Sektion Klinische Sozialarbeit (Hrsg.): Handbuch Klinische Sozialarbeit
Rezensiert von Sabine Brennscheidt, 03.03.2025

Sektion Klinische Sozialarbeit (Hrsg.): Handbuch Klinische Sozialarbeit. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2024. 434 Seiten. ISBN 978-3-7799-7537-3. D: 30,00 EUR, A: 30,90 EUR.
Herausgeber:in
Herausgeber des vorliegenden Handbuches in erster Auflage ist die Sektion klinische Sozialarbeit der deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) unter Mitarbeit zentraler Vertreter/Innen wie Silke Birgitta Gahleitner, Julia Gebrande, Karsten Giertz, Christine Kröger, Dieter Röh, Eva Wunderer. In zahlreichen Gastbeiträgen kommen weitere namhafte Vertreter/Innen der in Wissenschaft und Praxis Aktiven zu Wort, die – der multiperspektivischen Ausrichtung des Werkes entsprechend– unterschiedlichen Arbeitsfeldern zuzuordnen sind. Erschienen ist das Handbuch im Jahr 2024 im Beltz-Verlag.
Entstehungshintergrund und Thema
Das vorliegende Handbuch Klinische Sozialarbeit bietet einen differenzierten Überblick mit internationalen Bezügen über die aktuelle Entwicklung, Ausgestaltung und Perspektiven klinischer Sozialarbeit. Es richtet sich sowohl an Wissenschaftler/Innen der Klinischen Sozialarbeit, als auch an in der Praxis Tätige und Studierende und kann als Nachschlagewerk und auch als Einführung in diese Fachdisziplin dienen.
Auf dem Hintergrund aktueller gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen sowie notwendiger sozialpolitischer Anpassungen (Corona-, Klima-, Energiekrise, Reform der Psychotherapieausbildung u.m.) verschärft sich die soziale Ungleichheit und erhält in der öffentlichen Diskussion aktuell mehr Aufmerksamkeit. Auf diesem Hintergrund wird eine eigenständig-identitätsstiftende sowie einheitlich wirkende Profession und Fachdisziplin Klinische Soziale Arbeit beschrieben, die bio-psycho-soziale Zusammenhänge in ihrer Auswirkung auf die Gesundheit der Adressat/innen in den Blick nimmt.
Aufbau und Inhalt
Das Handbuch gliedert sich in sechs Teile, die alle Aspekte klinischer Sozialarbeit abdecken: das Selbstverständnis klinischer Sozialarbeit (I), Theoretische Grundlagen und Bezüge (II), Konzepte und Methoden von Diagnostik (III) und Intervention (IV), dann Beiträge aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Zielgruppen (V) sowie im letzten Teil Beiträge zum Stand der Forschung und Zukunftsperspektiven (VI).
Teil I besteht aus 6 Kapiteln, welche das (Selbst-) Verständnis klinischer Sozialarbeit beschreiben.
Klinische Sozialarbeit versteht sich als eine gesundheitsbezogene Soziale Arbeit, die sich an ethische Prinzipien hält und entgegen einer individualisierten pathologisierenden Haltung, den sozialen und gesellschaftspolitischen Kontext, u.a. auch die Machtverhältnisse, einbezieht; eine „Heilkunst des psychosozialen Helfens“, eine beratend-therapeutisch- behandelnde Profession, basierend auf einem bio-psycho-sozialem Verständnis und der Salutogenese, eigenständig handelnd und selbstkritisch reflektierend, eine bereichstypische Ethik vertretend.
1 Einleitung
Die Autoren der Sektion Klinische Sozialarbeit führen in Thema und Gliederung ein und geben namhaften Autoren in den nachfolgenden 6 Kapiteln das Wort. Diese gehen dann auf die historische Entwicklung, das Methodische Handeln (Diagnostik, Intervention, Evaluation), internationale Perspektiven, ethische Aspekte und auf kritische Überlegungen zum Thema Klinische Sozialarbeit ein.
