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Martina Hörmann, Dominik Tschopp et al.: Digitale Beratung in der Sozialen Arbeit

Rezensiert von Mag. Dr. Karlheinz Benke, 10.04.2024

Cover Martina Hörmann, Dominik Tschopp et al.: Digitale Beratung in der Sozialen Arbeit ISBN 978-3-17-042176-9

Martina Hörmann, Dominik Tschopp, Joachim Wenzel: Digitale Beratung in der Sozialen Arbeit. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2023. 134 Seiten. ISBN 978-3-17-042176-9. 19,00 EUR.
Reihe: Soziale Arbeit - kompakt & direkt.

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Thema

Das Taschenbuch „Digitale Beratung in der Sozialen Arbeit“ vermittelt laut Eigendefinition im Vorwort „eine vertiefende Bearbeitung spezieller Themen- und Fragestellungen aus der Sozialen Arbeit und ihren Bezugsdisziplinen“ (S. 5) „kompakt & direkt“ und schafft auf 134 Seiten einen aktuellen, vertiefenden Abriss zur Verknüpfung beider Arbeitsfelder nicht nur „für Studierende … sondern auch für Berufseinsteiger*innen und Praktiker*innen“.

Autor:innen

Prof. Dr. Martina Hörmann lehrt und forscht zu Beratung an der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Dominik Tschopp ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter im Digital Competence Hub.

Dr. Joachim Wenzel ist Lehrender für systemische Therapie und Beratung (DGSF) und Mitglied der Institutsleitung des ifs Essen.

Entstehungshintergrund

Befeuert durch die Pandemie der letzten Jahre vollzog sich eine zunehmend raschere Verbreitung von „Beratung im digitalen Setting“ in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit, was das Autorenteam zum Anlass nahm, den vorliegenden kompakten Überblick zu verfassen. Eine Autor*innen-Zuteilung für einzelne Kapitel ist nicht ausgewiesen.

Aufbau

Nach der Einführung im 1. Kapitel (Niedrigschwelligkeit bzw. Digitalisierung, Mediatisierung) skizziert Kapitel 2 „Niedrigschwellige Zugänge – Beratung im Digitalen Setting“ (Mail, Chat, Video, Messenger, Telefon – Anonymität, Beziehung), bevor sich Kapitel 3 mit „Digital und analog im Mix – Blended Counseling“ dem vom Umfang her betrachtet klaren Fokus den „Varianten von Blended Counseling“ bzw. dem „dreidimensionalen Blended Counseling Modell“ widmet.

Kapitel 4 umreißt mit „Vertraulichkeit auch im Digitalen Raum: Datenschutz“ die Datenschutzgrundverordnung/​DSGVO sowie Maßnahmen zur (persönlichen) Datensicherheit/​-sicherung sowie auch den Aspekt deren Kosten bzw. Finanzierung.

Das 5. KapitelTechnik für die Beratung im digitalen Setting“ beschreibt die Anforderungen an eine „Webbasierte Beratungssoftware“ (u.a. Bedienungsfreundlichkeit, Passung bzw. Einbettung in die Organisation in Abhängigkeit der im Kapitel 2 beschriebenen und verwendeten Beratungstools sowie deren implizite, erweiterte Möglichkeiten und aktuelle technische Entwicklungen).

Schlusskapitel 6 denkt im „Ausblick: Zukunftsentwicklungen in der Beratung“ an und schielt dabei noch einmal auf technische und ethische Fragen, konstatiert eine allgemeine (dringend notwendige) Modernisierung der Rahmenbedingungen des psychosozialen Beratungssystems vor dem Hintergrund der gleichzeitig stattfindenden, beschleunigenden Entwicklungen in der Videoberatung bzw. im Blended Counseling. Zusammen mit einer fortentwickelten Fachlichkeit kann der Anspruch der Sozialen Arbeit eingelöst werden, möglichst viele „Menschen differenziert zu erreichen“.

