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Marianne Bossard, Sarah Wabnitz: Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten

Rezensiert von Maria Westerbecke, 03.07.2025

Cover Marianne Bossard, Sarah Wabnitz: Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten ISBN 978-3-525-70340-3

Marianne Bossard, Sarah Wabnitz: Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten. Das 8-Schritte-Verfahren für die Frühe Kindheit. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2024. 224 Seiten. ISBN 978-3-525-70340-3. D: 25,00 EUR, A: 26,00 EUR.

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Thema

Das Thema des Buches „Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten. Das 8-Schritte-Verfahren für die Frühe Kindheit“, zielt darauf ab, sich mit dem Ansatz der partizipatorischen Beratung im Kontext der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) aktiv und reflektierend auseinanderzusetzen (vgl. S. 8). Dabei geht es um „einen gemeinsamen (partizipativen) Beratungsansatz und die Haltung, diesen nicht für, sondern mit den Eltern zu gestalten“ (S. 7). 

Autor:innen

Marianne Bossard absolvierte ein Studium der Psychomotorik Therapie (BA), sowie der Heilpädagogischen Früherziehung (MA).Sie arbeitet als Dozentin auf Tertiärstufe in den Bereichen Sozialpädagogik, Kindheits- und Sonderpädagogik.

Sarah Wabnitz studierte klinische Heil- und Sozialpädagogik (BA), und Sonderpädagogik (MA). Sie ist tätig als Geschäftsleiterin des Berufsverbandes der Heilpädagogischen Früherziehung der Schweiz, Lehrbeauftragte und Sonderpädagogin.

Entstehungshintergrund

Im Entstehungshintergrund des Buches betonen die Autor:innen die wachsende Relevanz partizipativer Beratungsansätze in der frühen Kindheit. Die vorherrschende Meinung in sozialen Beratungsprozessen, wobei das Fachpersonal allein entscheidet, was gut für das Kind, die Eltern und das gesamte Familiengefüge ist, steht einer Haltungsänderung von Fachpersonal gegenüber, die es ermöglicht, Eltern zu befähigen, selbst zu entscheiden, was sie dafür benötigen (vgl. S. 8).

Aufbau

Das Buch ist so aufgebaut, dass Fachpersonen entsprechend ihren Erfahrungsstufen dieses Buch als Mini-Handbuch (S. 4–115) lesen können oder es als ausführliches Fachbuch mit den Grundlagen für die Beratung und deren Elemente in der Prozessbegleitung nutzen.

Inhalt

Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Prof.in Dr. Britta Dawal, Professorin für Diversität und Frühförderung an der Fachhochschule Südwestfalen, Fachbereich Bildungs- und Gesellschaftswissenschaften. Sie weist auf den lateinischen Ursprung des Wortes Partizipation (lat. Particeps) hin und übersetzt ihn mit „Teilhabe“ oder „Teilnahme“. Mit Blick auf den Titel des Buches können ihrer Meinung nach bereits hier „verschiedene Haltungen und Prinzipien in einem Beratungsprozess sichtbar werden“ (S. 7).

Die darauffolgende Einführung zu diesem Buch erläutert den Begriff „PINK“. Er bedeutet: partizipative individuelle kooperative Prozessbegleitung.

In Kapitel 1 wird die Handhabung des Buches erklärt. Dabei wird auf die Möglichkeit des Lesens des Mini-Handbuches verwiesen, welches die Kapitel 2–5 einschließt.

