Dörte Grasmann, Anke Felber et al.: Therapie-Tools
Rezensiert von Dr. Philipp Thaler, 20.09.2024
Dörte Grasmann, Anke Felber, Felix Euler: Therapie-Tools Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2023. 365 Seiten. ISBN 978-3-621-28827-9. D: 42,00 EUR, A: 43,20 EUR.
Thema
Die von Grasmann, Felber & Euler mit diesem Therapie-Tools- Buch präsentierten Interventionen gehen von der Grundannahme aus, ‚dass sich Emotionen und Gefühle im Sinne einer adaptiven Erlebens- und Verhaltensänderung beeinflussen lassen‘ (13). Die bereitgestellten Übungen orientieren sich am Prozessmodell der Emotionsregulation von James J. Gross, erweitert um den präventiven emotionsregulatorischen Ansatz von Linehan.
Autor
Dr. phil. Dörte Grasmann ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin sowie Dozentin, Supervisorin und Selbsterfahrungsleiterin. Dr. Anke Felber ist ebenfalls approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Dr. phil. Felix Euler ist klinischer Psychologe und Forschungsgruppenleiter am Zentrum für Kinder- und Jugendforensik der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Von Grasmann & Euler ist 2019 bereits ein Werk zu aggressivem und expansivem Verhalten im Kindes- und Jugendalter in der Therapie-Tools- Reihe des Beltz- Verlages erschienen.
Entstehungshintergrund
Grasmann, Felber & Euler verfolgen das Ziel, Arbeitsmaterialien für Kinder und Jugendliche zum Aufbau von Kompetenzen im Umgang mit Gefühlen zur Verfügung zu stellen (13). Die Materialien sind dabei aufgegliedert in solche für Kinder ab dem späten Grundschulalter und in solche für Jugendliche. Störungen der Emotionsregulation erhöhten das Risiko für die Entstehung einer Vielzahl psychischer Störungen, hielten sie aufrecht und hemmten ihre Bewältigung langfristig (mit Verweis auf In-Albon).
Aufbau und Inhalt
Das Werk ist in elf Kapitel gegliedert. Zuerst erfolgt die Psychoedukation zum Thema Gefühle und Gefühlsregulation (Kapitel 1). Anschließend wird die Wahrnehmung und Analyse von Gefühlen, Gedanken und Körperreaktionen durch Achtsamkeit behandelt (Kapitel 2). Daraufhin wird auf die Gefühlsregulation durch Veränderung der Situation eingegangen (Kapitel 3). Das darauffolgende Kapitel erläutert das Thema Selbstmitgefühl (Kapitel 4) und anschließend werden die Themen Gefühlsregulation durch kognitive Veränderung (Kapitel 5) sowie Umgang mit starken Gefühlen (Kapitel 6) ausgeführt. Die folgenden Kapitel behandeln die Gefühlsregulation durch soziale Kompetenzen (Kapitel 7), Problemlösen (Kapitel 8), Wertearbeit und Ressourcenaktivierung (Kapitel 9) sowie Prävention (Kapitel 10). Das letzte Kapitel ist der Elternarbeit (Kapitel 11) gewidmet. Ein E-Book- Exemplar mit Arbeitsmaterialien ist zum kostenlosen Download enthalten.
In ihrer Einführung identifizieren Grasmann, Felber & Euler die Emotionsregulationsfähigkeit als eine zentrale Entwicklungsaufgabe des Kindes- und Jugendalters, die sich während der Kindheit und Jugend kontinuierlich weiterentwickelt (13, mit Verweis auf Jenni). Emotionsregulation beziehe sich auf Bestrebungen, unangenehme Emotionen zu verringern oder zu verändern und angenehme Emotionen auszulösen oder aufrechtzuerhalten. Sie umfasse alle Prozesse, die es ermöglichen, Einfluss darauf zu nehmen, welche Emotionen erlebt werden, wann diese auftreten und wie diese zum Ausdruck gebracht werden (mit Verweis auf Gross). Hierbei wird zwischen antezedent-fokussierten Strategien (Situationsauswahl, Situationsmodifikation, Aufmerksamkeitslenkung und kognitive Veränderung) und reaktions-fokussierten Strategien unterschieden. Außerdem sind Übungen enthalten wie die Vermittlung von Grundwissen zum Thema Gefühle, Training von grundlegenden Problemlösefertigkeiten (mit Verweis auf Heinrichs und Kollegen sowie auf Eismann & Lammers), achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Techniken (mit Verweis auf Hayes), Inhalte zum Thema Selbstmitgefühl (mit Verweis auf Neff) sowie Arbeitsmaterialien, die sich an der Dialektisch-Behavioralen Therapie (mit Verweis auf Linehan) orientieren. Während die einzelnen Kapitel grundsätzlich nach Bedarf ausgewählt werden können, wird empfohlen, je nach Wissensstand mit der Psychoedukation zu beginnen (14).
