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Clemens Hillenbrand: Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen

Rezensiert von Wolfgang Schneider, 06.05.2024

Cover Clemens Hillenbrand: Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen ISBN 978-3-8252-6200-6

Clemens Hillenbrand: Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2024. 5. Auflage. 256 Seiten. ISBN 978-3-8252-6200-6. D: 29,90 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 37,50 sFr.
Reihe: Basiswissen der Sonder- und Heilpädagogik.

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Thema

Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten sind im (sozial)pädagogischen Alltag eine große Herausforderung. Dieses Lehrbuch bietet Studierenden der Pädagogik, der Sonder- und Heilpädagogik sowie der Sozialen Arbeit eine kompakte Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Neben einer Einführung in die Grundlagen, der Darstellung von Theorien und für die Praxis relevanten Forschungsergebnissen gibt es Übungsaufgaben mit Lösungshinweisen und ein Glossar.

Autor

Prof. Dr. Clemens Hillenbrand war zunächst im pädagogischen Dienst eines Heimes und Sonderschullehrer tätig, bevor er 1994 an der Universität München mit einer Lehrtätigkeit einstieg und anschließend Vertretungsprofessuren in Köln, Oldenburg und Leipzig übernahm. 2000 bis 2003 hatte er dann an der Fachhochschule Bielefeld eine Professur für Heil- und Sonderpädagogik inne. 2003 wurde er Inhaber des Lehrstuhls für Erziehungshilfe und sozial-emotionale Entwicklungsförderung am Department Heilpädagogik der Universität zu Köln. Seit 2009 ist er in Oldenburg tätig und dort Inhaber des Lehrstuhls für Pädagogik und Didaktik bei Beeinträchtigungen des schulischen Lernens.

Entstehungshintergrund

Es handelt sich um die gerade erschiene fünfte Auflage des Buches. Die Erstauflage erschien 1999, die letzte – die vierte – Auflage 2008. Sie wurde damals auch bei socialnet rezensiert. Leider ist nicht nachvollziehbar, ob es Änderungen zur Vorauflage gegeben hat. Es ist allerdings nicht davon auszugehen, da als Vorwort das der vierten Auflage verwendet wird.

Aufbau und Inhalt

Der Aufbau des Buches hat sich in den rund 25 Jahren seit seiner Ersterscheinung nicht verändert, sodass es nach wie vor zu allen Kapiteln am Ende Übungsaufgaben gibt.

Zunächst gibt Hillenbrand im Kapitel Wissenschaftliche Grundlegung eine Einführung in das Themenfeld. Dazu erläutert er zum Beispiel wesentliche Begriffe wie Erziehung, Pädagogik und Verhaltensstörung, wobei er bei letzterem Begriff detailliert auf die Klassifikation, die Häufigkeit und die Kriterien eingeht. Zum Ende des Kapitels wird die Bedeutung des interdisziplinären Arbeitens in diesem Feld beschrieben. Das zweite Kapitel widmet sich der Geschichte der Pädagogik bei Verhaltensstörungen anhand der Institutionen, die damit in Berührung kommen wie Heimerziehung oder Förderschulen. Im weiteren Verlauf werden kurz entsprechende Ideengeschichten wie von Pestalozzi, Fröbel oder Wichern beschrieben. Sechs Wissenschaftliche Modelle der Pädagogik bei Verhaltensstörungen werden im dritten Kapitel eingeführt. Erläutert werden das biophysische, psychodynamische, verhaltenstheoretische, soziologische, politökonomische und ökologische Modell.

Ausgewählte Konzeptionen der Pädagogik bei Verhaltensstörungen ist das vierte Kapitel überschrieben. Thematisiert – und jeweils auch kurz kritisiert – werden dabei ausführlicher die Ich-Unterstützung nach Redl, die Kognitive Verhaltensmodifikation und das handlungstheoretische Modell. Vier weitere Konzeptionen werden abschließend in wenigen Sätzen beschrieben. Von großer Bedeutung für die Praxis ist die Diagnostik bei Verhaltensstörungen. Hillenbrand geht zunächst der Frage nach, welche Ziele und Aufgaben Diagnostik überhaupt hat, bevor er die medizinische Diagnostik, die behaviorale Diagnostik und die interaktionistische Diagnostik erklärt. Es folgt eine Erläuterung des Prozesses zur Feststellung von Förderbedarfen und die Verknüpfung von Diagnostik und daraus resultierender Förderung.

