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Anja Cantzler: Stellvertretende Leitung in der Kita

Rezensiert von Alexandra Großer, 13.01.2025

Cover Anja Cantzler: Stellvertretende Leitung in der Kita ISBN 978-3-525-70011-2

Anja Cantzler: Stellvertretende Leitung in der Kita. Aufgaben – Rolle – Persönlichkeit. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2024. 136 Seiten. ISBN 978-3-525-70011-2. D: 18,00 EUR, A: 19,00 EUR.

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Thema

Die stellvertretende Leitung in der Kita ist eine Position in die manche pädagogische Fachkräfte reinrutschen, manche entscheiden sich bewusst dafür. Doch ist oft nicht klar, welche Aufgaben und Rolle mit der Position verbunden sind und wie eine gute Zusammenarbeit zwischen Leitung und stellvertretender Leitung aussieht. Gleichzeitig erfordert die Aufgabe und Rolle der stellvertretenden Leitung persönliche Kompetenzen und Eigenschaften. Sich dieser bewusst zu werden und zu entwickeln ist Thema des Buchs. Neben Hintergrundwissen zu Teamarbeit und Kommunikation finden sich Methoden und Impulse für die Arbeit als stellvertretenden Leitung.

Autorin

Anja Cantzler ist Diplom Sozialpädagogin, freiberufliche Referentin in der Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften, Mastercoach (DGfC) und Supervisorin (DGSv). Regelmäßig führt sie Gespräche mit Expertinnen und Experten, auf ihrem YouTube-Kanal „KitaTalks“.

Aufbau und Inhalt

Das Buch enthält neben den einleitenden Gedanken und dem Schlusswort zwei Kapitel mit Unterkapiteln. Den Hauptteil des Buchs macht Kapitel drei „Praktische Entwicklung und Umsetzung einer Rolle – Hintergrundwissen und Methoden“ aus. Neben vertiefenden Hintergrundwissen finden sich hier Reflexionsfragen und Impulse für die Selbstreflexion sowie Hinweise zu weiterführendem digitalen Zusatzmaterial, die per Download mittels Code auf der Verlagsseite heruntergeladen werden können, sowie Hinweise zu weiterführenden Podcastfolgen (KitaTalks) der Autorin mit Expert*innen zum jeweiligen Vertiefungsthema.

Einleitende Gedanken

In den einleitenden Gedanken geht die Autorin auf die „Sandwich-Position“ (S. 8) von stellvertretenden Leitungen ein.

Aufgabe und Rolle der stellvertretenden Leitung

Anja Cantzler widmet sich zunächst der Rolle und Aufgabe stellvertretender Leitungen. Diese sind in der Praxis häufig wenig geklärt und mit Herausforderungen verbunden. Sie betont die Vielfalt in der Berufsgruppe der stellvertretenden Leitungen. Da gibt es junge unerfahrene Fachkräfte, ältere erfahrene, Quereinsteiger*innen, pädagogische Fachkräfte, die sich für die Stellvertretung entschieden haben, welche, die einfach bestimmt wurde und andere, die dazu aufgefordert wurden (vgl. S. 12).

In der Praxis hat die stellvertretende Leitung eine Sandwichposition. Einerseits ist sie vollständiges Teammitglied andererseits „Teil der Leitungsebene mit erweitertem Wissen und Befugnissen, was sie nicht immer mit den anderen Teammitgliedern teilen können und dürfen“ (ebd.). Die Autorin beschreibt zunächst die „verschiedenen Ausübungsformen“ (S. 13) stellvertretender Leitungen, wie beispielsweise als Abwesenheitsvertretung, Stellvertretende Leitungen ohne und mit Voll- bzw. Teilfreistellung oder als kommissarische Leitung. Damit hängen unterschiedliche Rollen und Aufgaben zusammen, die die stellvertretenden Leitungen ausfüllen. Eines gemeinsam ist ihnen, dass sie „den Betrieb am Laufen [halten], wenn die zuständige Kita-Leitung abwesend ist“ (S. 20). Das Aufgabenfeld der stellvertretenden Leitung ist „sehr vielschichtig und komplex“ (ebd.), welche von Kita zu Kita unterschiedlich ausfallen können. Verbunden mit der Rolle und den Aufgaben sind Erwartungen der Teamkolleg*innen und Leitung an die stellvertretende Leitung sowie die Machtbefugnisse, die „mit der Position“ (S. 23) verknüpft sind. Anja Cantzler erläutert die Aspekte einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Leitung und stellvertretender Leitung und geht ausführlich auf die „erforderlichen Eigenschaften und Kompetenzen“ (S. 24) ein, die eine stellvertretende Leitung mitbringen bzw. „im Laufe der Zeit entwickeln sollte“ (S. 32). Als stellvertretende Leitung kann diese Position das Sprungbrett für eine Leitungsposition darstellen.

