Martin Herberg: Humor als therapeutische Ressource
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Ruth Hampe, 29.05.2024
Martin Herberg: Humor als therapeutische Ressource. Ratgeber für die Betreuung von Menschen mit Demenz.
Mabuse-Verlag GmbH
(Frankfurt am Main) 2023.
193 Seiten.
ISBN 978-3-86321-648-1.
D: 24,00 EUR,
A: 24,70 EUR,
CH: 23,02 sFr.
Reihe: Erste Hilfen - Band 20.
Thema und Autor
Es handelt sich um ein Buch aus der Praxis und für die Praxis, indem der Autor Martin Herberg mit vielen Praxisbeispielen belegt, wie Humor eine therapeutische Funktion bei Menschen mit dementiellen Erkrankungen einnehmen und wie man Menschen mit Demenz begegnen bzw. mit ihnen in Kommunikation treten kann.
Aufbau
Das Buch ist übersichtlich gestaltet und gliedert sich in sieben Kapitel, d.h.:
- Einleitung
- Grundsätzliches zum Humoreinsatz in der Demenzbegleitung
- Witze, die wehtun. Zur Vermeidung unangemessener Formen von Humor
- Tipps für die humorvolle Gestaltung der Beschäftigungsangebote
- Humor als Bewältigungsstrategie in Problemsituationen
- Auf dem Weg zur humorfreundlichen Organisation
- Schluss: Humor, ein heiterer Alleskönner
Mit zwei Anhängen werden zudem eine Anleitung zum Einsatz von Humor sowie ein achtstufiges Humortraining vorgestellt. Eine ausführliche Literaturliste und ein Register mit Begriffen zum leichteren Finden von Sachthemen im Buchtext runden diese Publikation ab.
Inhalt
In der Einleitung geht der Autor auf wesentliche Sachthemen zur Betreuungskultur von Menschen mit Demenz und der pflegewissenschaftlichen Forschung zur demenztherapeutischen Aktivierung ein. In dem Zusammenhang stellt er den Beruf der Betreuungskräfte nach §43 b) SGB XI als festen Bestandteil der Demenzversorgung vor sowie die Bedeutung von Humor in diesen Kontexten, und zwar unter der Fragestellung eines therapeutischen Humors in Bezug auf unterschiedliche Funktionen. Dazu gehören angesichts eines veränderten Humors bei demenzbetroffenen Menschen beispielsweise:
- Humor als Motivationsquelle
- Humor als heiterer Kreativförderer
- Humor als Puffer gegen Scham
- Humor als heiterer Konfliktregulierer
- Humor als Ventil.
In der Hinsicht soll das Buch mit vielen praxisorientierten Beispielen motivieren, Humor einzusetzen und gibt dafür Anleitungen.
Mit dem 2. Kapitel werden grundsätzliche Aspekte im Humoreinsatz bei Demenzbegleitung exemplarisch dargelegt. Es geht um einen authentischen Humor und keineswegs um ein Witzigsein bzw. auch um die Motivation von Bewohnern ihre Humorideen zu äußern. Wie dies im Einzelnen der Fall sein kann, wird anhand einiger Fallbeispiele veranschaulicht. In dem Zusammenhang sind auch Humorgrenzen zu respektieren bzw. die Subjektivität einzelner Bewohner:innen.
Was zu vermeiden sein sollte, wird im 3. Kapitel thematisiert, gerade bezogen auf eine personenzentrierte Betreuung. So werden beispielsweise ein belehrender Humor oder ein infantilisierender Humor als problematisch benannt.
Dagegen werden im 4. Kapitel Tipps im Rahmen von Beschäftigungsangeboten gegeben. Dies betrifft kognitives Training, Humor und Musik, Humor und Gymnastik, Humor beim Basteln und kreativen Gestalten. Entsprechende Praxisbeispiele unterlegen diesen Ansatz und geben Hinweise einer praktischen Umsetzung wie beispielsweise unter Einsatz von Requisiten, lustigen Bildmaterialien, Puppen, bekannten Liedern, Tänzen, Pantomime, Spielen, Geschichten u.a. Diese Darlegung ist facettenreichen und vermag vielschichtige Anregungen für die Praxis zu geben.
