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Monika Grubbauer, Joscha Metzger (Hrsg.): Wohnen in Hamburg

Rezensiert von Prof. Dr. Frank Eckardt, 16.09.2024

Cover Monika Grubbauer, Joscha Metzger (Hrsg.): Wohnen in Hamburg ISBN 978-3-8376-6729-5

Monika Grubbauer, Joscha Metzger (Hrsg.): Wohnen in Hamburg. Akteure, Instrumente und Konfliktfelder. transcript (Bielefeld) 2023. 404 Seiten. ISBN 978-3-8376-6729-5. D: 39,00 EUR, A: 39,00 EUR, CH: 47,60 sFr.
Reihe: Interdisziplinäre Wohnungsforschung - Band 6.

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Thema

Dieser Sammelband greift unterschiedliche Aspekte des Wohnens in Hamburg auf. Damit legen die Herausgeber*innen einen Band vor, der sich – wie im Untertitel zum Ausdruck gebracht wird – vor allem mit Akteuren, Instrumenten und Konfliktfelder des Wohnens in Hamburg beschäftigt.

Autor:in oder Herausgeber:in

Monika Grubbauer ist Professorin für Geschichte und Theorie der Stadt an der HafenCityUniversity. Joscha Metzger ist Mitarbeiter bei Stattbau Hamburg, einer gGmbH und alternativer Sanierungsträger der Stadt Hamburg.

Die 31 Autor*innen haben alle einen starken Hamburg-Bezug, der sich vor allem durch die Anbindung an die Universität Hamburg und der HafenCityUniversity ergibt. Hierbei sind Professor*innen wie auch Absolvent*innen des BSc Stadtplanung, sowie Doktorand*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen unter den Autor*innen zu finden.

Entstehungshintergrund

Einzelne Beiträge sind von der Hans-Böckler-Stiftung oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sowie von der Mara und Holger Cassens-Stiftung, waterfront e.C., dem Förderverein der HCU und einzelnen Personen gefördert worden.

Inhalt

Das Buch ist als Teil der „Interdisziplinären Wohnungsforschung“ des transcript-Verlags als Band 6 aufgenommen worden und schließt hier an die vorherigen Bände in der interdisziplinären Ausrichtung und mit Bezug auf eine auf Praxisbezug orientierten Forschung. So wird in der Einleitung von Monika Grubbauer aufgezeigt, dass es in der Forschung zum Wohnen nach wie vor wichtige und offene Fragestellungen gibt, die sich aufgrund dieser Interdisziplinarität und Planungs- und Politikorientierung ergeben und die eine lokale Betrachtung einer einzelnen Stadt ergeben. Das Buch will deshalb mit der Analyse von Hamburg hier eine Lücke schließen. Darüber hinaus ist Hamburg aber besonders wichtig in der deutschen Diskussion, weil hier mit unterschiedlichen Instrumenten und im Laufe der politischen Entwicklung, wie Jürgen Oßenbrügge in seinem Beitrag aufzeigt, besonders für übergeordnete Fragen der Wohnungspolitik interessant.

Die theoretische und historische Einordnung des Beispiels Hamburgs wird zudem durch einen weiteren Bogen, den Dirk Schubert in seinem Beitrag leistet, besonders deutlich. Hier sind lange Linien der Entwicklung von Wohnverhältnisse erkennbar, die die Einordnung der Diskussion um einzelne Politiken und Instrumente im weiteren Verlauf des Buches ermöglicht. Insbesondere das „Bündnis für Wohnen“ ist sicherlich für eine detailliertere Diskussion des Hamburger Beispiels relevant. Dies wird durch Joscha Metzger im sechsten Kapitel geleitstet, wobei die Bedeutung der Immobilienwirtschaft hervorgehoben wird.

Daran schießen die Beobachtungen zur Innen- und Außenentwicklung des Eigenheim-Baus an, sowie die vermeintlichen Effekte der Home Office-Ökonomie. Erwartungsgemäß werden zwar alternative Wohnformen in Hamburg intensiv öffentlich diskutiert, bleiben aber in ihrer wohnungspolitischen Bedeutung eher marginal, wie der Beitrag von Marieke Behne, Bernhard Kniess und Anna Richter aufzeigt.

