Sybille Schmitz: Kindliches Verhalten verstehen – Bedürfnisse erkennen
Rezensiert von Alexandra Großer, 22.07.2024

Sybille Schmitz: Kindliches Verhalten verstehen – Bedürfnisse erkennen.
Don Bosco Verlag
(München) 2024.
45 Seiten.
25,00 EUR.
45 Fotokarten für Teamarbeit und Elterngespräch, EAN: 4260179514753.
Thema
Kindliches Verhalten kann uns in der pädagogischen Arbeit irritieren. Oftmals machen Kinder uns mit ihrem Verhalten auf unbeantwortete Bedürfnisse aufmerksam. Es liegt an uns diese zu verstehen und adäquat zu beantworten. Das Kartenset enthält 27 Bedürfniskarten, mit einer Auswahl verschiedener Bedürfnisse und ihren Ausdrucksformen sowie 18 Sinnes- und Wahrnehmungskarten. Das Arbeitsmaterial bietet neben intensiven Fotomotiven Reflexionsimpulse und methodische Hinweise für die pädagogische bedürfnisorientierte Arbeit, Elternzusammenarbeit, Hilfeplangespräche, Team- und Fallbesprechungen sowie für die Fort- und Weiterbildungen.
AutorIn
Sybille Schmitz ist Logopädin, systemische Beraterin und Familientherapeutin. Sie studierte Psycholinguistik und Sozialpsychologie an der LMU München. Sie ist freiberuflich als Referentin und Trainerin für frühpädagogische Fachkräfte tätig.
Aufbau und Inhalt
Das Kartenset besteht aus 45 Fotokarten und einem ausführlichen Booklet mit 38 Seiten. Das Kartenmaterial enthält 26 Bedürfniskarten, 14 Sinneskarten und 4 Karten zur sensomotorischen Integration. Das Downloadmaterial, welches auf der Seite des Verlags mittels Downloadcode heruntergeladen werden kann, enthält den Baum der kindlichen Entwicklung mit ausführlicher Erklärung sowie ein Kreisdiagramm für die Erstellung einer Bedürfnisbilanz.
Die Bedürfniskarten enthalten „eine umfassende Sammlung der wichtigsten kindlichen Bedürfnisse“ (S. 15). Auf den Vorderseiten der Bedürfniskarten ist jeweils ein Fotomotiv abgebildet, welches das jeweilige Bedürfnis auf der Rückseite darstellt. Neben der Benennung des Bedürfnisses auf der Rückseite „werden die verschiedenen Ausprägungen menschlichen Erlebens und Empfindens rund um das Bedürfnis entfaltet“ (ebd.).
Die 14 Sinneskarten beinhalten die sieben Wahrnehmungsbereiche. Zu jedem Wahrnehmungsbereich gibt es zwei Sinneskarten. „Auf der ersten Karte befindet sich ein Foto und eine ausführliche Beschreibung“ (ebd.) zum jeweiligen Sinn. Auf der zweiten Karte befinden sich mehrere Fotos, die verschiedene Aktivitäten der Sinneswahrnehmung zeigen. Die Rückseite dazu enthält Reflexionsfragen „zu den einzelnen Sinneserfahrungen“ (ebd.) sowie Praxisanregungen. Besprochen werden der Gleichgewichtssinn, Tast- und Berührungssinn, Hören, Kraft-, Stell- und Bewegungssinn, Sehen, Riechen und Schmecken.
Die 4 Karten zur sensomotorischen Integration erklären, „was sensomotorische Integration bedeuten kann und wie alle sieben Wahrnehmungsbereiche zusammenspielen“ (ebd.). Auf der ersten Karte befindet sich ein Fotomotiv, auf den anderen 3 Karten jeweils verschiedene Fotomotive.
