David Kergel, Birte Heidkamp-Kergel: Beratung und Kommunikation
Rezensiert von Katharina Beck, 27.11.2024
David Kergel, Birte Heidkamp-Kergel: Beratung und Kommunikation.
Springer VS
(Wiesbaden) 2022.
64 Seiten.
ISBN 978-3-658-39925-2.
Reihe: Essentials. Essentials plus online course.
Thema
In dem vorliegenden Buch von David Kergel und Birte Heidkamp-Kergel wird das Thema Beratung und Kommunikation fokussiert und komprimiert dargestellt. Die Begriffe werden verständlich erklärt und verschiedene (Kommunikations-)Modelle und Methoden werden aufgegriffen und vorgestellt. Es richtet sich sowohl an Studierende als auch Praktiker*innen im Bereich der Beratung, Pädagogik, Sozialen Arbeit und Psychologie.
Autor:in oder Herausgeber:in
Dr. David Kergel ist Professor für Soziale Arbeit an der IU Internationale Hochschule und Direktor des Centers für Diversität und Bildung im digitalen Zeitalter. Er veröffentlichte bereits mehrere Bücher zu diesem Thema und beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Digitalisierung.
Birte Heidkamp-Kergel, M.A., ist Koordinatorin des E-Learning Zentrums an der Hochschule Rhein-Waal. Ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung sind E-Learning, forschendes Lernen mit digitalen Medien, Diversität im digitalen Zeitalter, qualitative Bildungs- und Lernforschung.
Entstehungshintergrund
Das Buch ist ein Resultat von Kursen und Workshops, die unter anderem an der IU Internationale Hochschule Duisburg gehalten wurden und in Kooperation mit dem Zentrum für Diversität und Bildung im Digitalen Zeitalter entstanden.
Was bedeutet „} essentials {“?
Das Buch wurde über den Springer Verlag veröffentlicht. Es gehört zur Reihe der „essentials“. Bücher dieser Reihe sollen aktuelles Wissen in kompakter Form liefern. Sie sollen schnell, verständlich und unkompliziert informieren. Das Buch sorgt somit, gerade für Einsteiger, für einen übersichtlichen, komprimierten Überblick über bestimmte Fachthemen (in diesem Fall für den Bereich Bildung, Psychologie, Sozial- und Gesellschaftswissenschaften). Die Bücher können in gedruckter- als auch in digitaler Form erworben werden und eignen sich somit auch gut für die Nutzung für z.B. Tablets oder eBook-Reader. Dieses Exemplar enthält zudem einen kostenlosen begleitenden Online-Kurs, indem weiterführende Inhalte und videobasierte Materialien zur Verfügung gestellt werden.
Aufbau
Das Buch ist in aufeinander aufbauende Kapitel unterteilt. Zunächst werden die Begriffe „Beratung“ und „Kommunikation“ erklärt. Im nächsten Schritt werden verschiedene Kommunikationsmodelle sowie diverse Beratungsdimensionen/​-formen vorgestellt. Auf verschiedene Beratungsmethoden wird im Anschluss eingegangen und unterschiedliche Techniken zu den Beratungsmethoden werden vorgestellt.
Inhalt
David Kergel und Birte Heidkamp-Kergel widmen sich in ihrem Buch „Kommunikation und Beratung“ der Rolle und den Prozessen von Kommunikation in Beratungskontexten, besonders im Bereich der Bildung und sozialen Arbeit. Es wird thematisiert, wie Kommunikationsprozesse gestaltet werden können, um Beratung wirkungsvoll und zielgerichtet zu machen. Die einzelnen Kapitel werden im Folgenden näher beschrieben.
Das erste Kapitel stellt lediglich eine kurze Einleitung dar mit Hinweisen für die Leser.
Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Beratung“ kurz und bündig erklärt. Es wird auf den Schwerpunkt einer Beratung hingewiesen und worauf man besonders achten sollte, wenn man einen/eine Hilfesuchende*n berät.
Im dritten Kapitel wird der Begriff „Kommunikation“ definiert. Verdeutlicht werden die kommunikationstheoretischen Grundlagen. Es wird beschrieben, was Kommunikation bedeutet und wie vielfältig und vielseitig der Begriff verwendet werden kann.
