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Anne Lützenkirchen (Hrsg.): Soziale Beziehungen und Soziale Arbeit

Rezensiert von Dr. Lena Lokschin, 04.10.2024

Cover Anne Lützenkirchen (Hrsg.): Soziale Beziehungen und Soziale Arbeit ISBN 978-3-89918-299-6

Anne Lützenkirchen (Hrsg.): Soziale Beziehungen und Soziale Arbeit. Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit als Beziehungsprofession. Jacobs Verlag (Detmold) 2023. 368 Seiten. ISBN 978-3-89918-299-6. D: 24,90 EUR, A: 27,90 EUR, CH: 27,90 sFr.

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Herausgeberin

Prof. Dr. Anne Lützenkirchen, Diplom Gesundheitswissenschaftlerin und Psychotherapeutin, lehrt und forscht an der Hochschule Fulda am Fachbereich Sozialwesen mit den Schwerpunkten Sozialgerentologie, Soziale Arbeit im Gesundheitswesen und Werkpädagogik.

Zu den weiteren Autor:innen finden sich im Buch ausführliche biografische Notizen.

Aufbau und Inhalt

Nach der Einführung (A) der Herausgeberin Anne Lützenkirchen folgt das Kapitel (B) der Autorin „Soziale Arbeit und Soziale Beziehungen – Soziale Arbeit als Beziehungsprofession“, das theoriegeleitet die Bedeutung sozialer Beziehungen für Menschen erörtert und näher betrachtet. Die Autorin gibt einen Einblick in theoretische Erklärungsansätze für soziale Beziehungen, indem sie Sozialbeziehungen im Alter und virtuelle Beziehungen aufgreift.

Das Kapitel (C) „Praxisprojekte“ besteht aus acht Beiträgen, die einen ausführlichen empirischen Teil enthalten, der die Ergebnisse der durchgeführten Studien beschreibt und zusammen fasst.

Christina Ellner geht in ihrem Startbeitrag auf die Problematik der Beziehungsarbeit zwischen Professionellen der Sozialen Arbeit und dementiell erkrankten Menschen in Einrichtungen der Altenpflege während der Corona-Pandemie ein. Die von der Autorin dargelegte Studie untersucht die Auswirkungen der Maßnahmen während der Pandemie auf die Kommunikation und die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften der Sozialen Arbeit und demenzkranken Menschen. Es wird festgestellt, dass in der Pandemie die Aufgabe der Sozialen Arbeit einen deutlichen Wandel unterworfen war und im Widerspruch zum Auftrag der Profession stand.

Der Beitrag von Britt Jatho befasst sich mit der Förderung sozialer Beziehungen im hohen Alter durch die Soziale Arbeit. Im empirischen Teil wird dargelegt, dass soziale Interaktionen im fortgeschrittenen Lebensalter einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Wohlbefindens und zur Erhöhung der Lebensqualität leisten. Sie stellen einen wichtigen Schutzfaktor gegen Einsamkeit dar. Die Soziale Altenarbeit bietet verschiedene Unterstützungs- und Förderungsformen sowie ein vielfältiges Spektrum zur Bildung von neuen außerfamiliären sozialen Netzwerken.

Der nächste Beitrag, verfasst von Laura Marija Coksürer, thematisiert die Schulsozialarbeit an Beruflichen Schulen und erforscht die Relevanz der Beziehungsarbeit im berufsbildenden Kontext. Die Beziehungsarbeit ist die Grundlage der schul- und sozialpädagogischen Tätigkeit. Die Sozialarbeitenden an Schulen sind Vertrauenspersonen und unterscheiden sich in ihrer Rolle von Lehrkräften, indem sie keine Sanktionen oder Bewertungen anwenden. Diese Rollenunterscheidung wird bewusst für den Beziehungsaufbau genutzt.

Salma Nematpur untersucht die interdisziplinäre Zusammenarbeit an Grundschulen und die Rolle der Schulsozialarbeit. In ihrer empirischen Studie stellt sie fest, dass die Schulsozialarbeit insbesondere an Grundschulen gefördert werden muss. Der wichtigste Ansatz der Schulsozialarbeit ist die Beziehungsarbeit, die laut Nematpur bundeseinheitlicher Regelungen bedarf, um zielführend zu handeln und die Kinder bei ihrer Entwicklung zu unterstützen und zu begleiten.

