Uta Kirschten: Personalmanagement
Rezensiert von Prof. Dr. Michael Mroß, 24.12.2024
Uta Kirschten: Personalmanagement. Gezielte Maßnahmen zur langfristigen Personalbindung.
UVK Verlagsgesellschaft mbH
(Konstanz) 2024.
155 Seiten.
ISBN 978-3-381-12151-9.
D: 19,90 EUR,
A: 20,50 EUR.
Reihe: Nuggets.
Thema
Das Thema wird mit dem Titel des Buches vollumfänglich beschrieben. Es geht um die Bindung von Personal und darum, mit welchen Maßnahmen dieses langfristig gelingen kann. Vor diesem Hintergrund werden zahlreiche betriebliche Aktivitäten und Ordnungen im Lichte des Ziels der Personalbindung beleuchtet.
Autorin
Die Autorin ist Professorin für ABWL (Allgemeine Betriebswirtschaftslehre), insbesondere Personalmanagement an der Westsächsischen Hochschule Zwickau.
Aufbau
Das Werk ist zunächst untergliedert in eine arbeitsplatz- und inhaltsorientierte Betrachtung sowie in Gestaltungsoptionen hinsichtlich der Arbeitszeit. Des Weiteren werden Bindungsoptionen für spezifisch ausgewählte Personalkategorien beschrieben. Für alle Perspektiven werden mehrere Möglichkeiten der Bindung dargelegt und vielfach mit Praxisbeispielen veranschaulicht. Das Buch schließt mit einem Literaturverzeichnis, einem Register sowie einem Abbildungs- und Tabellenverzeichnis und umfasst insgesamt 157 Seiten.
Inhalt
Nach der Einleitung als erstem Kapitel werden im zweiten Kapitel so genannte arbeitsplatzorientierte Maßnahmen beschrieben, worunter Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitsplatzes bzw. -ortes als auch Büroraumkonzepte gefasst werden. Ähnlich einem Nachschlagewerk werden prägnant verschiedene Formen von Arbeitsplätzen kurz erklärt. Bedingungen des konkreten Arbeitsplatzes (z.B. Klima oder Lärm) werden aufgegriffen, so wie auch Formen des Arbeitens außerhalb des Betriebes, wie bspw. Varianten der Telearbeit (z.B. centerbasierte, offshore und solche in s.g. „virtuellen“ Unternehmen). Ohne weitere Erklärung wird gleichwohl nicht an jeder Stelle erkennbar, worin und weshalb sich darüber eine Bindungswirkung einstellen soll. So mag zum Beispiel die Telearbeit eine Bindungswirkung entfalten, weil Mitarbeiter familiäre Angelegenheiten besser mit Arbeitstätigkeit unter einen Hut bringen können(S. 18), genauso denkbar ist aber auch, dass Bindung verloren geht, weil die emotionale Beziehung zu Kollegen und dem Betrieb geringer wird (S. 19), sodass sich insgesamt sowohl bindungsreduzierende als auch bindungsförderliche Effekte vorstellen lassen. Studien, die einen Anstieg der Arbeitsproduktivität belegen wollen, werden erwähnt (S. 23) – Studien, die exakt das Gegenteil belegen, hingegen nicht. Im Abschnitt zu „Neuen Büroraumkonzepten“ umreißt die Autorin um was es sich bspw. bei Zellen und Großraumbüros oder moderner klingende Formen wie „Open Space“, „Desk-Sharing“, „Zoning“, „ThinkTank“ oder auch „Coffee-Corner“ handelt. Angereichert werden die Beschreibungen um praxisorientierte Hinweise wie beispielsweise, dass sich z.B. in Zweierbüros die Kollegen bzgl. der Büroausstattung einigen müssen oder, worin die Vor- und Nachteile des jeweiligen Bürokonzeptes liegen.
Gegenstand des dritten Kapitels sind inhaltsorientierte Maßnahmen, d.h. solche Inhalte und Bedingungen bezüglich der Arbeitstätigkeit, die die Arbeitszufriedenheit, Leistungsfähigkeit sowie die psychischen wie auch physischen Belastungen beeinflussen (S. 33). Die Autorin geht davon aus, dass die Relevanz von Stellenspezialisierungen sinken wird, was sie u.a. auf schneller wandelnde Marktbedingungen zurückführt. Sie folgert daraus, dass insbes. individuelle und gruppenorientierte Formen der Arbeitsgestaltung sowie höhere Arbeitsflexibilität in der Gestaltung von Arbeitsinhalten und -bedingungen zu fördern seien. In einem ersten Unterabschnitt werden Möglichkeiten einer derart ausgerichteten Arbeitsplatzgestaltung kompakt vorgestellt. Zunächst werden mit Hinweis auf das Modell von Hackman und Oldham Kriterien für die motivierende Gestaltung von Arbeitsinhalten skizziert. Zutreffend wird die „Ganzheitlichkeit von Aufgaben“ betont – ein Hinweis auf die damit zwangsläufig einhergehenden Effizienzverluste unterbleibt. Im Weiteren geht es um verschiedene Möglichkeiten die Handlungsspielräume von Mitarbeitern zu erhöhen. Vorgestellt werden zum Beispiel das „Job Rotation – Job Enlargement – Job Enrichment sowie auch Formen „sozialer Unterstützung“, wie etwa die „emotionale Anteilnahme“ von Vorgesetzen und Kollegen ( S. 41). Der zweite Unterabschnitt widmet sich Alternativen der gruppenorientierten Arbeitsgestaltung. Nach einem kurzen historischen Streifzug durch die Entwicklung der Gruppenarbeit, werden in Form von Schlagworten diverse Praxismethoden kompakt beschrieben. Darunter etwa Werkstattzirkel, Projektgruppen, Qualitätszirkel und teilautonome Arbeitsgruppen. Dieser Unterabschnitt endet mit einem Fazit, in dem geläufige Vor- und Nachteile von Gruppenarbeit literaturgestützt rezipiert werden.
