Thomas C. Breuer: Angstfrei fürchten
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Ruth Hampe, 05.11.2024
Thomas C. Breuer: Angstfrei fürchten. Ein Kompendium zur Bewusstseinserheiterung. Carl-Auer Verlag GmbH (Heidelberg) 2023. 196 Seiten. ISBN 978-3-8497-0504-6. D: 19,00 EUR, A: 19,60 EUR.
Thema
Es handelt sich um ein Kompendium in alphabetischer Ordnung zu allen möglichen und fantastischen Ängsten, die humorvoll und verfremdet umschrieben werden. Dies kann zugleich Mut geben, um tägliche Ängste zu bewältigen, und zwar auf eine übertriebene und phantasievolle Weise. Im Hinblick darauf werden zugleich Ratschläge übermittelt, die mehr zum Schmunzeln als zu Ängsten herausfordern. Die kabarettistische Grundhaltung des Autors gibt dem Ganzen eine Note der Belustigung in der Konfrontation mit übertriebenen angstmachenden Phänomenen angesichts einer allgemeinen Hochkonjunktur mit Ängsten wie der Bankenkrise, der Klimakrise, der Pandemie u.a. bezogen auf eine deutsche Grundhaltung als sogenannte Angstprofis.
Autor
Der Autor des Buches Thomas C. Breuer ist freier Schriftsteller und Radiomoderator. Weiterhin ist er als Kabarettist auf Kleinkunstbühnen in Deutschland, der Schweiz und Nordamerika tätig. Für seine Rundfunkarbeit im SRE, WDR und SWR hat er 2014 als Preisträger den Salzburger Stier erhalten.
Aufbau und Inhalt
Das Buch gliedert sich in alphabetischer Ordnung nach unterschiedlichen Angstphänomenen mit z.T. frei erfundenen Begriffen möglicher Phobien, und zwar von A bis Z. Von der Achluophobie als Angst vor Dunkelheit bis hin zu Xenophobie als Angst vor Fremden oder Zoophobie als Angst vor Tieren allgemein werden humorvoll an die 88 Phobien aufgelistet. Dies betrifft alle möglichen im Alltag verankerte Ängste wie beispielsweise Angst vor Bayern, Angst sich zu verirren, Angst vor Grenzen, Angst vor Ansteckung, Angst vor der Angst, Angst vor der Dreizehn usw. Es ist eine bunte Aneinanderreihung möglicher Angstphänomene, z.T. frei erfunden und witzig vorgestellt und mit Kommentaren einer Bewältigungsmöglichkeit bzw. mit möglichen Umgangsformen belegt. Zudem handelt es sich um Wortspiele in Bezug auf die Alltagssprache, um mögliche Absurditäten in der Übertreibung u.a. In dem Verständnis des Deutschen als Angstprofi im Vergleich zu anderen Europäern geben amüsante Übertreibungen, die das Angstphänomen ins Gegenteil verkehren können, einen gewandelten Zugang zu entsprechenden möglichen Phobien. Die Wortschöpfungen dazu sind vielfältig, sodass neue Aspekte eruiert werden. Mit dem Ansatz von „Airbags“ für alle Lebenslagen wird der Versuch unternommen, den Leser mit vermeintlichen Ängsten zu versöhnen. Indem sich mit einer fast schelmischen Herangehensweise auch eine Angst vor Lustigkeit, Cherophobie genannt, überwinden lässt, kann gemeinsam lächelnd sich den unterschiedlichen angstauslösenden Phänomenen neu angenähert werden. Mit der Übertreibung einzelner Phänomene wird eine Entzauberung vorgenommen und zugleich eine lustbetonte Wahrnehmung unterstützt. Im Hinblick auf ein Kompendium werden die jeweiligen Phobien jeweils knapp erfasst und auf circa 1 ½ Buchseiten dargestellt, sodass sie fast gleichwertig hintereinander aufgelistet sind. Es betrifft nicht direkt der Auflistung von Phobien, wie sie beispielsweise als phobische Störungen im Rahmen psychiatrischer Fachbegriffe als Krankheitsbild aufgeführt werden, sondern ebenso sogenannte nicht-krankhafte Formen der Abneigung nach populärwissenschaftlichen Quellen u.a.