Praktische Entwicklung und Umsetzung einer Rolle – Hintergrundwissen und Methoden

Zunächst geht es der Autorin um die eigene Motivation, Kompetenzen, Erfahrungen und Werte als stellvertretende Leitung bzw. als angehende stellvertretende Leitung. Sie empfiehlt, sich für die Bewusstwerdung der eigenen Kompetenzen und Ressourcen, entweder ein „Schatz- und Ressourcenbüchlein“ (S. 39) oder „Stärken- und Ressourcenglas“ (S. 40) anzulegen, welches die pädagogische Fachkraft auf dem Weg der Entwicklung begleitet. Anhand von Übungen und Impulsen können sie die eigene Motivation und Werte herausarbeiten.

Auch eine stellvertretende Leitung braucht eine Einarbeitungsphase, dies wird oft übersehen. Mithilfe von Impulsfragen wird der eigene Einstieg in die Position der stellvertretenden Leitung reflektiert. Anja Cantzler macht auf die unterschiedlichen Einstiege aufmerksam, die von der Notaushilfe über die schleichende Beauftragung und bewusste Entscheidung reichen. Für die weitere Zusammenarbeit mit der Leitung oder der nächsten Führungsebene empfiehlt die Autorin ein Klärungsgespräch nach der Einarbeitungsphase, indem Zuständigkeiten und Spielräume geklärt werden. Neben dem formellen Spielraum gibt es auch den informellen Spielraum. Impulse regen an, sich der verschiedenen Spielräume und eigenen Rolle bewusst zu werden. Dadurch entsteht wiederum weiterer Handlungsspielraum. Anja Cantzler weist daraufhin, dass eine der Aufgaben, die eine stellvertretenden Leitung hat, die Einarbeitung einer neuen Leitung sein kann und führt aus, was dabei zu beachten ist.

Für die stellvertretende Leitung ist es wichtig „die eigene Position im Team [zu] finden“ (S. 68), denn sie ist gleichzeitig Teil des Teams und der Führungsebene. Die Autorin erläutert die einzelnen Teamphasen sowie Teamrollen und beleuchtet, wie diese Teamprozesse mit der Rolle der stellvertretenden Leitung zusammenhängen und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Diese Sandwichposition, zwischen Teammitglied und Leitung, erfordert, neben dem eigenen Rollenverständnis, auch Transparenz und klare Zuständigkeiten, nicht nur zwischen Leitung und stellvertretender Leitung, sondern auch für das gesamte Team.

Ausführlich geht Anja Cantzler auf die Kommunikation innerhalb des Teams beziehungsweise in der Kita ein. Sie erläutert die wesentlichen Kommunikationsmodelle, die die Kommunikation und Interkationen untereinander beeinflussen. Neben der Durchführung von Teambesprechungen und der Einarbeitung in die Büroorganisation, nimmt sie unterschiedliche Konflikte und Schwierigkeiten in den Fokus, die mit der Position der stellvertretenden Leitung auftreten können. Als stellvertretende Leitung gilt es sich mit dem eigenen Konfliktverhalten auseinanderzusetzen. Da diese Rolle „einer hohen Konfliktkompetenz“ (S. 115) bedarf. Als stellvertretende Leitung gehört es zur Aufgabe „Entscheidungen anderer [zu] vermitteln“ (S. 116), welche den Unmut des Teams hervorrufen können. Gleichzeitig gilt es mit der Leitung Kontroversen zu klären (vgl. S. 117). Weitere Schwierigkeiten können entstehen, wenn die Leitung nicht leitet. Hier besteht die Gefahr für die stellvertretenden Leitung zur heimlichen Leitung zu werden. Auch „der Neid der anderen Teammitglieder“ (S. 123) kann „das Teamklima und die Zusammenarbeit beeinträchtigen“ (ebd.). Anja Cantzler zeigt auf, wie stellvertretende Leitungen mit diesen Konflikten und Schwierigkeiten umgehen können.