Inhalt

„Beratung im digitalen Setting“ (die ist der Terminus Technicus der Autor*innen) in der Sozialen Arbeit an sich ist eng verknüpft mit den gesellschaftlichen Transformationsprozessen der Mediatisierung (zeitlich-räumlich-soziale Durchdringung des Alltags mit Medien) und der Digitalisierung (wie bspw. der Umgang von Organisationen mit der Digitalisierung, S. 14f).

Gerade in Anbetracht der rasant wachsenden Nutzung des Internets bedeutet eine Nichtnutzung denselben sozialen Ausschluss. Insofern ist das Statement „Soziale Teilhabe bedingt zunehmend digitale Teilhabe“ (S. 12) quasi als roter Faden eines Buches zu verstehen, das sich um die Etablierung von digitaler Beratung annimmt und offenlegt, was es braucht, um im Sinne der Klient*innen einen „digital divide“ zu verhindern und zugleich breite Zugangsmöglichkeiten zu schaffen. Wie sehr klassische Onlineberatung nach wie vor Ausgangspunkt für eine Beratung von Angesicht-zu-Angesicht sein kann und eben diese angestrebte Zugangsmöglichkeit schafft, zeigen im Fallbeispiel „girl08berlin“ ein niedrigschwelliger Zugang und eine gelungene Erstantwort.

Eine Beziehungsentwicklung zwischen den beiden Dialogpartner*innen kann nach dieser geschaffenen Zugangsmöglichkeit dann stattfinden, wenn das Setting von „Vertrauen“ gekennzeichnet ist: nämlich in sein Gegenüber ebenso (Stichwort Beziehungsaufbau) wie in die Sicherheit und den Schutz der persönlichen Daten.

Der knappe (u.a. tabellarische) Überblick zu gängigen Beratungsformaten wie Mail-, Chat-, Video-, Messenger- und Telefonberatung mit ihren unterschiedlichen „Vorteilen/​Nachteilen/​Anforderungen“ macht deutlich, wie unterschiedlich jedes Tool in seinen Voraussetzungen bzw. in seiner jeweiligen Handhabung ist.

Denn Ziel jeglicher Beratungsangebote in der Sozialen Arbeit sollte sein, bestehende Hemmschwellen über „einfache Erreichbarkeit, gute Auffindbarkeit und unkomplizierte Möglichkeiten des Erstkontakts“ (S. 35) sowie eine entsprechende Bedienungsfreundlichkeit der Webseite (S. 100 f.) flach zu halten. Gerade weil es nach wie vor vielen Klient*innen schwer fällt, Beratungsangebote aufzusuchen bzw. anzunehmen, sind vor allem die verschiedenen Formen von „Anonymität“ (S. 39 f.) bzw. die „Niedrigschwelligkeit (oder auch: Niederschwelligkeit) … ein Qualitätskriterium für Beratungsangebote“ (S. 35).

Neben einer zeitlichen Komponente kommt in jedem Beratungsprozess aber auch dem „Raum“ vielfältige und „besondere“ Bedeutung zu. Nämlich insofern, als jenseits es abseits des Nähe-Distanz-Paradoxons (persönliche Nähe trotz räumlicher Distanz zu erleben) schließlich „in der Begegnung im schriftsprachlichen anonymen virtuellen Raum … insbesondere um einen professionellen Umgang mit eigenen Bildern und Vorannahmen“ geht, zumal ja gerade Texte „stets Raum für Interpretationen lassen“ (S. 42).

Ein Beispiel aus der Schulsozialarbeit zeigt die Einbindung von digitalen Medien in den Beratungsalltag in der Schule und damit die Chancen des Blended Counseling praxisnah auf – und zwar, indem es Bezug nimmt „auf die Lebenswelt der Klient*innen, d.h. auf deren Mediennutzung im Alltag, deren Präferenzen in Hinblick auf kommunikative Settings und auf weitere Aspekte, die Grundlage für die Konzeption eines möglichst passgenauen Beratungsprozesses sind“ (S. 49). Im Weiteren verleihen die Überschriften „Ausgangspunkte“ wie auch „Varianten“ und das „dreidimensionale Modell“ dem Kapitel zum „Blended Counseling“ auch vom Umfang her mit 28 Seiten Gewicht. Dabei dürfte sich der „Raster Blended Counseling-Szenario“ (S. 70) als hilfreiche Arbeitsunterlage für die Ersteinschätzung von BC-Szenarien erweisen, zwei Fallbeispiele aus der Sucht- bzw. Mütter-Väter-Beratung (S. 72 f.) lassen ihrerseits die individuelle Nutzung von Beratungsformaten „im Zeitverlauf“ sichtbar werden.

