies macht das Buch empfehlenswert für Betroffene, die auf der Suche nach einer niedrigschwelligen und ergänzenden Therapiemöglichkeit sind.
Dennoch bleibt die Frage, ob vor allem Yoga-Anfänger:innen, die Übungen ohne fachliche Anleitung korrekt und regelmäßig umsetzen können. Denn die eigenständige Durchführung der Übungen erfordert ein Maß an Selbstdisziplin und Motivation, was für Betroffene einer Essstörung, insbesondere in einer akuten Krankheitsphase, eine Herausforderung darstellen kann. An dieser Stelle könnte eine individuelle Betreuung durch eine Fachkraft sinnvoll sein, um die Übungen richtig auszuführen und Überforderungen zu vermeiden.
Auch Angehörige von Menschen mit Essstörungen werden in dem Buch adressiert, die mit den Übungseinheiten die Möglichkeit haben sollen, ihr Kind auf dem Heilungsweg zu unterstützen. Für Fachkräfte der Psychotherapie oder Beratung kann das Buch zudem neue Anregungen und Impulse bieten, Yoga als ergänzende Therapie von Essstörungen zu integrieren.
Fazit
Insgesamt bietet das Buch „Yoga bei Essstörungen“ einen wertvollen und praxisorientierten Ansatz für Betroffene, die auf der Suche nach einem ergänzenden Weg zu herkömmlichen Therapieformen sind. Die sanften Körperübungen, Atemtechniken und Meditationen können dazu beitragen, ein positives Körpergefühl und Selbstmitgefühl zu fördern. Auch Fachkräften im Bereich Essstörungen liefert das Buch interessante Perspektiven zur Integration von Yoga in die Therapie von Essstörungen.
Rezension von
Anna Kaister
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