Bevor die Autorin in der beiliegenden Broschüre Hinweise zu den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten gibt, führt sie in die „bedürfnisorientierte, integrative Erziehung“ (S. 5) ein und stellt in diesem Zusammenhang den „Baum der kindlichen Entwicklung“ vor. Das Schaubild, welches zum Download zur Verfügung steht, stellt die Entwicklung und „inneren Reifungsprozesse der Kinder“ (S. 6) dar. „Die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Sonnenlicht (Feuer), die dem Baum das Wachsen ermöglichen, stehen für die Bedürfnisse der Kinder und ihre Erfahrungen, die sie mit anderen Menschen und ihrer Umgebung machen“ (S. 6). Die Wurzeln stehen für die „Sinneserfahrungen, geistige Entwicklung, Hirnreifung, sozial-emotionale Entwicklung“ (ebd.). Im Zusammenhang mit dem Kartenset veranschaulichen die Bedürfniskarten „die vier Elemente (Erde, Wasser, Luft und Sonne (Feuer), die den Baum nähren“ (S. 7), und die Sinneskarten die „Ausdifferenzierung der Wurzeln des Baumes“ (ebd.). „Die Bedürfniskarten geben einen differenzierten Überblick darüber, was Kinder brauchen, um sich entwickeln zu können, und darüber, was Kinder motiviert und antreibt“ (S. 9). Die Sinneskarten helfen „die Vernetzung der Wahrnehmungssinne (sensomotorische Integration) ins Zentrum des pädagogischen Angebots zu stellen und den Kindern genau dort zu begegnen, wo sie mit ihrer Wahrnehmungsverarbeitung stehen“ (S. 12 f).
Des Weiteren gibt Sybille Schmitz im Booklet Hinweise zur Handhabung und zum Einsatz der Karten. Die Karten können zur Team- und kollegialen Beratung, in der Elternarbeit, in Fort- und Weiterbildungen eingesetzt werden. Die Bedürfniskarten eigenen sich auch für den Einsatz im Hilfeplangespräch.
Bevor sie konkret auf die verschiedenen Einsatzbereiche eingeht, empfiehlt die Autorin sich in drei Schritten mit dem Kartenset vertraut zu machen. Dazu hat sie Reflexionsfragen entwickelt, für die Auseinandersetzung mit den einzelnen Bedürfnissen und zur Selbstreflexion. Anschließend stellt sie für die verschiedenen Einsatzbereiche in der pädagogischen Praxis methodische Vorgehensweisen vor. Anhand eines Praxisbeispiels zeigt sie, wie die Bedürfniskarten in der Analyse einer Fallbesprechung eingesetzt werden können. Im Entwicklungsgespräch kann mithilfe der Bedürfniskarten eine „Bedürfnisbilanz“ (S 23 f.) mit den Eltern erstellt werden. Im Zusammenhang mit dem „Baum der kindlichen Entwicklung“ geben die Bedürfniskarten „wichtige Anhaltspunkte, um die Situation des Kindes zu verstehen, seine wichtigsten Bedürfnisse exakt zu benennen und sein Verhalten nachzuvollziehen“ (S. 27).
Ebenso lassen sich die Sinneskarten „zur Reflexion der pädagogischen Arbeit“ (S. 28) für „Team- und Fallbesprechungen“ (ebd.) einsetzen. Hierzu finden sich ebenso Reflexionsimpulse wie für die Bedürfniskarten. Sybille Schmitz lädt in der weiteren Beschreibung der Einsatzmöglichkeiten zu einem „sinnlichen Elternabend“ (S. 30) ein, mit methodischen Hinweisen für die Durchführung.
Diskussion
Broschüre und Kartenset unterstützen die Beobachtung und Planung des pädagogischen Alltags. Mithilfe des Baums der Entwicklung und den verschiedenen Bedürfniskarten lassen sich die individuellen Bedürfnisse der Kinder erkennen, „Einflussfaktoren, Wechselwirkungen und Zusammenhänge kindlichen Aufwachsens“ (S. 5) identifizieren. Die Bedürfniskarten stellen eine Auswahl verschiedener Bedürfnisse dar und geben einen schnellen Überblick darüber, wie sich das Bedürfnis ausdrücken kann und was es für das Kind bedeutet. Die Sinneskarten mit ihren Reflexions- und Beobachtungsfragen auf der Rückseite bereichern die pädagogische Arbeit als auch die Beispiele für Angebote. In der praktischen Anwendung geben die Karten Hinweise darauf, womit sich Kinder beschäftigen, was ihre Themen sind und welche Bedürfnisse sie versuchen zu erfüllen, auch wenn dies nicht bei jedem Kind auf den ersten Blick ersichtlich ist.
Fazit
Das Kartenset enthält viele Ideen und methodische Hinweise für die genannten Einsatzbereiche. Es bereichert die pädagogische Arbeit Kinder bedürfnisorientiert in ihrer Entwicklung zu begleiten. Auch für Aus-, Fort- und Weiterbildung ist das Kartenset eine Bereicherung.
Rezension von
Alexandra Großer
Fortbildnerin, päd. Prozessbegleiterin, systemische Beraterin
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