Zuerst wird die Psychoedukation zum Thema Gefühle und Gefühlsregulation behandelt (Kapitel 1). Durch Defizite im Erkennen und Benennen von Gefühlen würde ein angemessener Umgang mit Gefühlen erschwert, wodurch Hilflosigkeit und Vermeidungsverhalten verstärkt werden könnten (15, mit Verweis auf Aldao & Christensen). Die bereitgestellten Materialien dienen der Aktivierung von Vorwissen sowie der Anleitung zur Wahrnehmung und Verbalisierung sowie zu einem besseren Verständnis von Gefühlen. Grasmann, Felber & Euler beziehen sich auf Grundemotionen (Freude, Überraschung, Angst, Wut, Ekel, Traurigkeit und Verachtung; mit Verweis auf Ekmann und Kollegen) – als biologisch determinierte, automatisch ablaufende Programme, die als Schutzmechanismus fungierten – und auf soziale Emotionen (Eifersucht, Scham, Schuld und Stolz), die sich im Entwicklungsverlauf erst durch soziale Interaktionen ausbilden (15, mit Verweis auf Lammers). Soziale Emotionen seien Mischformen der Grundemotionen, abhängig von Bewertungsprozessen und Erfahrungen und unterlägen kulturellen Normen. Es wird die Unterscheidung zwischen Emotionen (wie Angst und Ekel) als automatische Handlungsprogramme sowie Gefühle (wie Schuld oder Stolz) als affektive Komponente der Emotionen angesprochen. Stimmungen seien eher diffuse und milde, länger anhaltende Erlebnistönungen (16). In den Materialien wird diese Unterscheidung nicht aufgegriffen, sondern Gefühl und Emotion würden wie in der Alltagssprache typisch synonym verwendet, jedoch die Unterscheidung zwischen angenehmen und unangenehmen Gefühlen sowie die zwischen primären und sekundären Gefühlen (16, mit Verweis auf Eismann & Lammers). Sekundäre Gefühle seien als ‚Versuch, mit der ersten Gefühlsantwort umzugehen […] in der Regel nicht hilfreich, da sie nicht zu den ursprünglichen Bedürfnissen passen‘ (16). Grasmann, Felber & Euler unterstreichen die Bedeutung von Grundbedürfnissen (Bindung, Orientierung und Kontrolle, Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz sowie Lustgewinn und Unlustvermeidung; 16, mit Verweis auf Grawe). Entsprechend werden in den Materialien die Funktionen von Gefühlen vermittelt (16, 17): Sie informieren über eine Situation und darüber, ob Bedürfnisse befriedigt sind, außerdem steuern sie menschliches Handeln, indem rasche Handlungsimpulse ausgelöst werden und sie dienen als Kommunikationsmittel, indem sie gegenseitig über Bedürfnisse informieren. Gefühle entstünden, indem die Aufmerksamkeit – durch einen weitgehend unbewussten Prozess (17, mit Verweis auf Bohus & Wolf-Arehult) – auf interne oder externe Reize gelenkt wird, die bewertet werden und zu einer emotionalen Reaktion führen (mit Verweis auf Gross). Die Bewertungen hätten sich evolutionär herausgebildet und würden ‚durch Erfahrungen, Erinnerungen und die angenommenen Coping-Ressourcen getönt‘ (17). Außerdem seien sie ‚gefühlsgetönt‘, da sie ‚blitzschnell die Interpretationen der aufgenommenen Reize [beeinflussen], häufig ohne, dass dies in unser Bewusstsein dringt‘ (mit Verweis auf In-Albon sowie auf Lammers). Gefühle würden nicht immer zur Situation passen und nicht immer hilfreich sein. Von einer einseitigen Wirkung der Kognitionen auf Gefühle sei nicht mehr auszugehen. Die Komponenten von Gefühlen können folgendermaßen skizziert werden: Die emotionale Reaktion wird als Gefühl wahrgenommen, löst einen Handlungsimpuls aus, beeinflusst die Wahrnehmung, aktiviert Gedanken und spiegelt sich in physiologischer Aktivierung wider mit einem bestimmten Ausdruck in Mimik und Tonfall (17).
