Ralph Meyers: Neuroplastizität
Rezensiert von Wolfgang Schneider, 15.11.2024
Ralph Meyers: Neuroplastizität. Ein Konezpt um verschiedene Störungsbilder besser zu verstehen und zu behandeln. Verlag für Sozialpsychiatrie Dr. med. Ralph Meyers (Dorsten) 2024. 152 Seiten. ISBN 978-3-910-79410-8.
Thema
Neuroplastizität ist ein Konzept, das beschreibt, wie das Gehirn seine Funktionsweise an neue Erfahrungen anpasst. Es ist ein wichtiger Faktor für die Entwicklung und Anpassung des Gehirns, aber es kann auch zu Problemen führen, wenn es im Zusammenhang mit bestimmten neurologischen Störungen wie Autismus, Ticstörungen, ADHS und Hypersensitivität nicht richtig funktioniert.
Autor
Dr. Ralph Meyers ist als Kinder- und Jugendpsychiater seit mehr als 30 Jahren tätig mit eigener Praxis im Hamburg sowie in der Sozialpsychiatrischen Praxis der Kinder- und Jugendpsychiatrie Dorsten. Außerdem ist er Leiter ärztlicher und multiprofessioneller Qualitätszirkel, Mitglied der Ethikkommission der Universität Münster und der Ärztekammer Westfalen Lippe sowie Berater der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe. Er ist außerdem als Autor medizinischer Fachbücher sowie als Keynote Speaker unterwegs und Leading Investigator klinischer Studien.
Aufbau und Inhalt
Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Menschen, die eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum haben, Einschränkungen der neuroplastischen Fähigkeiten des Gehirns vorliegen, was zu Problemen in der sozialen Interaktion führen kann: „Eine mögliche Erklärung (…) ist, dass das Gehirn bei Menschen mit Autismus nicht in der Lage ist, bestimmte Verhaltensmuster und soziale Interaktionen angemessen zu verarbeiten und zu erlernen“ (S. 3). Wie in diesem Abschnitt zum Autismus erklärt Dr. Ralph Meyers zunächst kurz die wichtigsten Begrifflichkeiten, die für das Verständnis des Buches von Bedeutung sind. Im späteren Verlauf werden die Themenblöcke dann vertieft. So geht es zum Beispiel darum, ob Cannabis tatsächlich bei Ticstörungen helfen kann – kleiner Spoiler: Wissenschaftliche Belege dafür gibt es nicht, aber…
Das soll nicht bedeuten, dass man sich zurücklehnen sollten und der Natur den Lauf der Dinge überlassen. Das Gegenteil ist der Fall: Je mehr wir verstehen von der Funktionsweise des Körpers und speziell des Gehirns, umso mehr werden wir in der Lage sein, Synergien zu nutzen und dem Körper helfen, sich selbst zu heilen, indem er sich weiterentwickelt. Diese Fähigkeit des Körpers ist allerdings von je her vorhanden und muss nicht neu erfunden werden. Die Medizin kann allerdings mithelfen, Hemmnisse zu identifizieren, die dem Körper eine gesunde Weiterentwicklung bislang noch verhindert haben und, indem man sie beseitigen hilft, Tore zu eröffnen, die dann von der Neuroplastizität genutzt werden. Dies ist ein faszinierendes Thema, mit dem sich nicht nur Neurologie und Psychiatrie beschäftigen, sondern das inzwischen dabei ist, auch in andere Fachgebiete Einzug zu halten.
Diskussion
Wer Dr. Ralph Meyers auf den sozialen Netzwerken im Internet folgt, der weiß, dass er prägnant und wissenschaftlich fundiert erzählen kann – und dass seine Aussagen trotzdem auch für interessierte Laien und Fachkräfte angrenzender Professionen verständlich sind. Das ist auch in diesem Buch im Eigenverlag nicht anders, dass leider kleinere formale Ungenauigkeiten aufweist. So stimmt im Kapitel über die Medikation durch Methylphenidat und andere Medikamente die Seitenzahl im Inhaltsverzeichnis nicht mit der tatsächlichen Seitenzahl übereinstimmt. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Buch absolut lesenswert ist, weil es einen spannenden prägnant formulierten Einblick in das Konzept der Neuroplastizität liefert. Um es mit den treffenden Worten des Klappentextes zu formulieren: Das Konzept der Nutzung von vorhandener Neuroplastizität bringt die Medizin sozusagen wieder zurück auf den Boden: Es macht ehrfürchtig und gibt das Vertrauen in die Schöpfung zurück, das nicht Ärzt:innen vielleicht im Überschwang der Forschungsergebnisse in den letzten Jahren verloren haben.
Fazit
Wer sich dem Thema Neuroplastizität nähern möchte, um Störungsbilder wie Autismus oder ADHS besser zu verstehen, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.
Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
Mailformular
Es gibt 114 Rezensionen von Wolfgang Schneider.
Zitiervorschlag
Wolfgang Schneider. Rezension vom 15.11.2024 zu:
Ralph Meyers: Neuroplastizität. Ein Konezpt um verschiedene Störungsbilder besser zu verstehen und zu behandeln. Verlag für Sozialpsychiatrie Dr. med. Ralph Meyers
(Dorsten) 2024.
ISBN 978-3-910-79410-8.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32513.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.
Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt.
Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns.
Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen
für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.