Mit dem 5. Kapitel wird die Bedeutung von Humor als Bewältigungsstrategie in Problemsituationen behandelt, und zwar bei Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen wie Agiertheit, Enthemmung, emotionaler Labilität, Aggressivität, Ängste. Die Bedeutung eines Perspektivwechsels als „Reframing“ der Situation mittels des Einsatzes von Humor wird weiterhin herausgestellt. Die unterschiedlichen Praxisbeispiele zu Problemsituationen geben wesentliche Hinweise für die Arbeit mit an Demenz erkrankten Bewohner:innen. In dem Zusammenhang wird betont, dass Humor inkludierend sein sollte. In der Wahrnehmung, dass Menschen mit Demenz vulnerabel sind, ist Humor feinfühlig einzusetzen. Auch ein Lächeln und Geduld können dabei hilfreich sein.
Mit dem 6. Kapitel wird eine humorfreundliche Organisation angesprochen, d.h. auch im Sinne eines Humormanagements, was Kommunikations- und Diskussionsprozesse, eine aktive Unterstützung von Führungskräften betrifft, aber auch die Weitergabe und Dokumentation zum erfolgreichen humorvollen Miteinander mit Bewohner:innen, und zwar als Information für Mitarbeiter:innen angelegt. Unter dem Aspekt geht es zudem um Personalmanagement und die Bereitstellung von Ressourcen für Mitarbeiter:innen. Im Hinblick darauf gilt es in einer Institution ein gemeinsames Humorkonzept zu formulieren, bzw. dass Vorgesetzte humorfreundlich sein sollten, und zwar zum Wohlbefinden der Bewohner:innen. In der Pflegedokumentation wäre von daher auch das Thema Humor zu integrieren. Weiterbildungsmaßnahmen könnten weiterhin die Förderung von Humor in der Arbeit mit dementiell erkrankten Menschen unterstützen. Dafür Ressourcen bereitzustellen beinhaltet einen wesentlichen Faktor, wie einzelne aufgelistete Punkte darlegen.
Im 7. Kapitel wird nochmals auf die salutogenetische Kraft des Humors Bezug genommen. „Leben im Augenblick“, wie es vielfach bei dementiell erkrankten Menschen der Fall ist, gilt es mit Humor eine heitere Wendung zu geben. Von daher ist Humor ein Arbeitswerkzeug für Betreuungskräfte, aber es kann auch für das Personal hilfreich sein, um psychosoziale Belastungen, wie Resignation, emotionale Erschöpfung und Burn-out, besser verarbeiten zu können. Was das im Einzelnen bewirken kann, wird anschaulich aufgelistet.
Diskussion
Unter dem Gesichtspunkt wird Humor als reflektierte therapeutische Praxis herausgestellt, und zwar bezogen auf die Lebensqualität dementiell veränderter Menschen in ihrer Beziehung zu anderen. Der Einsatz von Humor wird allgemein als wohlwollend, aktivierend und geprägt von gegenseitiger Sympathie wahrgenommen. Es geht auch um die Verbesserung der Qualität der Betreuung, wobei der Humor auf die Bedürfnisse der Bewohner:innen abgestimmt sein sollte. In dem Sinne wird ein gewisses Maß an Heiterkeit im Miteinander herausgestellt, auch um einen Schlüssel zu den Emotionen der Bewohner:innen und ihren psychischen Ressourcen zu finden. Mit dem Anhang zum Humor-Standard für die Betreuung von Menschen mit Demenz sowie mit dem achtstufigen Humortraining für Betreuungskräfte wird die Notwendigkeit einer Ausbildung und Sensibilisierung für diesen Bereich der Begleitung über den Einsatz von Humor nochmals abgerundet und perspektivisch erläutert.
Fazit
Zusammenfassend handelt es sich um ein sehr empfehlenswertes Buch für die Praxis von Betreuungskräften, des Personalmanagements, aber auch für die Ausbildung von Pflegekräften und für die Begleitung von Angehörigen. Es ist praxisorientiert und vermittelt zugleich ein theoretisches Kontextwissen.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Ruth Hampe
Mailformular
Es gibt 19 Rezensionen von Ruth Hampe.
Zitiervorschlag
Ruth Hampe. Rezension vom 29.05.2024 zu:
Martin Herberg: Humor als therapeutische Ressource. Ratgeber für die Betreuung von Menschen mit Demenz. Mabuse-Verlag GmbH
(Frankfurt am Main) 2023.
ISBN 978-3-86321-648-1.
Reihe: Erste Hilfen - Band 20.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32121.php, Datum des Zugriffs 11.11.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.