Olaf-Axel Burow: Mit KI zu leidenschaftlicher Bildung
Rezensiert von Armin Eberli, 17.10.2024

Olaf-Axel Burow: Mit KI zu leidenschaftlicher Bildung. Ein Manifest.
Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2024.
137 Seiten.
ISBN 978-3-407-83215-3.
D: 22,00 EUR,
A: 22,70 EUR.
Reihe: Pädagogik.
Thema
Die Entwicklungen rund um die KI leiten eine längst überfällige Abkehr vom entpersonalisierten, fabrikmäßigen Fließband-Lernen des Industriezeitalters ein. Lehrende und Lernende können sich dem eigentlichen Ziel von Bildung widmen: der Entdeckung und Förderung von Talenten und Neigungen. KI kann genutzt werden, um die Leidenschaft in der Bildung wiederzuentdecken.
Autor
Prof. Dr. Olaf-Axel Burow lehrt Allgeneine Pädagogik an der Universität Kassel und ist Autor zahlreicher Fachbücher zu Pädagogik, Organisationsentwicklung und Kreativitätsforschung. Er berät Bildungseinrichtungen im In- und Ausland, aber auch DAX-Unternehmen in Change-Prozessen. Er bietet Workshops zur „gesunden Schule“ bzw. zur „Positiven Pädagogik“ an.
Aufbau und Inhalt
Nach einem ausführlichen Prolog gliedert sich das Buch in fünf Kapitel
- Am Anfang ist die Leidenschaft
- Wie die Leidenschaft stirbt
- Was Sportler, Künstler, Unternehmer und Wissenschaftler antreibt
- ChatGPT & KI als Gamechanger
- Manifest für leidenschaftliche Bildung
Ein umfangreiches und informatives Literaturverzeichnis und die Danksagung schließen das Buch ab.
Im Prolog mit dem Titel „Es soll sich nicht wie harte Arbeit anfühlen“ geht der Autor der Frage nach, ob und wie KI zur Befreiung zu leidenschaftlichem Lernen beitragen kann. Er bezieht sich dabei auf die von ihm entwickelte Perspektive der „Positiven Pädagogik“. Leidenschaftliche Bildung muss sich nicht wie harte Arbeit anfühlen, so der Autor. Er bezieht sich dabei auf ein Zitat des Chemie-Nobelpreisträgers Benjamin List in Die Zeit vom 9.12.2021.
In den ersten drei Kapiteln geht der Autor der Frage nach, wie leidenschaftliches Lernen durch Schule und Lehrende gefördert, aber auch behindert werden kann. Das heutige Schulsystem wird kurz und verständlich kritisch dargestellt. Die individuellen Neigungen und Begabungen der Lernenden werden immer noch zu wenig in den Mittelpunkt der Bildung gestellt und damit zu wenig gefördert. Die Leidenschaft stirbt.
Anhand unkonventioneller Biografien von Menschen aus den Bereichen Sport, Kunst, Unternehmertum und Wissenschaft zeigt der Autor nicht nur die Grenzen schulischer Bildung auf, sondern stellt ein alternatives Modell der Potenzialentfaltung bzw. Begabungs- und Neigungsförderung vor. Dabei bezieht er sich auf die von ihm entwickelte Theorie des Kreativen Feldes. Die fünf Schritte der Potenzialentfaltung
- Talente und Neigungen erkennen
- Leidenschaft und Vision
- Passgenaues Training und Coaching
- Synergiepartner und Teams nutzen
- Zur richtigen Zeit am richtigen Platz
werden ausführlich beschrieben und durch die erwähnten Erfahrungsberichte bekannter Persönlichkeiten veranschaulicht.
Der Autor fordert die Lesenden zwischendurch auf, innezuhalten, um nachzudenken und Übungen durchzuführen. Auf diese Weise leitet der Autor die Lesenden unter anderem an, ihre eigene Synergieanalyse durchzuführen.
Kapitel 4 zeigt, wie der Einsatz digitaler Medien und KI-gestützter Systeme wie ChatGPT Lehren und Lernen mit Leidenschaft und Begeisterung ermöglichen kann. Dazu verwendet der Autor ChatGPT und erläutert die Erfahrungen, die mit diesem Tool gemacht wurden. Dabei wird u.a. auf den Zukunftsforscher Robert Jungk oder James Surowiecki Bezug genommen. Der Autor beschäftigt sich schon lange mit der Frage, wie das Schulsystem in dieser Hinsicht verändert werden könnte und sieht in den Entwicklungen rund um die digitale Transformation und insbesondere KI-Tools eine große Chance, auf diesem Weg (endlich) ein gutes Stück voranzukommen.
Das eigentliche „Manifest für Leidenschaftliche Bildung“ ist in mehreren Entwürfen Inhalt von Kapitel 5. Dieses Kapitel bezieht sich auf die bekannten und millionenfach angeklickten TED-Vorträge von Ken Robinson. Da die Entwicklungen rund um KI sehr schnell voranschreiten, hat sich der Autor bewusst dafür entschieden, kein abschließendes Manifest zu verfassen. Er hat einen ersten Entwurf von ChatGPT erstellen lassen. Dieser Entwurf wird im Folgenden kritisch hinterfragt. Unter Bezugnahme auf James Lovecraft, den 2022 verstorbenen Begründer der GAIA-Theorie, formuliert der Autor einen zweiten Entwurf eines Manifests. In der Folge fordert er die Leser:innen dazu auf, ein eigenes Manifest zu verfassen und die Thesen des Autors kritisch zu diskutieren.
Diskussion
Der Autor beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Bildung aus Leidenschaft. In diesem Buch bezieht er die Entwicklungen rund um die KI mit ein. Er sieht in diesen Entwicklungen eine Chance, die längst überfällige Reform unseres Bildungsverständnisses und unserer Bildungsorganisationen einzuleiten bzw. voranzutreiben.
Dem Autor gelingt es gut, die Leser:innen für einen kritisch reflektierten Einsatz von KI in der Bildung zu sensibilisieren. Sein langjähriges Engagement für eine leidenschaftliche Bildung spiegelt sich in diesem Werk wider. Die Lektüre motiviert und fordert dazu auf, die neuen Möglichkeiten auszuloten, sie gewinnbringend in der Bildung einzusetzen und so ein Growth Mindset, also ein Denken in Möglichkeiten, zu entwickeln.
Fazit
Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildung in Zeiten des digitalen Wandels und ist sehr lesenswert.
Rezension von
Armin Eberli
dipl. Sozialpädagoge/Sozialarbeiter, MAS Leadership und Change-Management. Dozent, Standortleiter Zürich und Mitglied Leitung HF von Agogis, www.agogis.ch
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