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Christian Müller: Digitale Kommunikation und Soziale Arbeit

Rezensiert von Janine Fluck, 18.07.2024

Cover Christian Müller: Digitale Kommunikation und Soziale Arbeit ISBN 978-3-525-70317-5

Christian Müller: Digitale Kommunikation und Soziale Arbeit. Menschen im digitalen Raum erreichen. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2023. 128 Seiten. ISBN 978-3-525-70317-5. D: 23,00 EUR, A: 24,00 EUR.

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Thema

Die Auswirkungen der Digitalisierung und im Speziellen die Form der digitalen Kommunikation erstrecken sich weitreichend über alle Lebensbereiche der Gesellschaft. Aus diesem Grund ist es auch für die Soziale Arbeit notwendig, sich den digitalisierten Lebenswelten ihrer Adressat_innen anzupassen und stellt sie auf diese Weise vor neue Herausforderungen. Zusätzlich stellen die Vernetzung von Fachkräften untereinander sowie mit ihren Adressat_innen über Social Media, die Veränderung der Öffentlichkeitsarbeit, Onlineberatung, digitales Streetwork sowie digitale Dokumentation neue Aspekte für die Soziale Arbeit dar. Digitale Kommunikation kann die soziale und digitale Teilhabe, Chancengleichheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt enorm beeinflussen. Dabei haben die Fachkräfte und Organisationen der Sozialen Arbeit die Möglichkeit, entweder aktiv an der Gestaltung des digitalen Raums mitzuwirken oder sich lediglich mit den Konsequenzen der Veränderungen auseinanderzusetzen.

Aufgrund der stetig steigenden Bedeutung digitaler Kommunikation möchte der Autor in seinem Werk drei praxisorientierte Ziele erreichen. Zum einen ist seine Intention, „wichtige Facetten und Aspekte der digitalen Kommunikation“ (S. 7) aufzuzeigen, zum anderen „die Praxisrelevanz digitaler Kommunikation für die Soziale Arbeit“ (S. 7) zu beleuchten und als dritten Punkt ein Angebot an nützlichen Informationen und Impulsen für Fachkräfte der Sozialen Arbeit und ihre Praxis zur Verfügung zu stellen.

Autor

Der Autor Christian Müller ist Diplom-Sozialpädagoge und selbstständiger Kommunikations- und Digitalisierungsbegleiter mit den Schwerpunkten Sozial- und Bildungswirtschaft und Social Start-ups. Daneben engagiert er sich im Bundesverband Community Management e.V. für digitale Kommunikation & Social Media (BVCM) sowie im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. (SEND).

Entstehungshintergrund

Für den Großteil des Buches bedient sich der Autor an den Erfahrungen von Fachkräften und Klient_innen der Sozialen Arbeit. Hierzu führte er separate Interviews oder lässt manche Ergebnisse, die er aufgrund seiner Arbeit durch Umfragen in Workshops, Vorträgen und Fachtagungen erhalten hat, miteinfließen. Sein Wunsch ist es, „dass Soziale Arbeit sowohl bei den Regeln, Gesetzen und Entwicklungen digitaler Kommunikation beteiligt ist als auch eigene Communities aufbaut und mit bestehenden Communities kooperiert“ (S. 123).

Aufbau und Inhalt

Im Vorwort zeigt der Autor einen kleinen Ausschnitt an Bereichen der digitalen Kommunikation auf, formuliert seine Absicht mit diesem Werk und grenzt das ab, was den Rahmen des Buches sprengen würde. Er betont, dass das eine oder andere bei der Veröffentlichung seines Buches gegebenenfalls bereits nicht mehr auf dem aktuellen Stand sei, da sich digitale Kommunikation rasant entwickle. Es folgt ein QR-Code, mit dem die Leser_innen auf vorrangig frei zugängliche Onlinequellen des Buches zugreifen können.

Nach einer kurzen Danksagung startet er in Kapitel eins mit der Beantwortung der Frage „Digitale Kommunikation und Soziale Arbeit: Passt das zusammen?“. Hierfür definiert er zunächst den Begriff „Sozialarbeit“ und gibt im Folgenden eine Erklärung ab, wie innerhalb dieser digitale Arbeit funktionieren kann und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen. Untermauert wird dies durch ein Beispiel aus der Praxis.

Das zweite Kapitel „Wie digital ist die Lebenswelt der Klient_innen?“ beginnt mit der Vorstellung einer Studie zur täglichen Internetnutzung, um darzustellen, wie stark der Alltag von Digitalität durchdrungen ist oder auf der anderen Seite eben auch überhaupt nicht. Es werden Grenzen der digitalen Kommunikation bzw. Beratung aus Klient_innensicht sowie das Erfordernis der Bedarfsabfrage von Klient_innen auch in digitalen Settings aufgezeigt. Es geht um Nutzer_innenzentrierung und darum, was diese an digitalen Angeboten benötigen. Der Fokus liegt auf einer Erweiterung des analogen Angebots durch digitale Angebote. Der Autor formuliert sieben entscheidende Fragen, die beantwortet werden müssen, um die Möglichkeiten der digitalen Sozialen Arbeit im Sinne ihrer Klient_innen zu nutzen. Dieser Fragenkatalog ist jedoch nicht vollständig.