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt dazu, was Gefühle sind, gefolgt von Arbeitsblättern u.a. zu Funktionen von Gefühlen, zur Zuordnung und Beschreibung von Gefühlen, bis hin zu einem Quiz, einem Gefühle-Steckbrief und einer Kartensammlung zu Auslöser für Gefühle (21-37). Daraufhin wird ein Informationsblatt zu unterschiedlichen Merkmalen von Gefühlen angeboten sowie ein Arbeitsblatt zum Spüren der Gefühle im Körper (38-45). Es folgen Informationsblätter zu Grundbedürfnissen jeweils für Kinder und Jugendliche sowie ein Arbeitsblatt zum Erkennen der eigenen Grundbedürfnisse (46-49). Im Weiteren wird ein Informationsblatt zu primären und sekundären Gefühlen angeboten zusammen mit einem entsprechenden Arbeitsblatt, gefolgt von einem Arbeitsblatt zu Auslöser für starke Gefühle (50-53). Daraufhin wird ein Informationsblatt zum Zusammenhang zwischen Bedürfnis, Gefühl, Gedanke und Verhalten angeboten sowie Arbeitsblätter zum Einfluss von Erfahrungen auf Gefühle sowie zur Angemessenheit der eigenen Gefühle (54-57). Abschließend folgt ein Informationsblatt dazu, was Gefühlsregulation ist und es werden Arbeitsblätter zu eigenen Erfahrungen im Umgang mit Gefühlen sowie zu gewünschten Veränderungen im Hinblick auf das eigene Gefühlserleben (‚der Gefühlszauberer‘) geliefert (58-61).
Im anschließenden Kapitel geht es um die Wahrnehmung und Analyse von Gefühlen, Gedanken und Körperreaktionen durch Achtsamkeit (Kapitel 2). Es geht darum, bei der Wahrnehmung, Beobachtung und Beschreibung von Gefühlen zu unterstützen und bereits die bewusste Wahrnehmung sei eine günstige Strategie (62, mit Verweis auf Geisler & Muttenhammer sowie auf Southam-Gerow). Achtsamkeit meint eine besondere Art der Aufmerksamkeit, die im gegenwärtigen Augenblick bleibt und nicht urteilt und die Fähigkeit fördere, den gegenwärtigen Augenblick zu akzeptieren (62). Sie würde als Kernkompetenz der adaptiven Emotionsregulation bezeichnet (mit Verweis auf Farb und Kollegen sowie auf Eismann & Lammers). Schmerzhafte Gefühle werden häufig sofort bewertet, kontrolliert und vermieden, jedoch führen Kontrollversuche langfristig zu maladaptiven Verhaltensweisen und in der Therapie gehe es darum, ‚Vermeidungsstrategien in Bezug auf schmerzhafte Gefühle aufzugeben und sie stattdessen im Hier und Jetzt bewusst zu registrieren‘ (62). Durch Akzeptanz würden sich neue Handlungsspielräume eröffnen und ‚Kinder und Jugendliche sind nicht mehr in automatischen Verhaltensweisen gefangen und können lernen, sie durch reflektierte Verhaltensweisen zu ersetzen‘ (62). Grasmann, Felber & Euler machen Angaben zum Vorgehen in der Therapie (62, 63): Begonnen werde mit Übungen zum achtsamen Atmen, daraufhin folgen Übungen zur achtsamen Wahrnehmung aller Sinne und zur Wahrnehmung innerer Prozesse, womit Kinder und Jugendliche in der Therapie zu innerer Achtsamkeit angeleitet werden, ‚schrittweise belastende Gefühle, Gedanken und Körperempfindungen zu aktivieren, mit ihnen behutsam in Kontakt zu kommen und anschließend die Erfahrung zu reflektieren‘ (62). Zur Durchführung im Alltag werden Apps, Post-It’s und der Einbezug der Eltern empfohlen (63). Das Thema Achtsamkeit könne nur verkürzt dargestellt werden, es würde eine kleine Auswahl an Übungen vorgestellt und es wird empfohlen, Therapiestunden mit Achtsamkeitsübungen zu beginnen.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zur Achtsamkeit sowie einem Arbeitsblatt zu eigenen Erfahrungen mit Gefühlen, gefolgt von Arbeitsblättern zur achtsamen Atmung sowie zur achtsamen Wahrnehmung einzelner Sinne bis hin zur Achtsamkeit mit allen Sinnen (67-81). Es folgt ein Arbeitsblatt dazu, im Moment zu sein sowie eines dazu, sich ins Hier und Jetzt zurückzuholen (82, 83). Anschließend werden Arbeitsblätter zur Wahrnehmung von inneren Prozessen geliefert (84-96), was darin mündet, ‚achtsam alle inneren Prozesse, Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen wahrzunehmen und zu beschreiben‘ (65). Abschließend werden jeweils für Kinder und Jugendliche Arbeitsblätter zu einer Gefühlsleiter – einer Rating-Skala zur Einschätzung der Gefühlsintensität – sowie zu einem Gefühlstagebuch angeboten (97-103).