Gegenstand des vierten Kapitels sind betriebliche Ansatzpunkte zur Gestaltung der Arbeitszeit hinsichtlich ihrer Dauer, Lage, Verteilung einschließlich der Pausen. Nahezu alle klassischen und neueren Formen und Begrifflichkeiten rund um das Thema Arbeitszeit werden abgearbeitet und prägnant beschrieben. So wird beispielsweise erklärt, worum es sich handelt bei: Mehrarbeit, Schichtarbeit, Kurzarbeit, Job Sharing, Job Splitting, gleitender Arbeitszeit, Vertrauensarbeit und Sabbatical. Über die reine Beschreibung der Konzepte und Begriffe hinaus werden ausgewählte Konzepte angereichert mit Praxisbeispielen, etwa des Job-Sharings bei der Fraport AG oder den flexiblen Arbeitszeiten bei der TLA GmbH. Das Kapitel schließt mit einer im Wesentlichen aus dem Standardlehrbuch zum Personalmanagement von Berthel und Becker übernommenen tabellarischen Übersicht zu den Vor- und Nachteilen von Arbeitszeitmodellen aus Mitarbeiter- und Unternehmensperspektive.
Wie Mitarbeiter:innen mit Pflege- und Betreuungsverpflichtungen (5.1 Elternzeit; 5.2 Kinderbetreuung; 5.3 Pflege) unterstützt werden können, ist Thema des fünften Kapitels. Nach einer Einführung in die Grundlagen zu den Regelungen zur Elternzeit und ausgewählten statistischen Daten, werden Möglichkeiten skizziert, wie Eltern vor, während und nach der Elternzeit unterstützt werden können. Der umrissene Maßnahmenkatalog reicht von ersten Planungsgesprächen, über Einladungen zur Schulung/​Weiterbildung während der Elternzeit, bis hin zu Angeboten des Homeoffices und variable Arbeitszeiten bei anstehender Rückkehr aus der Elternzeit. In mehreren Beispielen werden Maßnahmen und Angebote rund um das Thema der Kinderbetreuung aufgezeigt: Betriebsinterne Kinderbetreuung, Kooperation mit externen Trägern, Förderung von Elterninitiativen, Vorhalten von Belegplätzen, Fahrdienste etc. Die Möglichkeiten werden jeweils kurz erklärt sowie knapp in ihren Vor- und Nachteilen diskutiert. Mehrere exemplarische Praxisbeispiele, auch zum Thema Unterstützung bei Pflegeaufgaben, ergänzen diesen Themenbereich.
Die Kapitel sechs bis acht widmen sich der Unterstützung von spezifischen Personalkategorien (Frauen, ältere Beschäftigte und Mitarbeiter der Generation Y). An Frauen gerichtete Maßnahmen werden über den Hinweis auf zur Entwicklung einer frauen- und familienfreundlichen Unternehmenskultur eingeführt. Basiert auf den klassischen Bestandteilen von Unternehmenskulturen nach z.B. Schein werden im Wesentlichen über die Arbeiten von Stock-Homburg Möglichkeiten angesprochen, wie Werte, Normen, sogenannte Artefakte und Verhaltensweisen ausgestaltet und praktiziert werden können, um die gewünschte Unternehmenskultur herbeizuführen. Zum Teil recht kurz gehalten und angedeutet (6.2 u. 6.3) werden Ansätze zu einer frauen- und familienfreundlichen Verbesserung hinsichtlich der Personalplanung, der Gewinnung von Mitarbeiterinnen, der Personalentwicklung sowie des Personaleinsatzes vorgestellt. Das Kapitel endet mit einem Praxisbeispiel der Firma „Bosch Deutschland“ und der Meinung, dass sich Maßnahmen der Frauenförderung „meist nur positiv“ auswirken. Maßnahmen zur Bindung von älteren Mitarbeitern sind Thema des siebten Kapitels. Die Autorin legt dar, dass unterschiedliche Leistungsfähigkeiten sich mit fortschreitendem Alter durchaus verschieden entwickeln, mitunter sogar zunehmen können. Im Weiteren hätten die Unterabschnitte auch mit „Wissensmanagement“ betitelt werden können. Die knapp angerissenen Themen reichen zum Beispiel von „wissensorientierten Anreizsystemen“ über Förderung von Netzwerken, dem „Story Telling“, „Best Practice Sharing“, altersgemischten Teams oder „Wissenskarten“. Als gemeinsame Klammer geht es im Kern vor allem um die demographische Herausforderung, wie das Wissen von älteren und/oder alten Beschäftigten bewahrt, weitergegeben oder i.w.S. konserviert werden kann, sodass es für das Unternehmen weiterhin verfügbar bleibt. In diesem Sinne verändert sich die Betrachtungsebene hier und führt weg von einer personenbezogenen Sicht, hin zu einer abstrakteren Perspektive, wenn es faktisch darum geht, das Humankapital von Älteren nicht verloren gehen zu lassen.
