Dr. Ursula Kriesten: Erfolgreich lernen in der praktischen Pflegeausbildung
Rezensiert von Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann, 06.11.2024
Dr. Ursula Kriesten: Erfolgreich lernen in der praktischen Pflegeausbildung. Mit den richtigen Lernmethoden zum notwendigen Wissen und praktischem Können. Mit Übungen & Reflexions-Checks für effektive Lernerfolge.
Schlütersche Fachmedien GmbH
(Hannover) 2024.
200 Seiten.
ISBN 978-3-8426-0905-1.
D: 29,95 EUR,
A: 30,80 EUR,
CH: 43,50 sFr.
Reihe: Pflege Praxis.
Thema
Die praktische Ausbildung in der Pflege stellt einen zentralen Pfeiler der generalistischen Pflegeausbildung dar. Angesichts der komplexen Anforderungen an Pflegefachpersonen ist eine didaktische Neuausrichtung unerlässlich. Dieses Buch präsentiert innovative Lehr- und Lernkonzepte, die den Paradigmenwechsel hin zu einem selbstgesteuerten, sozialen und praxisbezogenen Lernen unterstützen. Durch die Integration agiler Methoden, digitaler Technologien und reflexiver Elemente wird eine Lernkultur geschaffen, die die Auszubildenden befähigt, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten kontinuierlich weiterzuentwickeln und auf die Herausforderungen des Pflegeberufs adäquat zu reagieren.
Autor:in
Dr. Ursula Kriesten ist Krankenschwester, Lehrerin für Gesundheits- und Pflegeberufe und Master of Business Administration. Seit rund 30 Jahren ist sie in führender Position in der Pflegebildung, als Lehrbeauftragte, als Gutachterin und in der Beratung tätig.
Aufbau
Auf 198 Seiten steht in sechs Kapiteln die praktische Pflegeausbildung im Mittelpunkt:
- Lernen an den Lernorten der Pflegepraxis
- Kompetenz, Handlungskompetenz, Performanz und Evidence
- Exemplarisches Lernen, Arbeits- und Lernaufgaben und Anleitungen
- Klassische Lernmethoden
- Agile Lernmethoden
- Lernen digital unterstützen
Ein Literaturverzeichnis und ein Register sowie Erläuterungen zu Fachbegriffen und Abkürzungen ergänzen den Text.
Inhalt
Die Lernorte der Pflegepraxis stehen im ersten Kapitel im Mittelpunkt. Hier wird die Situation der Auszubildenden aus deren Brille betrachtet und mit Formalia wirkungsvoll ergänzt: was sind die Bausteine der praktischen Ausbildung? Welche rechtlichen Vorgaben setzen den Rahmen? Welche praktischen Einsätze gibt es und in welche Reihenfolge sind diese zu absolvieren? Was müssen Auszubildende zu Probezeit und Zwischenprüfung wissen? Wie sind die Ausbildungsorte Praxis und Schule miteinander verknüpft? Was unterscheidet Rahmenpläne von individuellen Ausbildungsplänen? Diese und weitere Fragen werden hier beantwortet.
„Wissen ist nicht Können. Wissen und Können zu verbinden ist Kompetenz. Kompetenz zu zeigen ist Performanz“ bringt Kriesten es zu Beginn des zweiten Kapitels auf den Punkt. Dieses dreht sich um die Ausdifferenzierung von Kompetenzen und wie berufliche Handlungskompetenz entwickelt werden kann: diese ist dann vorhanden, wenn Personen befähigt sind und bereit zu zeigen, dass sie sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich verhalten können. Kriesten geht hier auch auf die Kompetenzstufen und die diesbezügliche Verantwortung ein.
Kapitel drei schaut auf das exemplarische Lernen und wie sich dieses an Situationen, an der Wissenschaft und an der Persönlichkeit orientiert. Mit kompetenzorientierten Lernaufgaben, Ausrichtung an Lerntypen und Lernzielen können Lernsituationen effektiv ausgestaltet werden. Gleichzeitig setzt Kriesten den Bezug zum evidenzbasierten Arbeiten im Arbeitsbündnis und die begründete pflegerische Entscheidung. Eine Checkliste „In zehn Schritten zur erfolgreichen Anleitung“ ergänzt diesen Abschnitt.