Daraufhin wird auf die Gefühlsregulation durch Veränderung der Situation eingegangen (Kapitel 3). Situationsveränderung bzw. -selektion könne hilfreich sein, wenn belastende Gefühle durch wiederkehrende Situationen hervorgerufen werden (104). Situationsselektion bezieht sich darauf, zu entscheiden, welche Situationen aufgesucht werden, was im Sinne einer Vermeidung jedoch nur unter bestimmten Umständen sinnvoll sei – wenn immer wieder Situationen aufgesucht werden, die den Kindern und Jugendlichen schaden. Dennoch habe Vermeidung eine aufrechterhaltende und verstärkende Funktion und gerade, wenn Gefühle übertrieben oder dysfunktional seien, sollten parallel Kompetenzen aufgebaut werden, um das Selbstwirksamkeitserleben zu erhöhen (mit Verweis auf Höschel und Kollegen). Die Situationsmodifikation meint eine aktive Veränderung der Situation, so dass sie zu weniger emotionaler Belastung führt. Eine solche Veränderung müsse individuell erarbeitet werden und sei bei jüngeren Kindern nur eingeschränkt möglich.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zur Situationsauswahl und -veränderung, gefolgt von Arbeitsblättern dazu, was Situationen bei den Kindern oder Jugendlichen auslösen, welche Situationen angenehme Gefühle auslösen bzw. ausgelöst haben, welche Situationen nicht guttun oder sogar schaden und vor welchen sie sich schützen möchten (107-117). Es folgen Arbeitsblätter dazu, wem die Kinder und Jugendlichen was erzählen können, Arbeitsblätter zur Veränderung von Situationen sowie zur Verhaltensänderung sowie Material zum ‚Parkour der Gefühle‘ (118-124).
Das nächste Kapitel behandelt das Thema Selbstmitgefühl (Kapitel 4), was bei Jugendlichen als Bewältigungsstrategie im Umgang mit belastenden Gefühlen an Bedeutung gewinnt (125, mit Verweis auf Bluth und Kollegen) und integraler Bestandteil achtsamkeitsbasierter kognitiver Therapieansätze sei (mit Verweis auf Heidenreich und Kollegen sowie auf Neff bzw. Germer & Neff). Selbstmitgefühl meint die Fähigkeit, ‚belastende Gefühle wahrzunehmen und sich von diesen berühren zu lassen, ohne sie zu ignorieren oder davon lösen zu wollen‘. Als Komponenten werden Selbstfreundlichkeit, gemeinsames Menschsein und Achtsamkeit benannt (mit Verweis auf Neff). Grasmann, Felber & Euler gehen auf die aktuelle Forschung ein (mit Verweis auf Bluth und Kollegen) und finden Hinweise auf einen positiven Einfluss auf Wohlbefinden, Selbstwirksamkeit und soziale Verbundenheit. Die Materialien eigneten sich vorwiegend für ältere Kinder und Jugendliche (126).
