Julia Klimczak: Kinderschutz im Ganztag Best Practice
Rezensiert von Wolfgang Schneider, 05.12.2024
Julia Klimczak: Kinderschutz im Ganztag Best Practice. Positive Beispiele & konkrete Ideen. Verlag Herder GmbH (Freiburg, Basel, Wien) 2024. 80 Seiten. ISBN 978-3-451-39740-0. D: 15,00 EUR, A: 15,50 EUR, CH: 16,25 sFr.
Thema
Die Autorin hat fünf verschiedene Einrichtungen besucht, die auf ganz unterschiedliche Weise den Kinderschutz im Ganztag alltäglich einbinden. Allen gemeinsam ist dabei die Orientierung an den Kinderrechten als Basis für gelebten Kinderschutz: Neben dem Schutz vor Gefahren geht es darum, das Vertrauen zwischen Kindern und Erwachsenen zu stärken. Denn nur so besteht die Möglichkeit, dass eine Gesprächskultur wächst, in der Fach- und Lehrkräfte, Kinder und Eltern offen miteinander kommunizieren und der Ganztag zu einem sicheren Lern und Lebensort werden kann. Insofern beschreibt das Buch, wie Schutzkonzepte entwickelt, umgesetzt und ausgestaltet werden können und bietet Transferideen für die eigene Praxis.
Autor:in oder Herausgeber:in
Julia Klimczak ist Diplom-Pädagogin, Erlebnispädagogin und Umweltbildnerin und war viele Jahre in der offene Kinder- und Jugendarbeit sowie in den Hilfen zur Erziehung, Sozialtrainings, in Hamburg tätig. Aktuell arbeitet sie bei einem Hamburger Wohlfahrtsverband als Jugendhilfereferentin und Fachberaterin für ganztägige Bildung und Betreuung am Nachmittag und setzt sich mit viel Engagement für die Umsetzung von Kinderrechten ein.
Aufbau und Inhalt
Nach einer kurzen Einführung in das Thema Kinderrechte und Kinderschutz in Einrichtungen nimmt die Autorin die Leser:innen mit auf eine Praxisreise. Fünf Träger und ihre Ganztagsangebote werden im Hinblick auf ihre Schutzkonzepte und deren Umsetzung in den Fokus gesetzt. Dabei gliedern sich alle fünf Kapitel dazu gleich. Nach kurzen Testimonials von Kindern oder auch Fachkräften aus der Einrichtung werden zunächst kurz Chancen und Herausforderungen benannt, bevor ein Einblick in die jeweilige Einrichtung erfolgt. Anschließend erfolgt eine Transferierung des jeweiligen Schutzkonzeptes in die allgemeine Praxis zum Beispiel unter den Aspekten Rahmenbedingungen & Strukturen oder Pädagogische Grundhaltung. Den Abschluss der Kapitel bildet ein kurzer Ausblick, was sich aus dem jeweiligen Konzept mitnehmen lässt.
Den Auftakt macht dabei der Hort Tigerente e.V. in Hamburg. Dabei handelt es sich um einen Träger, der neben zwei offenen Ganztagsangeboten auch eine Betreuung für Kinder bis zur sechsten Klasse an einem Gymnasium sowie eine Kita betreibt. Insgesamt werden hier rund 700 Kinder betreut. In diesem Kapitel steht das trägerinterne Kinderrechte- und Kinderschutzteam im Vordergrund, das multiprofessionell aufgebaut ist und unter der Grundannahme arbeitet, das Kinderschutz gemeinsam mit Adressat:innen gedacht werden muss, um wirkungsvoll zu sein. Zeitliche und finanzielle Ressourcen für die Arbeit zum Beispiel in Form von Fallbesprechungen stellt der Träger zur Verfügung.
