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Susanne Annies: Selbstwertübungen

Rezensiert von Dipl.-Kunsttherapeutin Evi Selmeier, 26.02.2025

Cover Susanne Annies: Selbstwertübungen ISBN 978-3-608-40180-6

Susanne Annies: Selbstwertübungen. Ein Arbeitsbuch für die Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Schattauer (Stuttgart) 2024. 256 Seiten. ISBN 978-3-608-40180-6. D: 38,00 EUR, A: 39,10 EUR.

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Thema

Das Arbeitsbuch Selbstwertübungen von Susanne Annies widmet sich der Förderung des Selbstwertgefühls bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Der Selbstwert ist ein zentrales Element der psychischen Gesundheit und beeinflusst zahlreiche Lebensbereiche, von zwischenmenschlichen Beziehungen bis hin zur persönlichen Leistungsfähigkeit. Gerade in der Psychotherapie ist die Arbeit am Selbstwert essenziell, da ein geringes Selbstwertgefühl mit verschiedenen psychischen Störungen in Verbindung gebracht wird, wie beispielsweise Angststörungen oder Depressionen. Das Buch bietet praxisorientierte Übungen, die eine gezielte Stärkung des Selbstwerts ermöglichen.

Autor:in oder Herausgeber:in

Dipl.-Psych. Dr. phil. Susanne Annies ist Psychologische Psychotherapeutin. Sie arbeitet mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in eigener Praxis mit verhaltenstherapeutischem Schwerpunkt in Haidmühle. In ihrer Arbeit legt sie besonderen Wert auf die individuellen Ressourcen ihrer Patient:innen sowie auf den systemischen Bezug.Neben ihrer Tätigkeit als Psychotherapeutin ist sie als Dozentin in der Ausbildung für Psychologische Psychotherapeuten an verschiedenen Ausbildungsinstituten tätig. Sie ist Supervisorin und Psychottraumatherapeutin.

Entstehungshintergrund

Das Selbstkonzept sowie der Selbstwert werden früh geprägt und beeinflusst das Leben maßgeblich. Ein negatives Selbstkonzept kann ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen sein. Das Thema richtet sich an alle Altersgruppe und hat im klinischen Setting eine hohe Relevanz. Die Autorin widmet sich dem Thema umfassend und bietet einen breiten Schatz an theoretischem und praktischem Wissen zum Thema.

Aufbau

Das Buch gliedert sich in vier Kapitel, die jeweils verschiedene Aspekte des Selbstwerts thematisieren. Das Kapitel drei „Selbstwertübungen“ ist nach den einzelnen therapeutischen Phasen gegliedert und erleichtert so die Auswahl der geeigneten Übungen, je nach Stand im therapeutischen Prozess. Das Buch schließt mit den Literaturangaben. Die Onlinematerialien umfassen Übungen, Kurzgeschichten und Audio-Aufnahmen mit Selbstwertgeschichten.

Inhalt

Das erste Kapitel beleuchtet den theoretischen Hintergrund des Themas. Die Themen: Selbst, Selbstkonzept und Selbstwertgefühl in Psychologie, Psychotherapie und Neurowissenschaften werden dargestellt. Das Kapitel endet mit einem Resümee. Die Unterpunkte werden jeweils durch ein Zitat eingeleitet und enden mit einem Fazit, als Zusammenfassung des zuvor dargestellten.

Aus dem ersten Kapitel Selbst, Selbstkonzept und Selbstwertgefühl in der Entwicklungspsychologie: „Human nature is not a machine to be build after a model […], but a tree which requires to grow and develop itself on all sides, according to the tendency of the inward forces which make it a living thing“ (John Stuart Mill 1851, S. 107), im Buch zu finden auf Seite 14. Verschiedene biologische, soziale und psychologische Faktoren beeinflussen die Entwicklung unseres Selbst. Schon im Säuglingsalter beginnt die Entwicklung eines Selbstkonzepts durch die Interaktion mit dem eigenen Körper sowie mit den Bezugspersonen und der Umwelt. In der frühen Kindheit ist das Selbstkonzept meist positiv geprägt. Im späteren Kindes- und Jugendalter verändert es sich durch den stärkeren sozialen Vergleich und dem abstrakteren Denken. Mit dem Erwachsenenalter stabilisiert sich das Selbstbild in den meisten Fällen. Durch Krisen kann der Selbstwert erneut herausgefordert werden. Der Selbstwert kann durch Ressourcen und das Erleben von Selbstwirksamkeit unterstützt werden. Handlungsorientierung, Akzeptanz und Reflexion spielen dabei eine zentrale Rolle.