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zu Selbstmitgefühl, gefolgt von Arbeitsblätter dazu, sich Mitgefühl in einer Problemsituation zu schenken, zu Hinderungsgründe, zu Selbstmitgefühl in schwierigen Situationen, zu Mitgefühl mit anderen, zum eigenen Umgang mit sich und seinen Gefühlen (129-137). Weiterhin werden Arbeitsblätter angeboten dazu, sich mitfühlende Worte und Gedanken zu schenken, sich eine beruhigende Berührung zu schenken, zur Reflexion eigener Beziehungen (‚Inselabenteuer‘) sowie zum Austausch über belastende Gefühle mit anderen und schließlich zu Aktivitäten zur Förderung von Gemeinschaftserleben (138-148).
Anschließend wird die Gefühlsregulation durch kognitive Veränderung bearbeitet (Kapitel 5). Dies umfasse ‚Strategien, durch die die Beurteilung einer Situation verändert werden soll, um die Signifikanz eines Gefühls in einer Situation zu regulieren‘ (149, mit Verweis auf Gross). Belastende Gefühle könnten durch kognitive Strategien verändert werden (mit Verweis auf Bohus & Wolf-Arehult). Grasmann, Felber & Euler erläutern das ABC-Schema (mit Verweis auf Ellis und auf Stavemann), wo der Zusammenhang zwischen Auslöser, Bewertung und Konsequenzen analysiert wird; die kognitive Umstrukturierung (mit Verweis auf Beck), bei der ‚Denkfehler, welche die Gefühlsregulation erschweren, […] durch adaptive Kognitionen ersetzt werden‘ sowie die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (mit Verweis auf Hayes) u.a. zum Aufbau einer nicht bewertenden Akzeptanz (150) und zur kognitiven Defusion bzw. zur Herstellung einer Distanz zum belastenden Gedanken.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zur Gefühlsregulation durch kognitive Veränderung und einem Arbeitsblatt zum Einfluss von Gedanken, gefolgt von Informationsblättern zum ABC-Schema und Arbeitsblättern zu automatischen Gedanken, zum Ersetzen automatischer Gedanken, zum Wegpusten belastender Gedanken sowie zu hilfreichen Gedanken und zum eigenen besonderen Ort (153-174). Es folgen Informationsblätter zur Befreiung von Gedanken und zur Fusion mit Gedanken sowie Arbeitsblätter u.a. dazu, nicht der Gedanke zu sein, die eigenen belastenden Gedanken zu erkennen und die Gedanken weiterziehen zu lassen; abschließend werden Informations- und Arbeitsblätter zum Einfluss von Gefühlen auf Gedanken angeboten (175-185).
Im Anschluss daran wird der Umgang mit starken Gefühlen behandelt (Kapitel 6). Bei der Auswahl geeigneter Methoden sei das Stressniveau zu beachten (186, mit Verweis auf Bohus & Wolf-Arehult sowie auf Lammers), da im unteren und mittleren Anspannungsbereich eine bewusste Auseinandersetzung stattfinden solle, während im hohen Anspannungsbereich Stresstoleranz-Skills angewendet werden sollten. Die Methode des entgegengesetzten Handelns wird eingesetzt zur Abschwächung unangemessener und zu starker Gefühle, ‚insbesondere, wenn der mit ihnen einhergehende Handlungsimpuls zwar kurzfristig Entlastung bringt, langfristig jedoch mit negativen Folgen für die Person verbunden ist‘ (186). In Krisensituationen finden kurzfristig wirksame Stresstoleranz-Skills Anwendung (mit Verweis auf Auer & Bohus sowie Sendera & Sendera), sollten dabei jedoch nicht zur Vermeidung des bewussten Umgangs mit unangenehmen Gefühlen beitragen (187).
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit Informationsblättern zum Umgang mit starken Gefühlen sowie zur Akzeptanz im Umgang mit Gefühlen, gefolgt von Arbeitsblättern dazu, Unveränderbares akzeptieren zu lernen (191-193). Es folgen Arbeitsblätter u.a. dazu, was Anspannung ist und was Warnsignale sind sowie zu den Themen Anspannung und Gefühlsregulation, Gefühle steuern und entgegengesetztes Handeln (194-218). Abgeschlossen wird das Kapitel mit Arbeitsblättern zu einem Fahrplan für den Alltag, erste Hilfe bei hoher Anspannung, Skills zur Abschwächung hoher Anspannung, zur Skills-Kette sowie zu einer Erste-Hilfe-Box (219-231).
