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Andreaa Strachota: [...] Erfahrungen mit pränataler Diagnostik

Rezensiert von Dr. phil. Petra Thorn, 25.07.2006

Cover Andreaa Strachota: [...] Erfahrungen mit pränataler Diagnostik ISBN 978-3-938304-25-9

Andreaa Strachota: Zwischen Hoffen und Bangen. Frauen und Männer berichten über ihre Erfahrungen mit pränataler Diagnostik. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2006. 220 Seiten. ISBN 978-3-938304-25-9. 19,80 EUR.

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Zu diesem Buch

Über die Erfahrungen mit pränataler Diagnostik sind viele Bücher veröffentlich worden. Dieses Buch unterscheidet sich von den meisten, da es betroffene Ehepaare unzensiert zu Wort kommen lässt und ihre Erfahrungen darstellt. Außergewöhnlich ist darüber hinaus, dass in den meisten Fällen auch die Ehemänner als zukünftige Väter über ihre Situation berichten.

Die Autorin

Andrea Strachota hat Pädagogik und Sonder- und Heilpädagogik an der Universität Wien studiert. Seit 1993 arbeitet sie als Assistentin am Institut für Bildungswissenschaft an der Universität Wien. Ihr derzeitiger Forschungsschwerpunkt ist das Verhältnis von Heilpädagogik und Medizin. Sie hat mehrere Beiträge zu den Themen Menschen mit Behinderungen, Gentechnik und Pränataldiagnostik veröffentlicht.

Zielgruppe

Das Buch richtet sich an Laien, die sich über Erfahrungen mit Pränataldiagnostiken (PND) informieren möchten.

Aufbau und Inhalt

Es ist in drei Abschnitte gegliedert.

  1. Im ersten Teil werden unterschiedliche Diagnoseverfahren ausführlich und verständlich dargestellt. Hierzu gehören nicht nur invasive Verfahren wie die Amniozentese, sondern auch die Ultraschalluntersuchung oder der Triple-Test. Dieser sehr leicht lesbare Teil dient als Basis, um die verschiedenen Verfahren, die in den Erfahrungsberichten erwähnt werden, verstehen zu können. Zwar bezieht sich die Autorin primär auf die Situation in Österreich (auch hinsichtlich den juristischen Regelungen), doch gehen zum Teil ausführliche Fußnoten immer wieder auch auf die Situation in Deutschland ein.

    Bereits in diesem ersten Teil stellt die Autorin fest, dass eine ausführliche Aufklärung, Beratung und unterstützende Begleitung nur in Ausnahmefällen geleistet wird und spricht sich für eine bessere psychosoziale Versorgung aus. Dieser Bedarf an Beratung wird in fast allen Erfahrungsberichten deutlich.

  2. Im zweiten Teil beschreiben 14 Paare ihre Erfahrungen mit der PND. Zum Teil liegen diese Erfahrungen schon Jahre zurück (die am weitesten zurückliegende ist aus dem Jahr 1989), zum Teil sind es recht frische Erfahrungen (kurz vor Niederschreiben des Erfahrungsberichts). Besonders interessant fand ich die Berichte der Ehemänner, da deren Sichtweise häufig vernachlässigt wird.

    Aus den Berichten wird deutlich, dass sich deren emotionale Reaktion auf die Empfehlung, eine PND durchführen zu lassen und auf das Ergebnis der Untersuchung in der Regel kaum von den Reaktionen der Frauen unterscheidet. Zwar schreiben viele Paare, dass sie ausreichend medizinische Information hatten und die Aufklärung in dieser Hinsicht gut ist. Beide, Männer und Frauen, empfinden allerdings Ohnmacht und Hilflosigkeit, in den meisten Fällen gekoppelt mit wenig Möglichkeit, für die Bewältigung dieser Gefühle vor, in der Wartezeit nach der Durchführung der PND oder nach Ergebnismitteilung adäquate Hilfestellung zu erhalten. Bei manchen Erfahrungsberichten der Männer wird deutlich, dass sie ihren normalen Arbeitsverpflichtungen nachgehen müssen, während sich ihre Partnerinnen der Untersuchung unterziehen, und von daher kaum die Möglichkeit haben, ihre Gefühle zu dem Zeitpunkt zu äußern.

  3. Im letzten Teil fasst die Autorin die Erfahrungsberichte zusammen. Sie beschreibt den Umgang mit und die Auswirkungen von nicht-invasiven PND (u.a. die Nackenfaltemessung, Organscreening) und von invasiven PND (z.B. Amniozentese, Chorionzottenbiopsie). Dieser Teil ist überwiegend eine themenzentrierte Beschreibung. Die Analyse der Erfahrungsbericht kommt m. E. zu kurz; es wäre interessant gewesen, wenn die Autorin, basierend auf ihren Erfahrungen und weiterer Literatur, die Berichte tiefer gehend beleuchtet hätte. Weniger passend waren im dritten Teil die nicht immer wertneutralen und manchmal sogar leicht abschätzigen Bemerkungen wie "Baby-Fernsehen" für Ultraschalluntersuchungen oder die allgemeine Aussage, dass bei Männern eine Auseinandersetzung mit Gefühlen keinen Platz hat.

    Deutlich wird in diesem Teil nochmals unterstrichen, dass die Entscheidung für oder gegen und das Durchführen einer PND mit existentiellen Fragen verbunden ist, da Paare sich in diesem Rahmen immer auch mit der Fortsetzung oder der Beendigung der Schwangerschaft auseinandersetzen müssen. Die mehrmalige Forderung der Autorin nach einer Verbesserung der psychosozialen Beratung ist deshalb nachvollziehbar und dringend erforderlich - und dies nicht erst während oder nach einer PND, sondern bereits im Vorfeld, damit Paare bei der Entscheidungsfindung für oder gegen eine solche Untersuchung kompetente Unterstützung erfahren können.

Fazit

Auch wenn das Buch als Entscheidungshilfe für werdende Eltern beschrieben wird, gibt es auch medizinischen und psychosozialen Fachkräften einen guten Einblick in das Thema der Pränataldiagnostik und vermittelt vor allem Fachkräften die emotionalen Aspekte dieser Untersuchungen.

Rezension von
Dr. phil. Petra Thorn
Dipl. Sozialarbeiterin,Dipl. Sozialtherapeutin.
Tätig in eigener Praxis für Paar- und Familientherapie; Arbeitsschwerpunkte: Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch, Familienbildung mit Spendersamen
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Es gibt 12 Rezensionen von Petra Thorn.

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ISSN 2190-9245