2 Helmut Paus und Albert Mühlum
Die historische Entwicklung und Entstehung klinischer Sozialarbeit basierend auf einem bio-psycho-sozialem Grundverständnis wird nachgezeichnet und Einflüsse der clinical social work aus den USA sowie die fortschreitende fachlich-inhaltliche und institutionelle Weiterentwicklung der Fachdisziplin klinische Sozialarbeit werden beschrieben; der Beitrag endet mit dem Stand der Forschung, nennt aktuelle Publikationen und postuliert die Anerkennung der Kompetenz und Leistungsfähigkeit klinischer Sozialarbeit, d.h. bei Diagnostik und Therapie psychischer und somatischer Krankheiten und Störungsbilder, selbstständig zu handeln.
3 Ursula Hochuli Freund
Die Autorin erklärt den besonderen prozessualen Zugang klinisch-sozialarbeiterischen Handelns und geht dabei insbesondere auf das methodische Handeln anhand von Prozessschritten wie Diagnostik, Intervention und Evaluation ein.
4 Lisa Große, Karsten Giertz, Sebastian Ertl, Kerstin Krottendorfer, Saskia Ehrhardt
Vier Vorstandsmitglieder des ECCSW beschreiben internationale Perspektiven der klinischen Sozialarbeit. Amerikanische Vorbilder und gegenwärtige europäische Entwicklungen werden geschildert. Insbesondere finden sich Informationen über die Entwicklungen im deutschsprachigen Raum, Möglichkeiten des europäischen fachlichen Austausches sowie Informationen zu fachspezifischer Ausbildung und Zertifizierung.
5 Peter Buttner, Katja Stoppenbrink
Die Autor/innen eröffnen den interessierten Leser/innen moralische, berufsethische und darüber hinausgehend bereichsspezifisch ethische Überlegungen für den klinischen Kontext.
6 Julia Gebrande und Marion Mayer
Eine kritische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten der Klinischen Sozialarbeit, wie die Begrifflichkeit und die eigene Professionsgeschichte, die Gefahr der Individualisierung und Pathologisierung und der Umgang mit den Betroffenen werden in den Blick genommen.
Teil II beschäftigt sich mit theoretischen Bezugslinien Klinischer Sozialarbeit. Die Bedeutung sozialer Erfahrungen für Gesundheits- und Krankheitsprozesse wird herausgearbeitet.
7 Christine Kröger, Karsten Giertz, Helmut Pauls
Der bio-psycho-sozialen Ansatz mit seiner prozesshaften Sicht auf Gesundheit und Krankheit bildet in der klinischen Sozialarbeit einen metatheoretischen Rahmen für weitere Modelle, wie der person-in-environment-Ansatz, die Salutogenese sowie die Konzepte von Resilienz und Recovery.
8 Christine Kröger, Sandra Wesenberg, Barbara Bräutigam
Therapeutisch wirksame Faktoren, hergeleitet aus vier zentralen psychotherapeutischen Zugängen (tiefenpsychologisch-psychoanalytisch, verhaltensorientiert, humanistisch und systemisch) werden zusammengetragen und in Hinblick auf eine klinisch-sozialarbeiterische Fallkonzeption miteinander verbunden.
9 Silke Birgitta Gahleitner, Julia Gebrande, Ute Antonia Lammel
Der Einfluss von sozialen Netzwerken auf Bindungsverhalten und Identität und damit für die Entwicklung emotionaler, kognitiver und sozialer Fähigkeiten in Hinblick auf Genesungsprozesse bzw. auf die biografische Handlungsfähigkeit von Adressat/Innen klinischer Sozialarbeit wird begründet und dargestellt. Zwei Methoden einer begleiteten Identitätsarbeit, die Kreativität und leibliches Erleben erfordert, werden beschrieben.
10 Annett Kupfer, Frank Nestmann
Soziale Unterstützung als eine der wichtigsten Funktionen sozialer Netzwerke wird untersucht und in seinem sozio-psycho-biologischen Wirkungsgefüge dargestellt.
11 Dieter Röh
Der Autor klärt in seinem Beitrag den Begriff ’Teilhabe’ in seinen theoretischen, konzeptionellen und methodischen Zusammenhängen und verweist konkret auf die seine Überlegungen weiterführenden Kapitel in diesem vorliegendem Handbuch.