Die „Risiken und Nebenwirkungen digitaler Kommunikation für die Soziale Arbeit“ werden im dritten Kapitel aufgeführt. Veränderungen können grundsätzlich als Bedrohung oder als Chance angesehen werden. Wichtig ist dabei stets eine kritische Reflexion. Durch die Erfahrungen von bereits bestehenden Projekten können Risiken und Nebenwirkungen genannt und als Lernchance für zukünftige Angebote genutzt werden. Daneben werden auch die Vor- und Nachteile digitaler Kommunikation innerhalb eines Teams in Bezug auf Informationsaustausch, Teamdynamik und Einfluss auf das Zeitkontingent von Leitungen genannt. Der Autor entwickelt auch hier Fragen zur Bearbeitung im Team, um sich mit potenziellen Nebenwirkungen auseinanderzusetzen.

Den „Chancen und Potenzial digitaler Kommunikation für die Soziale Arbeit“ widmet sich das vierte Kapitel. Der Autor beleuchtet das Thema von mehreren Seiten. Zum einen zeigt er Chancen im Kontakt mit Klient_innen auf, zum anderen im Kontakt innerhalb eines Teams oder deren Austausch mit anderen Teams. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und benennt mögliche Vorteile in Bezug auf das Erreichen der öffentlichen Aufmerksamkeit bei relevanten Themen sowie auf die Transparenz der Sozialen Arbeit, die durch digitale Kommunikation möglich wird. Alle Vorteile setzt er in Verbindung mit gewissen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um ihr Potenzial auszuschöpfen.

Auf diesen Punkt folgt die Umsetzung in der Praxis in Kapitel fünf „Der Blick in die Praxis: Wie wird digitale Kommunikation in der Sozialen Arbeit eingesetzt?“. Als Erstes definiert der Autor die Begrifflichkeiten „Digitalisierung“, „digitaler Wandel“, „digitale Transformation“ und „Digitalität“. Ein weiterer wichtiger Aspekt widmet sich dem Thema Datenschutz, da dieser essenziell für die Vertrauensbasis in der Sozialen Arbeit ist. Nach Gesprächen mit Jurist_innen und Anwält_innen geht der Autor auf die relevantesten Grundsätze für die Arbeitspraxis ein und führt dazu Beispiele auf. Auch die beiden Begriffe „Datenschutz“ und „Privatsphäre“ werden hier definiert.

Das sechste Kapitel „Digitale Kommunikation in Einrichtungen: höher, schneller, weiter“ beschreibt anhand von Erfahrungsberichten einige Beispiele von digitalen Arbeits- und Kommunikationstools und deren Anwendung in Einrichtungen. Das Kapitel beginnt mit einer Grafik zu einer Befragung über die Verwendung digitaler Kommunikationsmöglichkeiten in Institutionen der Sozialen Arbeit. Später arbeitet der Autor mithilfe von Erfahrungsberichten die Notwendigkeit heraus, „klare Regeln zu entwickeln und Strukturen zu erschaffen“ (S. 70) im Umgang mit digitalen Arbeits- und Kommunikationstools. Am Ende dieses Kapitels stehen Fragen, deren gemeinsame Beantwortung im Team eben diese Regel- und Strukturerarbeitung zum Ziel hat, um beispielsweise eine potenzielle Informationsflut zu vermeiden.

Kurze Erfahrungsberichte von pädagogischen Fachkräften, die digitale Kommunikation mit Klient_innen in Form von Projekten nutzen, bietet das siebte Kapitel „Digitale Kommunikation mit und für Klient_innen: rund um die Uhr verfügbar?“. Neben den Beispielen zeigt der Autor auch Schwierigkeiten auf und zählt zwei Tools für die Praxis auf, die die Dokumentationssysteme mit den Kommunikationskanälen einer Einrichtung verknüpfen können. Daneben gibt er, insbesondere für Selbsthilfegruppen, Tipps für Dienste mit hohen Datenschutz- und Privatsphäreanforderungen.

Kapitel acht „Digitale Kommunikation in der Öffentlichkeitsarbeit: Für wen steht Soziale Arbeit ein?“ bietet eine Definition von Öffentlichkeitsarbeit und deren Aufgaben sowie eine Erklärung, was diese in der Sozialen Arbeit bedeutet. Anschließend liegt der Fokus auf den „essenziellen Prinzipien“ (S. 86) sowie den „sinnvollen Einsatz- und Nutzungsmöglichkeiten digitaler Kommunikation in der Öffentlichkeitsarbeit und Außendarstellung“ (S. 86). Dabei betont der Autor neben einer Nutzer_innenorientierung auch eine aktive Zielgruppeneinbindung. Er legt dar, wie Öffentlichkeitsarbeit auch inklusiv und partizipativ gestaltet werden kann. Weiter führt er bedeutsame digitale Kommunikationsformate und -konzepte an, wie beispielsweise ein aktives Community Management und benennt drei Gründe für ihre Relevanz.

