Klaus Lenk: Öffentliche Verwaltung in diesen Zeiten
Rezensiert von Prof. Dr. Paul Brandl, 23.09.2024
Klaus Lenk: Öffentliche Verwaltung in diesen Zeiten. Eine Systemsicht auf das Verwaltungshandeln und sein Umfeld. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2024. 129 Seiten. ISBN 978-3-7560-1574-0. D: 34,00 EUR, A: 35,00 EUR.
Der Autor
Klaus Lenk war Professor für Verwaltungswissenschaft an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, emeritiert 2005. Seine Forschungsschwerpunkte sind seit 1970 Verwaltungsinformatik, Verwaltungsorganisation und gesellschaftliche Implikationen der Digitalisierung.
Inhalt
Das Buch gibt einen zukunftsbezogenen Überblick zum gegenwärtigen Wandel der Aufgaben und Funktionen öffentlicher Verwaltungen. Grundlage dafür ist ein allgemeines, aber detailliertes Modell der elementaren Grundlagen des Verwaltungshandelns in der Verknüpfung von menschlichem Handeln mit digitalen Verfahrensteilen – erwachsen aus der langjährigen Beschäftigung mit Verwaltungsinformatik.
Zum Inhalt des Buches: Einleitend wird das Ziel der Publikation, die Grundlagen des Handelns der Verwaltung darzustellen, erläutert. Es wird dabei der globale und der analytisch-elementare Ansatz dargestellt. Ausgehend von einem Blick aus dem Weltall wird das Umfeld der Verwaltung, der Wandel der Vergesellschaftung und das Beharrungsvermögen der Organisationen der Verwaltung eingegangen. In diesem Kapitel wird dann auf die Rolle der IT, grundlegende Institutionen und gesellschaftliche Tendenten, das relevante Recht, den Staat und die Verwaltung, Global Governance sowie die Träger der Öffentlichen Verwaltung eingegangen.
Im nächsten Kapitel wird der Funktionswandel der öffentlichen Verwaltung erläutert. Es beginnt mit der Problematik einer Aufgabenlehre gefolgt von den Aufgabenfeldern „Sicherheit gewährleistern“, „Infrastruktur der Gesellschaft“, „Soziale Sicherheit und Integration („Services“), „Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme“ inclusive der Zuweisung von Positionen und Chancen. Daran schließt sich die Thematik der normativen Bestimmung zum Umfang öffentlicher Aufgaben an. Das Kapitel wird vom Aufgabenwandel durch den Abschied von der Arbeitsgesellschaft abgeschlossen. Neue Aufgaben sind etwa das Anwachsen der klassischen Aufgaben und die „Techniknutzung“.
Ein weiteres Kapitel ist die Theorie des soziotechnischen Verwaltungshandelns. Am Beginn steht ein kurzer Abschnitt zu den Modellen des Verwaltungshandelns, die als Grundlage für das Gewinnen von Erkenntnissen dienen können. Dann folgt eine Vorklärung zum Handeln der Öffentlichen Verwaltung als organisiertes Umgehen mit Information. Beginnend mit dem Informationsbegriff, den Verwendungsweisen der Informationstechnik und den Grundfiguren des soziotechnischen Handelns. In einem weiteren Abschnitt wird das Prinzipmodell öffentlichen Handelns und maschinellen Bewirkens dargestellt. Es wird dargelegt, dass in jeder der vier Phasen des Beobachtens, der Wissensverarbeitung, des Entscheidens und der Ausführungshandlungen maschinelle und technische Beiträge zu finden sind. Verteilte Intelligenz entsteht in diesen Phasen durch das Zusammenwirken von Menschen und Maschinen. Abgeschlossen wird das Kapitel mit dem dreistufigen Modell des Verwaltungshandelns: Bewirken, der Produktion und der Infrastruktur.
Das Thema „Public Policy: Wie kann in der Verwaltung bewirkt werden, was bewirkt werden soll?“ wird in einem weiteren Kapitel dargestellt. Dieses wird in fünf Abschnitten bearbeitet: realitätsgerechte Modelle des Politikprozesses, Politikformulierung, Vorwegnahme des Vollzugs, politische Programme und Gesetzgebung und die Formen des Bewirkens.
