Damianos Korosidis: Psychodynamik der Liebe bei Kindern und Jugendlichen
Rezensiert von Sebastian Kron, 26.09.2024
Damianos Korosidis: Psychodynamik der Liebe bei Kindern und Jugendlichen. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2024. 196 Seiten. ISBN 978-3-17-041484-6.
Thema
Liebe stellt eine tiefe emotionale Beziehung dar, die auf dem Bedürfnis nach Bindung und Zugehörigkeit beruht. Sie formt Menschen in allen Phasen ihrer Sozialisation und wird unterschiedlich und doch einschneidend erlebt. Erste Erfahrungen mit diesem tiefen emotionalen Gefühl sammeln Säuglinge in den ersten Lebenstagen. Sie bauen schrittweise Zugehörigkeitsempfindungen durch den ersten Kontakt zur Bezugsperson auf. Diese ersten Zugehörigkeitserfahrungen formen prägend die Persönlichkeit und die individuelle Reifung bindungsspezifischer und lebensweltbezogener Parameter.
Autor
Herr Damianos Korosisdis ist studierter Sozialpädagoge und niedergelassener Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in eigener Praxis. Weiterhin ist er als Dozent und Supervisor tätig.
Entstehungshintergrund
Die Welt ist schnelllebig und zum Teil gewaltsam geworden. Kinder und Jugendliche müssen schnell ihre Individualität ablegen und sich dem Durchschnitt anpassen. Vieles ist in Bewegung geraten, Menschen müssen funktionieren und haben kaum noch Zeit an sich, die individuellen Gefühle, Sehnsüchte und Wünsche zu denken. Immer mehr Menschen haben Angst für sich selbst einzustehen, haben Angst sichere Bindungen in unsicheren Zeiten einzugehen. Der tiefe, emotionale Bezug scheint bereits im Säuglingsalter von dieser Schnelllebigkeit überschattet zu sein. Dabei sind es gerade diese Momente, die den Menschen formen, ihn auf das Leben vorbereiten und ihm Möglichkeiten des Erlernens im Umgang mit tiefen Emotionen „an die Hand“ geben.
Aufbau und Inhalt
Das vorliegende Buch beschreibt auf psychodynamischer, zu Teilen auch philosophischer Ebene das Gefühl der Liebe und schlägt den Bogen zur Bedeutung dieses Gefühls für die psychosoziale Entwicklung. Es erachtet die Liebe als Kernelement psychodynamischen Handelns und Arbeitens.
In der Grundstruktur geht das Buch auf die Bedeutung der Liebe für das psychosoziale Wohlbefinden ein, zeitgleich wird sie als wesentliches Element verstanden, „zu reifen“. Die zunächst unerschütterliche Liebe zur Bezugsperson wandelt sich in der Adoleszenz zu einer Zugewandtheit zum anderen Geschlecht. Bedeutsam für die Überlegungen des Autors ist ein Blick auf die Liebe zu den Eltern, die sich dann im Zuge der psychosexuellen Entwicklung zu einer Anziehung zum anderen Geschlecht wandelt.Dabei werden überwältigende Gefühle, die Macht des Kusses, der Sexualität und der Sehnsucht thematisiert. Objektbeziehungen sind also von Zuneigung und Nähe, gleichzeitig aber auch von Umbrüchen in der eigenen Lebenswelt, von plötzlich, fast schon überwältigenden Emotionen geprägt. Ferner zieht der Autor den Bogen zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und bezieht klassische Störungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie (z.B. Depressionen, Angststörungen, Zwangserkrankungen, Regulationsstörungen im Umgang mit aufkommenden Gefühlen) in seine Überlegungen ein.
Diskussion
Liebe ist ein hochemotionaler Zustand, der sich in jedem Fall prägend auf die Entwicklung jedes:jeder Einzelnen auswirkt. Sie betont vielerlei Fassetten und scheint doch allgegenwärtig zu sein, wenn es um seelische Auffälligkeiten oder pathologisches Erleben und Verhalten bei Kindern und Jugendlichen aber auch bei Erwachsenen geht. Gerade mit Bezug auf Überlegungen zum Entstehungshintergrund des Werkes wird die Liebe wesentlicher Bestandteil der Anamnese der Klient:innen und damit wesentlicher Anhaltspunkt sowohl in der Psychotherapie als auch in der Sozialen Arbeit bleiben.
Fazit
Das Buch ist für alle helfenden Berufsgruppen in der Arbeit der Kinder- und Jugendhilfe geeignet. Es vermittelt sowohl Basis-, als auch tiefgründiges Wissen zum Gefühl der Liebe und geht dabei auf elementare, psychodynamische Überlegungen ein. Ein Grundverständnis über psychodynamische Entwicklungstheorien, dem Bezug zu tiefenpsychologisch-fundierten Überlegungen im Umgang mit „aufkochenden Emotionen“ und ein Basisverständnis für diese psychologische Denkschule sind für ein besseres Verständnis vorteilhaft.
Rezension von
Sebastian Kron
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Es gibt 15 Rezensionen von Sebastian Kron.
Zitiervorschlag
Sebastian Kron. Rezension vom 26.09.2024 zu:
Damianos Korosidis: Psychodynamik der Liebe bei Kindern und Jugendlichen. Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2024.
ISBN 978-3-17-041484-6.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32519.php, Datum des Zugriffs 14.10.2024.
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