David Kergel und Birte Heidkamp-Kergel verstehen unter dem Begriff „Kommunikation“ einen vielschichtigen, essenziellen Bestandteil und interaktiven Prozess, der mehr als nur den Austausch von Informationen umfasst. Da beide Autoren sich viel mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen, versuchen sie auch die Kommunikation durch die neue Medienformen (Soziale Medien/​Netzwerke, Videoplattformen, Podcasts, …) darzustellen und zeigen den Veränderungsprozess auch in einem Kapitel auf.
Das darauffolgende Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen Kommunikationsmodellen. Die Autoren nehmen beispielsweise Bezug auf das Sender-Empfänger-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Paul Watzlawick (u.a. Kommunikationswissenschaftler) wird mit seiner Verbalen-Nonverbalen Kommunikationstheorie vorgestellt. Gegen Ende wird der Konstruktivismus vorgestellt als Grundlage aller Beratungsstrategien. Die Modelle und der Bezug zur Theorie des Konstruktivismus helfen dem/der Leser*in, die Komplexität von Kommunikation zu verstehen und veranschaulichen die Grundlage, die für eine Beratung notwendig sind.
Der Konstruktivismus wird als Grundlage aller Beratungsstrategien angesehen, da dieser Ansatz den individuellen Prozess der Wirklichkeitskonstruktion und die aktive Rolle des Klienten in den Mittelpunkt stellt. Er nimmt außerdem die Bedürfnisse und die Perspektive des Klienten an, er stärkt ihn in seiner Selbstwirksamkeit und befähigt ihn dazu, selbstverantwortlich und reflektiert zu handeln. Aus Sicht der beiden Autoren ist der Konstruktivismus besonders wertvoll für eine nachhaltige Beratung.
Im fünften Kapitel werden diverse Beratungsdimensionen und -formen vorgestellt. Von einer guten kommunikativen Ausgangssituation über das hermeneutische Verstehen (Hermeneutik: altgriechisch „erklären“/“übersetzen“ à ursprüngliche Methode zur Textdeutung) bis hin zu Beratungssituationen aus den unterschiedlichen Praktiken, versuchen die Autoren dem/der Leser*in ein breites Feld von Beratungssituationen zu vermitteln. Anhand praktischer Beispiele werden die wichtigsten Punkte einer Beratung festgehalten, ebenso Vor- und Nachteile aufgeführt. Klare Unterschiede, wie beispielsweise zwischen einer Supervision und einem Coaching, werden ebenfalls dargestellt. Zusätzlich dazu wird auch die Rolle der zunehmenden Digitalisierung thematisiert. Der Einsatz von Online-Beratungen oder telefonischen Beratungen hat in der Praxis mittlerweile zugenommen und es werden wertvolle Tipps vermittelt, wie eine vertrauensvolle und wirksame Beratung auch online möglich ist.
Im letzten Kapitel stellen die Autoren verschiedene Beratungsmethoden vor. Es geht vor allem darum, welche Grundhaltung der Berater*in an sich mitbringen muss, um verschiedene Methoden überhaupt anwenden zu können. Daher wird zunächst auf das Menschenbild der humanistischen Psychologie nach Freud eingegangen. Der systemische Ansatz wird danach umfassend vorgestellt, welcher sich, gerade im pädagogischen Bereich, etabliert hat. Ein kleiner „Methodenkoffer“ (wie beispielsweise das Dramadreieck), der in Beratungen angewendet und hilfreich sein kann, runden das Kapitel ab. Die Autoren betonen zwischendurch immer wieder, wie wichtig Selbstreflexion bei der Beratungsarbeit ist. Auf Objektivität, Professionalität, Wahrung der Autonomie und Würde der Klient*innen, sollte der/die Berater*in den Schwerpunkt legen, um überhaupt eine vertrauensvolle Basis zu schaffen – um am Ende gut beraten zu können, egal welche Methode angewandt wird.