Klassische Lernmethoden werden in Kapitel vier betrachtet. Diese Lernmethoden erleichtern Auszubildenden das Lernen, motivieren und optimieren den Wissens- und Kompetenzzuwachs. Kurz und bündig wird auf u.a Lernen am Modell, die Leittextmethode, die Vier-Stufen-Methode und die kollegiale Fallberatung eingegangen.
Zu diesen Methoden bildet Kapitel fünf eine gute Ergänzung. Hier geht Kriesten auf agile Lernmethoden ein. Diese können flexibles, abwechslungsreiches Lernen, Kommunizieren und Interagieren fördern, die Methodenkompetenz stärken und Raum schaffen und nutzbar machen. Selbstorganisiertes Lernen wie z.B. in einem SOLF (self organized learning forum) stehen dabei im Fokus. Die Vorgehensweise des Scrum wird am Beispiel einer Schulstation verdeutlicht. Ebenso aus dieser Vorgehensweise sind Daily stand ups, Retrospektiven oder das Kanban Board abgeleitet. Ebenso werden Formen großer Arbeitstreffen wie Open Space, FedEX-Day, Barcamps oder Hackathon aufgezeigt.
Kapitel sechs taucht in die digitale Welt ein. Durch neue Technologien und eine interaktive Transformation entstehen Optionen, die das Lernen unterstützen und die Lernqualität verbessern können. Anwendungsfelder wie Telematik und Digas, Rahmenbedingungen wie Datenschutz, Risiken wie Phishing werden hier angesprochen. Zudem zeigt dieses Kapitel Formen von E-Learning, Lernplattformen und Softwareoptionen, die beim Lernen hilfreich sein können.
Diskussion
An diesem Buch gefällt mir gut, dass Kriesten die Auszubildenden als Lesende direkt anspricht – zusammen mit einem aufgelockerten Layout, einer Reflexionseinheit in jedem Kapitel, Übungen und vielen Angaben zum Weiterlesen wie die Publikationen des BIBB oder andere Bücher der Autorin wird das Buch ein guter Begleiter für die praktische Pflegeausbildung. Die beschriebenen Ansätze verankern das theoretische Wissen in der praktischen Anwendung und bereiten die Auszubildenden gut auf ihren späteren Berufsalltag vor.
Hervorzuheben sind auch die agilen Lernansätze wie SOLF, Scrum und Dailys, die die aktive Beteiligung fördern und den Lernprozess effizienter gestalten sowie die digitalen Lernmedien im Kontext von Telematik, DiGA und E-Learning und wie diese in die Pflegeausbildung integriert werden können. Bei den klassischen Lernmethoden würde ich die Schritte des EBN und das PIKE-Schema von den anderen benannten abgrenzen, auch eine Prüfungsform (OSCE) passt nicht ganz in die Reihe hinein. Punktuell sind auch die primärqualifizierenden Studierenden erwähnt. Dies darf in einer weiteren Auflage noch stärker ausgebaut werden. Als Lehrbuch steht mehr die kompakte Darstellung als die wissenschaftliche, mit aktuellster Literatur gestützte Argumentation im Vordergrund. Gemäß dem Grundgedanken der generalistischen Ausbildung gelingt es der Autorin, die Pflege von Menschen aller Altersstufen und verschiedene Settings einzubeziehen.
Fazit
Dieses Buch ist wichtig für alle, die an der Gestaltung der praktischen Pflegeausbildung beteiligt sind: Auszubildende finden Tipps und Strategien für ein selbstgesteuertes und effizientes Lernen. Lehrpersonen und Praxisanleitenden erhalten viele Anregungen für die Gestaltung innovativer Lehrveranstaltungen und -situationen. Ebenso bietet es auch für erfahrene Pflegekräfte interessante Einblicke in aktuelle Entwicklungen der Pflegeausbildung.
Rezension von
Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann
Hochschule Hannover Fakultät V - Diakonie, Gesundheit und Soziales
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Zitiervorschlag
Nina Fleischmann. Rezension vom 06.11.2024 zu:
Dr. Ursula Kriesten: Erfolgreich lernen in der praktischen Pflegeausbildung. Mit den richtigen Lernmethoden zum notwendigen Wissen und praktischem Können. Mit Übungen & Reflexions-Checks für effektive Lernerfolge. Schlütersche Fachmedien GmbH
(Hannover) 2024.
ISBN 978-3-8426-0905-1.
Reihe: Pflege Praxis.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32224.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
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