Zwar keinen Blick in die Zukunft, dafür einen Überblick über sieben Trends, die heute bereits aktuell sind und deren Einfluss in nächster Zeit zunehmen kann, soll das neunte Kapitel „Trends der digitalen Kommunikation: Was wird für die Soziale Arbeit wichtig?“ geben. Dabei zählt der Autor sowohl positive als auch negative Trends auf und erläutert diese.

Das zehnte Kapitel „Soziale Dystopie digitaler Kommunikation: Soziale Arbeit schweigt“ beschreibt ein fiktives pessimistisches Szenario in dreißig Jahren, in dem die Soziale Arbeit deutlich an Einfluss verloren hat. Geschrieben wird hier zum einen aus der Sicht eines jungen, sozial schwachen Pärchens und zum anderen aus der Sicht einer jungen Sozialarbeiterin. Die Leser_innen bekommen einen kurzen Einblick in deren jeweilige Lebenswelten.

Das genaue Gegenteil stellt das elfte Kapitel „Soziale Utopie digitaler Kommunikation: Soziale Arbeit gestaltet Gesellschaft“ in Form eines fiktiven optimistischen Szenarios, aus der Sicht derselben Personen, dar. In dieser Perspektive hat die Soziale Arbeit einen deutlich höheren Stellenwert.

Ein Schlusswort mit Tipps zur Umsetzung von neuen Ideen zum Thema digitale Kommunikation rundet das Buch ab.

Diskussion

Das Buch lässt sich leicht lesen, die Kapitel sind schlüssig aufeinander aufgebaut und obwohl der Autor selbst Befürworter der digitalen Kommunikation ist, schreibt er neutral und beleuchtet stets positive wie auch negative Aspekte. Wenn er sich auf eigene Erfahrungen statt Studien, Interviews oder dergleichen bezieht, kennzeichnet er dies deutlich. Darüber hinaus erklärt er, weshalb er manche Begriffe nicht verwendet oder auf Details verzichtet. Daneben ist es ihm wichtig zu betonen, dass sich digitale Kommunikation rasend schnell verändert und er immer nur den Stand zum Zeitpunkt des Verfassens beleuchten kann.

Durch die Verwendung vieler Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte schafft das Buch einen guten Transfer zwischen Theorie und Praxis. Es veranschaulicht die Umsetzung digitaler Praxis, lässt dabei jedoch weder die Herausforderungen noch potenzielle negative Auswirkungen außer Acht. Gemäß dem Autor hat dieses Buch nicht den Anspruch einer wissenschaftlichen Arbeit und ist auch keine. Die Quellen, die er angibt, sind hauptsächlich frei zugängliche Onlinequellen für einen einfachen Zugang für die Leser_innen. Diese sowie vertiefende Materialien und Verlinkungen zu allen im Buch erwähnten Influencer_innen und Expert_innen sind über einen im Buch abgedruckten QR-Code abrufbar, sodass eine weitere Vertiefung in die Thematik möglich wird. Zu drei Studien verwendet der Autor ein Schaubild zur Veranschaulichung. Hier wäre eine etwas größere und vielleicht auch eine farbige Darstellung der drei Grafiken für eine bessere Lesbarkeit wünschenswert. Thematisch betrachtet das Buch nicht nur digitale Kommunikation im Kontakt mit den Klient_innen, sondern auch innerhalb des Teams selbst. Dabei werden auch die Bedarfe sowie die Kompetenzen der Mitarbeitenden in den Vordergrund gestellt. Somit geht der Autor auf alle Beteiligten beim Thema digitale Kommunikation ein. Interessant sind die beiden kontroversen Ausblicke am Ende des Buches, denn sie heben sich sowohl inhaltlich als auch formal vom Rest des Buches ab und geben einen Einblick, welche Rolle Soziale Arbeit spielen kann und auch sollte.

Fazit

Digitale Kommunikation wird auch in der Sozialen Arbeit immer mehr an Einfluss gewinnen. Je schneller sie sich damit auseinandersetzt und für sich zu nutzen weiß, umso besser kann sie sich mit ihr entwickeln und den Bedarfen aller Beteiligten entsprechen. Dieses Buch gibt mit Hilfe vieler Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte einen anschaulichen ersten Einblick in diese Thematik sowie Tipps zur Umsetzung und Verwendung im Alltag.

Rezension von
Janine Fluck
Kindheitspädagogin und Master-Studentin an der FH Koblenz, Fachrichtung Kindheits- und Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Management und Beratung
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Es gibt 1 Rezension von Janine Fluck.

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ISSN 2190-9245