Das zweite Kapitel stellt das PINK-Mindset vor. Hier möchten die Autor:innen die Grundhaltung der Gedanken, die hinter der Entwicklung des Verfahrens standen, für die interessierten Anwender:innen sichtbar machen. Sie klären auf, dass das PINK-Mindset integrierter Bestandteil des Handelns im 8-Schritte- Verfahren ist und verdeutlichen die zugrundeliegende Auseinandersetzung mir den Grundpfeilern: „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, „gemeinsame, gleichwertige Kommunikation“, „Kooperation im Prozess“ und „Nachhaltigkeit“ (vgl. S. 17–18). Dabei verstehen sie Prozessbegleitung nicht als einen „von einer Einzelperson geführten Prozess, sondern als einen gemeinsamen Prozess einer Gruppe (zusammengesetzt aus Familie und Fachpersonen)“ (S. 18). Die Autor:innen laden ein, das Berater:innen- ICH kennen zu lernen, indem sie dazu auffordern, anhand eines Fragebogens das letzte geführte Elterngespräch o.ä. zu beschreiben. Dabei weisen sie darauf hin, dass die Grundhaltung, die die Fachkraft mit ihrem Handeln schafft, bedeutsam ist (vgl. S. 20) und eine kontinuierliche Reflexion eine tägliche Aufgabe darstellt. Durch diese Auseinandersetzung wird den Autor:innen zufolge das Berater:innen- ICH PINK. Mit der Metapher einer Bootsfahrt werden drei Varianten einer solchen vorgestellt. Zur Vertiefung wird das P in PINK in Anlehnung der Partizipationspyramide von Straßburger und Rieger (2019, S. 23) erläutert. Es ist den Autor:innen wichtig, die “partizipative Prozessbegleitung für Eltern erlebbar zu machen, indem die Fachperson die Eltern nur so viel wie nötig unterstützt, damit diese selbst Entscheidungen treffen können“ (S. 29). Gestützt auf die Grundlage des Konstruktivismus, sehen die Autor:innen Prozessbegleitung individuell gestaltet. Dabei berufen sie sich auf die „individuelle perspektive unter Berücksichtigung der ICF-Philosophie“ (S. 35), die als weitere Grundlage des 8- Schritte- Verfahrens verstanden wird. Zur Vervollständigung der Prozessbegleitung braucht es den Autor:innen zufolge die Kooperation aller Beteiligten im Beratungs- und Begleitungsprozess. Dabei werden die Aspekte gelingender Kooperation im 8-Schritte- Verfahren mitberücksichtigt und umgesetzt (vgl. S. 38). Die Autor:innen beschreiben diesbezüglich 7 Gelingensfaktoren für die partizipative, individuelle und kooperative Prozessbegleitung.

Das nun folgende dritte Kapitel gibt eine Übersicht über die PINK-Materialien und den Hinweis über abrufbare Inhalte im Downloadbereich. Die PINK-Materialien sind unterteilt in Materialien für Eltern und/oder Fachpersonal.

Das 8-Schritte-Verfahren wird in Kapitel vier ausführlich erläutert. Die Autor:innen verweisen dabei auf die systemische Betrachtungsweise, in der Ziele und Priorisierungen für Veränderungsprozesse offen sind und „vom System selbst gewählt werden“ (S. 65). Die acht Schritte: Gesprächsvorbereitung, Begrüßung und Ablauf des Gesprächs, Eltern erzählen, Verifizierung, Lebensräume priorisieren, Schwerpunkte festlegen, Zusammenfassung, Contracting und Transfer in die Prozessbegleitung, werden auf den Seiten 66–93 beschrieben und mit dem PINK-Materialien verknüpft. Zudem wird auf Gesprächsführungstechniken aus der systemisch-lösungsorientierten Gesprächsführung hingewiesen.

Die folgenden vier, in Kapitel 5 genannten Bausteine, erläutern die „fachlichen Überlegungen zu den PINK-Materialien“ (S. 94) und laden dazu ein, diese genauer kennenzulernen. Dabei verweisen die Autor:innen im ersten Baustein auf die Grundlagen der systemischen Beratung. Im zweiten Baustein dient „das Modell der Intentionalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) als Grundlage, um den Menschen (…) und sein Gesundheitsproblem zu erfassen (Hollenweger/​Kraus de Camargo 2017)“ (S. 96). Der dritte Baustein beschreibt die Lebensräume- PINK, die sich in ihrer Typologisierung „an der Publikation von UNICEF >Planung und Gestaltung von kindlichen Lebensräumen< (2020)“ (S. 104) orientieren. Als letzter und vierter Baustein werden die Lebensräume mit ICF-CY in Poster Form dargestellt. Zudem verweisen die Autor:innen auf den Anspruch, Partizipation zu ermöglichen (vgl. S. 112).

Mit diesem Baustein ist das anfangs erwähnte „Mini-Handbuch“ abgeschlossen.