Der Gedankengang wird weitergeführt mit einem Kapitel „Public Management: Leistungserstellung und Management“. Dazu gehören folgende Unterpunkte: eine differenzierte Sicht auf Management und Organisation des Verwaltungshandelns, das Öffentliche Management, die drei Sichten auf die Verwaltung in Form von fachlich, rechtlich und wirtschaftlichen Aspekten, die Leistungserstellungsprozesse und das Denken in Geschäftsprozessen. Das Verständnis von Prozessen wird hier als weitere Verfeinerung der bestehenden Arbeitsabläufe verstanden.
Im letzten Kapitel werden die Thematiken der Infrastrukturen, Ressourcen und Gestaltungsmöglichkeiten des Verwaltens aufgegriffen. Die Überschriften dazu sind die Verwaltungs-Allmende, die modular strukturierte und standardisierte Infrastruktur sowie die Ertüchtigung von Mensch, Technik und Organisation.
Abschließend geht der Autor auf die Zukunft des Verwaltungshandelns angesichts der Weltentwicklung ein. Die wesentlichen Themen sind Technologie, erneuerte Verwaltungswissenschaft, Chancen einer konvivalen Gestaltung.
Diskussion
Der Abschnitt zu den neuen Aufgaben der Öffentlichen Verwaltung ist relativ kurz geraten, sodass damit ein sehr spannender Aspekt etwas kurz geraten ist. Der Schwerpunkt der Publikation liegt auf einer zurückschauenden Vorausschau. Dies schlägt sich in einer entsprechenden sprachlichen Ausdrucksweise nieder. Die Prozessorganisation als Werkzeug zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität findet hier nur bedingt ihren Niederschlag. Die Publikation ist hinsichtlich der Ausdrucksweise für jüngere Leser fast schon etwas schwierig lesbar.
Prozessmanagement wird in einem Kapitel zwar angesprochen, aber die Bedeutung wird schlicht unterschätzt, da es als „zurückgehend“ eingestuft wird. Es ist vielmehr nach einer konsequenten Umsetzung des Prozessmanagements zu fragen, in der nicht nur eine effizientere und effektivere Arbeitsweise Eingang findet, sondern auch eine neue Denke.
Die Warnungen von zu viel bzw. überbordendem Technologieeinsatz bleiben relativ vage, sodass ein spannendes Thema zwar eröffnet, aber wenig konkret dargestellt wird. Ein Thema, das gerade in diesen Zeiten durchaus Brisanz hat.
Die Metaebene ist abgesehen vom alten Thema der Allmende oder neuerdings der Gemeinnützigkeit ausreichend angesprochen. Hier liese sich eine Diskussion im Spannungsfeld von effizient und effektiv organisiert einerseits und „gemeinnützig“ andererseits führen. Bereits die Mesoebene bedarf einer weiteren Präzisierung. Damit ist es nicht verwunderlich, wenn moniert wird, dass die Konkretisierung auf der operativen Ebene ebenso – zumindest beispielhaft – die Umsetzung greifbarer wünschenswert wäre.
Die eingearbeitete Literatur ist relativ ausführlich.
Fazit
Die Publikation ist sehr komprimiert geschrieben und vermittelt eine breite, interessante Sichtweise eines sehr erfahrenen, langjährigen Autors. Die Systemdarstellung des Verwaltungshandelns samt die Einbettung ins Umfeld geht an die Grenzen des Lesens so mancher (jüngeren) Leser:innen. Die Darstellungen gehen weit über die technologische Weiterentwicklung des Verwaltungshandelns hinaus. Insgesamt ist die Intention des Autors klar zu erkennen. Inwieweit der Nutzen der Leser:innen über eine globale Betrachtung des Verwaltungshandelns hinausgeht, bleibt dem Leser überlassen.
Rezension von
Prof. Dr. Paul Brandl
war Professor für Organisationsentwicklung und Prozessmanagement an der FH Oberösterreich, Department für Sozial- und Verwaltungsmanagement und ist Berater insbesondere für die prozessbasierte Optimierung und Neugestaltung von sozialen Dienstleistern
Website
Mailformular
Es gibt 122 Rezensionen von Paul Brandl.
Zitiervorschlag
Paul Brandl. Rezension vom 23.09.2024 zu:
Klaus Lenk: Öffentliche Verwaltung in diesen Zeiten. Eine Systemsicht auf das Verwaltungshandeln und sein Umfeld. Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2024.
ISBN 978-3-7560-1574-0.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32425.php, Datum des Zugriffs 06.10.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.