Unter der Überschrift „Vertraulichkeit auch im digitalen Raum: Datenschutz“ spielt neben Fachlichkeit und ethischen Fragen zum „Schutz der Privatsphäre“ (S. 77f) v.a. der technische Aspekt (vgl. DSGVO, S. 79f) eine Rolle. Unter diesen Aspekten erweisen sich auch die Fragesammlung „Welche Pflichten gibt es für die Verantwortlichen?“ (S. 82) oder die Grobstruktur für ein zu erstellendes „Datenschutz- und Datensicherheitskonzept“ (S. 85) zum Schutz personenbezogener Daten bzw. die siebzehn „Fragen zum Umgang personenbezogener Daten und Geheimnissen“ (S. 86f) als hilfreiche Basics einer Qualitätssicherung. Dass solch qualitätsbasierte Maßnahmen bzw. die Rahmengestaltung direkte wie indirekte Kosten verursachen, zeigt das Unterkapitel „Kosten und Finanzierung“ (S. 88ff).

Das Kapitel „Technik für die Beratung im digitalen Setting“ stehen zunächst die Bedeutung eines möglichst passgenauen Angebots (Individualsoftware oder Standardsoftware, Tools oder Plattformen, Einzel- oder Systemlösung) gemeinsam mit den nötigen „Anforderungen an eine Beratungssoftware“ (S. 97f) wie funktionale Passung, Datenschutz, Bedienungsfreundlichkeit und organisationale Einbettung im Fokus. Und dies unter nochmaliger spezifizierter Bezugnahme auf die jeweiligen stimm-, text- und bildbasierten Beratungsformate einschließlich Verweis auf Chatbots (S. 108) und Avatar-basierter Beratung (S. 116).

Das Abschlusskapitel „Ausblick: Zukunft der Beratung“ resümiert nochmals über die Qualitätsstandards Fachlichkeit, ethische und technische Fragen die Chancen für eine breite Zielgruppenerreichung.

Eine 10-seitige Literaturliste rundet das Werk ab.

Diskussion

Als persönlich kleinen Wermutstropfen nimmt der Rezensent ein eher „puzzlehaft-zerfleddert“ wirkendes Layout wahr, in dem auch der Text komprimiert gehalten ist. Inwieweit dabei eine Vielfalt wie Vielzahl „grauer Merk-, Hinweis- und Beispiel-Kästchen, Leit- und Reflexionsfragen, Überblicke und (am Ende des jeweiligen Kapitels quasi doppelt-geführte) Literaturhinweise einen echten Mehrwert hinsichtlich Strukturierung und besserer Lesbarkeit oder leichterer Fassbarkeit der Inhalte bieten, werden die Leser*innen für sich beantworten.

Fazit

Das handliche Fachbuch der Autor*innenschaft wird mit Sicherheit dem Anspruch der Reihe „Soziale Arbeit: kompakt & direkt“ gerecht und bietet einen hilfreichen Einstieg und zahlreiche genannte, wertvolle Anregungen im Sinne von 'Merk- oder Checkhilfen' in ein sehr komplexes Arbeitsfeld – der „Digitalen Beratung in der Sozialen Arbeit“ bzw. der (Rahmen)Bedingungen, die an eine gelingende digitale Kommunikation geknüpft sind.

Rezension von
Mag. Dr. Karlheinz Benke
zertifiz. Berater online und offline, Reform/Pädagoge, Autor (u.a. „Digitale Beratung: online beraten, 2014“), Lektorate zu Online/Digitale Beratung, Sozialzentrumsleiter
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Es gibt 3 Rezensionen von Karlheinz Benke.

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ISSN 2190-9245