12 Marion Mayer, Julia Gebrande
Der Beitrag postuliert einen differenzsensiblen Blick klinischer Sozialarbeit, welcher basierend auf dem Konzept der Intersektionaliät, auch die Wirkung von Diskriminierungs- und Machtverhältnissen auf die bio-psycho-soziale Gesundheit in den Blick nimmt.
Teil III macht in 4 Beiträgen auf die entscheidende Relevanz einer sozialen Diagnosestellung aufmerksam.
13 Peter Buttner
Der Autor nähert sich mit seinem Beitrag dem Thema Soziale Diagnostik an, in dem er Wesentliches beschreibt: Beziehungsaufnahme und -gestaltung, Fragen und Antworten, freier Dialog und Professionalität; er zeigt Entwicklungslinien auf und geht kurz auf die Bedeutung des Datenschutzes ein.
14 Lisa Große, Silke Birgitta Gahleitner, Adrian Golatka, Ursula Hochuli Freund, Anna Lena Rademaker, Barbara Pammer
Der Beitrag zeigt die Relevanz diagnostischer, prozessual zu verstehender Konzepte auf, die entweder aus standardisierten Datenerhebungen oder aus der Begegnung und Verständigung mit den Adressat/innen unter Berücksichtigung berufsethischer Prinzipien gestaltet werden. Methoden und Instrumente sollten angepasst an das jeweilige Arbeitsfeld und den Auftrag, an Fragestellungen und Problematiken ausgewählt werden.
15 Raphaela Sprenger, Thomas Friedli, Ursula Hochuli Freund
Die Autoren geben einen Überblick über diagnostische Instrumente zur Feststellung von Bedarf und Zuständigkeit, zur differenzierte Erfassung von Problemen und Ressourcen und mit spezifischem Fokus (wie soziale Beziehungen, Biographie, Selbstdeutungen, Lebensqualität). Konkrete Literaturverweise und Internetlinks helfen dem interessierten Leser/In, für eine praktische Anwendung Anleitung zu finden.
16 Dieter Röh, Claudia Spindler
Dieser Beitrag fokussiert die soziale Diagnostik im Kontext der Teilhabeplanung (§§ 90 ff. SGB IX), insbes. im Rahmen der Bedarfsermittlung sowie im Rahmen der Leistungserbringung. Die Bedeutung Sozialer Diagnostik werde in der behördlichen Praxis bislang weder wahrgenommen noch umgesetzt (vgl. S. 180).
Teil IV konzentriert sich in seinen Beiträgen auf Interventionsmöglichkeiten mit ihren unterschiedlichen Konzepten und Methoden.
17 Silke Birgitta Gahleitner, Julia Gebrande, Ralph Viehhauser
Die professionelle Beziehungsgestaltung (ausgehend von Rogers) wird als Kernkompetenz Klinischer Sozialarbeit gesehen und in ihrer Bedeutung auf dem Hintergrund zunehmender Individualisierungsprozesse deutlich gemacht.
18 Dietrun Lübeck, Marion Mayer, Karheinz Ortmann
Beratung im Kontext klinischer Sozialarbeit wird in ihrer historischen Entwicklung und Einbettung in Theorien und Konzepte, in ihrer Zielsetzung und Doppelverortung geschildert.
19 Sandra Wesenberg, Annett Kupfer, Christine Kröger, Frank Nestmann, Silke Gahleitner
Man findet in diesem Beitrag Positionen und Hintergründe psychosozialer Beratung; eine Positionierung von psychosozialen Beratungsangeboten in unterschiedlichen Settings unter Bezugnahme auf aktuelle Forschungsergebnisse sowie eine Beschreibung der Kernstücke psychosozialer Beratung.
20 Ute Antonia Lammel, Eva Wunderer
Soziale Gruppenarbeit als eine ressourcenorientierte Methode sozialen Lernens mit Relevanz für die gesellschaftliche Teilhabe wird beschrieben, zwei Modelle sozialer Gruppenarbeit werden vorgestellt; auch auf spezifische Herausforderungen, z.B. dysfunktionale Gruppendynamiken, wird eingegangen.
21 Dario Deloie, Ute Antonia Lammel, Dieter Röh
Herkunft, Entwicklung, Theorie und Methoden der Sozialtherapie werden vorgestellt.