Den Generation Y und Z widmet das vorliegende Buch ein eigenes Kapitel. Nach einer straffen Beschreibung der Generation Y und der betrieblichen Notwendigkeit diese zu binden, werden fünf Ansatzhebel skizziert, mit denen die Organisation dieser Generation entgegentreten kann: Unternehmenskultur, Arbeitsorientierte Maßnahmen (insbes. Einräumen von Gestaltungsspielräumen), Anreizsysteme (z.B. leistungsorientierte Vergütungen), Anerkennung und Kritik (v.a. systematische Rückmeldung zur erbrachten Leistung) und Serviceleistungen (z.B. Übernahme von privaten Haushaltspflichten, Einkäufe). Für die Generation Z stellt die Autorin eine Tabelle bereit, die obige Hebel für diese Beschäftigten aufbereitet. Mit den Kapiteln 9 und 10 werden kurz und sehr kurz Maßnahmen zur Bindung von Führungskräften und „Serviceorientierte Maßnahmen“ bzgl. der Entlastung von außerberuflichen/​privaten Aufgaben (Reinigungsdienstleistungen, Autowäsche etc.) erwähnt. Das abschließende Kapitel 11 macht „Gesundheitsorientierte Maßnahmen“ zum Gegenstand der Betrachtung, die literaturbasiert in drei Phasen vorgestellt werden: Prävention, Intervention und Rehabilitation. Daneben werden Handlungsfelder bzw. -ebenen des betrieblichen Gesundheitsmanagements unterschieden. Die Unternehmens-, die Soziale-, die Psychische sowie die Physische Ebene, denen jeweils ihre spezifischen Handlungsfelder zugeordnet werden. Im Sinne einer Matrixdarstellung werden Phasen und Handlungsfelder je Ebene schließlich tabellarisch mit allgemeinen Anwendungsbeispielen hinterlegt, dargestellt. Den Abschluss des Buches bilden ein Literaturverzeichnis, ein Register sowie ein Abbildungs- und Tabellenverzeichnis.
Diskussion
Die Einschätzung eines Buches hängt davon ab, mit welcher Erwartung ein:e Leser:in sich dem Werk zuwendet und mit welcher Intention dieses geschrieben worden ist. Je größer der Anteil diesbezüglicher Schnittmengen ausfällt, desto besser. Wer zu einzelnen Maßnahmen nach Erklärungen sucht, weshalb sich gerade diese, aus welchen Gründen und wann und bei wem als langfristig bindend – und wie lang ist „langfristig“ (?) – erweisen soll, der sucht vergebens. Die in dem Werk vorgestellten Maßnahmen sind überwiegend in einem beinahe lexigraphischen Stil verfasst worden. Die Begriffe werden definiert, erklärt und einer Kategorie zugeordnet. Leser:innen, die einen komprimierten und sortierten Überblick über Handlungsgebiete des Personalmanagements suchen, werden hier fündig. Praktiker können, im Geiste eines Viel hilft viel, die Vielzahl der Maßnahmen wie ein Cafeteria-System nutzen und für die eigene Praxis eine geeignete Komposition zusammenstellen bzw. diese als Anregung nutzen.
Fazit
Das Werk wird für alldiejenigen einen Nutz- und Erkenntniswert aufweisen, die sich einen Überblick über solche Maßnahmen des allgemeinen Personalmanagements erhoffen, die einen möglichen Effekt auf die Bindung von Personal ausüben (könnten). Das Buch weist keinen theoretischen Ballast auf und ist leicht verständlich gut lesbar.
Rezension von
Prof. Dr. Michael Mroß
Professur für Sozialmanagement, insbes. Organisation und Personalmanagement in der Sozialwirtschaft, Technische Hochschule Köln - TH Köln
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Es gibt 13 Rezensionen von Michael Mroß.
Zitiervorschlag
Michael Mroß. Rezension vom 24.12.2024 zu:
Uta Kirschten: Personalmanagement. Gezielte Maßnahmen zur langfristigen Personalbindung. UVK Verlagsgesellschaft mbH
(Konstanz) 2024.
ISBN 978-3-381-12151-9.
Reihe: Nuggets.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/32649.php, Datum des Zugriffs 19.01.2025.
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