In den nachfolgenden erweiterten Kapiteln gehen die Autor:innen den fachlichen Grundlagen nach. Diese richten sich als Vertiefung an „versierte Anwender:innen, die ihr Fachwissen auffrischen möchten“ (S. 116), aber auch an Einsteiger:innen, im Berufsfeld der Beratung in der Frühen Kindheit, die fachliche Bezüge vertiefter nachvollziehen möchten. Die in den Bausteinen PINK-Grundlagen der Beratung, PINK-Werkzeuge in der Beratung, PINK-Visualisierung und PINK-Evaluation aufgeführten Unterpunkte des Kapitels 6 „führen differenziert aus, welche fachlichen Wurzeln PINK tragen“ (S. 116).

Das siebte Kapitel bietet den Lesenden die Möglichkeit, sich mit eigenen Ideen bezüglich des 8-Schritte-Verfahrens auseinanderzusetzen. Die Autor:innen geben hier Anregungen, „welche kreativen Möglichkeiten mit den PINK-Materialien geschaffen werden können“ (S. 203).

In Kapitel acht verabschieden sich die Autor:innen mit dem Hinweis auf die Transferfähigkeit des PINK-Konzeptes auf andere Beratungssettings (vgl. S. 207). Zudem machen sie deutlich, dass die Prozessbegleitung mit dem 8. Schritt im 8-Schritte-Verfahren nicht abgeschlossen ist, die PINK-Materialien aber „für den weiteren Begleitungsprozess individuell eigesetzt und mit der Prozessgestaltung verzahnt“ (S. 208) werden können.

Abschließend werden die PINK-Lebensraumposter (ICF-CY) in Kapitel 9 des Buches bildlich dargestellt.

Diskussion

„Lebenswelten mit Eltern gemeinsam zu visualisieren sowie vorhandene Ressourcen zu erkennen und zu nutzen, stärkt den partizipationsorientierten Beratungsprozess mit Familien“. So wird der Inhalt des Buches „Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten“ auf der Rückseite des Covers beschrieben. Wer das Buch in den Händen hält und sich zunächst mit dem Mini-Handbuch beschäftigt, wird schnell merken, dass genau dieser Ansatz in diesem Buch anschaulich beschrieben wird. Vor allem für Fachpersonal aus dem Bereich der Sonderpädagogik sowie der Frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung bietet dieses Buch einen umfassenden Einblick in die partizipationsorientierte Beratung. Dabei geben die Autor:innen des Buches in wiederkehrenden Verweisen die Möglichkeit, fachliche Hintergründe und Wissen zu vertiefen, bzw. aufzufrischen. Diese „Querverweise“ helfen den Lesenden, sich mit den jeweiligen Kapiteln näher zu befassen. Gleichzeitig zeigen sie den Anwender:innen aber auch mögliche persönliche Defizite auf. Dieses kann individuell den Lesefluss beeinträchtigen, da sich die Anwender:innen immer wieder mit fachlichen Grundlagen auseinandersetzen dürfen. Wer sich hier abgeholt fühlt und sich auf diesen Prozess einlassen kann, wird definitiv ein fundiertes Fachwissen bezüglich der PINK-Beratung erlangen. Mit dem Mini-Handbuch erhalten die Anwender:innen eine ausführliche Darstellung der PINK-Beratung. Dieses lässt sich kapitelweise nachschlagen, so dass in nachfolgenden Beratungsprozessen die Möglichkeit der individuellen Nutzung besteht.

Fazit

Das Buch „Beratungsprozesse mit Eltern partizipativ gestalten – Das 8-Schritte-Verfahren für die Frühe Kindheit“ von den Autorinnen Marianne Bossard und Sarah Wabnitz ist für Fachpersonal aus den Bereichen der Sonderpädagogik sowie der Frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung ein in jeglicher Hinsicht bereicherndes Buch im Bücherregal. Es basiert auf fundiertes, fachliches Hintergrundwissen und bereichert den Beratungsprozess in der Arbeit mit Familien. Wer sich intensiv mit dem PINK-Mindset auseinandersetzt und sich die nötige Auseinandersetzung mit den fachlichen Hintergründen des Inhaltes im Buch zutraut, profitiert nicht nur individuell von der PINK-Sichtweise, sondern lässt vor allem Eltern im Beratungsprozess partizipieren. 

Rezension von
Maria Westerbecke
Erzieherin, Heilpädagogin, Elternbegleiterin, Projektkoordinatorin, Kindheits- und Sozialwissenschaftlerin (M.A.).
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Es gibt 2 Rezensionen von Maria Westerbecke.

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ISSN 2190-9245