Im folgenden Kapitel wird die Gefühlsregulation durch soziale Kompetenzen ausgeführt (Kapitel 7). Defizite im Gefühlsausdruck könnten zu Interaktionsproblemen und emotionaler Belastung führen (232, mit Verweis auf Trentacosta & Fine). Das Benennen und Wahrnehmen der eigenen Gefühle sei ein wirksamer Teilaspekt einer funktionalen Gefühlsregulation (mit Verweis auf Torre & Lieberman). Grasmann, Felber & Euler verfolgen mit diesem Kapitel das Ziel, ‚Kinder und Jugendliche darin anzuleiten, ihre Gefühle gegenüber anderen sozial kompetent auszudrücken‘. Soziale Kompetenz bezieht sich auf kognitive, emotionale und aktionale Verhaltensfertigkeiten, ‚durch die eine zielführende und bedürfnisgerechte Bewältigung von sozialen Situationen ermöglicht wird‘ (mit Verweis auf Pfingsten). Für den Umgang mit Gefühlen mit hoher Anspannung wird zunächst die Anwendung von Stresstoleranz-Skills empfohlen. Die Mitteilung von Gefühlen müsse auf den jeweiligen sozialen Kontext abgestimmt werden. Das Wahrnehmen und Benennen von Gefühlen sollte in Rollenspielen eingeübt werden, wozu Vorschläge bereitgestellt werden (233). Für die Generalisierung sozialer Kompetenzen wird der Einbezug von Bezugspersonen empfohlen.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zur Gefühlsregulation durch soziale Kompetenzen, worin die Fragen danach aufgegriffen werden, ob es Sinn macht, anderen die eigenen Gefühle zu zeigen und ob man die eigenen Gefühle jederzeit und mit jedem teilen sollte (235, 236). Es folgt ein Informationsblatt zur Mitteilung von Gefühlen und Arbeitsblätter u.a. dazu, wie man über Gefühle spricht, zum aktiven Zuhören und aufmerksamen Beobachten sowie zur kompetenten Mitteilung von Gefühlen durch Worte (237-243). Es folgen Arbeitsblätter zur Entscheidung, ob man Gefühle mit anderen teilt oder nicht bzw. ob man Gefühle zeigt oder nicht sowie dazu, Gefühle im Moment zurückzuhalten, um Unterstützung zu bitten und zu einer Expertenbefragung (244-252). Im Weiteren werden Arbeitsblätter dazu bereitgestellt, andere aufzufordern, die eigenen Gefühle zu beachten; rechtzeitig mitzuteilen, dass man sich zurückzieht; zurückzumelden, dass man sich ungerecht behandelt fühlt sowie auf unangenehme Gefühle vorbereitet zu sein (253-259).
Daraufhin wird auf die Gefühlsregulation durch Problemlösen eingegangen (Kapitel 8). Die Methode des Problemlösens gehöre zum verhaltenstherapeutischen Repertoire bei Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen, Depressionen und allgemein beim Thema Stress (260). Es lassen sich folgende Schritte unterscheiden (mit Verweis auf D’Zurilla & Goldfried): Problemdefinition und -konkretisierung, Generierung von Lösungsalternativen, Entscheidung für eine Lösung sowie Handlungsdurchführung und Evaluation. Das therapeutische Vorgehen beinhaltet die Annahme einer gewissen Distanz zum Problem (mit Verweis auf Barnow) sowie einer positiven Problemorientierung (mit Verweis auf Krause und Kollegen). Die Effektivität des Problemlösens als Strategie zur Stress- und Emotionsregulationen habe sich in zahlreichen Studien erwiesen (mit Verweis auf Aldao und Kollegen, Barnow sowie auf Nezu & Nezu). Grasmann, Felber & Euler plädieren dafür, ‚das Problemlösen als übergeordnete Strategie der Emotionsregulation zu vermitteln, die dazu befähigen soll, adaptive Strategien zu generieren und diese situationsangemessen auszuwählen‘ (261, mit Verweis auf Heinrichs und Kollegen). In kontrollierbaren Situationen würden häufiger problemlöseorientierte Strategien eingesetzt, während in unkontrollierbaren Situation emotionsregulierende Strategien zum Einsatz kämen. Die bereitgestellten Materialien eigneten sich schwerpunktmäßig für Jugendliche.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zur Gefühlsregulation durch Problemlösen und Arbeitsblättern zur Problemliste, zum Problemlösen in fünf Schritten sowie zur Selbstbestärkung (‚der Pokal‘) (264-273). Es folgt ein Informationsblatt mit Fragen zur Unterstützung des Problemlöseprozesses sowie zur Bereitschaft zur Veränderung, gefolgt von Imaginationsübungen für eine positive Problemorientierung (‚ich kann Probleme lösen‘) und für die Eigenmotivation (‚Reise in die Zukunft‘) (274-283). Abgeschlossen wird das Kapitel mit Arbeitsblättern zur Beibehaltung bewährter Lösungen (‚Langstreckenlauf‘), zum Erkenntnisgewinn aus der Konfrontation mit einem Problem (‚eine Nachricht an mein Problem‘) sowie zur Reduktion von Informationen (‚Platz schaffen‘) (284-289).
