Renate Bieritz-Harder, Wolfgang Conradis et al. (Hrsg.): SGB XII
Rezensiert von Wolfgang Schneider, 06.02.2025

Renate Bieritz-Harder, Wolfgang Conradis, Ingo Palsherm (Hrsg.): SGB XII. Sozialhilfe : Lehr- und Praxiskommentar.
Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2024.
13. Auflage.
1774 Seiten.
ISBN 978-3-8487-7183-7.
84,00 EUR.
Reihe: Nomos Handkommentar.
Thema
Die 13. Auflage dieses Standardkommentars zur Sozialhilfe wurde erforderlich, um den massiven Änderungen in weiten Teilen des Sozialrechts genüge zu tragen, hierbei insbesondere zum Bürgergeld.
Herausgeber:in
Prof. Dr. Renate Bieritz-Harder forscht und lehrt an der Hochschule Emden/Leer, Dr. Wolfgang Conradis ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht in Duisburg, Prof. Dr. Ingo Palshern forscht und lehrt an der Technischen Hochschule Nürnberg. Neben den Herausgeber:innen haben 13 weitere Expert:innen Beiträge zu diesem Kommentar geliefert.
Aufbau und Inhalt
Seit dem Erscheinen der 12. Auflage im Frühjahr 2020 sind weitreichende und umfangreiche Änderungen im SGB XII in Kraft getreten. Dazu zählen die Neuerungen durch das Bürgergeld-Gesetz vom 16.12.2022, das nicht nur das SGB II ganz wesentlich, sondern auch an etlichen Stellen ebenfalls das SGB XII geändert hat. Dazu gehören zum Beispiel die Änderung der Fortschreibung der Regelbedarfe nach § 28a, die Einführung einer Karenzzeit bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung gemäß § 35 und die Berücksichtigung eines angemessenen Kraftfahrzeugs als Schonvermögen im Sinne von § 90. Weitere aktuelle und wichtige Änderungen im SGB XII erfolgten durch das Teilhabestärkungsgesetz vom 2.6.2021 und das Gesetz zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze vom 22.12.2023. Letzteres beinhaltet unter anderem eine Anpassung der Einkommensberücksichtigung, die durch Änderungen des Bürgergeld-Gesetzes im SGB II angezeigt erscheint. Schließlich konnten in der Kommentierung des AsylbLG auch bereits die Änderungen durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) berücksichtigt werden. Diese zahlreichen Gesetzesänderungen sowie die aktuelle Rechtsprechung machten eine Aktualisierung des Kommentars vier Jahre nach der letzten Auflage erforderlich.
§ 35 SGB XII regelt die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Hierbei ordnet der Kommentar deutlich ein, dass „[d]as Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum (…) als einheitliche grundrechtliche Garantie die Gewährleistung der physischen Existenz [umfasst] und damit u.a. den Bedarf für Unterkunft und Heizung“ (S. 451). Das hat das Bundesverfassungsgericht 2010 sehr deutlich gemacht. Was genau an dieser Stelle angemessen heißt und welche Ansprüche aus diesem Richterspruch den Leistungsberechtigten erwachsen, wird umfangreich dargestellt. Entscheidend ist zum Beispiel, dass immer nur eine Unterkunft anerkannt und finanziert wird, auch wenn die Betroffenen aus welchen Gründen auch immer an mehreren Orten leben sollten.
An dieser Stelle sei ein tieferer Blick in den bereits erwähnten § 90 zum einzusetzenden Vermögen geworfen. Dieser Paragraf ist die Rechtsgrundlage dafür, dass das gesamte verwertbare Vermögen der berechtigten Personen einzusetzen ist bei der Prüfung eines Anspruchs auf Sozialhilfe. Lediglich das sogenannte Schonvermögen darf nicht einbezogen werden. Darunter fällt zum Beispiel der Hausrat, bei dem die vorherigen Lebensumstände zwangsläufig berücksichtigt werden müssen. Darunter gehören insbesondere Möbel – wie der Kommentar verdeutlicht auch Gartenmöbel – und die sonstige Wohnungseinrichtung wie zum Beispiel ein Fernsehgerät, Haushaltsgeräte, Wäsche und auch Bücher. Aber – und damit haben sich zum Beispiel das Oberverwaltungsreicht in Münster und auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt – weder ein Auto noch etwa ein Wohnmobil fallen per se darunter. Um im Einzelfall die jeweilige Angemessenheit prüfen zu können, wird der Lebenszuschnitt vergleichsbarer Bevölkerungsgruppen zugrunde gelegt, wobei bei der Prüfung nicht kleinlich verfahren werden soll. Der Begriff der Angemessenheit spielt insgesamt eine sehr wichtige Rolle und wird in dieser Kommentierung an vielen Beispielen wie zum Beispiel Wohneigentum aber auch Vermögen verdeutlicht.
Diskussion
Sozialrecht liebt oder hasst man, das dürfte bekannt sein. Wer sich in die (juristischen) Tiefen dieses komplexen Rechtsgebietes einarbeiten möchte, der kann mit diesem Nomos-Kommentar einen wichtigen Grundstein legen, ist er doch wissenschaftlich fundiert und gleichzeitig sprachlich verständlich. Eine Stärke ist dabei sicherlich auch, dass das Werk sowohl für einen schnellen Überblick über einen Bereich geeignet ist, gleichzeitig aber auch vertieft in die aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung eintaucht. So gelingt es, dass sich in diesem Kommentar sicherlich nicht nur Jurist:innen zurecht finden werden, sondern eben auch Praktiker:innen aus Verwaltung und Sozialer Arbeit.
Fazit
Ein umfassender Kommentar, der trotz seiner Fülle von Informationen ein gutes Preis-Leistungsverhältnis aufweist und so für alle, die im Bereich der Sozialhilfe arbeiten, ein wichtiges Nachschlagewerk ist, das rechtssicheres Handeln ermöglicht.
Rezension von
Wolfgang Schneider
Sozialarbeiter
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