Aus dem ersten Kapitel Selbst, Selbstkonzept und Selbstwertgefühl in der Kognitiven Verhaltenstherapie und deren dritter Welle: „The miracle is not to walk on water. The miracle is to walk on the green earth, dwelling deeply in the present moment and feeling truly alive“ (Thich Nhat Hanh 1996, S. 28), das Unterkapitel einleitend, im Buch auf Seite 31 zu finden. Die dritte Welle der kognitiven Verhaltenstherapie legt den Fokus auf metakognitive Prozesse. Das zentrale Element ist dabei das Konzept des „Selbst als Kontext“. Die verschiedenen Ansätze dieser dritten Welle kombinieren vielfältige Methoden aus Achtsamkeit, Mitgefühl, Akzeptanz und Werteorientierung mit einer Rückbesinnung auf den Behaviorismus. Durch diese Perspektive können sowohl das Selbst als auch das Selbstkonzept mit Mitgefühl betrachtet werden.

Im zweiten Kapitel geht es um die praktische Umsetzung von Selbstwertarbeit. Die Autorin geht auf die Depressiven Störungen und auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung näher ein. Dies umfasst eine Klassifikation der Störungsbilder, den kognitiv-verhaltenstherapeutischen-Behandlungsansatz sowie exemplarische Selbstwertübungen zu den Störungsbildern.

Das dritte Kapitel widmet sich der Praxis und stellt mit 180, von insgesamt 255 Seiten den umfangreichsten Teil des Werkes dar. Die dargestellten Übungen sind nach Therapiephasen, inklusive Diagnostik und Therapieende, gegliedert und erleichtern so die Orientierung und die praktische Handhabung. Am Anfang der Erklärung der Übung wird das Ziel, die Therapiephase, die Altersindikation, das Setting und die Dauer kurz vorgestellt. Dann folgt eine Anleitung der Übung und Tipps für die Praxis. Die Übungsmaterialien sind aufgeführt und können direkt nachvollzogen werden. Die Übungen sind unterteilt in Übungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, bzw. Übungen für die Bezugspersonenarbeit in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Die Übungen stammen aus der kognitiven Verhaltenstherapie und bewegen sich auf den Ebenen Kognition, Physiologie, Emotion, sowie Motorik.

Kapitel 4 stellt drei Fallbeispiele mit den Störungsbildern Soziale Ängstlichkeit des Kindesalters und niedriger Selbstwert; Bipolare Störung und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Rezidivierende Depression und ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung. Im Behandlungsteil geht die Autorin im Besonderen auf mögliche Selbstwertübungen, wie im Kapitel drei beschrieben, ein.

Aus dem vierten Kapitel „Fallbeispiele“:

Fallbeispiel 1: Soziale Ängstlichkeit des Kindesalters und niedriger Selbstwert.

  • Angaben zu den Soziodemografischen Angaben, Symptomatik, Anamnese und Diagnose. Es wird ein sechsjähriges Mädchen mit den Diagnosen Soziale Ängstlichkeit des Kindesalters (ICD-10 F93.2) und niedriger Selbstwert (ICD-10 F93.8) vorgestellt. Das Kind sei schon immer leicht irritierbar gewesen, vermeide Neues und leide häufig unter Bauchschmerzen. 
  • Modell der Entstehung und Aufrechterhaltung: Von einem ängstlich, unsicheren Temperament ist auszugehen. Ein überbehütender, sich auf die Defizite des Kindes konzentrierender Erziehungsstil vonseiten der Eltern konnte ausgemacht werden. Die Mutter habe auch viele Jahre unter sozialen Ängsten gelitten. Aufgrund der Tendenz zu vermeiden konnte das Kind keine korrigierenden Erfahrungen machen, das negative Selbstbild verfestigte sich und führte zu mehr Rückzug. 
  • Behandlung: Aufbau einer guten therapeutischen Beziehung mittels Humor und gemeinsamer, freudvoller Aktivität (Malen). Stärkung der Eltern in ihrer Erziehungskompetenz mittels Psychoedukation und Abbau von Vermeidungsverhalten der Tochter. Therapeutische Hausaufgaben, unter anderem eine Freundin zu sich nach Hause einzuladen. Gewünschtes Verhalten wurde mittels „Sternen“ verstärkt. Dieses Vorgehen wird in einer Übung erklärt (S. 170). Für die Sterne wurde eine Schatzkiste gebastelt. Ebenfalls im Buch zu finden (S. 193). Die Eltern sollten außerdem jeden Abend ritualisiert Lob- und Kraftkärtchen formulieren und diese gemeinsam besprechen, aufschreiben/​malen. Das Mädchen traute sich im Laufe der Behandlung, das Reiten auszuprobieren, was es sich bisher nicht zugetraut hatte. Dies wurde aufgegriffen und als weitere Übungsmöglichkeit genutzt. Die Therapie wurde nach 24 Stunden erfolgreich beendet.