Und dann geht es inhaltlich in die Praxis. Im Kapitel Erzieherisches Handeln bei Verhaltensstörungen geht es vor allem um spezielle Ansätze der Förderung durch Spiel, Kunst, Musik, Entspannung oder Erlebnispädagogik sowie pädagogische Verhaltensmodifikation Und Interventionsstrategien. Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen schulischer, sozial- und kriminalpädagogischer sowie psychiatrischer Hilfen werden im Kapitel Institutionen der Erziehungshilfen bei Verhaltensstörungen die einzelnen Hilfen inhaltlich und auch ihren möglichen Vernetzungen nach dargestellt. Wie sich Störungsbilder wie Aggression, Hyperaktivität aber auch Angst im pädagogischen Alltag äußern, wie Theorien und der Ausgang zu diesen Auffälligkeiten aussehen, beleuchtet Hillenbrand im Kapitel Spezielle Störungen.

Im Kapitel Perspektiven der Pädagogik bei Verhaltensstörungen stehen Erklärungsmodelle und Forschungen zu den Themen Resilienz, Metakognition und Integration von Verhaltensstörungen im Fokus, wobei sowohl Präventionsfaktoren als auch Interventionsansätze beschrieben werden, aber auch Grenzen diskutiert.

Den Abschluss bildet das Kapitel Diskussion und offene Fragen. Hier stellt Hillenbrand deutlich heraus, dass die Pädagogik bei Verhaltensstörungen Teil der Pädagogik ist und eben kein psychologisches Feld. Und er warnt die Leser*innen, dass es ethische Verantwortung ist, bei allen Verhaltensauffälligkeiten das Beziehungen ein wichtiger Schlüssel in der Arbeit mit Auffälligkeiten im Verhalten sind aber auch nie die Achtung vor dem Individuum verloren werden darf.

Diskussion

Das Buch ist zweifelsohne ein Standardwerk, aus dem vor allem Studierende und Berufseinsteiger*innen viel mitnehmen können. Die didaktisch wertvolle Aufmachung mit vielen grafischen Elemente und die Überprüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen sind hervorragende Mittel, um sich Wissen anzueignen. Was problematisch erscheint: Eine scheinbar unveränderte Neuauflage auf einem 15 Jahre alten Stand herauszugeben, verwundert dann doch. Die Quellen sind entsprechend alt, neue Forschungsansätze kommen nicht vor und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind auf einem Stand der heute nur noch bedingt aktuell ist. So sind im siebten Kapitel die Maßnahmen der Jugendhilfe aufgezählt, die natürlich auch heute noch Gültigkeit haben, aber die Veränderungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, die ja viel mehr Wert auf Partizipation ins Gesetz gebracht haben zum Beispiel, werden nicht berücksichtigt. Ebenso die immens gestiegene Bedeutung der Eingliederungshilfe bleibt unberücksichtigt.

Das ist schade, weil das Buch so letztlich ein bisschen einbüßt. Viel Wissen wird immer noch vermittelt, wer aber auf dem neuesten Stand sein will, wird nicht darum herumkommen, auch in ein neueres Buch zu schauen.

Fazit

Inhaltlich und grafisch ist und bleibt dieses Buch ein sehr gutes Standardwerk, mit dem sich gut lernen lässt und mit dem erste Einblicke in ein spannendes Fachgebiet gelingen. Die Fehlende Aktualität dagegen fällt negativ auf.

Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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Zitiervorschlag
Wolfgang Schneider. Rezension vom 06.05.2024 zu: Clemens Hillenbrand: Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2024. 5. Auflage. ISBN 978-3-8252-6200-6. Reihe: Basiswissen der Sonder- und Heilpädagogik. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/31943.php, Datum des Zugriffs 14.01.2025.


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