Im zweiten Praxisbeispiel stehen die Konzeption und Umsetzung von Beschwerdeverfahren im Mittelpunkt, was anhand des Waldhortes im bayerischen Ebersberg beschrieben wird. Hier werden rund 30 Kinder aus den Klassen Eins bis Vier durch vier Fachkräfte betreut, die um Auszubildende ergänzt werden. Hier wird zum Beispiel ein Beanstandungsformular eingesetzt unter dem Titel ‚Was mir nicht passt‘, welches die Kinder mit einer Dringlichkeit kennzeichnen können. Hierzu stehen drei Farben zur Verfügung: Rot bedeutet ‚Ist sehr dringend zu bearbeiten‘, Gelb meint ‚dringend‘ und Grün spricht die Empfehlung ‚Sollte mal bearbeitet werden‘ aus.
Anhand des niedersächsischen Trägers Verein für Kinder und dessen Hort Haarentor erläutert die Autorin die Umsetzung von Schutzkonzepten. Insgesamt werden durch den Träger in fast 30 Einrichtungen über 1000 Kinder betreut, den Hort Haarentor besuchen rund 40 Kinder der Klassen Eins bis Sechs. Verantwortlich für sie sind vier pädagogische Fachkräfte, eine Köchin, eine Reinigungskraft und Praktikant:innen. Julia Klimczak beschreibt hier, wie es gelingen kann, dass die durch das Bundeskinderschutzgesetz zur Pflicht gewordenen Schutzkonzepte nicht bloß eine Karteileiche sind, sondern auch gelebt werden. Nur so kann es gelingen, Kinderschutz zu leben sowie Kinder und Eltern aktiv in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, die sie betreffen.
Das vierte Angebot, das näher betrachtet wird, ist der Mädchenclub Flamingo des bereits vorgestellten Trägers Hort Tigerente e.V. Der Mädchenclub ist Teil eines Ganztagsangebotes und wird jeweils einmal wöchentlich für Dritt- und Viertklässlerinnen angeboten. Er ist dabei als Schutzraum zu verstehen, wo die Ideen und Gefühle der Mädchen ihren Raum bekommen können, was zur Entfaltung einer individuellen Persönlichkeit beitragen soll. Durch gezielte Aktivitäten lernen sie, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ein positives Selbstbild zu entwickeln. Hierbei geht es um klassisches Empowerment.
Die fünfte Einrichtung, die die Autorin besucht hat, ist der Hort Froschteich in Hamburg, der von 150 Kindern zwischen fünf und elf Jahren besucht wird. Acht Fachkräfte arbeiten hier mit Unterstützung von Honorarkräften, FSJler:innen und Praktikant:innen. Konkret wird das Thema Gewaltprävention in den Fokus genommen, deren entscheidende Komponente die Prävention ist. Hier bekommen die Kinder Wissen aber auch Werkzeuge an die Hand, um sich selbst schützen zu können und gleichzeitig ein Bewusstsein für Gewalt in der Gesellschaft zu bekommen.
Den inhaltlichen Abschluss des Buches bildet ein Blick auf eine ganz spezielle Weiterbildung, die der Hamburger Träger, für den auch die Autorin tätig ist, aufgelegt hat: Fachkraft für Kinderrechte – zertifiziert zur Fachkraft für Kinderschutz. Weiterführende Hinweise und Literatur stehen dann ganz am Ende.
Diskussion
Die Beispiele zeigen, welche Ideen dabei entstehen, wenn sich Träger und ihre Teams aufmachen, Kinderschutz und Kinderrechte in ihren Alltag zu integrieren. Die Verknüpfung von Theorie und Praxis dürfte es den Leser:innen einfach machen, Passendes für ihre Einrichtung zu übernehmen beziehungsweise im besten Fall auf die individuellen Gegebenheiten anzupassen.
Fazit
Mit liebevollen Zeichnungen und einer klaren Struktur lässt sich ein guter Überblick gewinnen, wie sich die einzelnen Schutzkonzepte in die Praxis der Leser:innen übernehmen beziehungsweise anpassen lassen.
Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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Zitiervorschlag
Wolfgang Schneider. Rezension vom 05.12.2024 zu:
Julia Klimczak: Kinderschutz im Ganztag Best Practice. Positive Beispiele & konkrete Ideen. Verlag Herder GmbH
(Freiburg, Basel, Wien) 2024.
ISBN 978-3-451-39740-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32416.php, Datum des Zugriffs 24.01.2025.
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