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Tobias Bernasconi: Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation

Rezensiert von Johanna Kohlstock, 24.07.2024

Cover Tobias Bernasconi: Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation ISBN 978-3-8252-6051-4

Tobias Bernasconi: Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation. Methoden und Einsatz in der Praxis. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2023. 188 Seiten. ISBN 978-3-8252-6051-4. D: 36,00 EUR, A: 37,00 EUR, CH: 45,30 sFr.
Reihe: UTB - 6051. Kommunikationshilfen, komplexe Behinderung, ICF.

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Thema

Das Buch „Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation“ befasst sich mit der Interventionsplanung und Kommunikationsförderung für Personen, die nonverbal kommunizieren. Das bedeutet, dass sie nicht, kaum oder nicht in jeder Situation auf Lautsprache und konventionelle Zeichen des Mitteilens zurückgreifen können. Häufig finden sich weitere erschwerte Bedingungen bei der Entwicklung und Realisierung von Kommunikation wie kognitive oder körperlich-motorische Beeinträchtigungen und Barrieren auf Seiten des Umfelds (Weid-Goldschmidt 2013). Der genannte Personenkreis benötigt daher zum Verstehen und Verstanden-Werden und für eine bessere kommunikative Teilhabe insgesamt lautsprachersetzende oder -ergänzende Formen, Mittel und Medien. Diese werden in der Pädagogik und Sprachtherapie des deutschsprachigen Raums als „Unterstützte Kommunikation“ (UK) zusammengefasst und bilden ein eigenes Fachgebiet innerhalb der Förder- und Inklusionspädagogik (Braun 2019).

Autor

Tobias Bernasconi ist Professor für Pädagogik und Rehabilitation bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung an der Universität zu Köln. Seine Arbeitsschwerpunkte umfassen unter anderem die Pädagogik für Menschen mit basal-elementaren Lernbedürfnissen, kognitiven Beeinträchtigungen und nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten.

Entstehungshintergrund

Die Unterstützte Kommunikation ist ein vergleichsweise junges Fachgebiet. Zudem schreitet die technische Entwicklung von UK-nutzbaren Medien und auch Diagnostikmöglichkeiten stetig voranschreitet, sodass im Laufe der letzten Jahre zahlreiche neue Verfahren und Programme zu UK-Diagnostik und Intervention entwickelt worden sind. Es besteht daher der Bedarf, einen Überblick über die nun gängigen Verfahren, aber auch neuere Entwicklungen zu geben und diese zu systematisieren. Der Diagnostik der kommunikativen Kompetenzen nonverbaler Personen kommt innerhalb der UK eine sehr wichtige Bedeutung zu, da sie den Ausgangspunkt einer durchdachten Kommunikationsförderung bildet, aber auch Bestandteil des fortlaufenden Beratungs- und Interventionsprozesses bleiben sollte.

Aufbau und Inhalt

Bernasconi führt zunächst in die Grundlagen der Unterstützten Kommunikation ein und legt neben theoretischen Aspekten zu Kommunikation und ihren Störungen die Zielgruppen der UK sowie gängige Methoden und Medien der UK dar. Es schließt sich ein weiteres Grundlagenkapitel an, das sich mit den Spezifika der Diagnostik und Interventionsplanung befasst. Dabei stellt der Autor zunächst ausführlich verschiedene entwicklungstheoretische Bezugsmodelle und Orientierungsrahmen vor, die im Modell der kommunikativen Kompetenz zusammengeführt werden, und umreißt dann Aspekte wie die Aufgaben, Fragestellungen und Ziele der UK-Diagnostik. Besonders hervorgehoben wird hier unter anderem die Einordnung von UK-Diagnostik als ein Element der Triade von Diagnostik, Beratung und Intervention sowie ihre Bedeutung als grundlegender, fortlaufender Bestandteil der UK-Förderung. Während der nachfolgende Abschnitt des Buchs die allgemeinen Verfahrensweisen der UK-Diagnostik wie Gesprächsanamnese oder Beobachtung in kurzer Form schildert, widmet sich Kapitel vier schließlich der Darstellung einer umfangreichen Anzahl spezifischer Verfahren der Diagnostik und Interventionsplanung.