Eine Beratungsmethode, welche die Autoren in ihrem Werk vorstellen, ist zum Beispiel das stellen von systemischen Fragetechniken. Nachdem zu Beginn auf den systemischen Ansatz und die Grundhaltung dessen eingegangen wird, werden die verschiedenen Fragetechniken in einer Beratung festgehalten:
- Zirkuläre Fragen: sie fördern den Perspektivwechsel und regen dazu an, das Problem aus anderen Blickwinkeln zu betrachten
- Ressourcenfragen: sie heben die Stärken und Fähigkeiten des Klienten hervor, um Selbstvertrauen zu stärken und den Fokus auf Lösungen zu lenken
- Wunderfrage: sie lässt den Klienten sein Leben ohne das aktuelle Problem vorstellen. Ziel ist es, klare Wünsche und erste Schritte zur Problemlösung zu erkennen
- Konstruktive Wende: sie verlagert den Beratungsfokus von objektiven Problemlösungen hin zu individuellen Sichtweisen. Klienten gestalten ihre Realität selbst und werden ermutigt, eigene Lösungen und Ressourcen zu entwickeln
- Skalenfragen: sie helfen, Gefühle und Einschätzungen messbar zu machen
- Selbstwirksamkeitserwartungen: sie stärken das Vertrauen des Klienten in seine Fähigkeiten, indem sie frühere Erfolge und Stärken ins Bewusstsein rufen Zukunftsperspektive (ähnlich wie Wunderfrage): sie hilft dem Klienten, sich eine positive Zukunft vorzustellen und konkrete Schritte zu entwickeln
Diese Techniken helfen dem Klienten, mehr selbstreflektiert zu sein und er wird gefördert, eigene Lösungen zu finden.
Ein weiteres Beispiel wäre die systemische Aufstellungsarbeit. Sie ist eine Methode, welche oftmals im Kontext der Familien – oder Teamberatungen durchgeführt wird. Es können auch Themenaufstellungen vorgenommen werden, z.B. Konfliktaufstellungen. Grundsätzlich geht es darum, dass durch das Aufstellen von Stellvertretern für Personen oder Elementen eines Systems (wie z.B. bereits erwähnte Familien- oder Teammitglieder), verborgene Beziehungsdynamiken und Konflikte sichtbar werden. Die Methode hilft, diese Muster für alle ersichtlich zu machen um dann neue Lösungen zu entwickeln. Das Ziel ist, eine positive Veränderung im System zu erreichen. Sie wird von Beginn an durch einen Coach geleitet, der wiederum die Aufstellung analysiert und an Hand verschiedener Kriterien, welche im Buch detailliert dargestellt werden, die Situation beleuchtet.
Die Autoren haben in jedem Kapitel sogenannte „Denkanstöße“ und „Aufgaben“ eingebaut. Das sind formulierte Fragen, die sich auf den Sachtext beziehen. Sie regen den/die Leser*in zum eigenständigen Mitdenken an; fordern ihn/sie teilweise auch zum interaktiven Handeln auf.
Diskussion
Das Buch ist wie vorab angekündigt: es informiert kurz und präzise aber auch leicht verständlich über Beratung und Kommunikation. Der Aufbau ist aufeinander aufbauend, weist einen roten Faden auf und die konkreten Beispiele lassen sich leicht in die Praxis übertragen. Theoretisches Wissen wird gut erklärt und ist somit auch für Einsteiger eine nützliche Grundlage. Aber auch für Fachleute wie beispielsweise Sozialarbeiter*innen, ist das Werk durchaus hilfreich und unterstützend bei den Themen Beratung und Kommunikation. Positiv hervorzuheben sind die „Denkanstöße“ und „Aufgaben“, welche die Autoren an entsprechenden Stellen einbringen. Sie regen die Lesenden zum eigenständigen Handeln und Mitdenken an, was gerade in einer Beratungssituation von essentiellem Wert ist.
Fazit
Ein bereicherndes, wissenschaftlich fundiertes Fachbuch, welches kurz und präzise über das Thema Kommunikation und Beratung aufklärt. Die schlüssige Gliederung, die verständliche Sprache, die praxisnahen Anwendungsbeispiele und der ethische Appell an den/die Beratende*n, runden das Werk gelungen ab.
Rezension von
Katharina Beck
staatlich anerkannte Erzieherin, systemische Beraterin, Studentin in „Kindheits- und Sozialwissenschaften“ (M.A.) mit dem Vertiefungsschwerpunkt „Management und Beratung“ an der Hochschule Koblenz
Mailformular
Es gibt 1 Rezension von Katharina Beck.
Zitiervorschlag
Katharina Beck. Rezension vom 27.11.2024 zu:
David Kergel, Birte Heidkamp-Kergel: Beratung und Kommunikation. Springer VS
(Wiesbaden) 2022.
ISBN 978-3-658-39925-2.
Reihe: Essentials. Essentials plus online course.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32298.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.