Das Buch schließt mit den Literaturangaben.

Diskussion

Das Buch „Selbstwertübungen. Ein Arbeitsbuch für die Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsen“ von Susanne Annies stellt ein umfassende Werk zum Thema dar. Es beinhaltet nicht nur den „Arbeits- und Übungsteil“, sondern deckt in großem Umfang auch den theoretischen Hintergrund zum Thema ab. Auch die Kapitel im praktischen Teil sind angereichert mit Theorie, zum Beispiel zu den Störungsbildern, den Therapiephasen und Wirkfaktoren von Psychotherapie. Dies macht es etwas aufwendiger sich mit dem Buch zu befassen, da einige Kapitel des Buches konzentriertes Lesen voraussetzen und das Werk insgesamt sehr textlastig ist. Die Arbeitsblätter und Erklärungen der Übungen werden zum Teil mit Grafiken und Schaubildern ergänzt. Insgesamt dürfte das Layout eher die Jugendlichen und Erwachsenen Patient:innen ansprechen, da dieses schlicht gehalten ist und für Kinder weniger ansprechend sein dürfte. Die Autorin stellt Übungen für alle Altersgruppen zur Verfügung welche jedoch im Buch „gemischt“ vorkommen, also nicht nach Altersgruppe getrennt aufgeführt werden, da diese zum Teil für mehrere Personengruppen in Frage kommen. Zum Beispiel von Erwachsenen, Jugendlichen sowie von Bezugspersonen von Kindern in der Therapie benutzt werden können. Dies macht die Orientierung, welche Übung in Frage kommt, etwas schwieriger. Auch, wenn eine Vielzahl an Übungen für Kinder angeboten werden, liegt der Schwerpunkt der Übungen eher bei den älteren Patient:innen (Jugendliche und Erwachsene). Die Übungen können durch die eingängige Struktur gut erfasst werden und sind im Berufsalltag leicht zu verwenden, da sich die Beschreibungen auf ein, bis drei Seiten beschränken, therapeutische Geschichten ausgenommen. Die Übungen basieren auf der kognitiven Verhaltenstherapie und stellen oftmals eine Adaption „bekannter“ Übungen dar. Auch wer bereits über eine breitere Palette an Literatur und Interventionen zum Thema verfügt, wird in diesem ausführlichen Werk fündig werden und noch viel Neues entdecken können.

Fazit

Selbstwertübungen. Ein Arbeitsbuch für die Psychotherapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen von Susanne Annies ist eine empfehlenswerte Lektüre für Psychotherapeut:innen, die tiefer in das Thema Selbstwert einsteigen und sich etwas mehr Zeit zum Lesen nehmen wollen. Auch eine zeitsparende Nutzung des Buches ist möglich, wenn Therapeut:in direkt Inspiration für Übungen für die therapeutische Praxis sucht. Das Buch eignet sich auch besonders für Psychotherapeut:innen, die mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten, da für das gesamte Altersspektrum Übungen angeboten werden.

Rezension von
Dipl.-Kunsttherapeutin Evi Selmeier
Dipl.-Kunsttherapeutin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (VT)
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Es gibt 6 Rezensionen von Evi Selmeier.

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ISSN 2190-9245