Die jeweiligen Erläuterungen weisen eine große Anzahl, breite Fächerung und Aktualität der Verfahren auf, die je nach Fokus systematisiert sind in die Kategorien „Person“, „Situation“, „Umfeld“ sowie prozessübergreifende Verfahren, unter denen auch das von Bernasconi selbst gestaltete ABC-Modell aufgeführt ist (Bernasconi/​Sachse 2021). In Bezug auf die Vorgehensweisen, die die Person fokussieren, wird noch einmal gezielt berücksichtigt, inwieweit ein Einbezug der nonverbalen Person selbst hinsichtlich ihrer Kommunikationskompetenzen möglich ist. Das darauffolgende Kapitel gibt detaillierte Hinweise zu der ganz praktischen Gestaltung von Diagnostik und Interventionsplanung in der UK auf den Ebenen der beteiligten Personen, der strukturellen sowie der organisatorischen Rahmenbedingungen. Es schließen sich im nächsten Abschnitt Überlegungen zu der interdisziplinären Interventionsplanung und Teamarbeit an. Den Abschluss des Buchs bildet ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik und Interventionsplanung, welche in die Richtung von Tele-gestützter UK zielen. Der Begriff steht als „Oberbegriff für die Versorgung, Förderung und Begleitung von u.k. Personen unter Nutzung digitaler Medien“ (S. 135). Es werden unter anderem Anwendungsbereiche, technische Voraussetzungen und Tools sowie mögliche Zielgruppen der Tele-UK erläutert, aber auch Fragen der Wirksamkeit, Chancen und Grenzen eruiert.

Diskussion

Bernasconis neues Werk „Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation“ informiert kompakt und dennoch umfassend über das Themengebiet der UK-Diagnostik. Theoretische Grundlagen der Unterstützten Kommunikation werden dicht und verständlich vermittelt, Säulen und Spezifika der UK-Diagnostik ausführlich darlegt und die Bezüge zu Beratung und Intervention klar herausgearbeitet. Die sehr umfangreiche Zusammenstellung und Systematisierung spezifischer Diagnostikverfahren, einschließlich des angehängten Glossars, denkt ebenfalls Intervention stets mit und gibt einen ausgesprochen guten Überblick über eine große Bandbreite an etablierten wie neueren Verfahren, unter anderem über das eigene mit Sachse gemeinsam entworfene Modell (2021). Sehr positiv zu bemerken ist, dass Bernasconi die aktuelle und bisher wenig besprochene Möglichkeit von Tele-UK aufgreift und damit auch auf weitere zukünftige (digitale) Entwicklungen und Chancen der UK verweist. Die Lesenden erhalten eine sehr gute Orientierung über diagnostische Möglichkeiten in der UK, die in dieser Form und vor allem Aktualität bislang gefehlt hat. Damit wird eine Lücke in der Fachliteratur geschlossen, so dass das Buch auch für erfahrende Fachpersonen in der UK von Interesse sein kann, während die Ausführungen zu der praktischen Gestaltung von Diagnostik und Interventionsplanung sowie zu der interdisziplinären Interventionsplanung auch und insbesondere Berufsanfänger:innen und wenig UK-erfahrenden Fachkräften hilfreiche Anregungen bieten können.

Fazit

Tobias Bernasconi legt mit „Diagnostik und Interventionsplanung in der Unterstützten Kommunikation“ ein kompaktes, sehr systematisch aufgebautes Grundlagenbuch mit theoretisch und praktisch ausgerichteten Teilen vor, das sehr lesenswert ist. Von der Lektüre profitieren sowohl UK-erfahrenen Fachkräfte, die ihr Wissen zu UK- Diagnostik, Beratung und Intervention auffrischen und ihre Kenntnisse aktualisieren möchten als auch Personen, die sich neu in die Thematik einarbeiten.

Rezension von
Johanna Kohlstock
Förderschullehrerin und pädagogische Mitarbeiterin, Institut für Sonderpädagogik, Goethe-Universität Frankfurt am Main
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Es gibt 1 Rezension von Johanna Kohlstock.

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ISSN 2190-9245