22 Annett Kupfer, Frank Nestmann
Netzwerkarbeit in seiner Bedeutung als ’social cause’ und auch ’social cure’ wird in seinen theoretischen Bezügen, Methoden und anhand von Praxisbeispielen aus der klinischen Sozialarbeit dargestellt.
23 Andrea Basedow, Silke Birgitta Gahleitner, Julia Gebrande, Heiner van Mil
Dieser Beitrag stellt die Bedeutung und die Stärken einer traumasensiblen klinischen Sozialarbeit mit Schwerpunkt auf soziale Interventionen, Lebenswelt, Sozialraum und Ressourcenorientierung dar.
24 Wolf Ortiz-Müller
Der Autor postuliert eine Verankerung der Krisenintervention in den Konzepten der klinischen Sozialarbeit mit vulnerablen Menschen, die von vielfältigen Diskrimierungserfahrungen betroffen sind. Er veranschaulicht konkrete Interventionen anhand eines Fallbeispiels und Handlungskonzeptes.
25 Lisa Große, Grit Annemüller
Der Beitrag stellt das klinisch sozialarbeiterische Case Management vor, welches als Grundlage eine institutionelle Verankerung sowie Theorien, Methoden und Ethik klinischer Sozialarbeit benötigt.
26 Christine Kröger, Lisa Große, Gernot Hahn
Der Beitrag fokussiert die Angehörigenarbeit als Kernkompetenz der klinischen Sozialarbeit aus person-in-environment-Perspektive, aufbauend auf den wissenschaftlichen Arbeiten von Böhnisch und Thiersch (Lebensbewältigung, Lebensweltorientierung).
27 Karsten Giertz, Manuela Grötschel, Lisa Große
Niedrigschwelligkeit in der klinischen Sozialarbeit, insbesondere bei multipel belastetem hard-to-reach Klientel eingesetzt und basierend auf dem bio-psycho-sozialem und lebensweltlichen Ansatz, wird in seinen Chancen und Herausforderungen diskutiert. Niedrigschwellige Soziale Arbeit vermindere durch seine Freiwilligkeit soziale Exklusion durch Entmündigung und Stigmatisierungen und fördere Selbstverstehen, Salutogenese und Empowerment, bleibe aber bislang in seiner konzeptionellen Eigenständigkeit oftmals unterschätzt.
28 Julia Gebrande, Ditrun Lübeck, Mihajlo Raskovic, Thomas Schlingmann, Peter Vorndran
Dieser Beitrag stellt die Bedeutung von Erfahrungswissen für die Profession heraus. Anhand konkreter Praxisbeispiele werden partizipative bzw. peergeleitete Angebote vorgestellt.
29 Dieter Röh
Der Autor wendet sich in seinem Beitrag der Sozialraumorientierung zu. Sie hat sich aus der Gemeinwesenarbeit entwickelt, während die Klinische Sozialarbeit ursprünglich aus der Einzelfallhilfe kommt. Er plädiert dafür, die Klinische Sozialarbeit integrativer zu denken und vertieft dies am Beispiel der Sozialpsychiatrie.
Teil V widmet sich möglichen Arbeitsfeldern und Zielgruppen klinischer Sozialarbeit.
30 Christopher Romanowski-Kirchner, Manuela Grötschrei, Gerhard Klug, Norbert Beck, Ursula Hochuli Freund
Die klinische Sozialarbeit im Handlungsfeld Kinder- und Jugendhilfe wird in seinen Herausforderungen und Potenzialen beschrieben: als Grundprinzipien gelten eine systemische Denkweise, Person-in-Environment-Perspektive, Biografie-Diagnostik, Lebensweltdiagnostik, Selbstverstehen. Kooperation, anwaltschaftliche Begleitung und partizipatives Handeln bestimmen das sozialarbeiterische Aufgabenfeld.
31 Christine Kröger, Eva Wunderer, Karsten Giertz, Marion Locher
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Arbeitsfeld psychiatrische und psychosomatische Erkrankungen in der Gesundheitsversorgung. Häufig dominiere in der Gesundheitsversorgung ein medizinisch und psychotherapeutisch geprägter Behandlungszugang, eine beziehungsbezogene und gesellschaftskritische Herangehensweise spiele bislang eine eher untergeordnete Rolle. Auch dieser Beitrag unterstreicht die Stärke und Bedeutung Sozialer Arbeit, die soziale Situation der Patient/Innen zu diagnostizieren und zu behandeln. Eine schematische Abbildung gibt einen Überblick über die Vielfältigkeit der Aufgabenbereiche klinischer Sozialarbeit, die den Genesungsprozess und die Nachhaltigkeit aller therapeutischer Interventionen fördern und sichern.