Jessica Beinroth erörtert in ihrem Beitrag die Beziehungsgestaltung mit psychisch erkrankten Menschen am Beispiel einer Tagesstätte. Um die Beziehung zu ihrer Klientel professionell gestalten zu können, bedarf es laut den Ergebnissen der von der Autorin durchgeführten Studie der Bereitschaft zur Reflexion, des Einfühlungsvermögens, der Wertschätzung und der Kompetenz zur Gesprächsführung. Der professionelle Beziehungsaufbau ist eine komplexe Aufgabe der Sozialen Arbeit. In einer Tagesstätte für psychisch kranke Menschen spielt er jedoch eine grundlegende und priorisierte Rolle für beide Seiten.

Ein weiteres Kapitel, verfasst von Claudia Helbig, beleuchtet die professionelle Beziehungsgestaltung mit alleinerziehenden Müttern am Beispiel einer Mutter-Kind-Gruppe. Die Analyse der Autorin zeigt, dass die Adressatinnen multipel belastet sind, was eine besondere Herausforderung für die professionelle Beziehungsgestaltung darstellt. Durch die Modifizierung der strukturellen und konzeptionellen Rahmenbedingungen können jedoch tragfähige Arbeitsbeziehungen entstehen, die die Bearbeitung von Konfliktthemen und die Aushandlung von Zielen ermöglichen.

Nina Loren Schell thematisiert die Relevanz der Eltern-Kind-Beziehung für die Entwicklung des Menschen und die Auswirkungen frühkindlicher Vernachlässigung auf die psychische Gesundheit. Die aus der Studie gewonnenen Erkenntnisse betonen die Wichtigkeit der Eltern-Kind-Beziehung für die frühkindliche Entwicklung; sie stellt auch eine relevante Ressource im gesamten Leben dar. Die Soziale Arbeit kann im Umgang mit Vernachlässigung präventiv handeln und in akuten Problemsituationen eine wichtige Unterstützungsfunktion übernehmen.

Der Band schließt mit einem Fazitkapitel, „Der Mensch als Beziehungswesen – Soziale Arbeit als Beziehungsprofession“, verfasst von Annika Wittig.

Diskussion

Der Mensch ist ein Beziehungswesen, das auf soziale Beziehungen angewiesen ist. Beziehungen sind essenziell für das emotionale, psychologische und körperliche Wohlbefinden von Menschen und tragen wesentlich zu einem erfüllten und ausgeglichenen Leben bei.

Die Soziale Arbeit gestaltet Beziehungen auf mehreren Ebenen: Beziehungen zu den Adressat:innen, zu den Auftraggeber:innen und zu den Netzwerkpartner:innen.

Der Sammelband befasst sich mit der zentralen Fragestellung, wie die Soziale Arbeit als Beziehungsprofession die Gestaltung der sozialen Beziehungen zu ihren Adressat:innen unterstützen und fördern kann.

Der Band ist sehr praxisorientiert und liefert interessante Einblicke mit sehr gut ausgearbeiteten Themen. Die klare Strukturierung und die Vielzahl an Fallbeispielen machen das Werk besonders nützlich sowohl für Wissenschaftler:innen, Studierende und Praktiker:innen als auch für alle anderen Interessierten am Thema.

Ein weiteres besonderes Merkmal des Sammelbandes ist die Vielfältigkeit der Themen der Beiträge: von der Sozialarbeit an Berufsschulen und Grundschulen bis hin zur Arbeit mit psychisch kranken Menschen, alleinerziehenden Müttern sowie hochaltrigen und demenzkranken Menschen.

Hervorzuheben ist auch der Bezug zur Praxis: In jedem Beitrag werden neben den spezifischen Aspekten der Theorie auch die Ergebnisse der Praxisprojekte in Bezug auf die Beziehungsprofession Soziale Arbeit dargestellt und beleuchtet.

Fazit

Der Sammelband ist ein gelungenes, praxisorientiertes Werk für das sehr komplexe Thema soziale Beziehungen im Kontext der Sozialen Arbeit. Den Autorinnen ist es gelungen, einen umfassenden und tiefen Einblick in die Thematik der sozialen Beziehungen in unterschiedlichen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit zu geben. Das Buch enthält wichtige Anhaltspunkte, die in der Praxis zur Auseinandersetzung und Schärfung des Profils der Sozialprofessionellen genutzt werden können.

Rezension von
Dr. Lena Lokschin
Verwaltung die Professur "Theorien und Konzepte der Sozialen Arbeit" an der HAWK Holzminden.
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Es gibt 1 Rezension von Lena Lokschin.

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ISSN 2190-9245