An dieser Stelle wird die Gefühlsregulation durch Wertearbeit und Ressourcenaktivierung erläutert (Kapitel 9), wobei zum Einen zentrale Aspekte der Akzeptanz- und Commitmenttherapie aufgegriffen werden (290, mit Verweis auf Hayes), die für die Gefühlsregulation relevant sind: die Verbundenheit mit Werten sowie Commitment bzw. die Selbstverpflichtung, Vermeidung aufzugeben und sich für Veränderungen durch engagiertes Handeln zu entscheiden. Zum Anderen stellt die Ressourcenaktivierung ein wichtiges Gegengewicht zur problem- und defizitorientierten Behandlung dar (mit Verweis auf Fiedler). Ressourcenaktivierung bedeute, ‚die vorhandenen Möglichkeiten in der Lebensumwelt der Heranwachsenden für Veränderungsprozesse zu aktivieren‘. Ein erster Schritt sei dabei die Erfassung der vorhandenen Ressourcen mithilfe der ‚Ressourcenzwiebel‘ (291, mit Verweis auf Willutzki und Kollegen), wobei unterschieden wird zwischen Ressourcen, die nichts mit dem aktuellen Problem zu tun haben, die in der Vergangenheit bei der Lösung von Schwierigkeiten geholfen haben oder die mit dem aktuellen Problem in Verbindung stehen und zumindest vereinzelt hilfreich waren. Die Materialien eignen sich zur inhaltlichen Ressourcenaktivierung (mit Verweis auf Willutzki & Teismann), also zur gemeinsamen Erarbeitung von Kompetenzen, Interessen und Stärken in der Therapie.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zum Thema Werte und Arbeitsblättern dazu, welche Werte persönlich wichtig sind, zu Werte-Vorbilder und zu einer Werte-Schatzkiste (294-300). Es folgt ein Informationsblatt zu engagiertem Handeln und Arbeitsblätter dazu, was die eigenen Werte sind und wie man handeln will, zum Einsatz für Werte, zur Vielseitigkeit des Engagements und zu eigenen Zielen für den Umgang mit Gefühlen (301-310). Abschließend wird ein Informationsblatt zu Ressourcen und Gefühlsregulation angeboten und ein Arbeitsblatt mit einer Beispielgeschichte (‚Ninas Ressourcen‘) sowie Arbeitsblätter u.a. zu eigenen Ressourcen, zur Reaktivierung von Ressourcen, zum sozialen Netz, zu einem positiven Blick in die Zukunft sowie dazu, wo gar nichts geändert werden soll (311-321).
Im vorletzten Kapitel geht es um die Gefühlsregulation durch Prävention (Kapitel 10), also durch eine gesundheitsförderliche Lebensführung (322, mit Verweis auf Linehan), was eine Erweiterung des Prozessmodels von Gross darstellt. Die damit angestrebte Verringerung von Vulnerabilität sei für die Behandlung verschiedener Störungsbilder von Bedeutung (mit Verweis auf Neacsiu und Kollegen). Es werden Materialien für Schlaf, Ernährung und körperliche Aktivität bereitgestellt.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit einem Informationsblatt zum Aufladen der Energie für den Umgang mit Gefühlen sowie Arbeitsblätter zu Energiequellen und Energiesauger, zu Schlafgewohnheiten sowie zu einem Schlafprotokoll, gefolgt von einem Informationsblatt dazu, was wichtig für einen guten Schlaf ist (325-331). Es folgen Arbeitsblätter mit einem Ernährungsquiz und zum Zusammenhang von Ernährung und Gefühle, zum Finden einer Aktivität sowie zur Planung und Aufrechterhaltung einer Aktivität und schließlich dazu, gemeinsam aktiv zu werden (332-340).