32 Maren Bösel, Kerstin Krottendorfer, Alexander Thomas, Ingo Müller-Baron
Die Gesundheitsversorgung von Menschen mit somatischen Erkrankungen ist Thema dieses Kapitels. Anhand von Fallbeispielen wird deutlich gemacht, wie der Einbezug der klinischen Sozialarbeit krankheitsbedingte Problemlagen abfedern kann. Ein bio-psycho-soziales Fallverstehen mit entspechender Diagnostik ebenso wie eine Ressourcendiagnostik wird in Hinsicht auf eine mehrdimensionale und prozessorientierte Herangehensweise und Interventionsplanung empfohlen.
33 Dieter Röh, Claudia Spindler, Christoph Walthern
Der Beitrag beschäftigt sich mit klinischer Sozialarbeit in den Bereichen der Rehabilitation und Teilhabe und zeichnet sich durch eine alltags-, lebenswelt- und sozialraumorientierte Arbeitsweise aus, welche basierend auf gesetzlichen Grundlagen und anhand eines Fallbeispiels beschrieben wird. Die berufliche Rehabilitation und Integration sowie die Thematik Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfordern sowohl eine klinisch-soziale Expertise als auch pädagogisch-didaktische Kenntnisse, die erst neuerdings in der Klinischen Sozialarbeit Berücksichtigung finden.
34 Rita Hansjürgens, Ute Antonia Lammel
Im Berufsfeld der Suchthilfe stellen Sozialarbeitende häufig die größte Berufsgruppe. Suchttheorie und methodisches Handeln wird anhand eines Fallbeispiels beschrieben, eine verstärkte Wirkungsforschung mit Evaluationsstudien wird postuliert.
35 Mathias Berg, Christine Kröger, Michael Vogt, Thomas Köhler-Saretzki
Die Autoren konstatieren, dass ein klinisch-sozialarbeiterischer Zugang in der Praxis der Familien- und Paarberatung eher selten ist, zumal die 2020 in Kraft getretene Reform der Psychotherapieausbildung Sozialarbeitende ausschließt. Dennoch werden Interventionsmöglichkeiten wie bspw. das Familienbrett, Hausbesuche, Onlineangebote u.v.m. dargestellt sowie Chancen und Herausforderungen für die Profession herausgearbeitet.
36 Gernot Hahn, Danny Ochs, Johannes Lohner
Klinische Sozialarbeit im Arbeitskontext der Straffälligenhilfe benötigt eine besondere Expertise. Dieser Beitrag beschreibt Diagnostik, Fallverstehen, Interventionsmethoden und Evaluations- und Forschungsstrategien mit Querverweisen für die Anwendung und zur Vertiefung.
Teil VI beschäftigt sich in drei Beiträgen mit einer Standortbestimmung und Forschungsaufgaben der klinischen Sozialarbeit.
37 Silke Birgitta Gahleitner, Vera Taube
Die Autorinnen geben mit einer Bestandsaufnahme von Forschungsaktivitäten einen Einblick in die aktuelle empirische Studienlage und schildern Herausforderungen und Kontroversen; sie zeichnen Entwicklungslinien nach und kommen zu dem Schluss, dass sich die empirische Handlungswissenschaft Soziale Arbeit sich zunehmend etabliert.
38 Christine Kröger, Dieter Röh, Silke Birgitta Gahleitner
In diesem Beitrag wird ein Professionalisierungsmodell vorgestellt, mit welchem sich die Hoffnung auf eine weitere bedarfsgerechte Profilierung Klinischer Sozialarbeit verbindet.
39 Karsten Giertz
In einem abschließenden Beitrag geht der Autor auf Herausforderungen und zukünftige Entwicklungsfelder bedingt durch gesellschaftliche Entwicklungen im Zusammenhang mit globalen Veränderungen ein.
Diskussion
Zentral könnte die Frage sein, was macht ein Handbuch zu einem guten Handbuch?