Diskussion
In diesem Buch geht es auch um die Einbeziehung von Humorfähigkeit im Alltagshandeln. Ängste werden relativiert und in der vermeintlichen Übertreibung in ihrer Wahrnehmung verstellt. Dies schafft einen gewandelten Zugang zu möglichen Phobien, indem im Abrücken von dem Bestehenden ein humorvoller Zugang geschaffen wird. Für den Leser beinhaltet es ein amüsantes Lesen einzelner phantasiebetonter Phobien, sodass ein beliebiges Eintauchen in das Kompendium je nach Interesse oder möglicher Betroffenheit erfolgen kann.
Angesichts zunehmender bedrohlicher Ereignisse weltweit, ist dieses Kompendium eine beliebige alphabetisch geordnete Sammlung von Phobien, die zum Lachen auffordern, und zwar in der Verknüpfung von Alltagshandeln mit besonderen Absurditäten. Mit dem Lachen kann es u.a. zur Ausschüttung von sogenannten Glückshormonen im Gehirn kommen wie Serotonin, Dopamin, Endorphine und Noradrenalin. Dies führt auch zur Stärkung des Immunsystems. Bereits ein Lächeln soll durch die Aktivierung der Gesichtsmuskulatur eine Veränderung der inneren Haltung bewirken. In dem Sinne wird auch Humorfähigkeit gestärkt, die dazu beitragen kann, von möglichen Ängsten abzurücken. Dies im Alltag umzusetzen vermag eine eigene lebenserhaltende Selbstwirksamkeit und eine Handlungskompetenz zu unterstützen.
Mit dieser Sammlung von phobischen Wahrnehmungen als alphabetische Begriffe kann dazu beigetragen werden, Leser aufzumuntern, mit einem Schmunzeln und Augenzwinkern möglichen Ängsten verändert zu begegnen. Auch für nicht Betroffene bietet es einen amüsanten Zugang zu Phobien als krankhafte als auch nicht-krankhafte Formen der Abneigung − von der es weitaus mehr geben soll – durch innere Belustigung einen anderen Zugang zu erhalten und folglich diese zu relativieren. Es lädt zum Blättern ein, um immer wieder neue Beschreibungen zu Angst auslösenden Phänomenen amüsiert nachzulesen und im Eintauchen in dieses Arrangement von belustigenden Verfremdungen und im Umgang mit möglichen Vorurteilen Abstand zu gewinnen,
In der Hinsicht unterstützt es damit zugleich eine Humorfähigkeit bzw. kann im psychosozialen Bereich helfen, alltägliche Vorstellungen aus einer verfremdeten Perspektive anders wahrzunehmen. In dem Sinne ist es unterhaltsam und vermag ein breites Lesepublikum anzusprechen. Krankhafte oder nicht-krankhafte Formen von Phobien bzw. Störungen oder Abneigungen werden in dem Sinne aus den bestehenden Kontexten herausgelöst und in der verfremdenden Thematisierung belustigend dargestellt. Unter dem Aspekt ist das Buch auch ein Hilfsmittel in der Bewältigung von alltäglichen Ängsten und Sorgen.
Fazit
Das Buch vermag einen gewandelten Zugang zur Sichtweise auf Ängste zu unterstützen, ohne diese einer Lächerlichkeit preiszugeben. Zugleich kann es auch als lustbetonte Bewältigungsstrategie verstanden werden, um Abstand zu angstauslösenden Situationen und Abneigungen zu finden. Mit dem Begriff der Bewusstseinserweiterung ist folglich ein Wandel im Blick auf mögliche Befürchtungen und Ängste auslösende Alltagsaspekte zu verstehen.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Ruth Hampe
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Zitiervorschlag
Ruth Hampe. Rezension vom 05.11.2024 zu:
Thomas C. Breuer: Angstfrei fürchten. Ein Kompendium zur Bewusstseinserheiterung. Carl-Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2023.
ISBN 978-3-8497-0504-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31846.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
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