Gleichsam kritisch wird die Rolle der Wohnungsbaugenossenschaften von Lennart Prill eingeordnet. Hier wird der Marktdruck nicht in der Weise aufgefangen, wie es wohl nötig wäre, um das Maximum an bezahlbaren Wohnraum herstellen zu können. Im dritten Kapitel wird die Wohnungspolitik anhand der Analyse des Beispiels Altona, der Bodenfrage, dem sozialen Wohnungsbau, dem Vorkaufsrecht, dem Erbbaurecht und den Baugemeinschaften in Hamburg konkret und detailliert dargelegt. Schließlich werden die Konfliktfelder und aktuellen Auseinandersetzungen um das Wohnen in der Stadt ausgeführt. im Fokus stehen die Obdachlosenpolitik, die Migrationseffekte, das Thema soziale Mischung am Beispiel Hamburg-Wilhelmsburg. de Lage der Frauenhäuser, Gentrifizierung in Altona-Altstadt und der Konflikt um die Esso-Häuser.

Diskussion

Die Lektüre dieses Buches ermöglicht es, das komplexe Thema des Wohnens in seinen verschiedenen Facetten für die Großstadt Hamburg näher zu verstehen und detailliert über die einzelnen Aspekte, wie oben aufgeführt, informiert werden. Der erste Teil erlaubt auch die dringende Einordnung zu vollziehen, die theoretisch und geschichtlich anhand der Beiträge von Grubbauer, Schubert und Obenbrügge eingerahmt wird.

Der Schwerpunkt der Beiträge sind – dem Anliegen einer praxisorientierten Wohnungsforschung folgend – auf einzelne Themen der politik- und planungsnahen Forschung konzentriert. Dadurch ergibt sich ein sehr genaues Bild von den verschiedenen Politiken und Instrumenten und hier liegt sicherlich die Stärke des Sammelbands. Wenn aber Grubbauer in ihrem Beitrag darauf hinweist, dass Wohnforschung und Wohnungsforschung nicht dasselbe sind, dann ergeben sich in der Gesamtschau der Beiträge genau aus diesem Grunde zwei Schwächen bzw. Desiderate für die weitere Forschung: Zunächst fehlen doch die Thematisierungen grundlegender gesellschaftlicher Prozesse, die doch erheblichen Einfluss auf das Wohnen in der Stadt haben. Hierzu gehören natürlich alle Fragen der Segregation und Gentrifizierung. Dies wird zwar in einzelnen Beiträgen, insbesondere bei Ingrid Breckner, Julie Chanmberlain und Moritz Rinn aufgegriffen. Es fehlt aber hier die Vogelperspektive, mit der diese Prozesse in der gesamten Stadt und über die Zeit hinweg beobachtet und interpretiert werden. In diesem Kontext ist auch die Frage nach dem demografischen Wandel, der Lebensstil- und Milieu-Diversifizierung und auch der postmigrantischen Stadt zu stellen. Es wird ungezweifelt für das Wohnen in der Stadt entscheidend sein, wie Menschen sich aufgrund dieser Entwicklungen verhalten werden und welche Wohnpräferenzen sie entwickeln. Das betrifft auch den Klimawandel und die Suche nach resilienten Wohnorten der Fall sein. Dass alle diese Fragen nicht aufgegriffen werden, hat mit der Fokussierung auf die strukturalistische Perspektive zu tun, bei der es dann doch in erster Linie um die „Wohnung“ geht und nicht um das „Wohnen“ als ein komplexes soziales und individuelles Verhalten. Wie die Menschen konkret wohnen, welche Präferenzen und Routinen, Wertschätzungen, Tabus, normative Ideen und Konzepte von Zusammenleben sie haben, erfahren wir leider nicht. Dies wäre nur erforschbar, wenn die Wohnsoziologie auch eine handlungssoziologische Perspektive berücksichtigen würde, was ansatzweise bei der Betrachtung der Wohnsituation der Obdachlosen und den Frauenhäusern realisiert wird.

Fazit

„Wohnen in Hamburg“ gibt einen detaillierten Eindruck über verschiedene Aspekte der Wohnungspolitik in Hamburg. Deren Instrumente werden in einem größeren historischen und theoretischen Rahmen eingeordnet. Der Sammelband wird somit zu einer reichen Quelle für die wohnungspolitischen Debatte über Hamburg hinaus.

Rezension von
Prof. Dr. Frank Eckardt
Professor für sozialwissenschaftliche Stadtforschung an der Bauhaus-Universität Weimar
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Es gibt 11 Rezensionen von Frank Eckardt.

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Zitiervorschlag
Frank Eckardt. Rezension vom 16.09.2024 zu: Monika Grubbauer, Joscha Metzger (Hrsg.): Wohnen in Hamburg. Akteure, Instrumente und Konfliktfelder. transcript (Bielefeld) 2023. ISBN 978-3-8376-6729-5. Reihe: Interdisziplinäre Wohnungsforschung - Band 6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32409.php, Datum des Zugriffs 06.10.2024.


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