Ein gutes Handbuch zeichnet sich durch eine klare Struktur aus, die dem/r Leser/In auf den ersten Blick vermittelt, welche Informationen wo zu finden sind. Ein logischer Aufbau hilft dabei, das Handbuch möglichst effizient einzusetzen. Auch sollte es handlungsorientiert sein, um dem in der Praxis tätigen Leser/In den Impuls und die Anleitung für eine Umsetzung neuester fachlicher Erkenntnisse zu geben.
In der Einleitung des vorliegenden Handbuchs wird die inhaltlich logisch aufeinander aufbauende Gliederung kurz zusammengefasst und vorgestellt (S. 13), sodass die Handhabung des vorliegenden Werkes klar ersichtlich und auch ein Nachschlagen bestimmter Inhalte leicht gemacht wird.
Die nach jedem Beitrag angegebenen Literaturempfehlungen und Querverweise zu anderen Kapiteln des Handbuches geben dem/r interessierten Leser/in Anregungen für das Selbststudium. Erwähnenswert für Studierende ist die angewendete Zitationsweise (APA), die häufig auf eine konkrete Angabe von Seitenzahlen verzichtet.
Für eine Umsetzung der Inhalte in die berufliche Praxis werden konkrete Arbeitsmittel und Methoden vorgestellt, wie bspw. zur sozialen Diagnose, Angehörigenarbeit etc., oder es wird konkret auf weiterführende Literatur verwiesen. Auf diesem Hintergrund wird eine eigenständig-identitätsstiftende sowie einheitlich wirkende Fachdisziplin Klinische Soziale Arbeit postuliert, welche bei Krankheit psychosoziale Zusammenhänge und Konsequenzen erkennt und berücksichtigt. Vertreten wird sie in Wissenschaft und Praxis durch die Sektion Klinische Sozialarbeit der DGSA, die sich als Forum der wissenschaftlichen Gemeinschaft und Diskussion versteht. Mit einem Autor/innenverzeichnis endet das informative Handbuch. In den Beiträgen werden auch Entwicklungspotenziale klinischer Sozialarbeit herausgearbeitet: die gesetzliche Verankerung sozialtherapeutischer Handlungsmöglichkeiten, der strukturierte Einsatz und die Bedeutung von Verfahren der sozialen Diagnostik, Einsatz und Bewertung unterschiedlicher Methodiken, Sensibilisierung und Informationsvermittlung über das Kompetenzprofil der klinischen Sozialarbeit, die noch unzureichende Abgrenzung zu anderen Berufsgruppen u.v.m. Es ist nicht zu überhören, wie die Autor/innen in den meisten Beiträgen, die jeweils gut strukturiert und am Ende mit einem zusammenfassenden Unterkapitel aufgebaut sind, weitreichendere Nachweise und empirische Forschung für die Wirkung der diversen Interventionen wie Beratung, Sozialtherapie, soziale Gruppenarbeit, Netzwerkarbeit mit Supportinterventionen usw. für notwendig erachten. Das ergibt für den Leser/in einen insgesamt manchmal ernüchternden Blick auf die sich noch entwickelnde, aber wohl stetig zunehmende Legitimierung und Positionierung der Fachdisziplin.
Fazit
Es liegt ein informatives Handbuch vor, das einen aktuellen Ein- und Überblick in die Klinische Sozialarbeit mit konkreten Hinweisen für die Praxis gibt. Die Gliederung in Selbstverständnis Klinischer Sozialarbeit, Theorie, Soziale Diagnostik, Konzepte und Methoden der Intervention, spezifische Arbeitsfelder und Zielgruppen sowie ein Ausblick in Teil VI lässt kaum Aspekte unbesprochen und zögert auch nicht, weitere Entwicklungsbedarfe zu benennen, sodass dieses Werk einen weiterführenden Beitrag in der Entwicklung und Positionierung der Fachdisziplin leisten kann.
Rezension von
Sabine Brennscheidt
Bildende Künstlerin; Sozialpädagogin B.A.; exam. Gesundheits-und Krankenpflegerin mit amerikan. und deutschem Examen.
Website
Mailformular
Es gibt 3 Rezensionen von Sabine Brennscheidt.