Ein paar Worte zum Schluss

In diesem Kapitel ermutigt Anja Cantzler stellvertretende Leitungen gut für sich selbst zu sorgen und legt diesen mit ihren Schlussgedanken noch ein paar Anregungen ans Herz.

Diskussion

Die stellvertretende Leitung hat eine wichtige Rolle und Schlüsselposition in der Kita. Immer wieder macht die Autorin auf diese bedeutende Position aufmerksam. Mit ihren Ausführungen, verdeutlicht sie immer wieder, wie wichtig es ist, sich der eigenen Rolle, Aufgaben, Erwartungen und Macht, die pädagogische Fachkräfte als stellvertretende Leitungen haben, bewusst zu werden. Deutlich wird auch, dass diese Position oft unterschätzt wird. Dies zeigt sich in der Praxis unter anderem, an der Vielfalt der Erfahrungen, Kompetenzen und Berufsjahre, die in der Berufsgruppe der stellvertretenden Leitungen vertreten sind. Als auch daran, dass diese Position ein Schattendasein führt. Oft ist weder den Stelleninhaber*innen, als auch Leitungen und Trägern, bewusst, welche verantwortungsvolle Aufgabe damit verbunden ist.

Stellvertretende Leitungen sitzen nicht nur zwischen den Stühlen, sie können auch zwischen die Fronten geraten, wenn sie ihre Rolle und Spielräume nicht reflektieren. Da kann aus einer Co-Leitung oder zweiten Person im Haus schnell eine graue Eminenz beziehungsweise heimliche Leitung werden, wenn sich die eigene Motivation ändert, indem man mehr und mehr Leitungsverantwortung übernimmt, das Team sich vermehrt an die stellvertretende Leitung wendet oder die Leitung lange Zeit abwesend ist. Anja Cantzler nimmt diese Rollenkonflikte in den Blick und zeigt Lösungsmöglichkeiten auf. Immer wieder legt sie in ihren Ausführungen den Fokus auf die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Leitung und stellvertretender Leitung. Die zwischen allen Beteiligten klare und regelmäßige Absprachen, klare Aufgabenverteilung und Transparenz braucht. Die Autorin führt die wesentlichen Kommunikationsmodelle aus und macht damit deutlich, wie Missverständnisse und Konflikte untereinander entstehen. Sie benennt die Schwierigkeiten und Konflikte, die mit der Position entstehen können. Gleichzeitig ist ihr Buch ein Plädoyer für die Stellung der stellvertretenden Leitung.

Ihre Impulse für Konfliktlösungen, Anregungen und Reflexionsimpulse, sich der Aufgaben und Rolle sowie den eigenen Erfahrungen und Kompetenzen bewusst zu werden, ermutigen pädagogische Fachkräfte sich dieser wertvollen, wie auch herausfordernden Aufgabe zu stellen.

Anja Cantzler gibt nicht nur (angehenden) stellvertretenden Leitungen wertvolles Wissen und Werkzeuge an die Hand, sondern auch Leitungen, welche sich zusammen mit ihrer Vertretung auf den Weg eines Leitungstandems machen möchten. Es ist eine „kleine Schatzkiste“ (S. 9) mit einer Fülle an Hintergrundwissen und methodischen Anregungen.

Fazit

Anja Cantzler greift ein Thema auf, welches in den Kitas viel zu wenig berücksichtigt wird. Mit dem Buch schafft sie bei allen Beteiligten ein Bewusstsein dafür, welch wichtige Position die stellvertretende Leitung in der Kita einnimmt. Ein Buch, nicht nur für stellvertretende Leitungen, sondern auch für Leitungen und Träger, welches die Position der stellvertretenden Leitung aus dem Schattendasein führt.

Rezension von
Alexandra Großer
Fortbildnerin, päd. Prozessbegleiterin, systemische Beraterin
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Es gibt 57 Rezensionen von Alexandra Großer.

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ISSN 2190-9245