Marlene Streeruwitz: Handbuch gegen den Krieg
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 03.06.2024
Marlene Streeruwitz: Handbuch gegen den Krieg. Fischer Taschenbuch Verlag (Frankfurt) 2024. 80 Seiten. ISBN 978-3-596-71067-6. D: 16,00 EUR, A: 16,50 EUR.
Krieg und Frieden
Weil Kriege in den Köpfen der Menschen entstehen, müssen auch Friedensbewusstsein und -wille in den menschlichen Verstand gebracht werden! Mit dieser, aus der Verfassung der UNESCO vom 16. November 1945 entlehnten Aufforderung wird deutlich, dass menschliches Leben und Bewusstsein durch Bildung und Erziehung verändert werden kann. Der anthrôpos, der vernunftbegabte Mensch, ist in der Lage, Gut von Böse zu unterscheiden und in friedlicher Gemeinschaft mit den Mitmenschen und der Umwelt zu leben. Dort, wo diese Ethik verletzt wird, braucht es die Erkenntnis, dass eine friedliche, gerechte Existenz die einzige Möglichkeit für ein humanes Zusammenleben der Menschen ist. Frieden, als Menschheitsgut, wird im anthropologischen Diskurs eindeutig benannt. Beim Internationalen Kongress „Frieden im Denken der Menschen“ (1989) wird Frieden allumfassend definiert, als Ehrfurcht vor dem Leben, als das kostbarste Gut der Menschheit, mehr als das Ende bewaffneter Auseinandersetzung, als ganz menschliche Verhaltensweise, als tiefverwurzelte Bindung an die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Gleichheit und der Solidarität zwischen allen Menschen, als eine harmonische Partnerschaft von Mensch und Umwelt.
Entstehungshintergrund und Autorin
Mit dem erstmals 2022 erschienenem Essay „Handbuch gegen den Krieg“ reagiert die Wiener Kunstgeschichtlerin, Slawistin und Schriftstellerin Marlene Streeruwitz auf den russischen Krieg gegen die Ukraine. Sie zeigt auf, dass in der Geschichte der Menschheit immer wieder gewaltsame, kriegerische Konflikte auftreten und der Friedensgedanke zu kurz kommt. „Wir wissen, was Krieg ist“. In historischen und aktuellen Informationen und Bildern sind die Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten präsent. Es sind Ohnmächte, die wir dabei spüren, aber auch nationalistische, rassistische und egoistische Empfindungen, die zu der manipulierten, ethnozentristischen Einstellung führt: Es gibt den gerechten Krieg!
Aufbau und Inhalt
Die Autorin nennt es „Handbuch“, mit dem sie in kurzen, prägnanten Sätzen die Gräuel des Krieges benennt: „Krieg ist das Gegenteil von Zivilisation“ – „Krieg ist das Gegenteil von Ethos“ – „Krieg ist das Gegenteil von Demokratie“ – „Krieg ist künstliche Psychose“ – „Krieg ist die Grammatik der Mächtigen“ – „Krieg ist das Gegenteil von Leben“… Es sind Wahrheiten, die uns bekannt sind, und doch fallen wir immer wieder herein auf Manipulationen, Propaganda und Fake News.
Diskussion
Die Abwehrmechanismen gegen gewaltsame, kriegerische Konflikte münden allzu oft in Erklärungen, die sich als das Sprichwort darstellen: „Der Mensch kann nicht in Frieden leben, wenn der böse Nachbar es nicht will!“. Im alltäglichen und wissenschaftlichen Diskurs sind Ausreden und Analysen an der Tagesordnung. Bei den Antonymen „Krieg und Frieden“ kommen präventive, argumentative Prozesse über Friedensbewusstsein und Menschenwürde oft zu kurz. „Die Anerkennung der allen Mitgliedern der menschlichen Familie innewohnenden Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte bildet die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt“ – dieses Menschenrecht wird missachtet, wenn Krieg ist.
Im öffentlichen Diskurs über Recht und Unrecht in der Welt melden sich Legionen von Friedensdenkern und Kriegsverachtern zu Wort:
- Guido Knopp u.a., Der Heilige Krieg. Mohammed, die Kreuzritter und der 11. September, 2012, www.socialnet.de/rezensionen/​14134.php;
- Dierk Spreen, u.a., Krieg und Zivilgesellschaft, 2013, www.socialnet.de/rezensionen/​14580.php;
- Felix Wassermann, Asymmetrische Kriege, 2015, www.socialnet.de/rezensionen/​19529.php; Alexander Denzler u.a., Kinder und Krieg, 2016, www.socialnet.de/rezensionen/​21887.php;
- Joseph-Achille Mbembe, Politik der Feindschaft, 2017, www.socialnet.de/rezensionen/​23618.php;
- Kardin Schwarz, Hasskrieger, 2020, www.socialnet.de/rezensionen/​26718.php;
- Carlo Masala, Weltunordnung, 2022, www.socialnet.de/rezensionen/​30294.php;
- Gert Hellerich, Von einer Logik des Krieges zu einer Logik des Friedens, 2023, www.socialnet.de/rezensionen/​31465.php.
Fazit
Handbücher erheben den Anspruch, Fakten, Ereignisse und Zustände auf den Punkt zu bringen. Das „Handbuch gegen Krieg“ eignet sich für die private und öffentliche Diskussion und Auseinandersetzung, und sie bietet sich an, im schulischen Diskurs Argumente für Friedensbewusstsein, -denken und -handeln eingesetzt zu werden.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 03.06.2024 zu:
Marlene Streeruwitz: Handbuch gegen den Krieg. Fischer Taschenbuch Verlag
(Frankfurt) 2024.
ISBN 978-3-596-71067-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32043.php, Datum des Zugriffs 14.01.2025.
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