Das letzte Kapitel behandelt die Elternarbeit (Kapitel 11). Im Emotions-Sozialisations-Prozess kommen den Eltern bzw. primären Bezugspersonen ‚eine Schlüsselrolle als agierende und reagierende Instanzen im Umgang mit Gefühlen und den damit verbundenen Verhaltensweisen ihres Kindes zu‘ (341, mit Verweis auf Kullik & Petermann). Wichtig ist, dass Eltern Gefühle offen ausdrücken können und den Umgang mit dem gesamten Spektrum an Gefühlen zulassen können (mit Verweis auf Petermann & Wiedebusch). Die Materialien beinhalten grundlegende Information zur Entwicklung der Emotionsregulation, zu Grundbedürfnissen, zum aktiven Zuhören sowie zum Spiegeln von Gefühlen und Hinweise für einen förderlichen Austausch über Gefühle.
Die Arbeits- und Informationsmaterialien beginnen mit Informationsblättern zur Gefühlsregulation sowie zu Grundbedürfnissen, gefolgt von einem Arbeitsblatt zum Zusammenhang von Gefühlen und Grundbedürfnissen (344-350). Anschließend wird ein Informationsblatt zum aktiven Zuhören angeboten sowie ein Arbeitsblatt dazu, wie sich Rückmeldungen zu eigenen Gefühlen anfühlen, bevor Informationsblätter zum Spiegeln von Gefühlen, zum Sprechen über Gefühle und zur Visualisierung von Gefühlen bereitgestellt werden (351-358). Abgeschlossen wird das Kapitel mit Arbeitsblättern zum eigenen Umgang mit den belastenden Gefühlen des Kindes sowie zu schriftlichen Rückmeldungen über den Umgang des Kindes mit einem bestimmten Gefühl (359-361).
Diskussion
Grasmann, Felber & Euler liefern ein gelungenes Manual für den Aufbau von Kompetenzen im Umgang mit Gefühlen für Kinder und Jugendliche und integrieren dabei auf überzeugende Weise verhaltenstherapeutische, kognitive und achtsamkeits- bzw. akzeptanzbasierte Techniken. Zu Beginn jedes Kapitels erfolgt eine kurze und verständliche Darstellung der Inhalte, basierend auf einschlägigen und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zudem werden Hinweise auf vertiefende Literatur geliefert, wo es angebracht ist. Jedes Kapitel enthält eine Übersicht über die jeweiligen Arbeits- und Informationsmaterialien, zusammen mit kurzen, erläuternden Angaben. Die einzelnen Materialien sind ansprechend und informativ gestaltet und können direkt verwendet werden, durch entsprechende Kennzeichnungen werden sie u.a. für Therapeutinnen und Therapeuten, Kinder, Jugendliche oder Eltern ausgewiesen.
Das Thema Emotionsregulation ist für eine Vielzahl psychischer Störungen relevant, weshalb dieses Manual bald kaum mehr in einer kinder- und jugendlichenpsychotherapeutischen Praxis fehlen dürfte.
Fazit
Ein ausgesprochen empfehlenswertes Manual zur Förderung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen ab dem späten Grundschulalter, insbesondere für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
Rezension von
Dr. Philipp Thaler
Pädagoge an der Frühförderung Kinderhilfe Treuchtlingen / Verein für Menschen mit Körperbehinderung Nürnberg e.V., in Ausbildung zum psychologischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten am IVS in Fürth.
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Es gibt 13 Rezensionen von Philipp Thaler.
Zitiervorschlag
Philipp Thaler. Rezension vom 20.09.2024 zu:
Dörte Grasmann, Anke Felber, Felix Euler: Therapie-Tools Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen. Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2023.
ISBN 978-3-621-28827-9.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32006.php, Datum des Zugriffs 16.10.2024.
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